Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-140007/2/Fra/Hu

Linz, 29.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau KS vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. BA gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 24. Oktober 2006, VerkR96-1193-2006-Hof, betreffend Übertretung des § 17 Abs.1 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer   Strafe             abgesehen wird und die Berufungswerberin im Sinne des § 21 Abs.1        VStG ermahnt wird.

 

II.         Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21 und 24  VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 gemäß § 124 Abs.3 Eisenbahngesetz eine Geldstrafe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt, weil sie am 15.5.2006 um 19.22 Uhr in Schlägl auf der Schlägler Straße (1546) im Bereich des Bahnüberganges bei km 0,595 als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen RO-…… (A) bei Annäherung an die durch Andreaskreuze angezeigte Eisenbahnkreuzung nicht durch Ausblick auf den Bahnkörper und durch besondere Achtsamkeit auf allfällige akustische Signale herannahender Schienenfahrzeuge überzeugt hat, ob sich aus einer der beiden Fahrtrichtungen ein Schienenfahrzeug nähert, da es zum Zusammenstoß mit einem aus Fahrtrichtung Aigen fahrenden Schienenfahrzeug kam.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Rohrbach - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.3.1. Gemäß § 17 Abs.1 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 haben sich Straßenbenützer bei Annäherung an die durch Andreaskreuze angezeigten Eisenbahnkreuzungen durch Ausblick auf den Bahnkörper und durch besondere Achtsamkeit auf allfällige akustische Signale herannahender Schienenfahrzeuge zu überzeugen, ob sich aus einer der beiden Fahrtrichtungen ein Schienenfahrzeug nähert. Die Eisenbahnkreuzung darf nur übersetzt werden, wenn sich der Straßenbenützer die Gewissheit verschafft, dass ein gefahrloses Übersetzen möglich ist.

 

Gemäß § 124 Abs.3 Eisenbahngesetz 1957 sind Zuwiderhandlungen gegen die aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Vorschriften über das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei Übersetzung solcher Übergänge sowie über die Beachtung der den schienengleichen Eisenbahnübergang sichernden Verkehrszeichen mit einer Geldstrafe von 726 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde  ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat die Behörde kein Ermessen, sondern der Betroffene hat einen Rechtsanspruch auf das Absehen von der Strafe.

 

I.3.2. Laut Verkehrsunfallsanzeige der Polizeiinspektion Ulrichsberg vom 15. Mai 2006, Rubrik „Angaben der Beteiligten“ fuhr die Bw „auf der Schlägler Straße von Baureith kommend in Richtung Aigen. Vor der Kreuzung mit dem Bahnübergang kam ihr ein Pkw, vermutlich weiß, vermutlich Linzer Kennzeichen, mit hoher Geschwindigkeit entgegen, welcher einfach den Bahnübergang querte, ohne anzuhalten. Da sie hiedurch erschrak, konzentrierte sie sich, dass sie ihren Pkw äußerst rechts lenkte und hielt vor dem unbeschrankten Bahnübergang vorschriftsmäßig an. Anschließend gab sie den Fuß vom Bremspedal ihres Pkw weg, weshalb ihr Pkw langsam nach vorne rollte und übersah dabei den aus Richtung Aigen kommenden Triebwagen der ÖBB. Der Pkw von Kerstin Schauer wurde rechts vorne an der Stoßstange erfasst und im Frontbereich beschädigt. …“ Beim Triebwagen der ÖBB ist kein Sachschaden entstanden.

 

Im Bericht der Polizeiinspektion U vom 23.6.2006 an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach heißt es ua, dass die Bw nach dem Unfall angegeben habe, sie sei so extrem erschrocken gewesen, als der Lenker eines entgegenkommenden weißen Pkw mit Linzer Kennzeichen mit hoher Geschwindigkeit über den Bahnübergang von Schlägl her in Richtung Baureith gefahren sei. Dieser habe vor dem unbeschrankten Bahnübergang nicht angehalten und mit voller Geschwindigkeit diesen übersetzt. Mit dem entgegenkommenden Pkw sei es nicht zum Zusammenstoß gekommen, jedoch habe die Bw mit dem Triebwagen der ÖBB kollidiert. Als Lenker des entgegenkommenden Pkw konnte IM, wohnhaft in M ausgeforscht werden. Dieser hatte zum oa Zeitpunkt den Pkw, Marke Renault, weiß lackiert, Kennzeichen L-…….. über den angeführten Bahnübergang gelenkt, ohne vorher beim Zeichen „Halt“ anzuhalten.

 

Herr GH Lokführer bei der ÖBB, gab am 13.7.2006 beim Stadtpolizeikommando Linz, Verkehrsinspektion, Nietzschestraße 35, zu Protokoll, am 15.5.2006 gegen 19.26 Uhr als Lokführer mit dem Zug ….. auf der Mühlkreisbahn von Aigen-Schlägl kommend in Richtung Haltestelle Schlägl gefahren zu sein. … Als er beim sogenannten „Hubertuswerk“ fuhr und von dem dort befindlichen Bahnübergang ca. 100 m entfernt war, sah er, dass der Lenker eines Pkw, welcher auf der Schlägler Landesstraße in Richtung Baureith fuhr, nicht vor dem Bahnübergang angehalten habe, sondern durchgefahren sei. Die Geschwindigkeit dieses Pkw habe er auf ca. 40 bis 50 km/h geschätzt. Gleichzeitig habe er gesehen, dass die am Verkehrsunfall beteiligte Lenkerin (Gegenverkehr) ihr Fahrzeug vor dem Bahnübergang angehalten hatte. Er gab mehrmals das „Signal Achtung“ (langer Pfiff) ab. Da für ihn der Bahnübergang frei war, sei er ohne abzubremsen weitergefahren. Nachdem er die angegebenen 100 m zurückgelegt hatte und unmittelbar vor dem Bahnübergang fuhr, sei die Lenkerin des stehenden Pkw losgefahren. Zu diesem Zeitpunkt habe er den Triebwagen wegen der dort befindlichen Haltestelle Schlägl gebremst. In der Folge sei es zu einer Streifung gekommen, wobei er mit dem linken Verschieberaufstieg die Frontpartie des Pkw im rechten Winkel fahrend gestreift und damit beschädigt habe. Sein Triebwagen sei direkt am Bahnübergang an der Haltestelle zum Stillstand gekommen. Er sei sofort zum beschädigten Pkw gegangen und habe mit der Lenkerin gesprochen. Sie habe ihm erzählt, dass sie durch den durchfahrenden Pkw erschrocken sei und dadurch den Zug total übersehen habe. Wie sie weiters angegeben habe, habe sie auch die abgegebenen Signale nicht gehört. Am Triebwagen sei durch die Streifung kein Sachschaden entstanden. Der Pkw ist bei dem Verkehrsunfall an der Frontseite schwer beschädigt worden. …

 

Die Bw bringt in ihrem Rechtsmittel ua vor, sie habe nach dem Unfall bereits angegeben, dass sie extrem erschrocken sei, als der Lenker eines entgegenkommenden Pkw mit hoher Geschwindigkeit, ohne anzuhalten über den Bahnübergang von Schlägl Richtung Baureith gefahren ist und mit hoher Geschwindigkeit den Bahnübergang übersetzte…. Auch der Zeuge GH der Lokführer, schilderte, dass er ca. 100 m von dem Bahnübergang entfernt war, als er einen Lenker eines Pkw beobachtete, der nicht vor dem Bahnübergang angehalten habe, sondern einfach durchgefahren sei und dessen Geschwindigkeit er zumindest auf 40 bis 50 km/h geschätzt habe. Weiters gab Herr H an, dass sie sich im Gegenverkehr befunden habe und vor dem Bahnübergang angehalten hatte, wobei es in der Folge zu einer Streifung gekommen ist. Er habe auch mit ihr gesprochen und sie hätte ihm gesagt, dass sie durch den entgegenkommenden Pkw, insbesondere durch die geschilderte Fahrweise, so erschrocken gewesen sei, dass sie das Signal nicht wahrgenommen habe bzw. sie, nachdem sie ihr Fahrzeug angehalten hatte, durch das Erschrecken von der Bremse gestiegen und dann weitergerollt sei, wodurch es in der Folge zu dieser Berührung mit der Lokomotive gekommen ist. Sie hätte sich in Annäherung an den Bahnübergang ordnungsgemäß verhalten und wie der Lokführer auch bestätigte, ihr Fahrzeug angehalten, als er ca. 100 m entfernt war und I M ohne anhalten mit hoher Geschwindigkeit den Bahnübergang übersetzt hatte.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten:

Es kann dahingestellt bleiben, wie die Bw vermeint, dass sich die Kausalität aufgrund der von ihr geschilderten Umstände ergebe, weil diese für die Erfüllung des hier relevanten Tatbildes nicht relevant ist. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass das Fahrmanöver des I M im mittelbaren Zusammenhang mit dem Verhalten der Bw steht. Unter Zugrundelegung der Äquivalenztheorie ist davon auszugehen, dass, hätte I M im Gegenverkehr den Bahnübergang ohne anzuhalten nicht übersetzt, die Umstände für eine Schrecksituation der Bw weggefallen wären. Für eine Schocksituation im medizinischen Sinne ergeben sich ohnehin keine Anhaltspunkte und ist deshalb auch die Einholung eines amtsärztlichen Sachverständigengutachtens nicht erforderlich. Ebenso entbehrt der Hinweis der Bw, sie hätte eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 17 Abs.1 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 schon deshalb nicht zu verantworten, weil sie ja die Eisenbahnkreuzung nicht übersetzt, sondern zuvor angehalten habe und dann durch den erlittenen Schreck von der Bremse gestiegen, angerollt sei und die Lokomotive berührt habe, bevor sie die Eisenbahnkreuzung übersetzt hatte bzw. auch vorerst nicht übersetzen wollte, einer verfahrensgegenständlichen Relevanz, denn ein Übersetzen der Eisenbahnkreuzung wird der Bw ohnehin nicht vorgeworfen.

 

Der Ansicht der Bw wird jedoch insoferne beigetreten, als sie davon ausgeht, dass die Voraussetzung des § 21 VStG vorliegen. Aufgrund des hier vorliegenden Sachverhaltes ist von einem geringen Verschulden der Bw auszugehen. Die Folgen der Übertretung sind auch insoferne unbedeutend, als es zu keinen fremden Sach- und Personenschäden gekommen ist. (Es wurde lediglich das Fahrzeug der Bw durch die Kollision mit dem Triebwagen beschädigt.)

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Betroffene bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Anwendung des § 21 Abs.1 VStG.

 

Aus den genannten Gründen war im Sinne des Eventualantrages der Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

 

 

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