Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161630/2/Bi/Sp VwSen-161631/2/Bi/Sp

Linz, 30.11.2006

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen der Frau IP vom 21. August 2006 gegen die Punkte 1) bis 4) der Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems 1) vom 11. August 2006, VerkR96-914-2006-As, wegen Übertretungen des KFG 1967 am 4. Oktober 2005, 15.15 Uhr (= VwSen-161630), und 2) vom 11. August 2006, VerkR96-915-2006-As, wegen Übertretungen des KFG 1967 am 4. Oktober 2006, 16.10 Uhr (= VwSen-161631), zu Recht erkannt:

 

I. Den Berufungen wird insofern teilweise Folge gegeben, als beide Straferkenntnisse in den Punkten 1) bis 4) hinsichtlich der Schuldsprüche bestätigt, in den Punkten 1), 2) und 3) jedoch jeweils von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird.  

     In beiden Punkten 4) wird die Geldstrafe auf jeweils 25 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 12 Stunden herabgesetzt.

 

II. In beiden Punkten 4) ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf jeweils 2,50 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

     In den übrigen Punkten beider Straferkenntnisse fallen keine Verfahrens­kosten an.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 19 und 21 Abs.1 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1) Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis VerkR96-914-2006-As wurden über die Beschuldigte ua wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1), 2) und 3) jeweils §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.10 KFG 1967 und 4) §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.1 und 14 Abs.3 KFG 1967 Geldstrafen von 1), 2) und 3) je 25 Euro (12 Stunden EFS) und 4) 40 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 4. Oktober 2005, 15.15 Uhr, in der Gemeinde Molln die Zugmaschine mit dem Kennzeichen KI-…….. auf der Peilsteinerstraße gelenkt habe, wobei bei der Anhaltung Peilsteinerstraße 8 festgestellt worden sei, dass sie als Lenkerin

1)  kein Verbandszeug,

2)  keine geeignete Warneinrichtung sowie

3) keine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retro­reflektierenden Streifen mitgeführt habe,

obwohl es ihr zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt sich nicht davon überzeugt habe, dass das von ihr verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen habe, da festgestellt worden sei, dass beim betroffenen Fahrzeug

4) die Begrenzungsleuchte links nicht funktioniert habe.

Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von 11,50 Euro auferlegt.

 

Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis VerkR96-915-2006-As wurden über die Beschuldigte ua wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1), 2) und 3) jeweils §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.10 KFG 1967 und 4) §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.1 und 14 Abs.3 KFG 1967 Geldstrafen von 1), 2) und 3) je 25 Euro (12 Stunden EFS) und 4) 40 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 4. Oktober 2005, 16.10 Uhr, in der Gemeinde Molln die Zugmaschine mit dem Kennzeichen KI-……. auf der Sonnseite nahe dem Haus Nr.55 gelenkt habe, wobei bei der Anhaltung festgestellt worden sei, dass sie als Lenkerin

1)  kein Verbandszeug,

2)  keine geeignete Warneinrichtung sowie

3) keine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retro­reflektierenden Streifen mitgeführt habe,

obwohl es ihr zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt sich nicht davon überzeugt habe, dass das von ihr verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen habe, da festgestellt worden sei, dass beim betroffenen Fahrzeug

4) die Begrenzungsleuchte links nicht funktioniert habe.

Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von 11,50 Euro auferlegt.

 

2. Gegen die Punkte 1) bis 4) beider Straferkenntnisse hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufungen eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da jeweils keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Die Bw macht geltend, sie habe alle in 1), 2) und 3) genannten Dinge mitgeführt, aber nicht vorweisen können, weil das Gewicht, das daraufgelegen sei, für sie zu schwer gewesen sei, um es herauszuheben. Abgesehen davon habe der Ml nur die Warnweste kontrolliert. Unter normalen Umständen hätte ihr der Polizist geholfen, den Amboss herauszuheben, dann hätte sie die Ketten herausnehmen können und alles wäre klar bewiesen gewesen. Nachdem Herr K aber ständig auf der Lauer gelegen sei, um ihr eins auszuwischen, habe er schon in die Anzeige geschrieben, dass sie nichts mitgehabt habe - wenn er wenigstens bei der Wahrheit geblieben wäre, hätte er geschrieben, er habe nichts gesehen. Damit sei klar, dass es diesem nicht um die Wahrheit gehe, sondern nur um eine neuerliche Anzeige.

Die zweite Anzeige sei klar, weil Herr K nur zum Posten gefahren sei, um seinen Kollegen zu holen und beide hätten sie dann eine Stunde später erneut kontrolliert bei der gleichen Arbeit mit dem gleichen Fahrzeug, nur ca 200 m weiter von zu Hause entfernt. Es spreche für sich, dass sie innerhalb einer Stunde zweimal kontrolliert worden sei und ihr sei angedroht worden, wenn sie noch weiter fahre, werde sie noch einmal angezeigt. Sie werde wegen Verbandszeug, Warneinrichtung und Warnweste für insgesamt sechs Übertretungen bestraft und die Summe von 150 Euro sei saftig. Wenn sie mit dem Auto gegen die Einbahn fahre, zahle sie dann für 300m das 10fache wie für 30m? Werde sie bestraft, weil sie diese Dinge dreimal nicht herausheben habe können oder weil sie das Gewicht einmal nicht herausheben habe können? Die Strafe sei verdoppelt worden, weil sie ihre Arbeit nicht beendet, sondern fertig gemacht habe. Abgesehen davon wäre es verkehrsgefährdender gewesen ohne das Gewicht zu fahren, weil dann bei dem steilen Berg und dem schweren hinten angehobenen Gewicht die Bodenhaftung der Vorderräder mangel­haft gewesen wäre. Wäre es darum gegangen, ein Pannendreieck aufzu­stellen oder erste Hilfe zu leisten, wäre es wohl sinnvoller gewesen, beim Nachbarn - dort stehe alle 50 bis 100 m ein Haus neben der Straße - anzuläuten, als ein Verbands­zeug aus dem Traktor zu verwenden. Sie sei nur im Umkreis von 500 m von zu Hause unterwegs gewesen; wenn sie Hilfe gebraucht hätte, hätte ihr jeder geholfen - außer Herrn K.

Richtig sei, dass die Begrenzungsleuchte zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht gegangen sei, es habe sich um einen Wackelkontakt gehandelt bei der Lampe, die sie am Abend gerichtet habe und der jederzeit einmal auftreten könne. Sie verwehre sich dagegen, gleich zweimal 40 Euro für so etwas zu bezahlen, das sei im Verhält­nis zum Unrechtsgehalt und zum Preis einer Lampe wohl übertrieben. Herr K habe ihren Gatten als Zulassungs­besitzer des Traktors deswegen auch noch zweimal angezeigt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus lässt sich ersehen, dass RI HK die Bw am 4. Oktober 2005 um 15.15 Uhr und GI CH die Bw am 4. Oktober 2005 um 16.10 Uhr als Lenkerin des genannten Traktors kontrolliert haben, einmal bei der Zufahrt zum Haus Peilsteiner­straße 8 und dann beim Haus Sonnseite 55, das sind laut DORIS Entfernungen von ca 600 m bzw ca 300 m vor der Zufahrt zum Anwesen der Bw.

Wie sich aus der Zeugenaussage von RI K vor der Erstinstanz (dem Protokoll ist zwar die Dauer der Einvernahme von 8.45 bis 9.15 Uhr zu entnehmen, aber kein Datum; Parteiengehör erfolgte am 23. Mai 2006) ergibt, hatte die Bw bei der ersten Amtshandlung angegeben, sie habe Verbandszeug, Warnweste und Pannen­dreieck in der Werkzeugkiste vorne am Traktor. Er habe hineingesehen und in der Kiste Ketten und ein großes Eisengewicht liegen gesehen, aber nicht die genannten Dinge. Auf der rechten Seite seien keine Aufschriften zu finden gewesen und die Bw habe ihm auch keine andere Stelle gezeigt, an der solche Aufschriften angebracht gewesen wären. Sie habe ihm nur angekündigt, er werde "sein blaues Wunder erleben."

GI H führte vor der Erstinstanz (auch auf diesem Protokoll ist die Uhrzeit, nämlich 11.00 bis 11.20 Uhr, zu sehen, aber kein Datum) aus, die Bw sei bei laufendem Motor nicht vom Traktor abgestiegen, habe die Amtshandlung als Schikane bezeichnet, weil sie vor kurzem kontrolliert worden sei, und Anstalten gemacht, wegzufahren, worauf er sie aufmerksam gemacht habe, sie müsse sich schon fünf Minuten Zeit nehmen. Sie habe ihm die Werkzeugkiste aufgemacht und darin seien Schneeketten und ein Amboss, aber keine Warneinrichtung und kein Verbandszeug gewesen. Sie habe gesagt, sie könne das Gewicht nicht heraus­heben, weil es zu schwer sei. Eine Warnweste habe sie ihm nicht gezeigt. Er sei rund um das Fahrzeug gegangen und dabei sei ihm das nicht funktionierende linke Begrenzungslicht aufgefallen. Er habe auch keine Aufschriften entdecken können. Die Bw sei die ganze Zeit über im Fahrzeug gesessen und habe gesagt, er solle sie ruhig anzeigen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung unter Bedacht­nahme auf die von der Bw im Rahmen des Parteiengehörs am 23. Mai 2006 gemachten Angaben zur Auf­fassung, dass der sich aus den Anzeigen und den angeführten Zeugenaussagen ergebende Sachverhalt in den Punkten 3) und 4) gänzlich mit den Aussagen der Bw deckt, und in den Punkten 1), 2) und 3) auch die Bw bestätigte, sie habe Verbandszeug, Warneinrichtung und Warnweste nicht vorzeigen können, wobei sich auch die Aussagen hinsichtlich des Eisengewichts in der Kiste decken.

Zu bedenken ist aber, dass, hätten sich, wie die Bw behauptet, Verbands­zeug, Warndreieck und Warnweste tatsächlich unter dem Gewicht in der Werkzeugkiste befunden, diese zum einen für die Bw im Notfall nicht erreichbar gewesen wären, weil das für sie glaubhaft zu schwere Gewicht darauflag, und dieses zum anderen sowohl das Verbandszeug als auch eine Warneinrichtung ohnehin unbrauch­bar gemacht, weil zerdrückt, hätte. Dass diese Dinge beim Hineinschauen völlig unsicht­bar genau unter dem Gewicht gelegen wären, ist lebensfremd und unglaubwürdig.

Zum nicht funktionierenden Begren­zungs­­licht hat sogar die Bw eingeräumt, es sei bei der Kontrolle nicht gegangen, was aber auf einen Wackelkontakt zurückzuführen gewesen sei. Die Bw hat nie behauptet, sie habe das Begrenzungslicht vor Fahrtantritt kontrolliert und für in Ordnung befunden.

Die Gewichtsaufschriften waren auch nach den Aussagen der Bw an der rechten Außenseite des Traktors nicht vorhanden, sondern offenbar innen, aber von außen durch das Fenster zu sehen, beim Ganghebel und zwar auf einer Blechplatte mit wasserfestem Stift geschrieben, wie sie das auch bei anderen Traktorbesitzern gesehen habe. Die Bw vermochte nicht zu erklären, warum sie die beiden Beamten nicht auf ein innen angebrachtes Schild hingewiesen hat.

  

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 102 Abs.10 KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet, in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist,  sowie bei mehrspurigen Kraftfahr­zeugen eine geeignete Warneinrichtung und eine geeignete, der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung mit weiß retroreflektierenden Streifen mitzuführen. – Der Lenker hat diese Warnkleidung im Fall des § 89 Abs.2 StVO 1960 beim Auf­stellen der Warneinrichtung ... in bestimmungsgemäßer Weise zu tragen. § 89 Abs.2 StVO lautet: Ist ein mehr­spuriges Fahrzeug auf einer Freilandstraße auf einer unübersichtlichen Straßen­stelle, bei durch Witterung bedingter schlechter Sicht, Dämmerung oder Dunkelheit zum Stillstand gelangt, so hat der Lenker diesen Umstand unverzüglich den Lenkern anderer, auf dem verlegten Fahrstreifen herannahender Fahrzeuge durch das Auf­stellen einer nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften genehmigten Warneinrich­tung anzuzeigen.

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 14 Abs.3 KFG 1967 müssen Kraftwagen vorne mit zwei Begrenzungs­lichtern ausgerüstet sein, mit denen weißes Licht ausgestrahlt und dadurch anderen Straßenbenützern das Fahrzeug erkennbar gemacht und das richtige Abschätzen seiner Breite ermöglicht werden kann.

 

Lenker von Zugmaschinen bzw landwirtschaftlichen Fahrzeugen sind von diesen Bestimmungen nicht ausgenommen, weil realistischerweise nicht auszuschließen ist, dass sie an einer unübersichtlichen Straßenstelle eine Panne haben (daher die Pflicht zum Mitführen von Warn­einrichtung und Warnweste) oder in eine Situation kommen, in der hygienisch einwandfreies Verbandsmaterial lebensnotwendig wird. Das Argument der Bw, es sei dort ohnehin besser bei einem Verkehrsunfall bei einem der vielen Häuser zu läuten, geht jedenfalls ins Leere. Ein von einem Amboss in einer Kiste zerquetschtes Verbands­zeug erfüllt diese Anforderungen sicher nicht; ebenso wenig kann ein von einem derartigen Gewicht zerdrücktes Warndreieck im Notfall seinen Zweck erfüllen, abgesehen davon, dass die Bw, wenn sie das Gewicht nicht heben kann, wohl kaum darunterliegende Warneinrichtungen erreichen könnte. Daraus folgt, dass selbst wenn die beiden Polizeibeamten in der Kiste etwas anderes als die Schneeketten und das Gewicht gesehen hätten, äußerst zweifelhaft gewesen wäre, ob die genannten Dinge brauchbar im Sinne des § 102 Abs.10 KFG gewesen wären. 

Voraussetzung dafür, dass das vorgeschriebene Begrenzungslicht bei Dunkelheit die Fahrzeugbreite erkennbar machen und dadurch zB ein Ausweichen ermöglichen kann, ist ein einwandfreies Funktionieren dieses Begrenzungslichtes, das der Lenker gemäß § 102 Abs.1 KFG vor Fahrtantritt zu kontrollieren hat. Die Bw hat lediglich behauptet, sie habe das Nichtfunktionieren des linken Begrenzungslichtes bei der Amtshandlung auf einen am Abend nachher festgestellten Wackelkontakt zurück­geführt; sie hat aber nie behauptet, das Begrenzungslicht habe sich bei Fahrtantritt in ordnungs­gemäßem Zustand befunden und sei erst während der Fahrt ausgefallen, sodass es bei der Kontrolle nicht funktioniert habe. Sie hat daher den glaubwürdigen Fest­stellungen beider Polizeibeamten nichts entgegenzusetzen vermocht. Es ist auch nicht Sache eines Polizisten, nachzuprüfen, warum eine Lampe nicht funktioniert. Ein Wackelkontakt ist daher kein geeignetes Argument, die Bw von ihrer Verantwortung als Lenkerin zu befreien, auch wenn der Fehler zusätzlich zum Lenker auch dem Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.1 KFG zuzurechnen ist.

 

Dass die Bw ca eine Stunde nach der ersten Kontrolle erneut von einem anderen Beamten - sei es auf Veranlassung des ersten Beamten aus welchen Überlegungen immer oder aus eigenem "Antrieb" - einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen wurde, ist an sich nicht verboten aber doch sehr ungewöhnlich, weil die Mängel nicht verkehrsgefährdend waren und am Zustand der Bw nichts auszusetzen war. Dass derartige gezielte Fahrzeugkontrollen als "erzieherische Maßnahme" miss­braucht werden, entspricht nicht ihrem Zweck; es sei denn, dem Lenker wird Gelegenheit gegeben, bei der Kontrolle nicht mitgeführte Dinge dem Beamten später vorzu­zeigen, um einer Bestrafung zu entgehen - bei der Bw war das offensichtlich nicht der Fall. Dass im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes Arbeiten in der näheren Umgebung des Anwesens zu erledigen oder Fahrten mit dafür typischen Fahrzeugen zu in der Nähe befindlichen Grundstücken durchzuführen sind, liegt auf der Hand. Ob es realistisch ist, zu erwarten, dass die Bw nach der Beanstandung mitten am Nachmittag ihre Arbeits­fahrt abbricht, weil sie die verlangten Gegenstände nicht mitführt, das Begrenzungs­licht nicht funktioniert (offenbar aber alle andere Leuchten, weil hier keine Beanstandung erfolgte) und die Gewichtsaufschriften beanstandet wurden, bleibt dahingestellt.

Die Beanstandungen waren Anfang Oktober 2005, die Anzeigen wurden auffälliger­weise erst Ende Dezember 2005 geschrieben. Dazu wurde seitens der Erstinstanz keiner der Meldungsleger befragt und Gründe dafür sind auf den ersten Blick nicht ersichtlich - es sei denn, man folgt der Ansicht der Bw, die Beamten hätten es nur auf ihre Bestrafung abgesehen.  

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates hat die Bw die ihr zur Last gelegten Tatbestände ohne Zweifel erfüllt und ihr Verhalten jeweils als Verwaltungs­übertretung zu verantworten, wobei fahrlässige Begehung anzunehmen ist.

Die Bw konnte mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht glaubhaft machen, weil ihr bei einer Überprüfung vor Fahrtantritt gemäß § 102 Abs.1 KFG die (an sich ohne größeren Aufwand behebbaren) Mängel auffallen hätten müssen.

In den Punkten 1), 2) und 3) ging  die Bw im Rechtsmittel nur davon aus, dass ihr im Notfall schon ein Nachbar geholfen hätte. Sie hat aber nicht bedacht, dass sie grundsätzlich den Traktor ohne jede örtliche Beschränkung lenken darf und jederzeit bei einem Verkehrsunfall, an dem sie gar nicht selbst schuldhaft beteiligt sein muss, in die Lage kommen könnte, jemandem sofort Erste Hilfe leisten zu müssen, auch ohne Zeit und Möglichkeit, eine geeignete Person zu erreichen. Allerdings deutet aus beiden Verfahrensakten nichts darauf hin, dass die Bw am Nachmittag des 4. Oktober 2005 anderswo als in der Nähe Ihres Anwesens, also auf weniger befahrenen Gemeindestraßen, unterwegs war, sodass auch in den Punkten 1), 2) und 3) im Hinblick auf die erste Beanstandung um 15.15 Uhr die Annahme eines geringfügigen Verschul­dens gerecht­fertigt war, wobei die Über­tretungen in objektiver Hinsicht keine Folgen hatten. Dass sie ein zweites Mal kontrolliert würde, bevor sie ihre Arbeitsfahrten abgeschlossen hatte, war nach üblichen Gepflogenheiten sicher nicht vorhersehbar und daher bei der erneuten Begehung der gleichen Über­tretungen ca eine Stunde später ein geringfügiges Verschulden zu bejahen. Auch hier war mit einer Ermahnung vorzugehen, um die Bw in Zukunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. 

 

Im Punkt 4) war hinsichtlich der Begrenzungsleuchte um 15.15 Uhr ebenso wie um 16.10 Uhr ein geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 VStG nicht zu erblicken.  

Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 in der am Vorfallstag, dem 4. Oktober 2005, geltenden Fassung vor der 26. KFG-Novelle, BGBl.I Nr.117/2005, reichte bis zu 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfrei­heitsstrafe.

Die Erstinstanz ging laut Begründung beider Straferkenntnisse irrtümlich vom erst ab 28. Oktober 2005 geltenden Strafrahmen aus, der Geldstrafen bis zu 5.000 Euro vorsieht, wobei außerdem von der bisherigen verwaltungs­strafrechtlichen Unbe­scholten­heit der Bw als Milderungsgrund auszugehen war, da die einzige Vormerkung vom Februar 2006 stammt. Eine Herabsetzung der Geldstrafen hinsichtlich beider Straf­erkenntnisse in ihrem Punkt 4) war somit gerechtfertigt. Die nunmehr verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen die Bw in Zukunft zu mehr Sorgfalt anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

Beschlagwortung:

§ 102 Abs.10 KFG gilt auch für Traktoren, Arbeitsfahrt mit 2 Kontrollen innerhalb einer Stunde – Ermahnung – Begrenzungslicht – Strafrahmen vor dem Vorfallstag noch niedriger + Unbescholtenheit - Herabsetzung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum