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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106164/8/BR

Linz, 07.04.1999

 

VwSen-106164/8/BR Linz, am 7. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. Jänner 1999, AZ. VerkR96-8265-1998-Hu, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 7. April 1999 im Rahmen eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Straferkenntnis vom 13. Jänner 1999, AZ. VerkR96-8265-1998-Hu, über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 9 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S sowie 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 6. März 1998 um 08.00 im Stadtgebiet von Linz, B, in Richtung Bahnhofstraße, den Pkw mit dem Kennzeichen gelenkt und dabei einem Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befand, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht habe.

1.1. Hierzu führte die Erstbehörde begründend folgendes aus:

"Gemäß § 9 Abs.2 u. § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.

Auf Grund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 6.3.1998 wird Ihnen die umseits genannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

Sie bestreiten in Ihren schriftlichen Rechtfertigungen vom 24.8.1998 und 1.12.1998 die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen zu haben, indem Sie im wesentlichen angeben, die Tatzeit könne offensichtlich nicht richtig sein. Ihr Dienstbeginn sei um 08.00 Uhr und können Sie daher, da Sie zumeist vor 08.00 Uhr im Büro anwesend seien, um 08.00 Uhr nicht den Bereich des Hauptbahnhofes passiert haben. Bei Annäherung haben Sie den Meldungsleger bereits gesehen. Es sei daher unwahrscheinlich, daß Sie angesichts des Meldungslegers einen derartigen Verstoß setzen werden. Die Angaben des Meldungslegers in bezug auf die Person, den Abstand am Fußgängerübergang und Ihre Geschwindigkeit sei technisch nicht nachvollziehbar. Bei einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h wäre es undenkbar, einen Fußgängerübergang ohne Kollision mit dem Fußgänger zu passieren. Bei Geschwindigkeiten zwischen 40 und 50 km/h müsse dem Fußgänger aber auch bewußt gewesen sein, daß Sie vor dem Fußgängerübergang nicht mehr anhalten können. Der vom Meldungsleger geschilderte Abstand des Fußgängers von ungefähr einem Meter spreche daher dafür, daß dieser, wenn überhaupt, bei Ihrer Annäherung noch nicht am Fußgängerübergang gewesen sei und diesen erst kurz vor Ihrem Passieren betreten habe. Es hätte sohin der Fußgänger in unzulässiger Weise den Fußgängerübergang betreten. Zur Schilderung des Meldungslegers könne auch davon ausgegangen werden, daß der Fußgänger offensichtlich Ihre Vorbeifahrt abwarten habe wollen und daher keineswegs an seiner Fortbewegung von Ihnen gehindert oder zum Stehenbleiben veranlaßt worden sei. Darüberhinaus können Sie mit größter Sicherheit davon ausgehen, daß kein Fußgänger beim Passieren die Absicht gehabt habe, den Fußgängerübergang zu betreten bzw. auf diesem gestanden sei. Sie müssen daher davon ausgehen, daß der Meldungsleger entweder Ihr Fahrzeug mit einem anderen Fahrzeug verwechselt hat bzw. Sie den Fußgängerübergang bereits verlassen hatten, als der Fußgänger den Schutzweg betreten habe. Nach der Darstellung des Meldungslegers müßte sogar davon ausgegangen werden, daß der von ihm behauptete Fußgänger trotz eines herannahenden Fahrzeuges den Vorrang am Schutzweg erzwingen habe wollen.

Ihren Rechtfertigungsangaben ist die Zeugenaussage des Meldungslegers BI P vom 2.11.1998 entgegenzuhalten. Dieser verweist anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme auf seine in der Anzeige vom 6.3.1998 gemachten Angaben und gibt weiters im wesentlichen an, daß die von ihm angegebene Tatzeit mit Sicherheit der Richtigkeit entspricht. Da Marke, Type und Farbe mit dem angezeigten Fahrzeug übereinstimmen, ist eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug ebenfalls ausgeschlossen. In der Anzeige wurde auch bereits der Lenker als weiblich angegeben. Bei einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h ist es sehr wohl möglich, einen Fußgängerübergang ohne Kollision mit einem Fußgänger zu passieren. Die Fußgängerin ist stehengeblieben, um eine Kollision zu vermeiden. Somit lag es nicht bei Ihnen, daß es zu keiner Kollision kam, sondern nur bei der Fußgängerin, die auf ihren Vorrang verzichtet hat. Weiters müssen Sie auch bereits dann stehenbleiben, wenn ein Fußgänger den Schutzweg erkennbar benützen will. Die Fußgängerin hat diesen Schutzweg deutlich erkennbar benutzen wollen, somit hätten Sie Ihre Geschwindigkeit rechtzeitig reduzieren müssen. Die Fußgängerin wollte die Vorbeifahrt nicht abwarten, sondern war gezwungen stehenzubleiben, um eine Kollision zu vermeiden. Die Behörde ist jedenfalls der Meinung, daß es sich bei Ihren Rechtfertigungsangaben um reine Schutzbehauptungen handelt, zumal Sie keinerlei konkrete Beweise für die Richtigkeit Ihres Vorbringens anbieten konnten bzw. überhaupt anzubieten versuchten. Sie sah auch keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Angaben des fachlich geschulten und zur Wahrheit verpflichteten Zeugen zu zweifeln, zumal dieser wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen er anläßlich seiner Einvernahme hingewiesen wurde, auf sich nehmen wird, während Sie als Beschuldigte einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können. Es waren weiters auch die in der Anzeige enthaltenen Angaben in keiner Weise in Zweifel zu ziehen.

Daß Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Tat begangen haben, erscheint für die Behörde auf Grund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses zweifelsfrei als erwiesen. Sie kann sich zudem auch kaum vorstellen, daß ohne jeglichem vorliegenden triftigen Grund Anzeige gegen Sie erstattet wird.

Es war spruchgemäß zu entscheiden, wobei hinsichtlich Ihrer die Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von folgender Schätzung ausgegangen wurde: mtl. ca. S 15.000,-- netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

Straferschwerend wurde die Tatsache gewertet, daß Sie ha. vorbestraft aufscheinen; strafmildernd war kein Umstand zu werten."

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin folgendes aus:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.1.1999, VerkR96-8265-1998-Hu, erhebe ich in offener Frist die

 

BERUFUNG:

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich.

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten und wird dazu im Einzelnen wie folgt ausgeführt:

Mit dem Straferkenntnis wird mir zur Last gelegt, am 6.3.98, um 8.00 Uhr in Linz, Bahnhofplatz 7, den PKW mit Kz. gelenkt und dabei einen Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befand, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht zu haben. Über mich wird deshalb eine Geldstrafe von S 800,-- zuzüglich Verfahrenskosten verhängt. In der Begründung wird ausgeführt, daß die mir zur Last gelegte Übertretung aufgrund der Angaben des Meldungslegers eindeutig erwiesen sei. Meiner Verantwortung als Beschuldigtenaussage komme keine Bedeutung zu und können die Rechtfertigungsangaben lediglich Schutzbehauptungen sein. Es sei nicht anzunehmen, daß der Meldungsleger als Zeuge unrichtige Angaben machen werde. Es sei weiters nicht anzunehmen, daß der Meldungsleger eine Anzeige mache, wenn er keinen berechtigten Grund habe. Aufgrund dieser Darlegungen sei daher der Tatvorwurf eindeutig erwiesen. Die verhängte Geldstrafe sei aufgrund der angenommenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse angemessen.

Den Ausführungen der Erstbehörde kann aber nicht gefolgt werden.

Zu dem vom Meldungsleger behaupteten Tatzeit herrscht bekanntermaßen ein starkes Fußgängeraufkommen im Bereiche des Hauptbahnhofes.

Es sind zumeist Berufstätige, die von den Zügen kommend in großer Zahl zu den Straßenbahnen vor dem Hauptbahnhof strömen. Nachdem sich der Meldungsleger auf den Stiegen befunden hat, ist es durchaus denkbar, daß er durch die Zahl der Leute gar nicht das Verkehrsgeschehen ausreichend beobachten konnte.

Es geschieht weiters bekanntermaßen tagtäglich zu diesen Stoßzeiten, daß die Fußgänger aus dem Bahnhofsgebäude strömen und unter Erzwingung des Vorranges zu den bereits wartenden Straßenbahnen kommen wollen, um diese noch rechtzeitig zu erreichen. Die Fußgänger nehmen dabei wenig Rücksicht auf den Straßenverkehr. Bereits aufgrund dieser Umstände kann die Darstellung des Meldungslegers relativ hohe Geschwindigkeit in Verbindung mit zur Straßenbahn eilenden Fußgängern nicht möglich sein. Der Meldungsleger fährt in seiner Anzeige eine relativ hohe Geschwindigkeit an. Keine Angaben macht er aber dazu, in welcher Entfernung sich mein Fahrzeug befunden haben soll. Bei einer noch nicht spurenzeichnenden Bremsung, ausgehend von einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h beträgt aber der Anhalteweg bereits ca. 40 m. Die Bremsung und Anhaltezeit liegt bei ca. 4,5 bis 5 Sekunden. Damit wird aber aufgezeigt, daß, soweit die Geschwindigkeitsangaben des Meldungslegers richtig sind, ein realistisches Anhalten vor dem Fußgängerübergang gar nicht mehr möglich gewesen wäre. Der Auffälligkeitswert meines Fahrzeuges für den Meldungsleger muß sicherlich näher als 40 m gewesen sein. Aus dieser Sicht ist jedenfalls die Darstellung des Meldungslegers aus technischer Sicht eindeutig widerlegt.

Dieselben Voraussetzungen liegen auch in bezug auf den Fußgänger vor.

Um einen Meter nach dem Gehweg auf der Fahrbahn anzuhalten, muß der Fußgänger bereits den Entschluß noch am Gehweg treffen, da er dann nicht innerhalb dieser Strecke stehenbleiben kann, da er bei einem üblichen Gehtempo in der Reaktionszeit ca. 2 bis 2,5 m zurücklegt. Die Unrichtigkeit der Überlegungen des Meldungslegers wird aber noch deutlicher, als eine Geschwindigkeit von ca. 40 bis 50 km/h alleine die Anhaltezeit des Fahrzeuges gut 4,5 bis 5 Sekunden beträgt. Dies steht eindeutig im Widerspruch zu der Reaktionszeit des Fußgängers. Bei jeder anders gelagerten Konstellation hätte es bei einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h unweigerlich zu einer Kollision zwischen dem Fahrzeug und dem Fußgänger kommen müssen. Die Vorfallsstelle ist mir weiters, da ich sehr oft auch mit dem Zug zu meiner Arbeitsstelle gelange, bestens bekannt. Es ist daher nicht anzunehmen, daß ich trotz Kenntnis der Situation einen derartigen Verstoß setzen werde. Noch weniger erscheint es wahrscheinlich, daß ich dies in Anwesenheit eines Meldungslegers machen werde.

Aus der Anzeige geht weiters nicht klar hervor, ob der Fußgänger am Schutzweg war oder lediglich auf der Fahrbahn. Der Meldungsleger spricht nur von der Kennzeichnung des Fußgängerüberganges durch das Verkehrszeichen nach § 53/2 AStV0. Im übrigen spricht er von einem Fußgänger, der sich bereits auf der Fahrbahn befand. Erst im Nachhinein wird die Behauptung aufgestellt, daß dieser am Schutzweg war. Es fehlt aber jedweder Hinweis, daß zum Vorfallszeitpunkt auch auf der Fahrbahn der Schutzweg aufgrund der Markierung eindeutig erkennbar war. Es fehlen sohin die Voraussetzungen, wonach eindeutig klargestellt ist, daß die vom Meldungsleger beobachtete Fußgängerin zum Vorfallszeitpunkt tatsächlich am Schutzweg war und daß der Schutzweg selber mit seiner Markierung für mich auch erkennbar war.

Ungeklärt ist weiters nach den Angaben des Meldungslegers, ob es ein Fußgänger oder eine Fußgängerin war.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß die Angaben des Meldungslegers keineswegs derartig glaubhaft sind, daß sie meine Verantwortung widerlegen können. Es ist jedenfalls denkbar, daß dem Meldungsleger in bezug auf das Gesamtgeschehen ein Irrtum unterlaufen ist.

Die verhängte Geldstrafe ist darüber hinaus als überhöht anzusehen.

Ich beantrage daher, meiner Berufung Folge zu geben, das angebotene Straferkenntnis aufzuheben und das anhängige Verfahren einzustellen.

Linz, 19.2.1999 W"

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Februar 1999, AZ. VerkR96-8265-1998-Hu und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der unter Abhaltung eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, an welcher trotz der Durchführung der Amtshandlung in unmittelbarer örtlicher Nähe zum Sitz der Erstbehörde von dort dennoch kein Vertreter entsendet wurde. Ferner durch die Vernehmung des Zeugen BezInsp. B und der Berufungswerberin als Beschuldigten.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Die Berufungswerberin lenkte zur fraglichen Zeit an der o.a. Örtlichkeit ihr Fahrzeug entlang des Hauptbahnhofes in östlicher Richtung. Wie anläßlich der Berufungsverhandlung zwischen 7.30 und 8.00 Uhr festgestellt werden konnte, herrscht um diese Tageszeit starkes Verkehrsaufkommen, wobei insbesondere der Fußgängerverkehr auch vom Nebenausgang des Linzer Hauptbahnhofes auf Höhe der Nr. 7 in Richtung der gegenüberliegenden Haltestelle der Linie 3 als beträchtlich angenommen werden kann. Vielfach überqueren Fußgänger im Laufschritt den Schutzweg in Richtung den gegenüber abfahrbereiten Straßenbahnzügen der Linie 3.

Der Meldungsleger vermochte sich anläßlich der Berufungsverhandlung an diesen mehr als ein Jahr zurückliegenden Vorgang in keinem einzigen Punkt mehr erinnern. Er verwies diesbezüglich auf die von ihm verfaßte Anzeige. Die Textierung der Anzeige ist insofern etwas widersprüchlich, als einerseits von "einer Fußgängerin" die Rede ist, andererseits im gleichen Satz der Plural "die (gemeint Fußgänger) sich auf der Fahrbahn befanden" verwendet ist. Somit ist nicht klar, ob nur eine oder sogar mehrere FußgängerInnen behindert worden sein sollten. Ebenfalls war dem Meldungsleger nicht mehr erinnerlich, wo er sich die anzeigespezifischen Daten notierte und wann oder ob er diese Daten tatsächlich noch am gleichem Tag in die mit diesem Tag datierte Anzeige übertrug.

Bemerkt muß auch werden, daß sich auf dem Anzeigeformular ein Lenkererhebungsbogen, welcher mit 8. Mai 1998 datiert ist befindet. Eine Lenkererhebung erfolgte aber offenkundig weder durch die Tatortbehörde noch durch die Erstbehörde. Die Abtretung des Verfahrensaktes von der Bundespolizeidirektion Linz an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erfolgte am 26. Mai 1998. Die Erstbehörde hat in der Folge gegen die Berufungswerberin vorerst eine mit 6. Juli 1998 datierte Strafverfügung erlassen.

Nicht geklärt werden konnte, warum der mit 6. März 1998 datierten Anzeige erst am 8. Mai 1998 eine EDV-mäßige Bearbeitung, in Form der Erstellung eines "Lenkererhebungs- bzw. Strafverfügungssets" folgte. Nicht nachvollziehbar ist diesbezüglich vor allem der doch erhebliche Zeitraum von fast drei Monaten.

Dies könnte allenfalls in einer verspäteten Übertragung bzw. Lieferung der Anzeigearten seitens des Meldungslegers an die Behörde gründen, was wiederum auf ein erhöhtes Fehlerkalkül schließen lassen könnte.

4.2. Das Ergebnis der Berufungsverhandlung ließ jedenfalls die in der Anzeige genannte Fahrgeschwindigkeit als äußerst unwahrscheinlich erscheinen. Eine solche Fahrgeschwindigkeit wäre angesichts der dort anzunehmenden Verkehrsverhältnisse geradezu als eine gröbliche Gefährdung der Verkehrssicherheit zu qualifizieren. Daher konnte in diesem Punkt der Berufungswerberin in ihrer Verantwortung durchaus gefolgt werden wenn diese u.a. vermeinte, daß sie keinesfalls so schnell gefahren sein könnte, sich aber andererseits über eine sie betreffende Reaktion des Meldungslegers durch den Rückspiegel erinnern bzw. eine solche wahrnehmen zu können glaubte. Glaubhaft und den Denkgesetzen nachvollziehbar ist in ihrer Verantwortung auch von einer Behinderung einer Fußgängerin nichts wahrgenommen zu haben. Dies wäre wiederum darin erklärbar, daß Fußgänger um diese Zeit tatsächlich sich immer wieder im Laufschritt der etwa zehn Meter vom östlichen Ausgang des Hauptbahnhofes entfernt liegenden Straßenbahnhaltestelle nähern, um diese noch vor deren Abfahrt der Straßenbahn zu erreichen. Dabei ist durchaus auch realistisch, daß es selbst bei einer durchaus in vorsichtiger Fahrweise (etwa 20 km/h) gepflogenen Annäherung eines Fahrzeuglenkers an den Schutzweg zur faktischen Behinderung eines Fußgängers kommen kann. Jedoch kann anläßlich eines im Rahmen des Vertrauensgrundsatzes jedes Mindestmaß außer acht lassenden Verhaltens eines Fußgängers beim Überqueren der Fahrbahn, eine daraus resultierende Behinderung eines Fahrzeuglenker wohl nicht mehr als schuldhaft, da auch unter Einhaltung des höchsten Sorgfaltsmaßstabes vom KFZ-Lenker nicht verhinderbar.

Da hier einerseits vom Meldungsleger überhaupt keine inhaltlichen Aussagen zum Vorfall mehr gemacht werden konnten und demgegenüber die von der Berufungswerberin glaubhaft vorgetragene Verantwortung durchaus nachvollziehbar war, kann hier zumindest ein objektiv sorgfaltswidriges und schuldhaftes Verhalten der Berufungswerberin im Zuge der Annäherung an den Schutzweg nicht als erwiesen erachtet werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit beruht zumindest die in der Anzeige erwähnte Fahrgeschwindigkeit der Berufungswerberin auf eine Fehlschätzung. Im Falle einer Annäherung mit 50 km/h wäre es nämlich nicht nachvollziehbar und geradezu unverständlich, daß der zumindest in der angeblich auf der Stiege des Ausganges ONr. vom Hauptbahnhof postierte Meldungsleger nicht bereits angesichts dieser Tatsache (wie oben schon erwähnt wäre dies als augenfällig rücksichtslos rowdyhafte Fahrweise zu bezeichnen gewesen) eine Anhaltung versucht hätte. Warum es schließlich im gegenständlichen Fall nicht möglich gewesen sein soll - wenn der Berufungswerber dort nur wenige Meter vom Begehungsort entfernt gestanden ist - bleibt darüber hinaus auch nicht ganz nachvollziehbar.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Der § 9 Abs.2 StVO lautet:

Der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, hat einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten. In gleicher Weise hat sich der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, vor einer Radfahrerüberfahrt zu verhalten, um einem Radfahrer, der sich auf einer solchen Radfahrerüberfahrt befindet oder diese erkennbar benützen will, das ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

5.1.1. Die zit. Bestimmung in der Fassung der 19. Novelle hat wohl eine Verschärfung zum Schutz der Fußgänger dadurch erfahren, als bereits bei der bloßen Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht dies vom Fahrzeuglenker ungehindert zu ermöglichen ist.

Da wie oben schon ausgeführt auch auf Grund der Örtlichkeit eine solch rechtzeitige Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht in Verbindung mit einem auch denkbaren Fehlverhaltens der Fußgängerin nicht als hinreichend erwiesen qualifiziert werden konnte, ist eine Subsumtion unter § 9 Abs.2 StVO nicht möglich.

5.2. Da bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, war hier spruchgemäß zu entscheiden (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

5.3. Angesichts des so zu würdigen gewesenen materiellen Sachverhaltes konnten Überlegungen dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der hier vorliegenden Abtretung nach § 29a VStG am 26. Mai 1998 bereits ein konkretes und somit abtretungsfähiges Verwaltungsstrafverfahren gegen die Berufungswerberin bereits anhängig war (VwGH 25.11.1991, 91/19/0293 - Hauer/Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 905, Z 11d).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

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