Linz, 06.12.2006
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn J R, vertreten durch die H-H Rechtsanwaltspartnerschaft, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 27.9.2006, AZ: 2-S-9028/06, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2006, einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§ 49 Abs.1 VStG.
§ 17 Abs.3 ZustG.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) mit Strafverfügung vom 20.7.2006, Zl. 2-S-9.028/06/S, Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) wegen zwei – näher bezeichneter – Verwaltungsübertretungen nach dem GGBG verhängt.
Diese Strafverfügung wurde am Mittwoch, dem 2. August 2006 beim – für die Wohnadresse bzw. Abgabestelle des Bw: W. Weg 10, (PLZ) E. – zuständigen Postamt iSd § 17 ZustG hinterlegt.
Gegen diese Strafverfügung hat der Bw am Dienstag, dem 22. August 2006 – sowohl per Fax, als auch per Post – Einspruch erhoben.
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid diesen Einspruch gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 13.10.2006 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Gemäß Auszug aus dem ZMR ist die Adresse: „W. Weg 10, (PLZ) E.“ seit 7.9.2005 der einzige Wohnsitz des Bw.
Die Ladung zur gegenständlichen mündlichen Verhandlung wurde dem Bw an exakt diese Adresse: „W. Weg 10, (PLZ) E.“ zugestellt und auch übernommen.
Aus Gründen der prozessualen Vorsicht wurde die Ladung zur mündlichen Verhandlung zusätzlich auch an die – bislang vom Rechtsvertreter des Bw angegebene – Adresse: „B. Straße 15, (PLZ) V.“ gesendet.
Diese Ladung wurde mit dem Vermerk: „verzogen“ zurückgesendet.
In der Stellungnahme vom 5.9.2006 führt der Bw aus, dass "er sich mehrfach in V., auch wochenweise, befindet ohne dass er nach E. zurückkehrt.
So hat er sich auch in der Zeit von Sonntag, 30.7. abends bis einschließlich (Samstag) 5.8.2006 in V. befunden, ohne dass er nach E. zurückgekehrt wäre.
Der erste Tag der möglichen Abholung und der Rückkehr an die Abgabestelle war sohin der 7.8.2006."
Somit ergibt sich aus
- dem Auszug aus dem ZMR,
- den Ladungen zur mündlichen UVS-Verhandlung und
- der Stellungnahme des Bw vom 5.9.2006,
dass es sich (seit 7.9.2005) bei der Adresse: „W. Weg 10, (PLZ) E.“ um den (einzigen) Wohnsitz und dadurch um die Abgabestelle des Bw handelt.
Die eingangs erwähnte Strafverfügung wurde – wie bereits dargelegt – am Mittwoch, dem 2. August 2006 beim für den Wohnsitz/die Abgabestelle: "W. Weg 10, (PLZ) E." zuständigen Postamt hinterlegt.
§ 17 Abs.1 und Abs.3 ZustG lauten auszugsweise:
Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen.
Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird.
Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.
Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Am 4.12.2006 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben.
Der Rechtsvertreter des Bw hat dabei nachfolgende Stellungnahme abgegeben:
„Ich verweise auf meine bisherigen schriftlichen Ausführungen.
Beweismittel für die Ortsabwesenheit des Bw können – mit Ausnahme der Krankenstandsbestätigung des vom Bw vertretenen Arbeitskollegen – nicht vorgelegt werden. Die Behörde erster Instanz ist davon ausgegangen, dass der Bw bis Samstag 5.8.2006 tatsächlich von der Abgabestelle E. abwesend war.“
Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit – ohne nähere Angaben und Anbot von Beweismitteln – kann das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E72 und E74 zu § 17 ZustG (Seite 1997) zitierten VwGH-Erkenntnisse.
Als einziges „Beweismittel“ für seine Ortsabwesenheit hat der Bw die Krankenstandsbescheinigung des Herrn H. K. – welcher vom Bw während dieses Krankenstandes (vom 1.8.2006 bis 27.8.2006) vertreten wurde – vorgelegt.
Diese Krankenstandsbescheinigung beweist allenfalls, dass der Bw Herrn H. K. während dessen Krankenstand vertreten hat, nicht jedoch, ob bzw. dass der Bw sich im Zeitraum 2.8.2006 bis 5.8.2006 tatsächlich nicht an seinem (einzigen) Wohnsitz: "W. Weg 10, (PLZ) E." aufgehalten hat.
Aber selbst wenn das Vorbringen des Bw in der Stellungnahme vom 5.9.2006 – er habe sich in der Zeit von Sonntag, 30.7.2006 abends bis einschließlich (Samstag) 5.8.2006 in V. befunden, ohne dass er nach E. zurückgekehrt wäre, der erste Tag der möglichen Abholung war sohin der 7.8.2006 – tatsächlich zutrifft, ist festzustellen:
Die Hinterlegung der Strafverfügung erfolgte – wie bereits mehrfach dargelegt – am Mittwoch, dem 2. August 2006.
Gemäß § 17 Abs.1 und 3 ZustG ist die Hinterlegung auch dann zulässig, wenn der Empfänger während der Woche berufsbedingt von der Abgabestelle abwesend ist;
siehe das in Walter-Thienel, aaO, E97 zu § 17 ZustG (Seite 2001) zitierte VwGH-Erkenntnis.
Die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag ist wirksam, wenn dieser – was im gegenständlichen Fall zutrifft – innerhalb der Abholfrist liegt;
siehe die in Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, E54a zu § 17 ZustG (Seite 1922) zitierten VwGH-Erkenntnisse.
Der Bw ist – nach eigenen Angaben (Stellungnahme vom 5.9.2006) – am Samstag, 5.8.2006 an die Wohnadresse/Abgabestelle "W. Weg 10, (PLZ) E." zurückgekehrt.
Gemäß § 17 Abs.3 ZustG wurde daher die Zustellung der eingangs erwähnten Strafverfügung mit Montag, 7. August 2006 wirksam bzw. gilt die Strafverfügung mit diesem Tag als zugestellt; VwGH vom 16.2.1994, 93/03/0128.
Gemäß § 49 Abs.1 VStG sowie der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung in der Strafverfügung wäre ein Einspruch innerhalb von zwei Wochen – somit bis spätestens Montag, 21. August 2006 – einzubringen gewesen.
Der Einspruch gegen die Strafverfügung wurde am Dienstag, dem 22. August – somit um 1 Tag verspätet – eingebracht.
Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht den Einspruch gegen die Strafverfügung gem. § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Mag. Kofler