Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222105/2/Bm/Sta

Linz, 07.12.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau M P, P, N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, Mag. C. O, Dr. H N, G, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 6.9.2006, Zl. Ge96-28-2006, wegen Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 6.9.2006, Ge96-28-2006-Fux, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 750 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil sie als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der C H mit dem Sitz in N, S, FN  in der Zeit vom 20. Dezember 2005 bis 16. März 2006 in  P, Nähe Flugplatz P, Gst. Nr. , eine Halle errichtet und dabei u.a. Wandpanelle befestigt und Spachtelarbeiten durchgeführt, ohne hiefür eine Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe, das Tischlergewerbe und das Heizungstechnikergewerbe besessen zu haben. Am 20. Dezember 2005 haben in dieser Halle der von ihnen angeheuerte Arbeitnehmer R D Hilfsarbeiten wie Zutragen von Werkzeug und Panellen und der ebenfalls von ihnen angeheuerte Arbeitnehmer B C Wandpanelle montiert. Am 28. Dezember 2005 hat in dieser Halle der von ihnen angeheuerte Arbeitnehmer E N ebenfalls Wandpanelle montiert. Am 16. März 2006 habe in dieser Halle der von ihnen angeheuerte Arbeitnehmer P P Spachtelarbeiten durchgeführt und der von ihnen angeheuerte Arbeitnehmer B Z Heizkörper montiert.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Berufungswerberin in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin von den Vorgängen um die Liegenschaft keine konkrete Kenntnis habe. Der Ehegatte sei dort Eigentümer eines Grundstückes und lasse dort eine Werkshalle zur Produktion von Flugzeugen errichten. Da die Serienproduktion erst nach einer mehrjährigen Vorlaufzeit beginnen könne, werde die Halle an ein ungarische Unternehmen vermietet, die auch die Errichtung der Halle übernehme. Eine Zurechnung der genannten Arbeitnehmer an die GmbH sei nicht zweifelsfrei möglich. Das rechtliche Verhältnis der betroffenen Personen gehe nach dem Inhalt der Vernehmungen "quer durch den Gemüsegarten". Z B etwa führe in seiner Niederschrift an, dass er für eine P in B tätig geworden sei. P P führe an, dass er in der S einen Gewerbeschein gelöst habe und auf Grund dieser Gewerbeberechtigung in Österreich tätig geworden sei. Damit wären aber die betroffenen Personen zur Verantwortung zu ziehen. Bestritten werde, dass die genannten Tätigkeiten jeweils Übertretungen nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 darstellen würden; auch einem Handelsunternehmen müsse es erlaubt sein, Ware zu liefern und anzuschrauben (Wandpanelle). Damit werde noch keine diesem Gewerbe vorbehaltene Tätigkeit ausgeübt. Die Mitarbeiter seien nicht von der Firma C entlohnt worden. Wie der Verantwortung zu entnehmen sei, habe die Bauführung die Firma W. A B GmbH übernommen. Diesem Bauunternehmen seien die Tätigkeiten zuzurechnen. Diesem Unternehmen sei es auch gestattet, Leiharbeitskräfte oder Aushilfskräfte von anderen Unternehmen zuzuziehen. Damit liege keine unzulässige Gewerbeausübung vor und werde beantragt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das eingeleitete Verfahren einzustellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.    die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.    die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 enthält u.a. das Tatbestandselement, das jemand „ein Gewerbe ausübt“. Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch nicht, dass – aus der Sicht des Beschwerdefalles – eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 vorliegen (vgl. VwGH 15.9.1999, 99/04/0110).

 

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z1 VStG) geht dahin, dass die Beschuldigte es zu verantworten habe, dass die C H, N, in der Zeit vom 20.12.2005 bis 16.3.2006 das Baumeistergewerbe, Tischlergewerbe, Heizungstechnikergewerbe ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, ausgeübt hat. Dieser Tatumschreibung lässt sich keine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen. Es fehlt ein Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und ebenso, dass die Tätigkeit selbstständig und regelmäßig, also zumindest mit Wiederholungsabsicht durchgeführt wurde.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit schon aus diesem Grund nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG.

Darüber hinaus haften aber dem Straferkenntnis noch folgende Mängel an:

Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird die unbefugte Ausübung des Baumeistergewerbes (§ 94 Z5 GewO 1994), des Tischlergewerbes (§ 94 Z71 GewO 1994) und des Heizungstechnikergewerbes (§ 94 Z31 GewO 1994) vorgeworfen. Es handelt sich dabei um Gewerbe, die jeweils einen unterschiedlichen Berechtigungsumfang aufweisen; demgemäß ist die jeweilige unbefugte Gewerbeausübung auch gesondert zu ahnden. Darüber hinaus lassen die vorgeworfenen Tathandlungen eine konkrete Zuordnung zu den einzelnen Gewerben nicht zu, was insofern von Relevanz ist, als der Berufungswerberin in der Aufforderung zur Rechtfertigung lediglich die Ausübung des Baumeistergewerbes ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung vorgeworfen wurde.

 

Aus sämtlichen oben angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezüglich Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

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