Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280809/17/Wim/Pe/Be

Linz, 05.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn C S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. M E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.1.2005, Ge96-200-3-2004-Brot, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.11.2006 zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die verhängten Geldstrafen zu Faktum 1) und 2) auf jeweils 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je drei Tage herabgesetzt werden.

 

II.       Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 200 Euro. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG und §§ 19 und 51c VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretungen zu Faktum 1) gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/85 sowie iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs und zu Faktum 2) gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG iVm Art.8 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/85 sowie iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs für schuldig erkannt und über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von je 1.500 Euro, falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je vier Tagen verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet insgesamt 300 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben als verantwortlich Beauftragter der Firma Transbritania Transport GmbH in 4210 Gallneukirchen, Blütenstraße 5/7, und somit als strafrechtlich Verantwortlicher Folgendes zu vertreten:

 

1) Der Arbeitnehmer, Herr C P, beschäftigt im obgenannten Güterbeförderungsbetrieb als Lenker eines Kraftfahrzeuges im internationalen Straßenverkehr, das der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, wurde laut den bei der ha. Behörde in Kopie vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen mit folgenden Lenkzeiten (Gesamtlenkzeiten zwischen zwei täglichen Ruhezeiten) beschäftigt:

Am 11.5.2004 in der Zeit von 06.05 Uhr bis zum 12.5.2004 um 00.45 Uhr

10 Stunden und 30 Minuten.

Am 12.5.2004 in der Zeit von 12.40 Uhr bis zum 14.5.2004 um 23.30 Uhr

31 Stunden und 30 Minuten.

Gemäß Artikel 6 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/1985 darf die genannte Gesamtlenkzeit zwischen 2 täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf 2 x pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Da die Gesamtdauer der Lenkzeit

vom 11.5.2004 um 06.05 Uhr bis zum 12.5.2004 um 00.45 Uhr 10 Stunden und 30 Minuten und vom 12.5.2004 um 12.40 Uhr bis zum 14.5.2004 um 23.30 Uhr 31 Stunden und 30 Minuten dauerte, haben Sie den obgenannten Lenker in dieser Zeit über die gemäß Artikel 6 Abs.1 EG-VO 3820/85 zulässige Lenkzeit eingesetzt.

 

2) Dem Arbeitnehmer, Herrn C P, beschäftigt im obgenannten Güterbeförderungsbetrieb als Lenker eines Kraftfahrzeuges im internationalen Straßenverkehr, das der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, wurde laut den bei der ha. Behörde in Kopie vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen die vorgeschriebene Ruhezeit innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn nicht gewährt:

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 10.5.2004 um 04.50 Uhr, Arbeitsende bzw. Ende des 24-Stunden-Zeitraumes am 10.5.2004 um 22.00 Uhr; innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit eine Ruhezeit von 6 Stunden und 50 Minuten.

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 11.5.2004 um 06.05 Uhr, Arbeitsende bzw. Ende des 24-Stunden-Zeitraumes am 12.5.2004 um 00.45 Uhr; innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit eine Ruhezeit von 5 Stunden und 20 Minuten.

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 12.5.2004 um 12.40 Uhr, Arbeitsende bzw. Ende des 24-Stunden-Zeitraumes am 13.5.2004 um 12.40 Uhr; innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit eine Ruhezeit von 0 Stunden und 00 Minuten.

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/1985 ist innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten. Diese darf bei entsprechendem Ausgleich verkürzt werden, und zwar auf nicht weniger als 9 Stunden.

Durch die oben angeführten Zeiten

im Zeitraum vom 10.5.2004 um 04.50 Uhr bis zum 10.5.2004 um 22.00 Uhr

im Zeitraum vom 11.5.2004 um 06.05 Uhr bis zum 12.5.2004 um 00.45 Uhr und

im Zeitraum vom 12.5.2004 um 12.40 Uhr bis zum 13.5.2004 um 12.40 Uhr

haben Sie dem Lenker die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1 EG-VO 3820/85 von 9 zusammenhängenden Stunden nicht gewährt.

 

Herr C P lenkte folgendes Kraftfahrzeug:

Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen Sattelanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen.

Der Lenker legte folgende Fahrtstrecke zurück:

Haid – Spital/Pyhrn – Mettenbach – Heerten – B-Ham – Calaise – Königsford – Anhalteort (KOST Kematen).“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bw Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.11.2006, an welcher der Bw, sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

3.2. Da der Bw anlässlich der mündlichen Verhandlung die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt und zu Faktum 1) und 2) je eine Strafe von 1.000 Euro beantragt hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 28 Abs.1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die

Z2     die tägliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.1, 2, 6 oder 7 oder Art.9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren oder

Z4     Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabsatz 1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde, von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.2. Im angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Bw zwei Geldstrafen von je 1.500 Euro gemäß § 28 Abs.1a Z2 und Z4 AZG verhängt. Milderungsgründe lagen keine vor, vielmehr wurden von der belangten Behörde als straferschwerend zahlreiche Übertretungen nach dem AZG gewertet. Nichtsdestotrotz erscheint dem Oö. Verwaltungssenat die gegenständliche Geldstrafe im Verhältnis zur Schwere der Verwaltungsübertretung als zu hoch bemessen, da von der belangten Behörde schwerwiegendere Übertretungen mit der selben Geldstrafe geahndet wurden. Die nunmehr verhängten Geldstrafen im Ausmaß von je 1.000 Euro erscheinen dem Oö. Verwaltungssenat noch tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Bei weiteren Übertretungen wäre jedoch mit der Verhängung empfindlich höherer Geldstrafen zu rechnen.

 

Mangels Vorliegens konkreter Angaben hinsichtlich der persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten, ausgegangen. Dem ist der Bw nicht entgegengetreten, weshalb sie auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte.

 

4.3. Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. einer weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind.

 

Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

Zu II:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Wimmer

 

 

 

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