Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521451/7/Bi/Sp

Linz, 07.12.2006

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn MP vertreten durch Herrn Dr. US vom 23. Oktober 2006 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 16. Oktober 2006, VerkR20-1594-2004, wegen der Anordnung einer Nachschulung, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Dezember 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung)  zu Recht erkannt:

 

      Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) seitens der Erstinstanz gemäß § 4 FSG eine Nachschulung angeordnet, der der Bw inner­halb von vier Monaten ab Zustellung des Bescheides nachzukommen habe (Führer­schein ausgestellt von der BH Perg am 6. Oktober 2004 zu VerkR20-1594-2004/PE für die Klassen AV, A und B).

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit am 18. Oktober 2006.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Am 7. Dezember 2006 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Bw und des Zeugen Insp. Alexander Richter durchgeführt. Der Bw selbst und AS als Vertreter der Erstinstanz waren entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich ver­kündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, da es sich um ein Administrativverfahren handle, sei das AVG in vollem Umfang anzuwenden. Die Erstinstanz berufe sich auf vom ermittelnden Polizeibeamten festgestellte Alkoholisierungsmerkmale, bleibe aber jedwede Ausführungen über diese Merkmale schuldig. Bei den gemessenen Atem­luft­werten sei die Wahrnehmung auch anders als durch Messung nicht denkbar, weil menschliches Wahrnehmungsvermögen dazu nicht in der Lage sei. Worauf sich ein Alkoholisierungsverdacht stütze, werde ein Rätsel bleiben. Bei der Beurteilung des Messergebnisses stütze sich die Erstinstanz auf das vom Polizeiorgan fest­gestellte Ergebnis der Alkoholkontrolle, ohne die diesbezügliche Judikatur des UVS Oö. (E 19.3.2002, VwSen-108058/11/Br/Ni, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des VG München und Gutachten "Die beweissichere Atemluftprobe") zu berücksichtigen. Zentrale Bedeutung habe die Frage der Verkehrsfehlergrenze, die bei einem Alkomaten zwingend zu beachten sei, wobei aber bei sachlicher Betrachtung die Messtauglichkeit als solche grundsätzlich nicht in Frage gestellt werde. Berück­sichtige man eine solche im ggst Fall, könnte eine AAK von 0,57 mg/l als erwiesen gelten. Der Verkehrsfehler dürfe nicht zum Nachteil des Lenkers unberücksichtigt gelassen werden.

Die starre Beweisregelung in Grenzwertbereichen des AAG werde im Lichte des Art.6 MRK als verfassungsrechtlich problematisch erachtet. Die Verneinung der Relevanz des Verkehrsfehlers schaffe für den Betroffenen in der Praxis eine unzu­mut­bare Beweislast, zumal eine Krankenanstalt auf dem Land und zur Nachtzeit vielfach nicht erreichbar sein dürfte. Damit würde letztlich eine Beweisregel allein für die Atemluftmessung aufgestellt, obwohl diese gesetzlich der Blutalkoholmessung gleichwertig sei. Den Verkehrsfehler zu ignorieren und dem Betroffenen selbst die Beweislast im Grenzwertbereich über den Blutalkoholwert zu übertragen, wäre mit Blick auf das Selbstbeschuldigungsverbot des Art.90 Abs.2 B-VG verfassungsrecht­lich bedenklich.

Weiters sei § 4 Abs.7 1.Satz FSG systematisch im Zusammenhang mit dem 2. Satz zu sehen, wonach der Lenker während der Fahrt und auch bei Fahrtunterbrechungen keinen Alkohol zu sich nehmen dürfe. Diesem Gebot habe er entsprochen, die Behörde habe jedwede Ermittlungen diesbezüglich unterlassen und damit ihre Verfügung mit Rechtswidrigkeit belastet. Beantragt wird, der Berufung  aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, im Übrigen den Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Vertreter des Bw gehört, die Ausführungen im angefochtenen Bescheid berücksichtigt und der Meldungsleger Insp. AR (Ml) unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde.

 

 

Das Beweisverfahren hat - vom Bw unbestritten - ergeben, dass dieser am Sonntag, dem 27. August 2006, um 14.38 Uhr als Lenker eines Pkw mit weiteren Personen im Fahrzeug aus Richtung Tschechien kommend beim Grenzübergang Wullowitz nach Österreich einreiste. Der Ml führte von seiner Glaskabine aus die Einreisekontrolle durch, wobei ihm nach eigenen Angaben beim Bw auffiel, dass dieser "überdreht" war. Um zB Alkoholgeruch wahrnehmen zu können, sei die Entfernung von ca 1,5 m zu groß gewesen. Da es beim dortigen Grenzübergang durchaus üblich sei, dass Jugendliche in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Tschechien im Grenzgebiet Lokale besuchen und dann am Sonntag Nachmittag mit Restalkohol heimfahren, fragte der Ml den Bw, ob er in der Nacht zuvor Alkohol getrunken habe. Der Bw bejahte dies und gab an, bis 2.00 Uhr Früh 7 Bier und 2 Wodka zu sich genommen zu haben. Daraufhin forderte der Ml den Bw zum Alkotest mittels Alkomat auf, der laut vorgelegtem Originalmessstreifen um 14.54 Uhr und 14.55 Uhr Werte von 0,07 und 0,06 mg/l, sohin einen günstigsten  AAG von 0,06 mg/l ergab.

In der Verhandlung bestätigte der Ml, er sei am 27. August 2006 nicht mehr in Ausbildung gewesen und bereits für solche Amtshandlungen mit Geräten der Firmen Dräger und Siemens geschult und auch ermächtigt. Er hat die Schulungsbestätigung vom 5.Jänner 2005 vorgelegt, weiters die Eichbestätigung, wonach der bei der Amtshandlung mit dem Bw verwendete Alkomat der Fa Dräger mit der SerienNr. ARLL-0095 zuletzt vorher am 21. April 2005 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2007 ordnungsgemäß geeicht worden sei. Bei der Bedienung des Gerätes sei ihm auch nichts aufgefallen, was auf eine Fehlfunktion hingedeutet hätte. Die vorgelegten Unterlagen wurden vom Vertreter des Bw eingesehen und dem Ml zurückgegeben. 

Der Bw bestätigte, der Alkotest sei problemlos und ohne Fehlversuche verlaufen; er habe den Bw auf die Möglichkeit einer Blutabnahme aufmerksam gemacht.  

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.7 FSG darf der Lenker während der Probezeit ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb nehmen und lenken, wenn der Alkoholgehalt des Blutes nicht mehr als 0,1%o oder der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt. Er darf während der Fahrt - einschließlich der Fahrtunterbrechungen - keinen Alkohol zu sich nehmen. Verstöße gegen diese Bestimmungen sind nur mit der Anordnung einer Nachschulung zu ahnden, sofern nicht auch ein Verstoß gegen die StVO 1960 oder § 14 Abs.8 FSG vorliegt.

Gemäß § 4 Abs.3 FSG ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wenn der Besitzer einer Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder gegen die Bestimmung des Abs.7 verstößt, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung einer Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von

 

einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheins hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheins gemäß § 13 Abs.6 in die Wege zu leiten.

 

Die Voraussetzungen für die Aufforderung des Bw zum Alkotest waren nach den glaubhaften Schilderungen des Ml insofern erfüllt, als der Bw einen Pkw auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Bereich des Grenzüberganges Wullowitz lenkte, was auch nie bestritten wurde. Richtig ist, dass allein die Zustandsbeschreibung des Bw durch den Ml, der Bw sei "aufgedreht" gewesen, keine Rückschlüsse auf Alkohol zulässt. Allerdings macht die definitive Aussage des Bw gegenüber dem Ml, er habe in der vorangegangenen Nacht bis 2.00 Uhr 7 Bier und 2 Wodka konsumiert, durchaus die Vermutung des Ml, der Bw könnte sich auch am Sonntag um 14.38 Uhr aufgrund Restalkohol noch in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, nachvollziehbar (vgl zum Aufforderungs­zeitpunkt 14.38 Uhr trotz ange­gebenem Trinkende 2.00 Uhr VwGH 11.5.2004, 2004/02/0056; zur Vermutung aufgrund der angegebenen Alkoholmenge VwGH 24.2.1993, 91/03/0343), auch wenn dieser beim Bw aus der Entfernung zwischen Pkw und Glaskabine dezidiert keinen Alkoholgeruch wahrnehmen konnte.

 

Der Alkotest erfolgte ohne Besonderheiten aufforderungsgemäß und ergab um 14.55 Uhr einen günstigsten AAG von 0,06 mg/l, dh um 0,01 mg/l zu viel. Rechnet man auf die Lenkzeit 14.38 Uhr zurück, ist davon auszugehen, dass der Bw in der Abbauphase war, dh der Alkoholwert 13 Minuten zuvor noch etwas höher war.

Der mit einem geeichten und ordnungsgemäß funktionierenden Atemalkoholmess­gerät erzielte Wert war daher als Grundlage für den angefochtene Bescheid heranziehbar, zumal beide Höchstgerichte die Argumente des Bw hinsichtlich Nichtbeachtung der Verkehrsfehlergrenze, Beweislast und damit verbundene praktische Probleme in ständiger Rechtsprechung für unbeachtlich erklärt haben (vgl VwGH 25.1.2005, 2002/02/0142, nach Amtsbeschwerde; VfGH 13.6.2005, B 530/05, Ablehnung der Beschwerde gegen den Ersatzbescheid VwSen-108058). 

Dem Bw wäre demnach die Möglichkeit offengestanden, zB mit einem Taxi ins nächstgelegene Krankenhaus Freistadt zu fahren, um dort durch Blutabnahme einen Gegenbeweis zu erlangen. Ob eine Rückrechnung auf den Lenkzeitpunkt wegen des niedrigen Alkoholgehalts, vom Zeitpunkt der Blutabnahme gerechnet, noch möglich gewesen wäre, wäre gegebenenfalls mittels eines SV-Gutachtens zu klären gewesen. Der Bw hat nie behauptet, eine Blutabnahme veranlasst zu haben, weshalb der um 14.55 Uhr festgestellte AAG als tauglicher und offensichtlich unwiderlegter Beweis heranzuziehen ist.

 

 

Demnach war ohne Zweifel von einem Alkoholgehalt der Atemluft über 0,05 mg/l auszugehen - dass der Bw während der Fahrt Alkohol konsumiert hätte, wurde nie behauptet - was zweifellos die gesetzlich vorgegebene Konsequenz nach sich zog, dass seitens der Erstinstanz die Nachschulung im Sinne des § 4 Abs.3 iVm Abs.7 FSG anzuordnen war. Die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung der Berufung war gesetzlich ausgeschlossen.

Der Bw hat sich einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker rechtzeitig zu unterziehen, weil gemäß § 4 Abs.8 FSG im Fall eines ungenützten Verstreichens der - ebenfalls gesetzlich vorgegebenen - viermonatigen Frist gemäß § 24 Abs.3 FSG die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

0,06 mg AAG als Beweismittel heranzuziehen – Nachschulungsanordnung gerechtfertigt festgelegt - Bestätigung

 

 

 

 

 

 

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