Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161679/7/Zo/Da

Linz, 07.12.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Dr. H G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J L, E, vom 5.9.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7.8.2006, VerkR96-7148-2004, wegen zwei Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.12.2006 zu Recht erkannt:

 

I.                     Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.                   Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Betrag von 23,20 Euro zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

zu II.:    §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 8.2.2004 um 21.45 Uhr in Gmunden, Aubauerstraße, Verbindungsrampe von der Aubauerstraße bzw. Autohaus Ford Weichselbaumer zur B120a (die angeführte Rampe ist nur für den von der B120a abfließenden Verkehr vorgesehen; an beiden Fahrbahnrändern sind Verbotszeichen deutlich sichtbar aufgestellt) als Lenker des KFZ mit dem Kz. LL-

1. das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Einfahrt verboten" nicht beachtet habe sowie

2. verbotenerweise die Sperrlinie überfahren habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 52 lit.a Z2 bzw. § 9 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 58 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 11,6 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bringt der Berufungswerber vor, dass er sich damals auf einer Einsatzfahrt befunden habe, wobei er weder Personen gefährdet noch Sachen beschädigt habe. Es sei nicht notwendig, die akute Notlage weiter auszuführen und die Bekanntgabe des Namens des Patienten sei auf Grund der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht nicht möglich. Es müsse ausreichen, wenn er sich auf die Einsatzfahrt berufe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.12.2006, bei welcher der Berufungswerber und sein Vertreter gehört sowie der Meldungsleger als Zeuge einvernommen wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte das angeführte Fahrzeug zur Tatzeit in Gmunden von der Aubauerstraße kommend entgegen dem Vorschriftszeichen "Einfahrt verboten" sowie über die Sperrlinie der B120a. Er setzte seine Fahrt auf der B120a in Richtung Pollkreuzung und in weiterer Folge zur Autobahnauffahrt Regau fort.

 

Der Berufungswerber ist praktischer Arzt, auf dem damals gelenkten Fahrzeug befand sich ein genehmigtes Blaulicht. Der Berufungswerber behauptet, dass er das Blaulicht damals verwendet habe, während der Zeuge dies mit ziemlicher Sicherheit ausschließen konnte. Dazu ist im Rahmen der Beweiswürdigung auszuführen, dass die Angaben des Zeugen, wonach das Blaulicht bei Dunkelheit sehr weit und gut zu sehen ist, und er für den Fall, dass der Berufungswerber tatsächlich das Blaulicht verwendet hätte, keine Anzeige erstattet hätte, durchaus nachvollziehbar sind. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass der Vorfall bereits mehr als 2 1/2 Jahre zurückliegt und der Zeuge nur noch eine sehr eingeschränkte Erinnerung hat. Dem gegenüber sind auch einige Angaben des Berufungswerbers nur schwer nachvollziehbar, so z.B. seine Behauptung, für die Fahrtstrecke von Gmunden nach Haid nur 8 – 10 min. zu benötigen. Das ist mit einem Kraftfahrzeug objektiv schlicht unmöglich. Auch die Behauptung, diese Fahrtstrecke jedenfalls in weniger als 20 min. zurücklegen zu können, ist kaum nachvollziehbar, ergibt sich dabei doch eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 180 km/h. Dennoch kann seine Behauptung, er habe das Blaulicht verwendet, letztlich nicht mit Sicherheit widerlegt werden, weshalb im Zweifel davon ausgegangen wird, dass er es bei der gegenständlichen Fahrt tatsächlich eingeschaltet hatte.

 

Der Berufungswerber befand sich in Gmunden bei einem Bekannten, als er den Anruf von Eltern, welche er schon längere Zeit behandelt, bekommen habe, wonach deren Kind 41 ° Fieber habe. Auch das zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz 5 Jahre alte Kind hatte er auf Grund einer Kindergartenuntersuchung schon gekannt. Der Berufungswerber hat mit dem Vater des Kindes die Einschaltung des Notarztes bzw. den Transport ins Krankenhaus erörtert, der Vater wollte aber, dass der Berufungswerber selbst das Kind untersucht. Dies erschien auch dem Berufungswerber zweckmäßiger als die Konsultierung eines Notarztes. Bezüglich der Fahrzeit von Gmunden zum Wohnort des Kindes nach Haid, D.                                        straße, schätzte der Berufungswerber diese vorerst auf 8 – 10 min. Auf Nachfragen korrigierte er sich dahingehend, dass er eben so rasch wie möglich gefahren ist und keinesfalls mehr als 20 min. für diese Strecke braucht.

 

Entsprechend einer Anfrage mit dem Routenplaner "Map24" beträgt die gegenständliche Fahrtstrecke 59,96 km und es wird eine Fahrzeit von 43 min. angegeben.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 StVO dürfen Sperrlinien nicht überfahren, Sperrflächen nicht befahren werden.

 

Das Verbotszeichen gem. § 52 lit.a Z2 StVO 1960 "Einfahrt verboten" zeigt an, dass die Einfahrt verboten ist.

 

Gemäß § 26 Abs.1 StVO 1960 dürfen die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden verschieden hohen Tönen ausgestattet sind, diese Signale nur bei Gefahr im Verzuge, z.B. bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwenden.

 

Gemäß § 26 Abs.2 StVO 1960 ist der Lenker eines Einsatzfahrzeuges außer in den im Abs.3 angeführten Fällen bei seiner Fahrt an Verkehrsverbote oder an Verkehrsbeschränkungen nicht gebunden. Er darf jedoch hiebei nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

 

5.2. Der Berufungswerber hat die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen. Zu prüfen ist, ob er auf Grund der Verwendung des Baulichtes allenfalls dazu berechtigt war. Dazu ist vorerst festzuhalten, dass die Verwaltungsstrafbehörde verpflichtet ist, bei ihr angezeigte Verwaltungsübertretungen zu verfolgen. Sie ist daher auch verpflichtet, im Fall einer bei einer Einsatzfahrt begangenen Verkehrsübertretung zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine Einsatzfahrt überhaupt vorgelegen sind. Dies ergibt sich schlüssig aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.3.2004, Zl. 2003/02/0214 eines gem. § 12 Abs.3 VwGG gebildeten Senates. In diesem Fall hat der VwGH die Bestrafung eines Lenkers eines Einsatzfahrzeuges wegen eines vorschriftswidrigen Überholmanövers bestätigt, weil im Ergebnis die Voraussetzungen für die Einsatzfahrt gar nicht vorgelegen sind (der VwGH spricht in diesem Fall von einem "potentiellen Einsatzfahrzeug"). Es ist daher im vorliegenden Fall zu prüfen, ob bei der gegenständlichen Fahrt die Voraussetzungen des § 26 Abs.1 StVO vorgelegen sind.

 

Dazu ist zu berücksichtigen, dass bei Einsatzfahrten ein höheres als das sonst im Straßenverkehr übliche Risiko toleriert wird. Dieses Risiko kann dann nicht in Kauf genommen werden, wenn eine relativ lange Strecke bis zum Ort der Hilfeleistung zurückzulegen ist und die erforderliche Hilfeleistung auf andere, weniger gefahrvolle Weise gewährt werden kann. Im konkreten Fall musste der Berufungswerber für die Hilfeleistung eine Fahrtstrecke von fast genau 60 km zurücklegen, wobei er sofort am Beginn der Fahrt zwei Verkehrsübertretungen begangen hat. Im Großraum Linz – und damit auch in Haid – gibt es ein gut funktionierendes Notarztsystem. Weiters stehen zahlreiche Krankenhäuser, darunter auch ein eigenes Kinderspital, zur Verfügung. Auch wenn der Vater des erkrankten Kindes eine Behandlung durch den vertrauten Hausarzt wünschte, lagen hier dennoch nicht die Voraussetzungen einer Einsatzfahrt vor, weil eben eine zweckmäßige Hilfe rascher und durch eine kürzere – und damit in der Regel wohl auch weniger gefährliche – Einsatzfahrt durch einen Notarzt hätte bewerkstelligt werden können. Der Berufungswerber hat damit die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist noch anzuführen, dass dem Berufungswerber als Besitzer einer "Blaulichtbewilligung" die Voraussetzungen für die Verwendung der Einsatzzeichen bekannt sein mussten, sodass ihm ein allfälliger Irrtum über diese auch subjektiv vorwerfbar ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Strafmildernd ist im konkreten Fall zu berücksichtigen, dass die beiden Verwaltungsübertretungen zu keiner tatsächlichen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geführt haben. Auch der Umstand, dass die Übertretungen bereits ca. 2 Jahre und 10 Monate zurückliegen und der Berufungswerber sich in der Zwischenzeit aktenkundig wohlverhalten hat, bildet einen erheblichen Milderungsgrund. Straferschwerungsgründe liegt hingegen nicht vor.

 

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Jahr 2002 nicht unbescholten ist. Im Hinblick auf die gesetzliche Höchststrafe von jeweils 726 Euro für jede der Übertretungen erscheinen die Geldstrafen durchaus angemessen. Die Bestrafung des Berufungswerbers erscheint auch erforderlich, um ihn nachhaltig auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hinzuweisen und in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Die Strafen sind auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepasst, wobei zu berücksichtigen ist, dass er für zwei Frauen und sechs Kinder sorgepflichtig ist und nach seinen eigenen Angaben derzeit nur über ein geringes Einkommen verfügt. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafe.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Einsatzfahrt; Blaulicht;

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 27.02.2007, Zl.: 2007/02/0046-3

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