Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400857/4/Ste/BP

Linz, 15.12.2006

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des A S, vermutlich Staatsangehöriger von Gambia, wegen Rechtswidrigkeit der An­haltung in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wels durch den Bezirks­haupt­mann des Bezirks Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.                  Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirks­haupt­mann des Bezirks Ried im Innkreis) den notwendigen Verfahrens­auf­wand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006, iVm. §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), vermutlich ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste am 3. September 2003 ohne Reisepass per LKW von I in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein. Am selben Tag suchte er in W um A an. Mit Bescheid vom 6. April 2004, Zl. 03 26.688, wurde sein Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, abgewiesen. Gleichzeitig wurde seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach S L gemäß § 8 AsylG 1997 für zulässig erklärt. Dieser Bescheid ist mit 30. April 2004 in Rechts­kraft erwachsen.

 

Bereits kurz nach seiner Einreise ist der Bf am 12. Oktober 2003 von Kriminal­be­amten festgenommen und wegen des Verdachtes des Suchtmittelhandels zur An­zeige gebracht worden. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. November 2005, Zl. 061 EHv 120/03t, ist der Bf wegen §§ 27 Abs. 1 und 2 Z 2 SMG und § 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon 6 Monate bedingt, verurteilt worden.

 

Aufgrund dieser Verurteilung hat die BPD Wien mit Bescheid vom 31. März 2004, Zl. III-1144559/FrB/04, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das ebenfalls rechtskräftig geworden ist.

 

In der Folge ist der Bf erneut straffällig geworden und rechtskräftig verurteilt worden: Am 28. Jänner 2005 ist er vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu Zl. 142 Hv 242/04f wegen §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt worden, wobei 6 Monate bedingt auf 3 Jahre nachgesehen wurden.

 

Mit Urteil vom 6. Dezember 2005, Zl. 061 Hv 182/05p wurde der Bf vom Landes­gericht für Strafsachen Wien wegen §§ 27 Abs. 1 und 2 Z 2 1. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

 

Am 14. Juni 2005 brachte der Bf einen weiteren Asylantrag ein, der vom Bundes­asyl­amt E O am 9. August 2005 rechtskräftig gemäß § 68 AVG zurückgewiesen wurde.

 

Die BPD Wien verhängte aufgrund der zuletzt genannten Verurteilungen mit Be­scheid vom 4. Jänner 2006, Zl. III-1.144.59-FrB/06, über den Bf ein unbefristetes Auf­ent­haltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Dagegen erhob der Bf Berufung; mit Bescheid vom 8. Mai 2006 wurde der angefochtene Bescheid be­stätigt. Diese Entscheidung ist seit 22. Mai 2006 rechtskräftig.

 

Der Bf wurde im Stand der Strafhaft von der Justizanstalt W-J in die Justizanstalt Ried im Innkreis überstellt; das vorläufige Strafende wurde mit 7. Februar 2007 errechnet.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis vom 1. März 2006, Zl. Sich41-245-2005, wurde über den Bf auf Basis § 76 Abs. 1 FPG zur Sicherung der Abschiebung nach Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft) die Schub­haft angeordnet.

 

Dagegen erhob der Bf mit Schreiben vom 20. März 2006 Beschwerde. Diese wurde mit Beschluss des Oö. Verwaltungssenates vom 25. April 2006, Zl. VwSen-400781/6/WIE/Da, als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Schubhaftbescheid erst mit der Entlassung aus der Strafhaft wirksam wird, weshalb eine Schubhaftbeschwerde derzeit noch nicht zulässig sei. Zudem sei der Bf noch nicht auf der Grundlage des Fremdenrechts festgenommen worden, sondern lediglich in die JA Ried im Innkreis überstellt. Daher sei er auch nicht im Sprengel des Oö. Verwaltungssenates festgenommen worden, weshalb dessen Zuständigkeit iSd. § 83 Abs. 1 FPG nicht in Betracht komme.

 

2.1. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 erhob der Bf Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und begründet diese im Wesentlichen damit, dass einer Abschiebung seiner Person nicht möglich und deshalb die Schubhaft aufzuheben sei.

 

2.2. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 übermittelte die belangte Behörde den fremdenpolizeilichen Akt und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird; weiters wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

Insbesondere wird ausgeführt, nachdem der Bf bislang nicht ausreichend an seiner Identitätsfeststellung mitgewirkt und seine Staatsangehörigkeit fälschlich als die von S L angegeben hat, nunmehr anzunehmen sei, dass der Bf aus Gambia stamme, weshalb sich die belangte Behörde um ein diesbezügliches Heim­reise­zertifikat bemühe. Das Ziel der Schubhaft erscheine daher weiterhin erreichbar. Letztlich sei festzustellen, dass im konkreten Fall der mit der Schubhaftverhängung verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit im Hinblick auf das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehe.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie die Beschwerde festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt, wie in Punkt 1 und 2 dargestellt, hinlänglich geklärt scheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 99/2006 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1.      nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.      gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls fest­zu­stellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schub­haft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

Der Bf wurde am 7. Dezember 2006 nach Verbüßung seiner Strafhaft in der Justiz­an­stalt Ried im Innkreis dort aufgrund des Bescheides vom 1. März 2006 fest­ge­nommen und wird seitdem im PAZ Wels für die belangte Behörde in Schubhaft ange­halten. Die gegenständliche Schubhaftbeschwerde ist somit gemäß den oben zitierten Be­stimmungen zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durch­setz­bar­keit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schub­haft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

4.3. Wie im Sachverhalt dargestellt, besteht gegen den Bf ein rechtskräftiges un­be­fristetes Aufenthaltsverbot. Unbestritten ist, dass die Schubhaft über den Bf zur Sicherung der Abschiebung verhängt wurde. Allerdings ist zu prüfen, ob die belangte Behörde – insbesondere in Hinblick auf die frühzeitige Anordnung der Schubhaft – zu Recht von der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 FPG Gebrauch gemacht hat. In Anbetracht der Schwere und Häufung der vom Bf begangenen Straftaten ist es als gerechtfertigt anzusehen, dass die belangte Behörde in jedem Fall das Risiko aus­schließen wollte, dass der Bf nach einer potentiellen kurzfristigen, frühzeitigen Ent­lassung aus der Strafhaft sich auf freiem Fuß belassen, den fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Untertauchen in die Illegalität entziehen würde. Die Annahme der belangten Behörde hat sich – wenn auch mit entsprechender zeitlicher Verzögerung – durchaus bestätigt, da der Bf nicht wie vorgesehen am 7. Februar 2007 aus der Strafhaft entlassen wurde, sondern bereits am 7. Dezember 2006.

 

Aufgrund von Erfahrungswerten in vergleichbaren Fällen konnte die belangte Behörde durchaus damit rechnen, dass der Bf möglicherweise frühzeitig entlassen werden würde. Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erforderlichkeit war nicht zu erwarten, weshalb die belangte Behörde dieses Tatbestandsmerkmal zu Recht als gegeben angenommen hat.

 

4.4. Die Verhängung der Schubhaft ist verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen sowie an der Verhinderung von Straftaten und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

4.5. Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Wie oben dargestellt, besteht im Fall des Bf eindeutig ein konkreter Sicherungsbedarf, weshalb auch die Anwendung gelinderer Mittel auszuschließen war. Der Bf hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er in keinster Weise bereit ist, sich an die Rechtsordnung seines Gastlandes zu halten. Neben seinen zahlreichen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz zeigte der Bf insbesondere keine Be­reit­schaft an seiner Identitätsfeststellung aktiv mitzuwirken. Die Anwendung gelinderer Mittel war daher auszuschließen.

 

4.6. Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaft solange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

In seiner Beschwerde wendet der Bf ein, dass das Ziel der Schubhaft nicht erreicht werden könne, da seine Identität nicht geklärt sei. Wie jedoch die Ermittlungen der belangten Behörde ergeben haben, ist anzunehmen, dass der Bf entgegen seiner mit Verschleierungsabsicht getroffenen Behauptung aus S L zu stammen, vermutlich Staatsangehöriger von Gambia zu sein. Weiters hat die belangte Behörde dargelegt, dass sie sich um ein Heimreisezertifikat für den Bf nach Gambia bemüht. Es ist aufgrund der durchgeführten Sprachanalyse durchaus davon auszugehen, dass dieses Bemühen zum Erfolg führen wird und der Bf nach Gambia abgeschoben werden kann. Daher ist das Ziel der Schubhaft – die Abschiebung des Bf in sein Heimatland – weiterhin erreichbar.

 

4.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unter­legene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückge­zogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unter­legene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim vorliegenden Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechts­träger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 und 220,30 Euro) nach den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Auf­wand­ersatz­ver­ordnung (BGBl II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

 

Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein ent­sprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

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