Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150428/18/Lg/Hue

Linz, 19.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 13. Dezember 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des W E, 40 L, H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. März 2006, Zl. 0051957/2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Maut­ge­setzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                  Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 40 Euro leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen L am 25. September 2005, 11.20 Uhr, die mautpflichtige A bei km 75, Staatsgrenze S, Gemeinde S, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es sei am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht gewesen, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen habe (Schriftzug "ungültig" bzw. beschädigte oder fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung auf der Vignette).

 

In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass er seit Jahresbeginn 2005 sein Kfz mit Vignette, Rechnungsbeleg und Zweitabschnitt gelenkt habe, wobei auch es auch anlässlich von Verkehrskontrollen zu keiner Beanstandung der Vignette gekommen sei. Der Bw erachte es deshalb als falsch, dass der Schriftzug "ungültig" sichtbar oder die Vignette beschädigt gewesen sei.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 25. September 2005 zugrunde, wonach am Fahrzeug die Jahresvignette mit Zwischenfolie befestigt gewesen sei. Dies sei von 2 Mautaufsichtsorganen und einem Polizisten der Autobahnpolizei R bei einer Verkehrskontrolle festgestellt worden. Der Bw habe anlässlich der Betretung die Mautvignette von der Trägerfolie gelöst und behauptet, dass diese immer schon so geklebt habe.

 

Nach Strafverfügung vom 3. Oktober 2005 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung. Zum Schutz vor unfreiwilligem Ablösen (Anfangsprobleme bei der Vignetteneinführung) und gegen mechanische Kratzer etc. sowie gegen chemische Fensterputz- oder Lösungsmittel habe der Bw über die Vignette eine Klarsichtfolie geklebt.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der A vom 30. November 2005 sind im Wesentlichen die Angaben in der Anzeige zu entnehmen. Weiters wurde ergänzt, dass gegenständlich keine Beweisbilder vorliegen würden und mündlich die Ersatzmaut angeboten worden sei, welche jedoch abgelehnt wurde.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er zur Tatzeit vier Autos gehabt und für alle eine Jahresvignette gekauft habe und legte vier Vignetten (für das Jahr 2005) samt Trägerfolien und Selbstklebefolienausschnitte, mit welchen die Vignetten auf der Windschutzscheibe befestigt worden seien, vor. Ob etwas "dazwischen" war, wisse der Bw nicht. Er habe auch nicht darauf geachtet, ob die Vignette von selbst geklebt hätte, da er immer auf diese Weise vorgegangen sei. Er habe auf jeden Fall nicht die Absicht gehabt etwas zu manipulieren.

 

Die gegenständliche Vignette wurde zum Akt genommen.

 

Der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er sich an den gegenständlichen Vorfall an der Staatsgrenze S erinnern könne. Die Mautvignette sei gegenständlich mit Selbstklebfolie samt Zwischenfolie (Trägerfolie) angebracht gewesen. Während der Meldungsleger einen in der Nähe stehenden Polizisten sowie einen A-Kollegen als Zeugen beigezogen habe, habe der Bw die Vignette von der Windschutzscheibe heruntergelöst und ordnungsgemäß aufgeklebt. Dabei habe der Zeuge gesehen, dass der Bw die Trägerfolie in der Hand gehalten und zerknüllt hat. Die Klebefolie sei dabei nicht mehr (zusätzlich) verwendet worden. Dabei habe der Bw den Tatbestand der Mehrfachverwendung gesetzt.

 

Auf die Frage an den Bw, ob dies so gewesen sei, antwortete der Bw, dass er nichts manipuliert habe. Es sei richtig, dass er die Trägerfolie während der Amtshandlung heruntergelöst und die Vignette sodann auf die Windschutzscheibe wiederum mit Klebefolie aufgeklebt habe. Der Bw habe den Ratschlag des Kontrollorganes befolgt und die Zwischenfolie (Trägerfolie) abgelöst. Er verwehre sich aber gegen die Behauptung des Meldungslegers, dabei die Klebefolie nicht mehr (zusätzlich) verwendet zu haben. Er habe immer für alle vier Kfz Vignetten gekauft und in der von ihm beschriebenen Weise aufgeklebt. Eine Mehrfachverwendung von Vignetten sei nicht erfolgt. Der Bw habe diese Befestigungsart mittels Klebefolie deshalb gewählt, um die Mautvignette zu schonen bzw. wegen Problemen mit dem Klebstoff bei der Vignetteneinführung.

 

Nach Einsicht in die (von der Windschutzscheibe wiederum abgelöste) gegenständliche Vignette sagte der Meldungsleger aus, dass diese Ungültigkeitsmerkmale aufweise. Dies sei möglich, wenn die Vignette ordnungsgemäß unter Verwendung des Originalklebers aufgeklebt und später wieder abgelöst wurde.

 

Abschließend brachte der Bw vor, dass er kein schlechtes Gewissen habe, da er die Vignetten immer gekauft und bezahlt habe. Er habe aus lauteren Motiven die Originalfolie nicht abgelöst sondern Klebefolie zur Anbringung verwendet. Dies aus den bereits geschilderten Motiven. Der Bw sei sich keiner Schuld bewusst. Sollte dennoch eine strafbare Handlung gesetzt worden sein, wurde gebeten, wegen Unkenntnis der entsprechenden Vorschriften von einer Strafe abzusehen oder die Strafe herabzusetzen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG („Ersatzmaut“) bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird dann entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

 

5.2. Im sachverhaltsmäßiger Hinsicht steht nunmehr unbestritten fest, dass die Vignette ohne Ablösen der Trägerfolie mittels Klebefolie an der Windschutzscheibe befestigt war. Dies ergibt sich nicht nur aus der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers, welcher besonders geschult ist, besonderen Sanktionen unterliegt und nach dem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vertrauenswürdig und in seinen Darlegungen widerspruchsfrei war, sondern auch aus den Aussagen des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Auch nicht mehr bestritten wurde vom Bw, dass er während der Amtshandlung die Trägerfolie von der Vignette gelöst und anschließend die Vignette ordnungsgemäß (i.S. einer Verwendung des originären Vignettenklebers) aufgeklebt hat. Dieser Vorgang ist nur möglich, wenn die Mautvignette zuvor nicht ordnungsgemäß angebracht war. Es ist demnach bewiesen, dass am Kfz die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht war.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung die Maut nur dann i.S.d. § 15 Abs. 1 Ziffer 9 BStMG vorschriftsmäßig entrichtet ist, wenn vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette unter Verwendung des originären Vignettenklebers angebracht worden ist. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, aus welchen Motiven heraus die Vignette nicht ordnungsgemäß aufgeklebt wurde bzw. ob damit eine Mehrfachverwendung einer Jahresvignette beabsichtigt oder durchgeführt wurde.

 

Im gegenständlichen Fall steht deshalb fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (i.S.d. vorgeschriebenen Aufklebens auf die Windschutzscheibe mittels originärem Vignettenkleber) benützt und er somit das Tatbild des § 20 Abs. 1 BStMG verwirklicht hat. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass dem Bw die Rechtslage nicht (ausreichend) bekannt war.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe um die Hälfte unterschritten wurde. Obwohl überwiegende Milderungsgründe nicht ersichtlich (und im bekämpften Straferkenntnis auch nicht aufgezählt) sind, wurde von der Erstbehörde § 20 VStG angewendet. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist es im Hinblick auf § 51 Abs. 6 VStG verwehrt, diesen Umstand aufzugreifen und die gesetzliche Mindestgeldstrafe von 400 Euro zu verhängen. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG denkbar wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da es dem Bw oblegen wäre, sich über die rechtlichen Vorschriften vor Benützung einer Mautstrecke in Kenntnis zu setzen.

 

Es wird auch darauf hingewiesen, dass die (zusätzliche) Verwendung von Klebestreifen und –mitteln zur Anbringung von Mautvignetten technisch nicht erforderlich ist und es zudem bei Produktionsmängeln kostenlose Umtauschmöglichkeiten gibt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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