Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161765/2/Sch/Hu

Linz, 21.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K und Dr. M, vom 13.10.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.9.2006, VerkR96-2761-2004, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.9.2006, VerkR96-2761-2004, wurde über Herrn A H, O, F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K, Dr. J M, S, P, wegen einer Verwaltungsübertretung nach  § 14 Abs.3 StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, verhängt, weil er sich am 31.8.2004 um 11.05 Uhr als Lenker des Lkw`s … auf dem Parkplatz des Spar-Supermarktes in Aschach an der Donau beim Rückwärtsfahren nicht von einer geeigneten Person einweisen lassen habe, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert hätte, und dabei mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen habe, indem er relativ schnell zurückfuhr, wodurch eine hinter dem Fahrzeug gehende Fußgängerin erheblich gefährdet wurde.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Erstbehörde stützt ihr Straferkenntnis auf eine entsprechende Anzeige einer Fußgängerin, wonach der Berufungswerber als Lenker eines Klein-Lkw im Rückwärtsgang relativ schnell auf einen Parkplatz zurückgefahren sei und hiebei die hinter dem Fahrzeug gehende Anzeigerin übersehen habe, wobei es zu einer leichten Berührung zwischen dem linken Fahrzeugheck und dem linken Oberarm der Fußgängerin gekommen sei. Die Fußgängerin sei nicht verletzt worden.

 

Die Anzeigerin ist auf Veranlassung der Erstbehörde auch zeugenschaftlich einvernommen worden. Sie verweist dabei auf die oben erwähnte Anzeige. Ergänzend wurde lediglich ausgeführt, dass sie den Berufungswerber nicht beschimpft habe. Auch handle es sich beim Vorfallsbereich  nicht um eine Ladezone, sondern um den öffentlichen Parkplatz des Spar-Marktes in Aschach.

 

Die Beweislage im gegenständlichen Verfahren ist, um bei der Ausdrucksweise der Erstbehörde zu bleiben, „relativ“ dünn.

 

Im Einzelnen ist zu bemerken, dass die Bestimmung des § 14 Abs.3 StVO 1960 nicht darauf abstellt, ob und welche konkrete Folgen eine Rückwärtsfahrt ohne Einweiser gehabt hat. Vielmehr kommt es auf den Nachweis dahingehend an, ob es die Verkehrssicherheit objektiv erfordert hat, sich eines Einweisers zu bedienen. Im vorliegenden Fall kann das Vorbringen des Berufungswerbers nicht schlüssig widerlegt werden, weshalb seine Blicke in die beiden Außenspiegel nicht ausreichend gewesen wären, ein sicheres Rückwärtsfahrmanöver erwarten zu lassen. Der Bestimmung des § 14 Abs.3 StVO 1960 kann auch nicht entnommen werden, dass Rückwärtsfahrmanöver mit Fahrzeugen, die über keine Heckscheibe verfügen, grundsätzlich nur mit Einweisern zulässig wären. Schließlich bleibt im vorliegenden Fall auch offen, ob die Anzeigerin als Fußgängerin auf einem Kaufhausparkplatz jene Aufmerksamkeit aufgewendet hat, die man angesichts des dort üblichen zu- und abfahrenden Verkehrs von Kfz an den Tag legen muss. Begibt sich etwa ein Fußgänger trotz eines für ihn bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbaren beginnenden Rückfahrmanövers eines Fahrzeuglenkers noch hinter dieses Fahrzeug, kann wohl dann dem Fahrzeuglenker kein Vorwurf für die sich dadurch ergebende gefährliche Situation gemacht werden.

 

Die Erstbehörde hat zudem das von ihr angenommene strafsatzändernde Tatbestandselement der besonderen Rücksichtslosigkeit des Verstoßes gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften (richtig: gegenüber anderen Straßenbenützern) darauf gestützt, dass der Berufungswerber „relativ“ schnell zurückgefahren sei. Dieser Begriff ist derartig unbestimmt und von subjektiven Einschätzungen abhängig, dass er nicht geeignet ist, ohne zusätzliche Sachverhaltselemente die Annahme einer besonderen Rücksichtslosigkeit zu begründen.

 

Angesichts des seit dem Vorfallszeitpunkt verstrichenen Zeitraumes von mehr als zwei Jahren sieht die Berufungsbehörde keine Aussicht auf Erfolg, durch weitere Ermittlungen noch detailliertere Entscheidungsgrundlagen zu erhalten. Der hiefür notwendige Verwaltungsaufwand (Berufungsverhandlung mit Lokalaugenschein, Zeugeneinvernahme etc.) stünde in keinem Verhältnis zu dem zu erwartenden Ergebnis, das mit höchster Wahrscheinlichkeit auch zu keiner anderen Berufungsentscheidung geführt hätte.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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