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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106205/2/BR

Linz, 15.03.1999

 

VwSen-106205/2/BR Linz, am 15. März 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R gegen den Bescheid der Bezirkshaupt-mannschaft Urfahr-Umgebung vom 9. Februar 1999, Zl. VerkR96-4332-1998-OJ, wegen der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht:

Aus Anlaß der Berufung wird der angefochtene Bescheid mangels Abspruch über den Einspruch gegen die Strafverfügung vom 20.10.1998 ersatzlos aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 71 Abs.1 Z1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.158/1998 iVm § 24, § 49 Abs.2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998.

Entscheidungsgründe:

1. Gegen den Berufungswerber wurde von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eine mit 20. Oktober 1998 datierte Strafverfügung, Zl.: VerkR96-4332-1998-OJ, wegen der Übertretungen nach § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 erlassen und damit eine Geldstrafe in der Höhe von 1.700 S und im Nicht-einbringungsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen.

1.1. Diese Strafverfügung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung erstmals am 21. Oktober 1998 an die Adresse des Berufungswerbers nach "E " adressiert. Dieser Zustellvorgang verlief mit dem Hinweis "Verzogen" negativ. An der Rückseite des RSa-Kuverts wurde der Vermerk angebracht: "Empfänger verzogen seit 1994, Neue Anschrift: M ".

Die Sendung wurde folglich an die Erstbehörde rückgemittelt und von dort neuerlich mit 28. Oktober 1998 an die neue Adresse geleitet, wo sie nach dem ersten Zustellversuch am 29. Oktober 1998 und einem weiteren Zustellversuch am 30. Oktober 1998, ab letzterem Zeitpunkt zur Abholung am Postamt bereit gehalten wurde.

Am 19. November 1998 ersuchte die Erstbehörde beim Gemeindeamt W um Erhebung ob sich der Berufungswerber während der gesamten Dauer der Abholfrist (von 30. Oktober 1998 bis 16. November 1998) der bezeichneten Postsendung (der Strafverfügung vom 20. Oktober 1998) an seinem Wohnort "in Aufenthalt befunden hat" bzw. wann er an diesen zurückgekehrt ist.

Sollte sich der Berufungswerber während der gesamten Dauer der Abholfrist "außerhalb seines Wohnortes in Aufenthalt befunden haben", wolle ihm der Inhalt des beiliegenden Rückscheinbriefes gegen Empfangsbestätigung am Rückschein ohne Briefumschlag ausgefolgt werden.

2. In einem Schreiben des Gemeindeamtes vom 27. November 1998 an die Erstbehörde wurde seitens des Gemeindeamtes mitgeteilt, daß dem Berufungswerber "leider irrtümlich der RSa-Brief ausgehändigt worden sei, obwohl er zu der Hinterlegungszeit in W anwesend gewesen sei."

2.1. Am 4. Dezember 1998 erhob der Berufungswerber durch seinen ag. Rechtsvertreter, gegen die ihm am 24. November 1998 (richtig eher am 20. November) beim Gemeindeamt W ausgehändigte Strafverfügung, Einspruch.

2.2. Mit einem Schreiben der Erstbehörde an den Berufungswerber zu Hd. seines ag. Rechtsvertreters vom 9. Dezember 1998 wurde diesem die erstbehördliche Rechtsansicht im Hinblick auf die bereits mit 30. Oktober 1998 erfolgte Zustellung mitgeteilt. Dabei wurde dem Berufungswerber eine zweiwöchige Frist zur Gegenäußerung eröffnet.

2.2.1. Darauf äußerte sich der Berufungswerber mit dem wohl fälschlich mit (ebenfalls) 4. Dezember 1998 datierten Schriftsatz, welcher am 22. Dezember 1998 der Post zur Beförderung übergeben wurde und am 23. Dezember 1998 bei der Erstbehörde einlangte.

Der Berufungswerber nimmt zu diesem Vorhalt in Punkt 1. Stellung, im Punkt 2. stellt er - falls die Behörde tatsächlich als Zustellzeitpunkt den 30. Oktober 1998 annehmen sollte - den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und in Punkt 3. holte er die "allenfalls von ihm versäumte Rechtshandlung" - den Einspruch gegen die oben bezeichnete Strafverfügung - nach.

Inhaltlich weist er in der Stellungnahme (zu Punkt 1. des bezeichneten Schreibens) auf eine berufsbedingte Ortsabwesenheit "zu den Öffnungszeiten des Postamtes" hin. Er habe daher bei der Post telefonisch um Rücksendung des hinterlegten Schriftstücks an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr - Umgebung und um nachfolgende Zustellung im Wege des Gemeindeamtes ersucht. Dies sei ihm auch zugesichert worden. So sei es in der Folge dann auch geschehen. Keinesfalls sei die Sendung für ihn nach § 17 Abs.3 ZustellG zur Abholung bereitgehalten worden. Die Zustellung sei daher vielmehr erst mit der Ausfolgung beim Gemeindeamt Walding mit 20. November 1998 anzunehmen. Der Einspruch vom 4. Dezember 1998 sei daher als rechtzeitig zu werten.

Im Punkt II. stellte der Berufungswerber sodann den Wiedereinsetzungsantrag, falls die Erstbehörde - entgegen der Rechtsprechung - von einer Zustellung per 30. Oktober 1998 ausgehen sollte.

3. Die Erstbehörde stellte daraufhin per 29. Dezember 1998 das Ersuchen an das Postamt zu den Ausführungen des Absatzes 1. der Eingabe vom 4. (?) 12.1998 ausführlich Stellung zu nehmen.

3.1. Die undatierte Antwort des Postamtes, die am 31. Dezember 1998 bei der Erstbehörde einlangte, läuft darauf hinaus, daß eine Umfrage bei den Mitarbeitern des Postamtes von einem Anruf des Herrn P im Hinblick auf die Zustellung der mit 30. Oktober 1998 hinterlegten Sendung, nichts erbracht habe. Niemand habe sich an einen derartigen Anruf erinnern können. Der Leiter des Postamtes nannte in diesem Schreiben auch noch die Öffnungszeiten des Postamtes.

3.2. Der Inhalt dieses Schreibens wurde dem Berufungswerber von der Erstbehörde am 12. Jänner 1999 zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eröffnet, "sich im Zusammenhang mit seinem Wiedereinsetzungsantrag" zu diesem Beweisergebnis binnen zwei Wochen zu äußern.

3.2.1. In seiner diesbezüglichen neuerlichen Stellungnahme weist der Berufungswerber abermals darauf hin, daß ihm diese Strafverfügung keinesfalls gemäß § 17 Abs.2 ZustellG zugestellt worden wäre, weil die Sendung nicht über volle vierzehn Tage zur Abholung bereitgehalten worden sei. Die Zustellung sei erst durch die Ausfolgung beim Gemeindeamt am 20. November 1998 erfolgt, weshalb sein Einspruch mit 4. Dezember 1998 als rechtzeitig zu werten sei.

Darüber hinaus, so der Berufungswerber abermals, käme seinem Wiedereinsetzungsantrag im Falle einer Zustellwirkung durch die Hinterlegung vom 30. Oktober 1998, Berechtigung zu. Sinngemäß führt der Berufungswerber in der Folge diesbezüglich noch aus, daß er sehr wohl mit dem Postbeamten über die Rücksendung des Schriftstückes telefonisch gesprochen habe und letztlich auch so verfahren worden sein dürfte, weil ihm schließlich die Sendung im Wege des Gemeindeamtes zukam.

4. Die Erstbehörde erließ daraufhin am 9. Februar 1999 den hier angefochtenen Bescheid, worin sie lediglich über den Eventualantrag der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abweisend beschied. Kein Abspruch erfolgte zur Frage der allfälligen Rechtzeitigkeit oder des verspätet erhobenen Einspruches vom 4. Dezember 1998.

4.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich angesichts der schlüssigen Aktenlage als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4.1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Aus den Vorbringen des Berufungswerbers geht zweifelsfrei hervor, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur als Eventualantrag interpretiert werden kann. Es wurde ausdrücklich ausgeführt warum aus der Sicht des Berufungswerbers von einer wirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht ausgegangen werden könne.

5. Hier wurde von der Erstbehörde im Zuge ihres Ermittlungsverfahrens offenbar der ursprüngliche Einspruch aus den Augen verloren. Während ursprünglich noch die Ermittlungen mit Blick auf die Zustellwirkung und die Rechtzeitigkeit des Einspruches vom 4. Dezember 1998 geführt wurden, wurde in der Folge nur mehr der Eventualantrag der Wiedereinsetzung behandelt. Mag sein, daß diesbezüglich auch die offenkundige Fehldatierung des aus Anlaß des Parteiengehörs vom 9. Dezember 1998 an die Erstbehörde gerichteten Schreibens ([Punkt 2.2.1. oben] - datiert mit 4.12.1998, zur Post gegeben am 22.12. 1998 und eingelangt bei der Erstbehörde 23. Dezember 1998) - hierfür ausschlaggebend war. Auch in der Datumsbezeichnung hinsichtlich der Ausfolgung der Strafverfügung argumentiert der Berufungswerber einmal mit dem 24. November 1998 aber auch mit dem 20. November 1998. Dies erschwert die Beurteilung des Sachverhalts zusätzlich.

Auf das Berufungsvorbringen - welches hier nur auf den Umfang des nicht spruchreifen Wiedereinsetzungsantrages bezogen gesehen werden kann - braucht in der Folge nicht näher eingegangen werden.

6. § 71 Abs.1 AVG lautet:

6.1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen. War die Partei durch die Versäumung einer mündlichen Verhandlung daran gehindert, in der mündlichen Verhandlung Einwendungen vorzubringen, so hat sie diese spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag zu erheben.

Da hier mangels Abspruch über den Einspruch (Einleitung des ordentlichen Verfahrens oder Zurückweisung infolge verspäteter Einbringung) ein abgeschlossenes (in Rechtskraft erwachsenes) Verfahren (noch) nicht vorliegt, war eine Entscheidung hinsichtlich des Eventualantrages der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zulässig.

Der abweisende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung war daher inhaltlich rechtswidrig und war folglich aufzuheben.

6.1.1. Die Erstbehörde wird daher über den Einspruch bzw. die Zustellung der Strafverfügung zu befinden haben (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 1029, Rz 11). Die Berufungsbehörde ist in diesem Zusammenhang nicht ermächtigt über diese noch offenen Fragen zu befinden.

6.2. Aus prozeßökonomischen Gründen wird bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß aus der Aktenlage nicht nachvollziehbar ist, welchen Weg die Strafverfügung tatsächlich bis zur Ausfolgung an den Berufungswerber genommen hatte. Insbesondere ist nicht aktenkundig, wann diese ihm ausgefolgt wurde. Dem aufgehobenen Bescheid nach dürfte die Strafverfügung dem Berufungswerber wohl beim Gemeindeamt ausgefolgt worden sein. Dies ergibt sich vor allem aus dem Schreiben des Gemeindeamtes W vom 27. November 1998 an die Bezirkshauptmannschaft Umfahr - Umgebung. Ein Datum kann aber zumindest dem Akt nicht entnommen werden. Ebenfalls findet sich im Akt kein Vermerk aus dem nachvollziehbar die Rücksendung der nicht behobenen Sendung hervorgeht, sodaß bereits mit Schreiben vom 19. November 1998 das Gemeindeamt mit der Ausfolgung des "Inhaltes des Rückscheinbriefes" beauftragt werden hat können.

Geht man nun von der Richtigkeit des Vorbringens des Berufungswerbers aus - nämlich der Ausfolgung der SV beim Gemeindeamt W am 20. November 1998 - so läßt sich jedoch der Weg des Schriftstückes zurück zur Erstbehörde und von dort wieder zum Gemeindeamt innerhalb von vier Tagen, ab dem Ende der Hinterlegungsfrist am 16. November 1998, nur schwer nachvollziehen. Dies bezieht sich auf den Lauf des normalen Postweges. Dies könnte wohl als Indiz - hier noch der Erstbehörde zur Beurteilung überlassenes - einer nicht bis zum 16. November 1998 währenden Bereithaltung des Schriftstückes beim Postamt sein.

Abschließend sei die Erstbehörde darauf hingewiesen, daß zumindest im Zweifel eine die meritorischen Behandlung ermöglichende Beurteilung geboten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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