Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251287/21/Gf/CR/Mu/Ga

Linz, 18.12.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der Sch, vertreten durch RA MMag. H gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 11. August 2005, Zl. SV96-3-2005, wegen Übertretungen des Aus­länder­be­schäf­tigungs­gesetzes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 28. November 2006 zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.             Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 11. August 2005, Zl. SV96-3-2005, wurde über die Rechtsmittelwerberin gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 (in der hier maß­geb­lichen Fassung BGBl. I Nr. 28/2004, im Folgenden: AuslBG) jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 5 Tage) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH und somit als das ge­mäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ zu vertreten habe, dass am 23. Februar 2005 drei tschechische Staatsbürger mit Arbeiten, welche nicht Gegenstand eines mit einer tschechischen Firma geschlossenen Projektvertrages über den Umbau von Sattelauflegern und den Einbau von Rollsystemen gewesen seien, nämlich zB. mit Schneeräumen, Salzen des Firmengeländes, Möbeltragen und Servicearbeiten an Fahrzeugen, befasst gewesen seien, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder eine Niederlassungsbewilligung ausgestellt worden sei. Dadurch habe die Beschwerdeführerin eine Übertretung des § 3 Abs. 1 iVm. § 28 Abs. 1 Z 1 lit. 1 AuslBG begangen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund eigener Wahrnehmungen der einschreitenden Kontrollorgane  sowie der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzunehmen sei. Die fraglichen Ausländer seien bei Arbeiten angetroffen worden, die nicht in den Vereinbarungen des Projektvertrages enthalten seien. Zudem hätten die Ausländer weder eigenes Werkzeug noch eigene Maschinen oder Materialien verwendet, weshalb keine Selbständigkeit vorliege.

 

Der Höhe der verhängten Strafe sei dem wirtschaftlichen Vorteil gegenüber zu stellen, den sich ein gegen das AuslBG verstoßender Arbeit­geber durch Ersparnis an Lohn- und Lohnnebenkosten verschaffe. Strafmildernde oder erschwerende Gründe lägen nicht vor. Die verhängte Geldstrafe erscheine dem Unrechtsgehalt der Tat sowie der Schwere des Verschuldens angemessen.

 

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 30. August 2005 zugestellte Straf­erkenntnis richtet sich die vorliegende, am – 13. September 2005 und damit rechzeitig zur Post gegebene – Berufung.

 

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen vor, dass am 1. Juli 2003 zwischen ihrer GmbH und der tschechischen Firma ein Projektvertrag ab­geschlossen sei. Dieser Auftrag sei laufend modifiziert worden und neben den vereinbarten seien von Zeit zu Zeit in Regie kleinere (zusätzliche) Werksleistungen durchgeführt worden. Die tschechische Firma habe der GmbH der Beschwerdeführerin für diese zusätzlich erbrachten Werkleistungen jeweils wöchentlich Rechnungen gestellt, die auch immer bezahlt worden seien. Keiner der Arbeitnehmer, die von der ausländischen Firma entsendet worden seien, habe vom Unternehmen der Beschwerdeführerin direkt Zahlungen erhalten. Die vom Werkunternehmer in Erfüllung des Werkes nach Linz entsandten Arbeitnehmer hätten teilweise mit eigenem Werkzeug gearbeitet, teilweise sei das Werkzeug zur Verfügung gestellt worden. Die drei genannten Personen seien nie im Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert gewesen.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe, beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Freistadt zu Zl. SV96-3-2005 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 28. November 2006, zu der als Parteien die Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreter MMag. H sowie Mag. W  (Hauptzollamt Linz) und die Zeugen V N, J V und M L erschienen sind.

 

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Die Beschwerdeführerin war zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der Sch Logistics International GmbH.

 

Zwischen der Sch Logistics International GmbH und der gfm s.r.o., 37001 C B, bestand ein Projektvertrag; Gegenstand dieses Projekt­vertrages waren Arbeiten im Zusammenhang mit dem Umbau von Sattelauflegern und der Einbau von Rollsystemen.

 

Die Arbeiten der tschechischen Firma wurden auf dem Betriebsgelände (in Hallen) der Sch Logistics International GmbH durchgeführt.

 

Die drei Zeugen sind jeweils tschechische Staatsangehörige und verfügten über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung.

 

Diese führten auch die im angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Arbeiten wie Schneeräumen und Salz streuen durch, allerdings dafür eine Entlohnung zu erhalten, sondern aus eigener Veranlassung; Grund dafür war, dass es in diesem Winter ziemlich stark geschneit hatte und sie anders nicht in die Halle gelangen konnten, wo die eigentlichen Arbeiten des Projektauftrages durchzuführen waren.

 

Diese eigentlichen Arbeitsaufträge erhielten die drei Ausländer stets und ausschließlich von der tschechischen Firma als ihrer Arbeitgeberin, der Betriebsleiter der GmbH der Beschwerdeführerin hat lediglich die fertig gestellten Arbeiten auf ordnungsgemäße Ausführung kontrolliert und übernommen.

 

Das Material wurde von der GmbH der Rechtsmittelwerberin zur Verfügung gestellt. Die drei tschechischen Staatsangehörigen konnten sich ihre (tägliche) Arbeitszeit völlig frei einteilen. Die verwendeten Werkzeuge für die Arbeiten stammten von ihnen selbst.

 

Bezahlt wurden die drei Ausländer von ihrer tschechischen Arbeitgeberin; von der GmbH der Beschwerdeführerin erhielten sie weder Geld noch Essen, Trinken oder eine Wohnung.

 

2.2. Grundsätzlich ist unstreitig, dass die Rechtsmittelwerberin zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin der verfahrensgegenständlichen GmbH war und dass zwischen dieser und der tschechischen Firma ein Projektvertrag mit dem ge­schilderten Inhalt bestand. Gleiches gilt auch für das Faktum, dass alle drei tschechischen Staatsbürger am fraglichen Tag auf dem Gelände der Firma der Beschwerdeführerin arbeiteten und keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen hatten.

 

Übereinstimmend und glaubwürdig haben der erste und der zweite Zeuge geschildert, dass sie von der tschechischen Firma angeworben wurden und mit eigenem Material und mit freier Zeiteinteilung arbeiteten. Dies wird im Wesentlichen auch durch die Angaben des dritten Zeugen bestätigt, der ausgeführt hat, von der Beschwerdeführerin oder anderen Angestellten ihrer GmbH nie irgendwelche Anweisungen erhalten zu haben.

 

Glaubwürdig erscheinen schließlich auch die Angaben der Zeugen, dass sie aus eigenem Antrieb den Schnee räumten und Salz streuten, um in die Halle zu gelangen. Gleiches gilt für die übereinstimmenden Angaben, dass die Arbeitnehmer der GmbH der Beschwerdeführerin lediglich die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten kontrollierten.

 

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG durfte ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundes­gesetz nicht anderes bestimmt war, einen Ausländer nur dann beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsende­bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden ist, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeits­erlaubnis oder einen Be­freiungs­schein oder einen Niederlassungsnachweis besaß.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG beging, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildete, ua. derjenige eine Ver­waltungs­über­tretung und war von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigte, für den weder eine Be­schäftigungs­be­willigung noch eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt worden ist.

 

3.2. Für die Frage, ob eine Beschäftigung iSd. AuslBG vorliegt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die äußere Er­scheinungs­form des Sachverhaltes maßgeblich, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt. So hat der VwGH ausgesprochen, dass für die Frage, ob die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen eines Ausländers als Entgegennahme einer Leistung im Rahmen eines "echten" Werkvertrages oder als Verwendung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses anzusehen ist, im Hinblick auf die Qualifikation eines Arbeitsverhältnisses nicht entscheidend ist, in welche zivilrechtliche Form dieses gekleidet ist. Maßgeblich für diese Qualifikation ist vielmehr die Beurteilung sämtlicher für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im konkreten Fall sprechender Umstände, die nicht isoliert voneinander gesehen werden dürfen, sondern in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht zu bewerten sind (vgl. zB. VwGH vom 4. September 2006, 2006/09/0030).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft, dass die fraglichen Aus­länder (organisatorisch) nicht in den Betrieb der Beschwerdeführerin einge­gliedert waren und sich ihre Arbeitszeiten völlig frei einteilen konnten. Darüber hinaus arbeiteten sie mit eigenem Werkzeug. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass zwischen den fraglichen Ausländern und der Beschwerdeführerin bzw. anderen in der Firma angestellten Personen ein Weisungsverhältnis bzw. die typische Ober- und Unterordnung vorlag, weshalb es sich auch nicht um ein arbeit­nehmer­ähnliches Verhältnis handelt.

 

Vielmehr stellten die Ausländer im Auftrag des tschechischen Projektpartners der GmbH der Beschwerdeführerin das vertraglich vereinbarte Werk her, weshalb es sich – sowohl aus zivilrechtlicher Sicht als auch im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum AuslBG – gegenständlich unter Beachtung sämtlicher Umstände des konkreten Falles um einen echten Werkvertrag handelt.

 

Damit ist aber der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht erfüllt.

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Ver­waltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzu­schreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  G r o f

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum