Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106240/8/Br

Linz, 04.05.1999

VwSen - 106240/8/Br Linz, am 4. Mai 1999

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau B gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 4. März 1999, Zl. VerkR96-3202-1998, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 4. Mai 1999 unter Vornahme eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß unter Anwendung von § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird. Der Schuldspruch wird jedoch bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1999 - AVG iVm. § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1999 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 99 Abs.3 lit. a iVm § 8 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 6. Mai 1998 um 9.15 Uhr mit dem PKW mit dem Kennzeichen , in S, im Bereich der Liegenschaft B, verbotenerweise den Gehsteig benützt habe, indem sie den Kombi mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig abgestellt habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß der Sachverhalt durch die Angaben des die Anzeige legenden Polizeibeamten erwiesen sei. Die Fläche wäre als solche durch erhöhte Randsteine deutlich markiert und weise keine abgeschrägten Flächen auf. Die verhängte Strafe sei im Sinne des § 19 VStG angemessen, wobei mildernd die Unbescholtenheit zu werten gewesen ist.

2.1. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin in einem umfassenden Vorbringen, worin sie Verfahrens- und Feststellungsmängel, sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes einwendet.

Substantiell führt sie aus, daß diese Straßenstelle erst im Sommer 1998 als Gehsteig "umfunktioniert" worden sei. Zum Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Vorfalles sei diese Fläche weder befestigt noch mit Randsteinen markiert gewesen. Zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt sei diese Fläche eben nicht als Gehsteig erkennbar gewesen. Sie verweist diesbezüglich auf das Erk. des VwGH 12.4.1985, ZfVB 1985/6/2291).

Keinesfalls werde bestritten, daß es sich bei dieser Fläche nunmehr um einen Gehsteig handle. Seit 1995 habe sie diese Fläche ohne Beanstandung zum Abstellen ihres Fahrzeuges benützt, sodaß ihr dies nicht plötzlich als Verwaltungsübertretung vorgeworfen werden dürfe. Die Erstbehörde hätte festzustellen gehabt, ob zum Vorfallszeitpunkt von einem Gehsteig die Rede sein habe können, was sie jedoch unterlassen habe.

Es könne ihr nicht der geringste Grad eines Verschuldens zur Last gelegt werden.

Sie beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung. In eventu wurde die Herabsetzung der Strafe oder die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 64a VStG beantragt.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Abhaltung eines Ortsaugenscheines war in Wahrung der gemäß Art.6 EMRK intendierten Rechte anzuberaumen, weil von der Berufungswerberin die in der Anzeige umschriebene Beschaffenheit der Vorfallsörtlichkeit als Gehsteig substantiell in Abrede gestellt wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirks-hauptmannschaft Perg, VerkR96-3202-1998, sowie durch Vornahme eines Ortsaugenscheines und die zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers, sowie die Anhörung der Berufungswerberin als Beschuldigte im Zuge der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ergänzend wurde im Wege des Magistrates Steyr eine Information über die Beschaffenheit des Gehsteiges zum Vorfallszeitpunkt eingeholt (siehe AV v. 4.5.1999).

5. Der durchgeführte Ortsaugenschein hat ergeben, daß es sich bei der Vorfallsörtlichkeit um den Zufahrtsbereich zu einem von der Straßenüberführung vom Stadtplatz zur Ennser-Straße überdachten und abgeschrankten Parkplatz handelt. Im Bereich des westlichen Brückenpfeilers und der Ostfront des Hauses B ergibt sich eine etwa fünf bis sechs Meter lange und ebenso breite Fläche, die nunmehr als ca. zweieinhalb Meter breiter Gehsteig gestaltet ist. Zum Haus Nr. hin verläuft das Terrain ab dem Gehsteig in einer ca. drei Meter breiten und in Richtung Hausmauer einen Meter ansteigenden zum Teil mit Gras bewachsenen Erdfläche. Diese Fläche ist zwischenzeitig durch eine ca. 20 cm hohe Einfassung mit Pflastersteinen begrenzt, sodaß ein Befahren dieses Hügels vom Gehsteig aus jetzt nicht mehr möglich ist.

Zum Zeitpunkt des hier verfahrensgegenständlichen Parkens war wohl die Fläche rechts der Einfahrt in den Park- oder Stellplatz bereits befestigt und baulich von der Fahrbahn getrennt und somit als Gehsteig gestaltet.

Das Fahrzeug der Berufungswerberin stand parkplatzseitig in einem steilen Winkel zur Hausmauer und somit auf der als Gehsteig zu qualifizierenden und als solche auch erkennbaren - weil befestigten und von der Fahrbahn bereits damals baulich abgegrenzten - Fläche. Angesichts der Breite des Gehsteiges und der Beschaffenheit der vorne liegenden Böschung ergibt sich zwangsweise, daß sich alle vier Räder am Gehsteig befanden. Neben ihrem Fahrzeug, also unmittelbar im Einmündungstrichter der B zum Parkplatz, befand sich parallel ein weiteres Fahrzeug abgestellt. Letzteres war zweifelsfrei ungünstiger und behindernder positioniert, weil sich dieses dem Kreuzungsbereich näher befand und zumindest eine nachteiligere Sichtbehinderung zur Parkplatzeinfahrt verursachte.

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Feststellungen anläßlich des Ortsaugenscheines, sowie die glaubwürdigen und plausibel klingenden Angaben des Meldungslegers, welche im übrigen mit der in der dem Einspruch beigefügten Skizze der Berufungswerberin weitgehend in Einklang zu bringen war. Lediglich hinsichtlich der damals schon bestehenden Befestigung der als Gehsteig gedachten Fläche ergab sich ein Widerspruch. Da jedoch die Berufungswerberin laut ihren Angaben bereits drei Jahre dort parkte und der Gehsteig selbst auch noch nicht drei Jahre befestigt ist, dürfte sie diesbezüglich einem Irrtum unterliegen. Der Meldungsleger gab im Einklang mit den von h. beim Magistrat Steyr geführten Erhebungen glaubhaft an, daß am 6. Mai 1998 der Gehsteig bereits asphaltiert war.

Gleichzeitig räumte der Meldungsleger aber auch ein, daß gegebenenfalls für dieses Delikt auch eine Ermahnung ausgesprochen werden hätte können. Die Berufungswerberin erklärte diesbezüglich, sie habe mehrfach beim Meldungsleger vorzusprechen versucht, diesen jedoch nie erreicht. Als sie ihn schließlich erreichte, sei die Anzeige bereits erstattet gewesen und er hätte ihr die Vorgangsweise mit einer Ermahnung im Falle einer rechtzeitigen Vorsprache bedeutet.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen.

6.1. Gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 (erster Satz) ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahrstreifen, Radwegen und Geh- und Radwegen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten. Zumal es sich bei der von der Berufungswerberin benutzten Verkehrsfläche wohl erkennbar um einen Gehsteig gehandelt hat, ist ihr das Abstellen ihres Fahrzeuges auf dieser Verkehrsfläche als rechtswidrig vorzuwerfen und der Schuldspruch zu bestätigen gewesen.

6.1.1. Der in der Strafverfügung fehlende Hinweis, daß das Fahrzeug mit vier Rädern abgestellt gewesen ist, vermag einen Mangel in der Verfolgungshandlung im Sinne des § 44a VStG nicht zu indizieren. Die Berufungswerberin wurde hiedurch weder in ihren Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt noch lief sie dadurch je Gefahr wegen dieses Verhaltens abermals verfolgt oder bestraft zu werden. Im übrigen findet sich bereits in der Anzeige der Hinweis auf das Abstellen des Fahrzeuges mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig, was in der Strafverfügung als Abstellen "des Fahrzeuges" auf dem Gehsteig umschrieben wurde. Darin kann ein Zweifel über die Tatidentität nicht erblickt werden.

6.2. Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, von der Verhängung einer Strafe absehen. Sie kann unter diesen Voraussetzungen den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nachdem nach h. Ansicht im gegenständlichen Fall von beiden Voraussetzungen auszugehen gewesen ist, konnte mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden (VwGH 16.3.1987, 87/10/0024, sowie VwGH 28.10.1980, 263 u. 264/80). Die Berufungswerberin ist gänzlich unbescholten und zeigte sich im Ergebnis hinsichtlich des Fehlverhaltens einsichtig. Es wurde auch glaubhaft gemacht, daß diese Fläche von vielen Fahrzeugen regelmäßig als Parkfläche auserkoren wurde. Dies führte daher letztlich auch zur baulichen Umgestaltung. Daher scheint im Hinblick auf das daraus ableitbare geringe Verschulden auch mit dieser Vorgangsweise der Zweck eines Strafverfahrens erreicht werden zu können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

 

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