Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150469/15/Lg/Hue

Linz, 28.12.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach der am 12. Dezember 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des G K, 36 Y, W, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. K G, 33 Y, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Juli 2006, Zl. BauR96-280-2004/STU/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Maut­gesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er mit dem Pkw mit dem eines höchst zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen mit dem Kennzeichen M am 17. Mai 2004 um 9.40 Uhr in der Gemeinde A die A bei km 17, Richtungsfahrbahn S, Parkplatz A, als Lenker und somit eine Mautstrecke benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Am Kfz sei eine Mautvignette angebracht gewesen, welche manipuliert gewesen sei und nicht wie vorgeschrieben an der Scheibe geklebt habe.

 

In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass er sich nach Rückkehr zu seinem Kfz unverzüglich mit Herrn F R zur Dienststelle ABI-Haid begeben habe. Der Bw würde 30.000 – 40.000 km jährlich auf Autobahnen zurücklegen und kaufe deshalb die Mautvignette immer bereits vor Weihnachten. Er habe auch kein Wechselkennzeichen, somit könne auch nicht unterstellt werden, er würde die Vignette von einem Kfz auf ein anderes wechseln. Der Bw habe die Vignette vorschriftsmäßig auf die Innenseite des Fahrzeuges befestigt. Wenn ein Ablösen der Mautvignette behauptet werde, könne dies nur durch Sonneneinstrahlung möglich sein. Nachdem der Bw zum Alkotest aufgefordert worden sei, sei ersichtlich gewesen, dass die Meldungsleger wider Erwarten nicht von einem Scherz ausgegangen seien. Der Bw habe angeboten, die Vignette, die bereits seit etwa einem halben Jahr befestigt gewesen sei, einer chemischen Überprüfung zu unterziehen. Von einer provisorischen Befestigung könne nicht ausgegangen werden; es möge zudem rechtlich beurteilt werden, was die Behörde unter "provisorischer Befestigung" verstehe. Bei der Anleitung zur vorschriftsmäßigen Befestigung der Vignette sei eine unrichtige provisorische Befestigung bzw. eine derartige Befestigung, die eine Zerstörung nach sich ziehe, nicht vorgegeben. Weiters sei die Überprüfung in dieser Richtung überhaupt nicht zulässig und auch nicht möglich, da beim Versuch des Ablösens die Vignette selbst zerstört und unverwendbar werden würde. Es bleibe deshalb verborgen bzw. den einschreitenden Beamten vorbehalten, wie diese Überprüfung der automatischen Zerstörung bei der Entfernung habe vorgenommen werden können. Die Vignette habe auch keine "Bearbeitungsspuren" oder Beschädigungen aufgewiesen. Es hätte dem Bw die Möglichkeit gegeben werden müssen, die Rechnung über den Kauf der Vignette vorzulegen. Ob ein Mangel bei der Anbringung vorgelegen sei oder nicht könne nicht dazu führen dem Bw Mautprellerei vorzuwerfen. Die Erstbehörde habe diesen Sachverhalt nicht ermittelt. Insbesondere sei auch die Willkür der Organwalter dadurch erkennbar, da der Bw einem Alkotest, der im Übrigen negativ verlaufen sei, unterzogen worden sei. Der angebotene Zeuge sei nicht einvernommen, angeblich angefertigte Fotos seien nicht zur Verfügung gestellt worden.

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Zurückverweisung an die Erstbehörde zur Verfahrenergänzung, in eventu die Aussprache einer Ermahnung, in eventu die Geldstrafe aufgrund der Einkommensverhältnisse des Bw herabzusetzen.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Haid vom 17. Mai 2004 zugrunde. Demnach sei die Jahresvignette mit der Nr. 11710417 an der Klebefläche manipuliert gewesen, sodass sie nicht an der Windschutzscheibe gehaftet habe sondern wegstand. Der Lenker sei benachrichtigt worden und habe sich sodann bei der Dienststelle eingestellt. Er sei überaus aggressiv gewesen und habe den Mangel an die A geschoben, die bei der Vignettenproduktion seiner Ansicht nach unfähig sei. Zeugen der Amtshandlung seien u.a. VB O und GI E M gewesen. Dem Lenker sei mündlich die Ersatzmaut angeboten worden, diese jedoch abgelehnt worden. Zwei weitere Anzeigen an die BH Linz-Land seien ergangen. Abschließend finden sich noch folgende Zitate des Bw: "Die Scheiß Österreicher sind zu blöd um Vignetten richtig zu produzieren. Ich lasse mich nicht verarschen, warum musste ich hierher kommen? Ich habe die Vignette nicht mit Labello manipuliert, weil ich kein zweites Auto besitze. Warum sollte ich auch. Die Scheiß A macht nur Scheiße."

 

Nach Strafverfügung vom 28. Mai 2004 wird der Tatvorwurf vom Bw bestritten und vorgebracht, die Mautvignette sei nicht manipuliert gewesen.

 

Anlässlich einer zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers am 1. August 2005 sagte dieser im Wesentlichen aus, dass die Vignette eindeutig nur provisorisch angebracht gewesen sei, sodass sie sich beim Entfernen nicht automatisch zerstört hätte. Dies entspreche nicht der vorgeschriebenen Anbringungsweise. Von der Vignette seien Beweisfotos vorhanden.

 

Dazu wurde vom Bw auf die bisherigen Vorbringen verwiesen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger Mag. B S aus, dass ihm der gegenständliche Tatvorwurf geläufig sei. Während einer "Rasterrunde" sei der Zeuge beim Fahrzeug des Bw vorbeigekommen. Es sei bereits von Weitem ersichtlich gewesen, dass die Vignette mit einer Zusatzfolie o.ä. befestigt gewesen sei, da sie nur an einem Punkt gehalten habe und "gewellt" gewesen sei. Der Bw sei nicht vor Ort gewesen, weshalb ein Verständigungszettel am Kfz hinterlassen worden sei. Es sei aufgrund der verstrichenen Zeit nicht erinnerlich, ob der Bw dann tatsächlich zur Dienststelle gekommen sei, die Anzeige sei jedoch vom Zeugen verfasst worden. Wenn in der Anzeige von einem überaus aggressiven Verhalten des Bw bei der Dienststelle die Rede ist, so stimme dass, da der Zeuge S Anzeigen wahrheitsgemäß und im unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang verfasst habe. Eine positive Erinnerung habe der Meldungsleger jedoch nicht mehr. Ein "Ablösetest" an der Vignette bei der Polizeidienststelle habe keinen Sinn, da in solchen Fällen die Beschuldigten zwischenzeitlich die Vignette ordnungsgemäß aufgeklebt haben würden. Zumindest bestehe diese Möglichkeit. Der Zeuge nehme deshalb an, dass ein solcher Test bei der Dienststelle deshalb nicht vorgenommen worden sei. Eine Erinnerung daran sei nicht vorhanden.

Nach Einschau in die Beweisfotos sagte der Zeuge aus, dass die Qualität der Fotos durch den Farbdrucker gelitten hätte und auf seinem Laptop besser seien. Der Zeuge könne gegebenenfalls die Fotos auf CD-ROM schicken. Es sei darauf ersichtlich, dass die Vignette "gewellt" sei, also nicht durchgehend an der Windschutzscheibe hafte. Zusätzlich sei jene zwei intensiveren roten Farbflecken ersichtlich, an denen die Vignette gehaftet habe. Aus dieser "wellenförmigen" Optik sei deshalb von einer vorschriftswidrigen Anbringung der Vignette zu schließen, da aus den Fotos eindeutig ersichtlich sei, dass die Vignette nicht mit der vollen Fläche an der Windschutzscheibe gehaftet habe. Wenn die Vignette vollflächig unter Ablösung der Trägerfolie angebracht gewesen wäre, wären beim Ablösen der Vignette und beim Entstehen dieser "Wellenform" auch die Ungültigkeitsmerkmale sichtbar geworden. Dies sei eine technische Gegebenheit. Da aber keine Ungültigkeitsmerkmale sichtbar gewesen seien, könne die Mautvignette zuvor nicht ordnungsgemäß befestigt gewesen sein. Vielmehr sei das gegenständliche Erscheinungsbild nur dadurch zu erklären, dass die Trägerfolie noch auf der Vignette vorhanden gewesen sei. Die Vignette sei eben samt Trägerfolie auf der Scheibe befestigt worden, wodurch sie nur noch an den zwei vorhin erwähnten Punkten gehaftet habe. Es entspreche der Erfahrung, dass, wenn Vignetten mit der Trägerfolie angebracht werden, irgendein Ersatzkleber (z.B. Labello) gewählt werden müsse. Dies habe zur Folge, dass diese Kleber nicht so gut haften würden wie der Originalkleber der Vignette, wodurch sich Verformungen ergeben würden.

Dem Bw sei eine Ersatzmaut von 240 Euro angeboten worden, da es sich um eine manipulierte Vignette gehandelt hätte. Zumindest werde in solchen Fällen richtigerweise so vorgegangen. Beim Fotografieren der Vignette am Autobahnparkplatz sei auch der Polizist M anwesend gewesen. Welcher der Polizisten auf der Dienststelle mit dem Bw gesprochen habe, sei nicht mehr erinnerlich. Dies sei jedoch aus der Aktenlage erschließbar. Ob die Vignette auf der Dienststelle nochmals besichtigt worden sei, sei nicht erinnerlich; der Zeuge sei jedoch nicht im Innenraum des Kfz gewesen. Bei der Vignette mit der Nr. 1 handle es sich um die beanstandete Vignette des gegenständlichen Kfz, da sich der Meldungsleger in solchen Fällen das Autokennzeichen ansehe und daraufhin sowohl die Vignettennummer als auch die Autonummer notiere. Die gegenständliche Notiz sei auf dem Verständigungszettel erfolgt. Bei den Ziffern 255/40/17 und 235/45/17 darauf könnte es sich um Reifendimensionen handeln, der Vermerk 17.5.2004/940 könnte bedeuten, dass der Bw zu dieser Zeit am Dienstposten gewesen ist. Bei den weiteren Ziffern 1526, 1527 und 1528 handle es sich um Geschäftszahlen der erfolgten Anzeigen gegen den Bw.

 

Nach Einschau in die Kopie des Verständigungszettel wurde festgestellt, dass auf diesem sowohl die vorhin angegebene Vignettennummer als auch das gegenständliche Autokennzeichen angegeben ist. Die Beweisfotos, Kopien des Verständigungszettels sowie vom Führerschein des Bw und vom Zulassungsschein wurden zum Akt genommen.

 

Der Zeuge S sei sich auch sicher, dass die vorgelegten Fotos vom gegenständlichen Kfz stammen würden. Der Lenker sei zum Zeitpunkt der Fotoaufnahmen nicht anwesend gewesen. Es sei nicht erinnerlich, ob der Bw mit diesem Kfz zum Posten gekommen sei bzw. welcher Polizist die Amtshandlung bei der Dienststelle vorgenommen habe. Die Kopien des Führerscheines und des Zulassungsscheines seien offensichtlich entweder auf dem Dienstposten oder in einem Dienstkraftwagen angefertigt worden. Auf Vorhalt, dass auf dem Verständigungszettel als Tatzeit 7.55 Uhr und in der Anzeige 9.40 Uhr angegeben sei, sagte der Meldungsleger aus, dass um 7.55 Uhr die Kontrolle auf dem Autobahnparkplatz und um 9.40 Uhr das Gespräch in der Polizeidienststelle oder mit einer telefonisch herbeigerufenen Polizeistreife gewesen sei, wo auch die Ersatzmaut angeboten worden sei. Ob der Bw auf der Dienststelle gewesen sei, sei nicht erinnerlich.

 

Der ebenfalls als Zeuge einvernommene F R sagte aus, dass er sich an den gegenständlichen Vorfall erinnern könne. Nach Rückkunft von einer Kaffeepause zum Kfz sei der Verständigungszettel vorgefunden worden. Daraufhin sei er mit dem Bw sofort zum Polizeiposten gefahren. Der Bw sei alleine in den Posten hineingegangen, während der Zeuge im Kfz gewartet habe. Dies habe etwa eine halbe Stunde gedauert. Glaublich sei der Bw zweimal mit Polizisten zum Auto und wieder in die Dienststelle zurückgegangen, wobei einmal auch die Reifen des Kfz angeschaut worden seien. Es sei nicht mehr erinnerlich, ob der Bw sich die Vignette von außen aus oder nur vom Fahrzeuginneren angesehen habe. Der Bw habe dem Zeugen R später erzählt, dass die Polizei von einer manipulierten Vignette ausgehe. Der Zeuge habe gesehen, dass die Vignette ein bisschen an der Seite heruntergehangen habe; genauer: die Vignette habe glaublich an einer Ecke lose heruntergehangen. Dessen sei sich der Zeuge aber nicht mehr ganz sicher. Die Vignette sei vom Zeugen nicht berührt worden. Es sei jedenfalls nicht so gewesen, dass der Bw in der Zeit zwischen dem Vorfinden des Verständigungszettels und dem Betreten der Polizeidienststelle die Trägerfolie abgelöst und die Vignette danach ordnungsgemäß auf die Windschutzscheibe aufgeklebt habe.

 

Der Vertreter des Bw brachte vor, dass die Beweisfotos an sich schon scharf seien, was an den Spiegelungen erkennbar sei. Das Problem der Fotos bestehe lediglich darin, dass gerade aufgrund dieser Spiegelungen die tatsächliche Form der Vignette nicht mehr deutlich ersichtlich sei. Das Beweisverfahren habe nicht mit ausreichender Sicherheit ergeben, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß befestigt gewesen sei. Auf den Fotos sei nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass die behauptete Manipulation stattgefunden habe. Die Einvernahme des Meldungslegers habe ergeben, dass sich dieser an die wesentlichen Punkte nicht mehr erinnern könne.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Feststellung der Verwaltungsübertretung am Tattag am Tatort um 7.55 Uhr einen vom Tatvorwurf unterschiedlichen Tatzeitpunkt (9.40 Uhr) angibt, wobei sich um 9.40 Uhr auch ein anderer Tatort (Polizeidienststelle) ergeben würde. Fraglich erscheint, welche rechtlichen Folgen sich an solche Diskrepanzen knüpfen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit und eines geordneten Gesetzesvollzugs wird man davon auszugehen haben, dass sich die Feststellung einer Verwaltungsübertretung auf den durch die Uhrzeit und den Tatort definierten Tatvorwurf beziehen muss. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis konnten die übrigen Einwendungen des Bw unerörtert bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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