Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161731/9/Bi/Se

Linz, 11.01.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. W P, L, vertreten durch RA Dr. P R, L, vom 11. Oktober 2006 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 25. September 2006, S-19425/06-2006, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 10. Jänner 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung)  zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z2 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 76 Abs.4 lit.b iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 50 Euro (25 Stunden EFS) verhängt, weil er am 28. Mai 2006 um ... Uhr in Linz, auf der ersten parallel zur Industriezeile verlaufenden Fahrbahn, rechts vom Haupteingang Richtung Fern­heiz­werk von der Industriezeile aus gesehen, aus Richtung Industriezeile kommend als Fußgänger die Fahrbahn betreten habe, ohne sich vorher überzeugt zu haben, dass er hiebei andere Straßenbenützer nicht gefährde.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 5 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 10. Jänner 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. R sowie der Zeugin A H durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist unentschuldigt nicht erschienen, obwohl die Zustellung der Ladung am 14. November 2006 ausgewiesen ist. Die Berufungs­entscheidung wurde mündlich verkündet.

  

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe die Fahrbahn bereits fast überquert gehabt, als der zuvor stehende Pkw H angefahren sei.  Er habe den Unfall nicht mehr verhindern können. Dass ihn die Zeugin nicht gesehen habe, könne ihm nicht vorgeworfen werden. Das Zum-Stillstand-Bringen des Fahrzeuges gelte als Vorrangverzicht. Die Aussage der Zeugin sei unlogisch, er sei nicht "vom Himmel gefallen", sie hätte ihn sehen müssen.

Beantragt wird die Einholung eines technischen SV-Gutachtens zur Nichtnach­vollziehbarkeit der Aussagen H unter Hinweis auf die Diversion im Gerichts­verfahren sowie auf die Aussage der Zeugin, ihre Enkelin habe ihn über die Böschung kommen gesehen, im übrigen Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Begrün­dung des angefochtene Straferkenntnisses berücksichtigt und die Zeugin H unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw kam zum Vorfallszeitpunkt, nachdem er den Flohmarkt beim Interspar besucht hatte, über die Industriezeile auf den Parkplatz des Cineplexx, wo in der ebenerdigen Tiefgarage ebenfalls ein Flohmarkt stattfand. Der Bw hatte freie Sicht auf den auf der ersten Fahrbahn des Parkplatzes stehenden Pkw H, es war taghell, regnete allerdings. Er überquerte die freien Parkplätze nach der Böschung, registrierte, dass der Pkw H stand und überquerte, nachdem er durch Heben der Hand versucht hatte, mit dem Lenker Kontakt aufzunehmen, die Fahrbahn in normaler Gehgeschwindigkeit in einer geschätzten Entfernung von ca 4-6m vom Pkw. Als er die Fahrbahn schon fast überquert gehabt hatte, fuhr der Pkw H plötzlich an, was der Bw im Augenwinkel sah, allerdings nicht mehr reagieren konnte. Er wurde mit dem linken vorderen Fahrzeugteil angefahren, kam zu Sturz und zog sich einen Bruch über dem Knöchel des linken Beines zu, der operiert werden musste. Die Zeugin H sei ausgestiegen und habe ihn mehrmals gefragt, woher er gekommen sei, sie haben ihn nicht gesehen.  

Die Zeugin blieb bei ihrer Einvernahme zwar bei ihrer bisherigen Aussage, sie sei nicht gestanden, habe auch keinen Parkplatz gesucht und den Bw erst gesehen, als er sich vor dem Pkw befunden habe, bestätigte aber, dass ihre Enkelin nachher gesagt habe, der Bw sei rechts von der Böschung heruntergekommen. Sie habe ihn einfach nicht gesehen. Sie hat sich in der Verhandlung ausdrücklich beim Bw entschuldigt.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass die Ausführungen des Bw schlüssig und nachvollziehbar sind, während die Ausführungen der Zeugin, die mit ihren beiden Enkelkindern den Flohmarkt besuchen wollte, viel eher den Schluss zulassen, dass diese tatsächlich den Pkw zum Stillstand gebracht hatte und wieder anfuhr, ohne auf den bereits vor ihrem Pkw befindlichen Bw zu achten. Dass sie ihn erst vor dem Pkw gesehen hat, lässt - entgegen den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Strafer­kenntnisses - nicht darauf schließen, dass der Bw gelaufen oder sozusagen "vom Himmel gefallen" ist, sondern dass die Zeugin, die - das hat sie selbst bestätigt -  uneingeschränkte Sicht auf die in ihrer Fahrtrichtung rechts befindliche Böschung samt den dortigen völlig freien Parkplätzen hatte, angesichts des Flohmarktbesuchs mit ihren Enkeln in Gedanken war und nicht dorthin geschaut hat. Nur damit ist erklärbar, dass sie den Bw nicht gesehen hat und dafür spricht auch, dass sie, wie sie ebenfalls bestätigt hat, ihn mehrmals gefragt hat, woher er gekommen ist - die Einholung des beantragten SV-Gutachtens erübrigte sich daher. Der 1939 geborene Bw hatte nachvollziehbar keinen Grund, über den Parkplatz zu laufen. Dafür dass er, ohne sich zu überzeugen, ob er andere Straßenbenützer gefährden könnte, die Fahrbahn überquert hätte, spricht nichts, insbesondere auch nicht die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Linz im Verfahren gegen die Zeugin H wegen § 88 Abs.1,4 1.Fall StGB von der Verfolgung wegen eines Verkehrsunfalls nach Zahlung eines Geldbetrages gemäß § 90c StPO  zurückgetreten ist.

Die Ausführungen der Erstinstanz, der Bw habe nach den glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussagen H , ohne sich um den Fahrzeugverkehr zu kümmern, die Fahrbahn betreten, finden im durchgeführten Beweisverfahren keine Deckung.

In rechtlicher Hinsicht war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei natur­gemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

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