Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161832/4/Br/Ps

Linz, 28.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. M I, geb., J, W, gegen den Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. November 2006, Zl. VerkR96-13275-2006/Pm, zu Recht:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.1 und 51 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Berufungswerber (folglich kurz: Bw) mit Strafverfügung vom 5. September 2006, Zl. VerkR96-13275-2006, wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 für schuldig befunden und über ihn eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 58 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Diese Strafverfügung wurde laut vorliegendem Verfahrensakt am 12. September 2006 – im Wege der Hinterlegung beim Postamt W – zugestellt.

 

2. Der Bw erhob gegen diese Strafverfügung per FAX am 29. September 2006 Einspruch. Darin wies er ohne dies zu begründen darauf hin die Strafverfügung am 16. September 2006 "erhalten zu haben".

Auf den von der Behörde erster Instanz per Schreiben vom 2. Oktober 2006 dem Berufungswerber übermittelten Vorhalt der offenbar verspäteten Einspruchserhebung belegte er bereits seine Rückkehr von einer Dienstreise aus Köln erst per Freitag, den 15.9.2006. Ebenso wies der Berufungswerber auf den damit erst per 18.9.2006 beginnenden Fristenlauf hin.

 

2.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch des Bw gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen, wogegen der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhob.

In der als "Einspruch" bezeichneten Berufung wurde im Wesentlichen abermals vorgebracht, dass er die Sendung erst am 18.9.2006 beheben habe können bzw. der Lauf der Frist erst mit diesem Datum begonnen habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfällt u.a. eine öffentliche mündliche Verhandlung, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Wahrung des Parteiengehörs unter Hinweis auf die Vorlage von Beweismitteln betreffend die Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung am 12.9.2006.

 

4.1. Der Bw übermittelte folglich abermals die bereits in diesem Zusammenhang mit der Behörde erster Instanz mit Blick hinsichtlich seiner zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung behaupteten Ortsabwesenheit geführte Korrespondenz vom 25.10.2006. Ebenfalls legte er eine diesbezügliche Bestätigung der Firma A C vom 24.10.2006 mit dem Hinweis auf die Flugnummer der "G" mit der Landung am 15.9.2006 um 20:00 Uhr in Wien bei. Diese Angaben sind glaubwürdig und es findet sich kein objektiver Anhaltspunkt, warum diesen Angaben nicht gefolgt werden sollte.

Immerhin behauptet die Ortsabwesenheit am 12.9.2006 nicht bloß der Bw, sondern es wird dies darüber hinaus auch von dessen Firma seine Rückkehr erst am 15.9.2006 bestätigt. Dass der Bw als Diplomingenieur und Mitarbeiter einer bekannten Firmengruppe in der 37-igsten Kalenderwoche an einem Fachseminar in Köln teilnahm und er von diesem am Wochenende zurückkehrte, sollte eigentlich nicht ungewöhnlich erscheinen.

Mit Blick darauf scheint es nicht nur rechtlich verfehlt, wenn die Behörde erster Instanz darin "keinen Entschuldigungsgrund" an der vermeintlich verspäteten Einspruchserhebung zu finden glaubte. Vielmehr wurden von der Behörde erster Instanz evidente Fakten schlichtweg ignoriert, wenn hier der erst mit 18. September 2006 beginnende Fristenlauf offenbar unberücksichtigt blieb.

 

5. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs.3 leg.cit. zu vollstrecken.

Nur ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist von der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, mit Bescheid zurückzuweisen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, Anm 11 zu § 49 VStG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze13, 217, Anm 9 zu § 49 VStG).

 

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist das Schriftstück, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Wie der Berufungswerber bereits zutreffend mit seinem Schreiben an die Behörde erster Instanz vom 25. Oktober 2006 dezidiert hervorhob, begann die Frist hier erst am Montag den 18. September 2006 zu laufen, sodass sein mit 29. September 2006 bei der Behörde erster Instanz per FAX eingebrachter Einspruch noch binnen offener Frist als erhoben gilt. Es besteht diesbezüglich keine Beweispflicht, sondern es bedarf nur eine Ortsabwesenheit zum Hinterlegungszeitpunkt glaubhaft zu machen (vgl. VwGH 27.9.1994, 94/17/0225)

Warum dies die Behörde erster Instanz trotz der ihr vorliegenden Beweislage nicht berücksichtigte, bleibt unerfindlich.

 

Da diese Rückkehr an die Abgabestelle mit Freitag, den 15. September 2006, ca. 20:00 Uhr  hier nicht nur glaubhaft gemacht, sondern sogar als erwiesen gelten kann, wurde der Einspruch noch binnen offener Frist erhoben und er ist damit als rechtzeitig zu werten.

Das gegenständliche Verfahren befindet sich somit im Stadium der Einleitung des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens.  

Aus verfahrensökonomischen Erwägungen wird bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Behörde erster Instanz nun mit dem Inhalt des Einspruches auseinanderzusetzen haben wird. Insbesondere mit dem Hinweis der vom Berufungswerber angedeuteten Fehlablesung des Kennzeichens durch Beischaffung des Radarbildes.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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