Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251404/10/Kü/Hu

Linz, 16.01.2007

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn D S, L, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E B, B, W, vom 18.4.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 4.4.2006, Sich96-20-2006-Sk, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.12.2006 zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 65 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 4.4.2006, Sich96-20-2006-Sk, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 80 Stunden verhängt, weil er die bosnischen Staatsangehörigen L N, geb. …, und S T, geb. …, im Zeitraum ab vom 23.9.2005 bis zum 27.10.2005 als Forstarbeiter beschäftigt hat, obwohl ihm für diese ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungs­bewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG), eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 AuslBG) ausgestellt wurde und die Ausländer auch nicht im Besitz einer für diese Beschäftigung gültigen Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder eines Befreiungsscheines (§§ 15 und 4c AuslBG) oder eines Niederlassungsnachweises (§ 24 Fremdengesetz) waren. Diese Tat wird ihm als persönlich haftender Gesellschafter der Firma „S KEG“ mit Sitz in W und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher angelastet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, in der als Berufungsgründe die Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde, die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und die unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend gemacht werden.

 

Zum Berufungsgrund der Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde wird ausgeführt, dass die S KEG laut dem im Verwaltungsstrafverfahren bereits vorgelegten Bescheid des Magistrates der Stadt Wels den Standort bereits im September 1998 mit Wirksamkeit 17.9.1998 nach W, L, verlegt habe. Das Gewerbe werde daher am Standort W betrieben und wäre eine allfällige Verwaltungsübertretung in W begangen worden und nicht im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems. Die gesamte unternehmerische Tätigkeit und die Firmenverwaltung werde in W abgewickelt. Die bescheiderlassende Behörde sei daher in der gegenständlichen Verwaltungs­strafsache unzuständig und habe der Beschuldigte diese Unzuständigkeit auch ausdrücklich in seiner schriftlichen Rechtfertigung eingewendet.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Schreiben vom 21.4.2006 die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Einzelstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.12.2006. An der mündlichen Verhandlung haben der Bw und sein Rechtsvertreter teilgenommen, außerdem wurde der Sachbearbeiter der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices Wels als Zeuge einvernommen.

 

Danach steht fest, dass der Bw persönlich haftender Gesellschafter der S KEG ist. Geschäftszweck dieser Firma sind Holzschlägerungen und Holzbringungen. Der Bw hat die S KEG im Jahre 1997 im Standort R, W, Gemeinde R gegründet. Dieser Firmensitz ist auch im Firmenbuch eingetragen. Im Jahre 1998 ist der Bw mit seiner Firma vom Standort R in W an den Standort W, L, übersiedelt. Der Standort R, W wurde zur Gänze aufgegeben.

Die Standortverlegung wurde bei der Gewerbebehörde angezeigt und wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 21.9.1998, MA11-Ge-2166-1998, diese Standortverlegung zur Kenntnis genommen. Dieser Bescheid wurde vom Bw der Erstinstanz in dem parallel zu Gz: Sich96-203-205 laufenden Verwaltungsstraf­verfahren vorgelegt und wurde vom Bw bereits in genannten Verfahren die örtliche Unzuständigkeit der Erstinstanz eingewendet.

 

Ab dem Zeitpunkt der Standortverlegung wurden vom Bw die unternehmerischen Tätigkeiten für die S KEG ausschließlich vom Standort W aus geführt. So wurde am Standort W die Einstellung von Personal vorgenommen und sämtliche Ansuchen um Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices in Wels gestellt. Sämtliche in der Folge von der regionalen Geschäftsstelle des AMS Wels ausgestellte Beschäftigungsbewilligungen wurden der S KEG für den Standort W erteilt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Bw, der dies durch Vorlage entsprechender Bescheide belegt hat. Außerdem bestätigte der einvernommene Zeuge, dass sämtliche Ansuchen der S KEG von W aus gestellt worden sind und von der regionalen Geschäftsstelle des AMS in Wels bearbeitet wurden. Der Zeuge führt weiters aus, dass er von einem Firmenstandort in W nichts gewusst habe und ergänzte dazu, dass für einen Standort W die regionale Geschäftsstelle Kirchdorf/Krems zuständig gewesen wäre.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist – auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiss, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen hat.

 

Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs.1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.

 

Im Erkenntnis vom 22.1.2002, Zl. 2000/09/0147, stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass auch im Fall von Übertretungen gemäß § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort ist, den dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach dem AuslBG verpönte Beschäftigung eingegangen, bzw. wären von dort aus, die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen. Wird die tatsächliche Leitung eines Unternehmens jedoch an einem anderen Ort als dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt, so hat dies zur Folge, dass als Ort der Beschäftigung dieser tatsächliche Sitz der Unternehmensleitung und auch dieser Ort als jener Ort, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen, anzunehmen ist.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Strafantrag des Zollamtes Wels, aufgrund des im Firmenbuch eingetragenen Sitzes der S KEG an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems zur Durchführung des Verwaltungsstraf­verfahrens weitergeleitet.

 

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erstbehörde nicht verhalten von Amts wegen Ermittlungen darüber anzustellen, ob nicht etwa die tatsächliche Unternehmensleitung einer GesmbH von einem anderen Ort aus erfolgt wäre. Ein Umstand, der gemäß § 27 Abs.1 VStG die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet, kann nämlich erst dann als hervorgekommen angesehen werden, wenn er der Behörde zur Kenntnis gelangt ist, allenfalls in dem Zeitpunkt, in dem ihn die Behörde bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt hätten kennen müssen. Kommt ein solcher Umstand nicht bis zur Fällung des Straferkenntnisses hervor, dann ist die nach § 28 VStG vorläufig zuständige Behörde auch zur bescheidmäßigen Bestrafung zuständig (vgl. VwGH vom 22.1.2002, Zl. 200/09/0147).

 

Gegenständlich ist allerdings davon auszugehen, dass der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, die aufgrund des Strafantrages des Zollamtes Wels die erste Verfolgungshandlung gesetzt hat, im Laufe des Strafverfahrens Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit hätten kommen müssen. Der Bw wendet in seiner Rechtfertigung im parallel unter GZ: Sich96-203-2005 laufenden Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz die örtliche Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems ein. Belegt werden die Ausführungen durch den Bescheid des Magistrates der Stadt Wels mit dem die Verlegung des Standortes der S KEG zur Kenntnis genommen wurde bzw. werden diverse Beschäftigungsbewilligungen aus dem Jahre 2004 vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass diese der S KEG für den Standort L, W, ausgestellt wurden. Bei entsprechender Nachprüfung hätte sich daher im erstinstanz­lichen Verfahren bereits ergeben, dass sämtliche Entscheidungen der Unternehmensleitung von W aus getroffen werden und daher auch als Ort der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern dieser Standort gilt. Im gegenständlichen Fall ist daher davon auszugehen, dass als Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung und daher ausschließlich der Standort W in Frage kommt und dieser Umstand der Erstinstanz jedenfalls im laufenden Verfahren zur Kenntnis gelangte. Das gegenständliche Straferkenntnis ist somit nicht von der örtlich zuständigen Behörde gefällt worden, weshalb der Berufungswerber mit seinem Vorbringen im Recht ist und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben war.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafen entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

Beschlagwortung:

örtliche Zuständigkeit

 

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