Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280934/26/Zo/Jo

Linz, 23.01.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn N B, geboren X, vertreten durch Rechtsanwälte S, D, S & P, L,  vom 19.07.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.05.2006, Ge96-62-2005, wegen zwei Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

 

         I.      Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Punkt 2 (Ruhezeit) das Arbeitsende auf 21.03.2005, 21.30 Uhr sowie die eingehaltene Ruhezeit auf 5 Stunden und 50 Minuten richtig gestellt werden.

Die Strafnorm des § 28 Abs.1a AZG wird in der Fassung BGBl. I Nr. 175/2004 angewendet.

 

       II.      Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Strafen werden wie folgt herabgesetzt:

   zu 1.: Geldstrafe 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden)

   zu 2.: Geldstrafe 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden)

 

      III.      Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 35 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

zu III.: §§ 64 ff VStG

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Arbeitgeberin R L Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in T bei der Beschäftigung des Lenkers M D mit dem Lenken des Sattelkraftfahrzeuges X, X auf der Fahrtstrecke: Linz-Wien-Linz-Hainburg-Anhalteort (Schwechat) folgende Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes und der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 vom 31.12.1985 in der Fassung der Berichtigung ABl. vom 30.07.1986, zu verantworten habe:

 

1. Lenkzeit

 

Der Arbeitnehmer M D, beschäftigt im Güterbeförderungsbetrieb R L GmbH, T, Z, als Lenker eines Kraftfahrzeuges im nationalen Verkehr tätig, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, sei laut den vorliegenden Arbeitsaufzeichnungen mit folgenden Lenkzeiten (Gesamtlenkzeiten zwischen zwei täglichen Ruhezeiten) beschäftigt worden:

 

21.03.2005, 03.20 Uhr bis 22.03.2005, 07.45 Uhr, 11 Stunden und 50 Minuten

 

Dies stelle eine Übertretung des Artikels 6 Abs.1 der EG-Verordnung 3820 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs dar, wonach die tägliche Lenkzeit an zwei Tagen pro Woche 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht überschreiten darf.

 

2. Ruhezeit

 

Dem Arbeitnehmer M D, beschäftigt im Güterbeförderungsbetrieb R L GmbH,  T, Z, als Lenker eines Kraftfahrzeuges im nationalen Straßenverkehr tätig, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, sei die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn nicht gewährt worden:

 

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 21.03.2005 um 03.20 Uhr, Arbeitsende am 21.03.2005 um 22.20 Uhr; Ruhezeit 4 Stunden und 50 Minuten.

 

Dies stelle eine Übertretung des Artikels 8 Abs.1 der EG-Verordnung 3820 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten ist. Diese Ruhezeit darf bei entsprechendem Ausgleich verkürzt werden und zwar auf nicht weniger als 9 Stunden.

 

Es liege keine zulässige Teilung der täglichen Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs vor. Innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes wurden – außer der angeführten Ruhezeit – keine weiteren Ruhezeiten eingehalten.

 

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach Artikel 6 Abs.1 der Verordnung EWG 3820/85 in Verbindung mit § 28 Abs.1a Z4 AZG sowie nach Artikel 8 Abs.1 der Verordnung EWG 3820/85 in Verbindung mit § 28 Abs.1a Z2 AZG begangen, weshalb über ihn zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 60 Euro verpflichtet.  

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bestreitet der Berufungswerber nicht, dass M D die Lenk- und Ruhezeit nicht eingehalten habe. Die Erwägung zur subjektiven Tatseite sei jedoch unrichtig sowie einseitig und ausschließlich zu Lasten des Berufungswerbers.

 

Er habe wiederholt darauf hingewiesen, dass Herr D samt LKW zur Gänze verchartert, d.h. entgeltlich der D GmbH zur Verfügung gestellt wurde. Es sei von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen. Nach § 3 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften im Sinne dieses Gesetzes die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte. Beschäftigter ist, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Genau das sei im vorliegenden Fall vorgelegen. Über den LKW sowie Fahrer habe ausschließlich die D GmbH disponiert und der Berufungswerber habe keine Einflussmöglichkeit auf die Zeitdauer und die Art des Einsatzes genommen.

 

Gemäß § 6 Abs.1 AÜG gilt für die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers dieser als Arbeitgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Es sei daher die D GmbH für die Einhaltung der Ruhezeiten verantwortlich und strafbar zu machen. Der Berufungswerber habe darauf vertrauen dürfen, dass der eigentliche Beschäftiger für die Einhaltung der Ruhezeiten Sorge trage. Unabhängig davon habe er in seinem Betrieb ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet.

 

Jeder Arbeitnehmer – damit auch Herr D - erhalte wiederholt die ausdrückliche Anweisung, die täglichen Ruhezeiten unbedingt und ohne Ausnahme einzuhalten und das Fahrzeug erforderlichenfalls vor Überschreiten der erlaubten Lenkzeiten abzustellen. Die Fahrer würden auf entsprechende Konsequenzen bei Nichteinhalten hingewiesen werden. Diese seien bei erstmaligem Verstoß eine Abmahnung mit der Androhung der Kündigung bei weiterem Verstoß und der Entlassung bei beharrlichem Verstoß. Weiters werden die Arbeitnehmer regelmäßig über die Einhaltung und den Inhalt des Arbeitszeitgesetzes informiert und geschult.

 

Diese Maßnahmen werden auch kontrolliert, wobei jeweils die Tachographenblätter eingesehen werden, um Verstöße sofort ahnden zu können. Es komme zuerst zu einer Abmahnung, bei weiterem Verstoß zu einer Kündigung und bei beharrlichem Verstoß zu einer Entlassung. Weiters würden die Arbeitnehmer für den Fall des Aufdeckens von Privatfahrten für diese kein Gehalt bekommen. Verstöße können erst im Nachhinein aufgedeckt werden, weil diese durch die Einsicht in das Schaublatt evident werden. Eine andere Möglichkeit würde in der Praxis nicht bestehen. Es sei nicht zumutbar, dem jeweiligen Lenker bei seinen Fahrten einen "Kontrolleur" zur Seite zu geben.

 

Das vom Berufungswerber angewendete Kontrollsystem stelle in der Praxis das einzig mögliche und zumutbare System dar. Die Erstinstanz habe völlig verfehlt dahingehend argumentiert, dass bereits aus der Tatsache der Verwaltungsübertretung an sich bewiesen sei, dass das Kontrollsystem nicht funktioniere. Auch das bestmögliche Kontrollsystem könne Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes durch einen Lenker nicht verhindern, wenn dieser die Übertretungen tatsächlich setzen will. Die Behörde habe es auch unterlassen, darzulegen, wie in der Praxis ein wirksames Kontrollsystem, welches zumutbar und finanzierbar ist, aussehen soll.

 

Zum Beweis für die entgeltliche Überlassung des LKW samt Lenkers an die D GmbH und das taugliche Kontrollsystem wurde die Einvernahme des Zeugen K B beantragt.

 

Den Berufungswerber treffe daher keinerlei Verschulden an der Nichteinhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften durch Herrn D. Unter Berücksichtigung der besonderen Konstellation des gegenständlichen Falles seien auch die verhängten Strafen zu hoch. Selbst wenn man von einem Verschulden ausgehen würde, so wäre dieses jedenfalls äußerst gering. Dies schon deshalb, da der Berufungswerber darauf vertrauen durfte, dass die D GmbH die entsprechenden Vorschriften einhalte und dafür Sorge trage, dass keine Übertretungen durch Herrn D erfolgen. Es hätte daher eine Abmahnung bzw. die Mindeststrafe angewendet werden können. Einen weiteren Strafmilderungsgrund stelle der Umstand dar, dass die Tat zu keinem Schaden geführt hat. Der von der Behörde behauptete Erschwerungsgrund liege jedenfalls nicht vor.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10.01.2007, bei welcher der Berufungswerber zum Sachverhalt befragt sowie Herr M D als Zeuge einvernommen wurde. Der Vertreter des Berufungswerbers sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates haben an der Verhandlung teilgenommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der R L Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Diese ist Arbeitgeberin des M D, welcher zur Vorfallszeit das Sattelkraftfahrzeug X, X lenkte. Dieser LKW ist mit Herrn D als  Fahrer bereits seit längerer Zeit an die D GmbH verchartert, sämtliche Fahrtaufträge und Dispositionen erfolgen durch die D GmbH. Bezüglich dieser "Vercharterung" besteht eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen des Berufungswerbers und der D GmbH. Einen schriftlichen Vertrag gibt es nicht. Die D GmbH bezahlt den LKW und Fahrer pro Tag, sodass die R L GesmbH keinen Vorteil davon hat, wenn der LKW besonders viele Kilometer zurücklegt oder besonders lange fährt.

 

Es ist auch mündlich vereinbart, dass die Disposition durch die D GmbH nur so erfolgen darf, dass der Lenker die Lenk- und Ruhezeiten einhalten kann. Der Berufungswerber erfährt von den Dispositionen und Fahrtaufträgen der Lenker in der Regel nichts. Das Unternehmen des Berufungswerbers verfügt über keine Gewerbeberechtigung für das "Überlassen von Arbeitskräften", ein derartiges "Überlassen" wurde auch nicht an die Bezirkshauptmannschaft angezeigt.

 

Die gegenständlichen Fahrten beginnen am 21.03.2005 um ca. 03.20 Uhr und dauern bis ca. 21.30 Uhr. Am 22.03.2005 begann Herr D seine Fahrten um ca. 03.50 Uhr. Er hat damit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Beginn der Lenkzeit am 21.03.2005 um 03.20 Uhr keine Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingelegt, diese hat innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes nur ca. 5 Stunden und 50 Minuten betragen. Auch bis zum Beginn der nächsten Lenkzeit war die Ruhezeit nicht ausreichend, weshalb sich auch eine Überschreitung der Tageslenkzeit ergibt. Dazu führte Herr D aus, dass er mit dem LKW nach Hause fahren durfte. Die erste auf dem Schaublatt verzeichnete Fahrt ist daher sowohl am 21. als auch am 22.03. die Fahrt von seinem Wohnort zur Firma nach H. Auch die letzte Fahrt auf dem Schaublatt vom 21.03. betrifft wiederum die Fahrt von der Firma zu ihm nach Hause. Herr D wollte am 22.03.2005 möglichst früh nach Hause kommen, weil er einen privaten Termin einhalten wollte. Er hat sich deshalb überlegt, wie er am Morgen möglichst früh wegfahren kann und hat dabei für die Berechnung der Ruhezeit die Fahrten von der Firma nach Hause bzw. umgekehrt nicht berücksichtigt und gehofft, dass er im Fall einer Kontrolle diesen Umstand dem Polizisten erklären kann.

 

Bezüglich des vom Berufungswerber praktizierten Kontrollsystems ist Folgendes festzuhalten:

 

Herr D ist schon seit vielen Jahren beim Berufungswerber beschäftigt und kennt die gesetzlichen Regelungen bezüglich Lenkzeit und Ruhezeit. Er hat auch – allerdings erst nach diesem Vorfall – eine Prüfung für die Güterbeförderungskonzession abgelegt. Die Disposition des Herrn D erfolgt zur Gänze durch die D GmbH und ist dem Berufungswerber im Normalfall nicht bekannt.

 

Bereits beim Einstellungsgespräch weist der Berufungswerber die Fahrer darauf hin, dass sie die Lenk- und Ruhezeiten einhalten müssen. Im Unternehmen werden laufend Schulungen der Fahrer durchgeführt und der Berufungswerber führt ständig Gespräche mit den Fahrern, in denen er auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten hinweist. Wenn es ausnahmsweise trotzdem zu einer Überschreitung der Lenkzeit oder einer Unterschreitung der Ruhezeit kommt, dann spricht der Berufungswerber mit dem jeweiligen Fahrer, ermahnt ihn und weist ihn nochmals darauf hin, dass diese Zeiten eingehalten werden müssen. Es hat deswegen auch schon vereinzelte Kündigungen gegeben.

 

Die "vercharterten" Fahrer kommen nur zum Tanken bzw. in die Werkstatt in das Unternehmen des Berufungswerbers und müssen dort ein- bis zweimal pro Monat die Schaublätter abgeben. Diese benötigt der Berufungswerber für die Überprüfung der von den Fahrern angegebenen Arbeitszeiten, wobei er dabei auch prüft, ob die Ruhezeiten oder Lenkzeiten eingehalten wurden. Wenn er bei dieser Überprüfung einen Verstoß feststellt, führt er eben ein Gespräch mit dem jeweiligen Fahrer. Die Fahrer haben die Anweisung, bei Problemen ihren Disponenten, im konkreten Fall also die D GmbH, oder auch ihn anzurufen.

 

Herr D hat bis zu diesem Vorfall die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten. Es ist schon vorgekommen, dass ein Fahrer, welcher für die D GmbH fährt, wiederholt Probleme mit Lenk- oder Ruhezeiten hatte, der Berufungswerber hat dann dem Disponenten angedroht, dass er ihm allenfalls dieses Fahrzeug nicht mehr zur Verfügung stellen könne.

 

Der Zeuge ergänzte dazu noch, dass die Fahrer vom Berufungswerber darauf hingewiesen werden, dass sie selber darauf aufpassen müssen, dass sie die Lenk- und Ruhezeiten nicht überschreiten. Er kennt auch die entsprechenden gesetzlichen Regelungen und hat die damalige Unterschreitung der Ruhezeit aus eigenem Antrieb in Kauf genommen, weil er eben am 22. März am Abend möglichst bald nach Hause kommen wollte. Der Zeuge bestätigt auch eine konkrete Schulung hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten sowie weitere Schulungen im Betrieb. Zum Gehaltssystem gab er an, dass er entsprechend dem Kollektivvertrag nach Stunden bezahlt wird. Es gibt keinerlei Zuschläge für bestimmte Kilometerleistungen.

 

Diese Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen sind glaubwürdig und können der Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Die Einvernahme des Zeugen K B, des Vaters des Berufungswerbers, ist daher nicht mehr erforderlich.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3820/85 darf die nachstehende "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Falle erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Gemäß § 28 Abs.1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen, ...

Ziffer 2 die die tägliche Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1, 2, 6, oder 7 oder Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewährten; ...

Ziffer 4 die Lenker über die gemäß Artikel 6 Abs.1 Unterabsatz 1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen. ...

 

5.2. Die Fahrt vom Wohnort zum Arbeitsplatz bzw. umgekehrt mit dem LKW ist von der Verordnung (EWG) 3820/85 umfasst und fällt damit auch unter die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (siehe z.B. VwGH vom 27.11.2001, 99/11/0180). Herr D hat daher innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes (Beginn 21.03.2005, 03.20 Uhr) nur eine Ruhezeit von 5 Stunden und 50 Minuten eingehalten. Der Vollständigkeit halber ist hier festzuhalten, dass auch dann, wenn man die kurze Fahrtstrecke von seinem Wohnort bis zur Firma am Morgen bzw. in die umgekehrte Richtung am Abend von jeweils ca. 20 Minuten nicht berücksichtigen würde und die Auswertung des Schaublattes erst mit der 1. Fahrt am Firmengelände bzw. mit der letzten Fahrt durchführen würde, dennoch die erforderliche Ruhezeit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes nicht eingehalten würde. Auch die Überschreitung der Tageslenkzeit ist aus den Schaublättern ersichtlich und wird vom Berufungswerber nicht bestritten. Die gegenständlichen Übertretungen sind daher in objektiver Hinsicht erwiesen. Bezüglich der Ruhezeit musste der Spruch korrigiert werden, weil die tatsächlich eingehaltene Ruhezeit eben 5 Stunden und 50 Minuten betragen hat. Diese Spruchkorrektur war auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig, weil dem Berufungswerber im Rahmen der Akteneinsicht bereits am 05.09.2005 – und damit innerhalb der Verjährungsfrist – die Anzeige mit den Schaublättern übermittelt wurde und sich aus den Schaublättern die richtigen Zeiten ergeben.

 

Der Berufungswerber hat zwar den LKW samt Fahrer an eine andere Spedition "verchartert", dies stellt aber keine Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes dar. Der Berufungswerber verfügt über keine entsprechende Gewerbeberechtigung und es existiert kein schriftlicher Vertrag, in welchem die in § 11 Abs.1 AÜG angeführten Punkte ausdrücklich geregelt sind. Es sind damit die Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und damit auch dessen § 6 nicht anzuwenden. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Berufungswerber und Herrn D werden durch den Umstand, dass die Disposition durch die D GmbH erfolgte, nicht wesentlich berührt.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist anzuführen, dass dem Berufungswerber weder vorsätzliches noch grob fahrlässiges Handeln vorgehalten wird. Es handelt sich um Ungehorsamsdelikte, weshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Fahrlässigkeit nur dann ausgeschlossen wäre, wenn der Beschuldigte in seinem Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hätte, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte. Ein solches liegt nur dann vor, wenn dadurch die Überwachung aller im Betrieb eingesetzten Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden kann (siehe z.B. VwGH vom 20.07.2004, 2002/03/0191). Das Kontrollsystem muss gerade im Fall von eigenmächtigen Handlungen der Arbeitnehmer greifen.

 

Bloße Belehrungen, Schulungen, Anweisungen und die nachträgliche Kontrolle von Schaublättern sind nach der Judikatur des VwGH nicht ausreichend. Zu den Anweisungen ist noch anzuführen, dass der Lenker die Anweisung hatte, entweder den Berufungswerber oder seinen Disponenten anzurufen. Bei einem Anruf beim Disponenten ist allerdings nicht sichergestellt, ob der Berufungswerber davon überhaupt erfährt. Er kann deshalb auch seine Weisungsbefugnis als Arbeitgeber in einem solchen Fall nicht ausüben.

 

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber seine Fahrer nach Arbeitsstunden bezahlt und damit keinen ausdrücklichen Anreiz zum Überschreiten der Lenkzeiten bzw. Unterschreiten der Ruhezeiten bietet. Es ist auch glaubhaft bei wiederholten Verstößen schon zu Kündigungen von Lenkern gekommen. Das weist darauf hin, dass sich der Berufungswerber durchaus bemüht, Übertretungen der Arbeitszeitvorschriften zu verhindern. Es darf aber nicht übersehen werden, dass er von den jeweiligen Dispositionen und damit den Arbeitseinsätzen seiner Fahrer in der Regel nichts erfährt. Es wäre daher nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS erforderlich, dass er sich umso genauer durch Kontrollmaßnahmen davon versichert, dass die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden. Diesbezüglich ist bekannt, dass es durchaus technische Möglichkeiten gibt, mittels Satellitenüberwachungssystem einerseits den momentanen Standort jedes Fahrzeuges abzufragen und andererseits auch die Fahr- und Stehzeiten dieses Fahrzeuges in den letzten Tagen festzustellen. Würde der Berufungswerber ein derartiges Überwachungssystem während der gesamten Einsatzzeit seiner LKW tatsächlich anwenden, so hätte er auch die Möglichkeit, die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften durch seine Lenker tatsächlich sicherzustellen und auch eigenmächtige Handlungen der Lenker zu verhindern. Er hat damit nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften getroffen, weshalb ihm leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden muss.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 28 Abs.1a AZG sieht für die gegenständlichen Übertretungen einen Strafrahmen von 72 bis 1.815 Euro vor. Diese Bestimmungen dienen einerseits dem Schutz der Arbeitnehmer vor einer übermäßigen Belastung, andererseits aber auch der Sicherheit des Straßenverkehrs, um gefährliche Situationen durch übermüdete Berufskraftfahrer zu verhindern. Der Berufungswerber hat damit gegen den Schutzzweck dieser Regelungen verstoßen, wobei die jeweiligen Überschreitungen nicht besonders gravierend waren, weshalb Strafen im untersten Bereich des Strafrahmens verhängt werden konnten. Bezüglich der Ruhezeit ist zu berücksichtigen, dass der Lenker tatsächlich eine Ruhezeit von 5 Stunden und 50 Minuten eingehalten hat, weshalb in diesem Punkt die von der Erstinstanz festgesetzte Strafe jedenfalls herabzusetzen war.

 

Der Berufungswerber weist aktenkundig mehrere Vormerkungen im Zusammenhang mit dem Transport gefährlicher Güter auf. Andererseits ist er einschlägig unbescholten. Dieser Umstand ist daher weder straferschwerend noch strafmildernd zu werten. Im Hinblick auf das doch überdurchschnittliche Einkommen des Berufungswerbers (2.500 Euro netto) bei Sorgepflichten für 4 Kinder erscheinen die nunmehr festgesetzten Strafen (ca. 12 % bzw. 8 % der gesetzlichen Höchststrafe) ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine noch weitere Herabsetzung nicht in Betracht.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Z ö b l

Beschlagwortung:

Lenkzeit und Ruhezeit; Kontrollsystem; zumutbare Überwachung;

 

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