Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420486/23/BMa/Ps

Linz, 29.01.2007

 

B E S C H L U S S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann aus Anlass der Beschwerde der G P, vertreten durch Dr. M M, wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt am 21. Juli 2006 durch ein dem Landeshauptmann von Oberösterreich zuzurechnendes Organ beschlossen:

 

I.                    Das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat über die Maßnahmenbeschwerde wegen einer am 21. Juli 2006 verfügten sofortigen Außerbetriebnahme eines neu errichteten Personenlifts hinsichtlich der Haltestellen Kellergeschoss und Erdgeschoss im Gemeindeamt P wird eingestellt.

 

II.                  Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung des Schriftsatzaufwandes im Ausmaß von 660,80 Euro wird nicht Folge gegeben.

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Z.2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Abs.1 Z.2 und § 67 c AVG 1991;

§79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003

 

Begründung:

 

1.1. Die am 1. September 2006 – binnen offener Frist – erhobene Beschwerde wandte sich gegen die im Spruch dargestellte Maßnahme. Abschließend wurden die Anträge auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und Fällung folgenden Erkenntnisses gestellt:

„Die Beschwerdeführerin ist durch die verfügte Maßnahme der belangten Behörde und deren Organ Mag. P L am 21.07.2006 "der neu errichtete Personenlift im Gemeindeamt P ist hinsichtlich der Haltestellen Kellergeschoss (KG) und Erdgeschoss (EG) sofort außer Betrieb zu nehmen"

im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Schutz des Eigentums sowie im Recht darauf, dass Maßnahmen gemäß § 9 (4) Zif. 1 ETG, insbesondere die Anordnung der Stilllegung des Liftes, nicht verfügt werden dürfen, wenn die Gefahr auch anders abgewendet werden kann, und die Maßnahme gemäß § 9 (4) Zif. 1 ETG nur in dem zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlichen Ausmaß verfügt werden darf, also eine Stilllegung des Liftes nicht zulässig ist, wenn dies zur Abwendung der drohenden Gefahr nicht erforderlich ist, verletzt. Die angefochtene Verfügung wird ersatzlos aufgehoben.“

Abschließend wurde ein Kostenbegehren gestellt.

 

1.2. In der Gegenschrift vom 30. Oktober 2006 führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mangels verfügbarer Alternativen und weil die Beschwerdeführerin den gesetzmäßigen Zustand nicht sofort hergestellt habe, sei die Anordnung der Außerbetriebnahme der Haltestellen Kellergeschoss und Erdgeschoss der Aufzugsanlage sowohl erforderlich als auch verhältnismäßig gewesen.

Abschließend wurden die Anträge auf Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und der Zuerkennung der durch Überreichung einer Kostennote geltend zu machenden Prozesskosten gemäß § 79a AVG für den Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich gestellt.  

 

1.3. Die für 10. Jänner 2007 anberaumte mündliche Verhandlung wurde auf Grund des mittels Fax am 9. Jänner 2007 um 15.56 Uhr durch die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Dr. Metzler, eingebrachten, mit "Zurückziehung der Beschwerde" titulierten Schriftsatzes abberaumt. In diesem Schreiben wurde angeführt:

 

"Die angefochtene Maßnahme stützt sich auf § 9 (5) Elektrotechnikgesetz, in dem vor Erlassung eines förmlichen Bescheides an Ort und Stelle eine Maßnahme verfügt wurde.

Gemäß § 9 (5) 2. Halbsatz Elektrotechnikgesetz ist über eine solche Maßnahme binnen 2 Wochen ein schriftlicher, begründeter Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die behördlichen Maßnahmen als aufgehoben gelten.

 

Die belangte Behörde hat es verabsäumt, einen solchen Bescheid zu erlassen, weshalb die beschwerdegegenständliche Maßnahme ex lege außer Kraft getreten ist.

 

Da die Beschwerdeführerin somit klaglos gestellt wurde, zieht sie die Beschwerde vom 01.09.2006 zurück und verzichtet auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung am 10.01.2007.

Da die Klaglosstellung aus der Sphäre der belangten Behörde stammt, bleibt das Kostenersatzbegehren im reduzierten Ausmaß des Schriftsatzaufwandes von € 660,80 aufrecht. "

 

2. Aus diesem Schriftsatz geht somit eindeutig hervor, dass die Beschwerdeführerin die Beschwerde vom 1. September 2006 zurückziehe und auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichte, weil sie sich als klaglos gestellt erachte.

 

Die Klaglosstellung wurde auf die Annahme gestützt, der angefochtenen Maßnahme liege § 9 Abs.5 Elektrotechnikgesetz zugrunde.

 

§ 9 Abs.5 des Bundesgesetzes über Sicherheitsmaßnahmen, Normalisierung und Typisierung auf dem Gebiete der Elektrotechnik (Elektrotechnikgesetz 1992 – ETG 1992, BGBl.Nr. 106/1993 idF: BGBl.I Nr. 136/2001) lautet:

„Wenn es zur Abwendung einer drohenden unmittelbaren Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen geboten ist, kann die Behörde die in Abs.4 Z2 vorgesehen Maßnahmen nach vorhergehender Verständigung des über die elektrischen Betriebsmittel Verfügungsberechtigten auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines förmlichen Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen zwei Wochen ein schriftlicher, begründeter Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die behördlichen Maßnahmen als aufgehoben gelten.“

 

Abs.4 Z2 leg.cit., auf den die vorangeführte Gesetzesstelle verweist, regelt die Untersagung des Inverkehrbringens von elektrischen Betriebsmitteln.

 

Im konkreten Fall stützt sich die von der belangten Behörde verfügte Maßnahme jedoch auf § 9 Abs.4 Z1 erster Fall ETG.

Die Erlassung eines Bescheides binnen zwei Wochen nach Verfügung einer Maßnahme ist für diesen Fall gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Argumentation des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin in der Zurückziehung der Beschwerde, wonach die Klaglosstellung aus der Sphäre der belangten Behörde stamme, weil die Maßnahme mangels Erlassung eines Bescheides ex lege außer Kraft getreten sei, entbehrt damit jeder gesetzlichen Grundlage.

Aus der abschließenden Stellungnahme des Leiters der Amtshandlung in der Niederschrift vom 21. Juli 2006, Zl. EnRo-107.788-2006, geht hervor, dass als Rechtsgrundlage für die verfügte Maßnahme § 3 Abs.1, § 9 Abs.3, § 9 Abs.4 und § 9 Abs.10 Satz 1 ETG 1992 zugrunde gelegt wurde (diese Paragraphen wurden textlich dargestellt).

Auch wenn sich die verfügte Maßnahme, wie bereits oben erwähnt, lediglich auf § 9 Abs.4 Z1 erster Fall stützt und darüber hinaus weitere Gesetzesstellen zitiert wurden, so bietet die allgemein gehaltene Angabe der Rechtsgrundlagen "§§ 3 und 9 ETG 1992" in Zusammenhang mit der nachfolgenden Begründung keinen Interpretationsspielraum dafür, dass es sich um einen Fall des § 9 Abs.5 ETG 1992 handeln würde und die von der Behörde verfügte Maßnahme ex lege außer Kraft getreten sei. Die (überflüssige) Anführung des § 9 Abs.3 ETG 1992 in der Niederschrift vom 21. Juli 2006 als Rechtsgrundlage der verfügten Maßnahme schadet in diesem Zusammenhang nicht.

 

Es kann der Meinung, die Klaglosstellung stamme aus der Sphäre der belangten Behörde, daher nicht gefolgt werden.

 

Aus dem Schriftsatz vom 9. Jänner 2007 geht auch nicht hervor, dass die Zurückziehung der Beschwerde unter einer Bedingung erfolgt wäre. Denn das Anführen einer falschen Rechtsgrundlage und eines bis zur Zurückziehung der Beschwerde nicht in Rede stehenden Sachverhalts vermag an der klaren Aussage, die Beschwerde werde zurückgezogen und auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung werde verzichtet, nichts zu ändern.

 

3. Die Beschwerde der Gemeinde P vom 1. September 2006 war daher analog dem § 33 Abs.1 VwGG, welche Regelung die Bestimmung des § 67c Abs.3 AVG sachgerecht ergänzt, für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen. Dies hatte in der für das verfassungsrechtliche Rechtschutzsystem entscheidenden Regelform des Bescheides (dazu Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 1999, RZ 376) zu erfolgen, zumal es sich gegenständlich um ein Mehrparteienverfahren handelt.

 

4. Gemäß § 79a Abs.1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Gemäß Abs.3 leg.cit ist die belangte Behörde obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird.

Auf Grund der Zurückziehung hätte die belangte Behörde als obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz, sofern sie diese geltend gemacht hätte.

Eine beabsichtigte Geltendmachung von Kosten in der mündlichen Verhandlung ist aber unterblieben, weil eine solche nicht stattgefunden hat und ein Antrag auf Kostenersatz für die Gegenschrift der belangten Behörde nicht gestellt wurde. Aus diesem Grund hatte ein Zuspruch von Kosten zu unterbleiben.

 

Die Beschwerdeführerin hingegen hat als nicht obsiegende Partei keinen Anspruch auf Kostenersatz.

Ihr diesbezügliches Begehren war daher abzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.  Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 73,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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