Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521462/2/Sch/Bb/Hu

Linz, 16.01.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A H, geb. …, dzt. Justizanstalt Garsten, Am Platzl 1, 4451 Garsten, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.10.2006, Zl.: VerkR20-375-1997, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie über den Antrag auf Abänderung bzw. Aufhebung des Entziehungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 23.3.2006, Zl. VerkR20-375-1997 in Ausübung des Aufsichtsrechtes, zu Recht erkannt:

 

I.                     Die Berufung gegen den Bescheid vom 25.10.2006, Zl.: VerkR20-375-1997, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.  

 

II.                   Der Antrag auf Abänderung bzw. Aufhebung des Entziehungsbescheides vom 23.3.2006, Zl.: VerkR20-375-1997 in Ausübung des Aufsichtsrechtes wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

I.  §§ 66 Abs.4, 67a und 69 Abs.1 AVG.

II. §§ 66 Abs.4 und 68 Abs.2 AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Berufungswerber wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13.12.2005, 26 Hv 1265/05 g wegen des – im Zeitraum von September 1999 bis Juni 2005 begangenen - Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs.1 Z1, Abs.3 sowie 148 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dieses Urteil ist seit dem 13.12.2005 rechtskräftig.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber mit Bescheid vom 23.3.2006, Zl.: VerkR20-375-1997 die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 12 Monaten  - ohne Einrechnung von Haftzeiten - gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen, für den selben Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen verboten, das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, die nicht von einem EWR-Staat ausgestellt wurde, für die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und eine von einem EWR-Staat ausgestellte Lenkberechtigung auf die ausgesprochene Dauer des Entzuges der österreichischen Lenkberechtigung entzogen. Weiters wurde der Berufungswerber aufgefordert, den Führerschein nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach oder bei der Polizeiinspektion Lembach abzuliefern.

Dieser Bescheid wurde nachweislich am 27.3.2006 zugestellt und ist - mangels Anfechtung - in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Eingabe vom 13.9.2006 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich – am 18.9.2006 beim Verwaltungssenat eingelangt – hat der Berufungswerber verspätet Berufung gegen den obgenannten Entziehungsbescheid erhoben und die Aufhebung des Entziehungsbescheides, die Herabsetzung der Dauer der Entziehung auf sechs Monate, in eventu die Wiederaufnahme des mit Entziehungsbescheid abgeschlossenen Verfahrens beantragt und argumentiert, dass aufgrund eines einen Mithäftling betreffenden Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg (UVS-411-059/E6-2006) sowie des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.7.2004, 2002/11/0130 die Haftzeiten in die Entziehungsdauer einzurechnen seien. Der Berufungswerber beantragte, dass auch in seinem Fall die Haftzeiten in die Entziehungsdauer eingerechnet werden.

 

Der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 2.10.2006, VwSen-521406/4 die Berufung als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

Die für die Entscheidung über den oben angeführten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zuständige Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.10.2006 dem Antrag keine Folge gegeben bzw. nicht stattgegeben, wogegen der Berufungswerber die begründete Berufung vom 9.11.2006 eingebracht hat.

In seiner Berufung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass bereits im Spruch von der belangten Behörde dargetan worden sei, dass die von ihr vertretene Rechtsansicht verfehlt gewesen sei. Allerdings werde dabei übersehen, dass es sich nicht nur um eine „verfehlte Rechtsansicht" handle, sondern vielmehr die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gültige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Verfehlt sei somit nicht die Rechtsansicht, sondern vielmehr die Rechtssprechung gewesen.

Der Berufungswerber brachte weiters vor, dass sein Antrag auf amtswegige Abänderung nicht behandelt worden sei und die belangte Behörde es vielmehr vorgezogen habe, sich auf formalrechtliche Standpunkte zurückzuziehen, obwohl ihr die Mangelhaftigkeit des seinerzeitigen Ermittlungsverfahrens sowie des darauf beruhenden Bescheides bewusst sein habe müssen.

Im Vorgehen der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach sei jedenfalls das Vorliegen einer grundrechtswidrigen Behördenwillkür festzustellen.

Der Bescheid sei auch gleichheitswidrig, weil nicht einzusehen sei, dass entgegen dem Willen des Gesetzgebers und der jüngsten Judikatur des Verfassungsgerichthofes um einheitliche Rechtssprechung in der Verwaltung, eine Behörde in Oberösterreich grundlegend anders entscheide als etwa in Vorarlberg oder Niederösterreich.

Dass hinsichtlich der Erstellung einer Prognose von der belangten Behörde keinerlei Ermittlungen unternommen wurden, bestärke nur den Eindruck, dass die Behörde nicht einmal ansatzweise willens gewesen sei, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes umzusetzen. Ein derartiges Ermittlungsverfahren hätte ergeben, dass in seinem Fall die spezialpräventiven Zwecke der Haft bereits erreicht worden seien, was nicht zuletzt dadurch nachgewiesen werden könne, als er seit geraumer Zeit im gelockerten Vollzug angehalten werde und im Freigang sei.

Es sei zudem gegen den Vertrauensgrundsatz verstoßen worden, da jeder Staatsbürger (auch wenn er sich in Haft befindet) davon ausgehen könne, dass eine Verwaltungsbehörde jeweils nach dem neuesten Stand von Gesetz und Rechtsprechung entscheide.

Abschließend stellte er die Anträge

-          auf Aufhebung des bekämpften Bescheides,

-          in Ausübung des Aufsichtsrechtes den Bescheid vom 23.03.2006 insofern abzuändern, als die Haftzeit in die Entzugsdauer einzurechnen sei,

-          in eventu den Bescheid nach Durchführung eines der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Ermittlungsverfahrens im Sinne seines gestellten Antrages abzuändern.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes vorgelegt. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wurde im vorliegenden Fall die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

 

Zu I.:

Gemäß § 69 Abs.1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht (mehr) zulässig ist und

1.        der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.        neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten oder

3.        der Bescheid gemäß § 38 AVG von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde/ vom hiefür zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

 

Bei den in § 69 Abs.1 AVG angeführten Wiederaufnahmegründen handelt es sich um eine taxative Aufzählung; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E4 zu § 79 AVG (Seite 1472) zitierten VwGH-Entscheidungen.

 

Keinen Wiederaufnahmegrund iSd § 69 Abs.1 AVG stellen dar:

-          eine in einem anderen Verfahren geäußerte Rechtsansicht

-          eine (allfällige) unrichtige rechtliche Beurteilung des abgeschlossenen Verfahrens

-          das nachträgliche Bekanntwerden von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) oder Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), aus denen sich ergibt, dass die von der Behörde im abgeschlossenen Verfahren vertretene Rechtsauffassung verfassungs- und/oder gesetzwidrig war

-          nachträglich sich ergebende rechtliche Bedenken gegen die Richtigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides;

siehe z.B. VwGH 4.9.2003, 2000/17/0024; 16.11.2004, 2000/17/0022; 13.9.2003, 2000/17/0018 ua.

 

Selbst wenn die vom Berufungswerber angeführten rechtlichen Bedenken gegen den Entziehungsbescheid zu Recht bestehen (würden), bildet dies somit keinen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens.

 

Die Erstinstanz hat daher völlig zu Recht dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens keine Folge gegeben.

Es war daher auch die Berufung als unbegründet abzuweisen und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen.

 

Zu II.:

Der Berufungswerber hat in seiner Berufung auch - in Ausübung des Aufsichtsrechtes - die Abänderung des Entziehungsbescheides beantragt.

 

Gemäß § 68 Abs.2 AVG können von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

 

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 68 Abs.2 AVG ist neben der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde die "Behörde, die den Bescheid erlassen hat" zu dessen Abänderung berechtigt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist nicht "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" gegenüber den ihm im Instanzenzug unterstellten Behörden und somit zur Ausübung des Aufsichtsrechtes iSd § 68 Abs.2 AVG nicht berechtigt.

Den Entziehungsbescheid vom 23.3.2006, Zl. VerkR20-375-1997 hat die Bezirkshauptfrau von Rohrbach als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in I. Instanz erlassen. Dieses zur Entscheidung gesetzlich bestimmte Organ hätte daher allenfalls auch über die Abänderung eines solchen Bescheides im Sinne des § 68 Abs. 2 AVG zu entscheiden gehabt.

 

Eine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ist diesbezüglich nicht gegeben, sodass der Antrag auf Abänderung des Entziehungsbescheides in Ausübung des Aufsichtsrechtes als unzulässig zurückzuweisen war.  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Fall sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

 

 

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