Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521492/12/Br/Ps

Linz, 09.01.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des R T, geb, F, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 14.11. 2006, Zl. F 06/178485, zu Recht:

 

Dem Antrag des Berufungswerbers vom 24.5.2006 auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass ihm die Lenkberechtigung befristet bis zum 8. Jänner 2012 und mit der Auflage eine Brille zu verwenden (Code 01:01) [wieder] erteilt wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.1 u. 2, § 13 Abs.2 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2005 FSG sowie § 3 Abs.1 u. Abs.5, § 5 Abs.2 iVm § 8 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002;

§ 66 Abs.4, § 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004. 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.11.2006, F 06/178485, wurde dem Berufungswerber der Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung – deren Gültigkeit durch Befristung am 7.12.2004 endete – mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

2. Im Ergebnis wurde die Nichteignung auf das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 19.6.2006 gestützt. Dieses negative fachliche Kalkül des amtsärztlichen Gutachtens fand seine Stütze in den im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung nicht ausreichend erzielten kraftfahrspezifischen Leistungen (Leistungsmängel). Dem zur Folge wäre auf Grund der festgestellten Leistungsdefizite von einer Nichtbewältigung anspruchsvoller Verkehrssituationen auszugehen.

Dem Berufungswerber wurden im Gegensatz dazu von einer Fahrschule empirisch erhobene und positiv beurteilte Fahrleistungsdaten gutachterlich bescheinigt. Dieser gutachterlichen Stellungnahme folgte die Behörde erster Instanz aber unter Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten nicht.

Die abweisende Entscheidung wurde auf § 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.2 FSG und § 3 Abs.1 Z4 FSG-GV gestützt.

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Dieser ist demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf das Ergebnis der Gutachtensergänzung § 67d Abs.1 u. 2 AVG unterbleiben. 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Diesem angeschlossen befinden sich hier verfahrensrelevante Gutachten, sowie ein vom Berufungswerber im Zuge der Berufungsvorlage beigebrachtes augenfachärztliches und internistisches Gutachten. Auch darin wurde die gesundheitliche Eignung jeweils positiv beurteilt. Ebenfalls fand sich eine positive gutachterliche Stellungnahme der Fahrschule S v. 7.10.2006 im Verfahrensakt.

Im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens unterzog sich der Berufungswerber am 8.1.2007 einer Beobachtungsfahrt im Beisein des Amtsarztes der Behörde erster Instanz und des zur Entscheidung berufenen Mitgliedes des unabhängigen Verwaltungssenates.

Der Amtsarzt ergänzte diesbezüglich sein fachliches Kalkül zur strittigen gesundheitlichen Eignungsfrage mit einem positiven Kalkül. Diese wurden der Behörde erster Instanz im Rahmen eines Parteiengehörs mit dem Hinweis auf die vorläufige Qualifizierung seitens der Berufungsbehörde mit der Einladung hierzu Stellung zu nehmen am 8.1.2007 zur Kenntnis gebracht. Lt. Mitteilung vom 9.1.2007 wurde einer positiven Erledigung nicht entgegen getreten.

Ergänzend erfolgte noch eine Abfrage des Führerscheinregisters zum Verlauf der Lenkberechtigung des Berufungswerbers.

 

3.2. Die Gutachten des erstinstanzlichen Verfahrens:

 

3.2.1. Amtsärztliches Gutachten v. 24.10.2006:

"Die amtsärztliche Untersuchung von Herrn T R erfolgte nach ausgesprochener gesundheitlicher Nichteignung vom 26.01.2005 aufgrund des neuerlichen Ansuchens des Patienten zum Erhalt der Lenkerberechtigung.

Die erstmalige Untersuchung sollte am 08.06.2006 stattfinden. Der Patient entschwindet jedoch nach der Bearbeitung durch Herrn L aus dem Wartebereich des amtsärztlichen Dienstes. Die amtsärztliche Untersuchung ist deshalb nicht möglich.

Am 11.10.2006, der Patient erscheint neuerlich zur Untersuchung. Es zeigt sich ein altersentsprechender AZ. Auffällig ist eine Hemiparese rechts nach einem Insult 1980. Weiters wird ein Schädelhirntrauma aus dem Jahre 1979 beim Wandern erhoben. Er gibt an keine Medikamente einnehmen zu müssen. Kognitiv wirkt der Patient verlangsamt, antwortet aber auf gestellte Fragen geordnet.

Aufgrund der Vorgeschichte im (Schädeltrauma, Z.n. Insult) sowie negative Beobachtungsfahrt mit dem technischen Sachverständigen der OÖ Landesregierung vom 13.01.2005, erscheint aus amtsärztlicher Sicht eine verkehrspsychologische Untersuchung unumgänglich zum etwaiger funktioneller Mängel.

Bei bekannter Artrophia nervi optivci rechts, erfolgte gleichfalls eine Zuweisung zu einer fachärztlichen augenfachärztlichen Untersuchung.

Der Stellungnahme von Kuratorium für Verkehrssicherheit vom 18.10.2006 ist zu entnehmen:

Die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen sind in allen Teilbereichen deutlich und in ihrer Gesamtheit auch über das alterstypische Ausmaß hinaus eingeschränkt. Aufgrund der umfassenden Leistungsdefizite, können ausreichende Kompensations- Möglichkeiten durch die bisherige Fahrerfahrung nicht mehr geschlossen werden. Aus dem Standpunkt der verkehrspsychologischen Begutachtung ist Herr R T zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nicht geeignet.

Aufgrund dieser äußerst negativen Beurteilung durch den Verkehrspsychologen ist aufgrund der funktionalen Defizite das sichere Beherrschen eines Kfzs vor allem in anspruchsvollen Verkehrssituationen nicht mehr gewährleistet.

Aus amtsärztlicher Sicht ist neuerlich von einer gesundheitlichen Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 Klasse B auszugehen."

 

3.2.2. Die gutachterliche Stellungnahme der Fahrschule S v. 7.10.2006:

"Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen

Bei der am 13.09. und 29.09.2006 mit Herrn T R durch­geführten Testfahrten im Ausmaß von insgesamt 4 Fahreinheiten, konnte festgestellt werden, dass beim oben Genannten, bei der

 

Beobachtungsfähigkeit,

die visuelle Auffassung im Normbereich liegt, die Überblicksge­winnung  gut durchschnittlich ausgeprägt, beim

 

Reaktionsverhalten,

die Reaktionszeit und Reaktionssicherheit ausreichend, die Belastbarkeit nicht beeinträchtigt ist.

 

Die Konzentrationsfähigkeit,

ermöglicht ausreichende Sorgfaltsleistungen, auch bei höherem Tempo, und die Koordination der Bewegungen,

bei der Fahrzeugbedienung entspricht der Norm.

 

Auf Grund des Testergebnisses erscheint Herr T R zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B 'geeignet'."

 

3.2.3. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. M F erblickt lt. Gutachten v. 21.4.2006 aus seiner fachlichen Sicht keinen Einwand gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B.

 

3.2.4. Auch aus dem augenfachärztlichen Befund von Dr. H vom 9.5.2006 ergibt sich bei einer funktionalen Einäugigkeit und bei annähernd 100%iger Sehleistung auf einem Auge eine positive Eignungsbeurteilung unter der Auflage des Tragens einer Brille.

 

3.3. Erstmals wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung im Dezember 1989 für die Klasse B erteilt. Offenbar blieb er als Verkehrsteilnehmer stets unauffällig. Die im Rahmen der 30 Minuten dauernden Beobachtungsfahrt durch den in den Vormittagsstunden an einem Montag stark verkehrsbelasteten Ballungsraum von Linz konnte schließlich eine durchaus verkehrsverträgliche Fahrleistung festgestellt werden. Der Berufungswerber war wohl nervös und gestaltete sein Fahrverhalten teilweise etwas zögerlich. Die Ablaufhandlungen, Blickverhalten, Schalten, Geschwindigkeitsdynamik erschien, wenn auch eher übervorsichtig und vielleicht etwas zu zögerlich, letztlich aber synchron und vom Berufungswerber als Lenker adäquat koordiniert. Lediglich der Wechsel der Fahrspur erfolgte mehrfach relativ abrupt, worin sich wohl die Ursache im nicht detailvertrauten Straßenverlauf vermuten lässt. Dies wurde vom begutachtenden Amtsarzt als Unsicherheit gewertet.

Der Amtsarzt gelangte mit seiner Beurteilung des Fahrverhaltens als noch "knapp ausreichend".

Das zur Entscheidung berufene Organ der Berufungsbehörde beurteilt dieses Fahrverhalten aus der Sicht dessen Praxis als Fahrprüfer unter verstärkter Berücksichtigung des offenkundigen Leistungsdrucks des Berufungswerbers aus Anlass der Beobachtungsfahrt grundsätzlich etwas positiver, sodass dem positiven Kalkül des Amtsarztes jedenfalls gefolgt wird, wobei unter Bedachtnahme auf den Stressfaktor die Kompensationsmöglichkeiten als nicht bloß knapp ausreichend erachtet werden.

Auch die übrigen ärztlichen Gutachten (Internist und Augenarzt) bestätigen die Eignung.

Somit sprechen klare empirische Fakten gegen die ohne empirischem Betrachtungshorizont erstellte verkehrspsychologische Stellungnahme mit negativem Kalkül. Das ursprünglich darauf gestützte negative amtsärztliche Kalkül wurde im Lichte der empirisch erhobenen Fahrleistungen wohl auf sachlich begründeter Basis und dies im Beisein und mit der fachlichen Beurteilungskompetenz der Berufungsbehörde revidiert.

Durch die unmittelbaren Feststellungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zusammenfassend zur Überzeugung, dass die empirischen Fahrleistungen des Berufungswerbers durchaus als ausreichend bezeichnet werden können und er trotz seiner durch den Schlaganfall und die funktionale Einäugigkeit bedingten Defizite noch ausreichend in der Lage ist diese Defizite zu kompensieren. Somit sind insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die vorliegenden klinischen Fakten die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen als gegeben anzusehen.

Die Lenkberechtigung ist jedoch vor diesem Hintergrund auf fünf Jahre zu befristen. Nach Ablauf dieser Zeit wäre im Wege des Amtsarztes die gesundheitliche Eignung, allenfalls auch durch Beibringung eines internistischen und/oder neurologischen und augenfachärztlichen Gutachtens abermals zu überprüfen.

 

4. Die Überprüfung der Leistungsmöglichkeiten im Wege einer Beobachtungsfahrt (Fahrprobe) gerät etwa in Deutschland zunehmend in die fachliche Diskussion (vgl. Brenner-Hartmann u. Bukasa, 2001) und gewinnt dank der Aufnahme des Kap. 2.5 in die Begutachtungsleitlinien (Bundesanstalt für Straßenwesen, 2000) als ursprünglich psychologisches Anwendungsgebiet in der Fahreignungsdiagnostik an Bedeutung. Es wird darin als hinreichend bekannt angesehen, dass durch angemessene Kompensationsstrategien auch mit einem reduzierten Leistungsvermögen eine sichere Verkehrsteilnahme möglich ist (vgl. z.B. Maag, 1995, Weinand, 1997). Die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung sehen deshalb in Kap. 2.5 auch vor, dass ein Klient, der in den Leistungsprüfverfahren insgesamt unzureichende Leistungen erzielt hat, durch eine Fahrverhaltensprobe nachweisen kann, dass sich die in der (ungewohnten) Testsituation festgestellten Minderleistungen auf das gelernte Fahrverhalten nicht entscheidend negativ auswirken (Dipl.-Psych. J B, T Med.Psych. I GmbH F S, Vortrag über die Durchführung standardisierter Fahrverhaltensbeobachtungen im Rahmen der Med.-Psych. Untersuchung [MPU]).

Praktische Fahrproben werden als Zusatzdiagnostika bei verkehrsmedizinischen Eignungsuntersuchungen bei kranken und auch betagten Fahrzeuglenkern verstärkt befürwortet (s. Kongressbericht 1995 der 28. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft  für Verkehrsmedizin e.V., Berichte der BASt, Heft M 47, S. 33-48 Weinand, M. [1997], Kompensationsmöglichkeiten bei Kraftfahrern mit Leistungsdefiziten – Berichte der BASt, Heft M 77).

Eine Fahrprobe wird im Falle solcher Defizite auch von HIMMELREICH/JANKER, MPU – Begutachtung, 2. Auflage, Seite 40 Fn 106 mit Hinweis auf  Umdeutsch DVWG 81 und auf OVG Münster VRS 68, 395; A. Müller BA 83, 63, 64, empfohlen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer dem in Abs.2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 
Dem § 10 Abs.4 zweiter Satz FSG 1997 liegt erkennbar die Überlegung zu Grunde, dass ein Gutachten über die fachliche Befähigung dann nicht erforderlich ist (sein muss), wenn bis zum Erlöschen der Lenkerberechtigung berechtigterweise Kraftfahrzeuge (auf Grund einer befristeten Lenkerberechtigung) gelenkt wurden und zwischen dem Erlöschen und dem Antrag auf (Wieder-)Erteilung nicht mehr als 18 Monate verstrichen sind. 
Nur wenn die Zeit zwischen dem berechtigten Lenken von Kraftfahrzeugen und dem Antrag auf Wiedererteilung so kurz ist, ist von der Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung (unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs.4 Z2 und 3 FSG 1997) abzusehen. Im Falle des Erlöschens nach § 27 Abs.1 Z1 FSG 1997 durfte der Betreffende jedoch schon während der Entziehungsdauer keine Kraftfahrzeuge lenken, sodass es dann, wenn der Antrag auf Wiedererteilung erst knapp vor Ablauf der im § 10 Abs.4 Z1 FSG 1997 genannten Frist gestellt wird, zu einer Zeit von fast drei Jahren kommt, innerhalb welcher keine Kraftfahrzeuge gelenkt werden durften (VwGH 23.5.2003, 2002/11/0111). 

Dieser rechtlichen Darlegung bedarf es, weil sich dem Antrag der handschriftliche Hinweis "mit prakt. Prüfung" beigefügt findet.

 

5.2. Im Sinne des § 3 Abs.1 Z3 FSG ist eine Lenkberechtigung Personen zu erteilen, wenn sie u.a. gesundheitlich geeignet sind ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Der § 8 Abs.2 FSG lautet:

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

 

§ 3. Abs.1 FSG-GV lautet:

Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

  2. die nötige Körpergröße besitzt,

  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. …..

 

5.3. Obwohl das verkehrspsychologische Testverfahren vom Normgeber und die Judikatur die primäre Basis für die Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit einer Person bildet – VwGH 21. April 1998, Zl. 96/11/0190 mwN –  darf diese nicht einer so weiten Verallgemeinerung eröffnet werden, dass diese Methode in der Praxis als das einzige Beweismittel in Betracht käme oder gar eine Bindung der gerichtsförmigen Tatsacheninstanz an dieses einer inhaltlichen Nachprüfung nur schwer zugängliche Beweismittel erblickt werden müsste.

Alle Gutachten sind ferner auf ihre Schlüssigkeit und inhaltliche Nachvollziehbarkeit und nicht zuletzt auf ihre Verhältnismäßigkeit der Auswirkung ihrer Empfehlungen hin zu überprüfen. Gemäß § 8 Abs.2 FSG hat sich die Behörde mit Gutachten und somit auch der verkehrspsychologischen Stellungnahme(n) inhaltlich auseinander zu setzen (VwGH 20.2.2001, 98/11/0312). Diesbezüglich muss der empirischen Beurteilung des Lenkens eines Kfz zumindest die gleiche Aussagekraft zuerkannt werden.

Das wurde oben ausführlich dargelegt und mit Fachliteratur unterstrichen.

Mit Blick darauf wurde in diesem Fall – wie offenkundig ursprünglich im erstinstanzlichen Verfahren bereits beabsichtigt gewesen – in einer Beobachtungsfahrt die sachgerechtere Methode zur Feststellung der Fahreignung (der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit) erblickt.

Was die Feststellung und Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit anlangt, wird insbesondere auch auf die in der Judikatur vertretene Auffassung verwiesen, wonach es im Einzelfall nachvollziehbar sein muss, warum Testergebnisse eines Probanden nach Auffassung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle außerhalb der Norm liegen und wohl auch inwieweit dies einen adäquaten Rückschluss auf die tatsächliche Fahreignung zulässt (vgl. zB. VwGH 21.4.1998,  96/11/0190 und VwGH 20.9.2001, 99/11/0162). In dem hier angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden negativen verkehrspsychologischen Gutachten lässt sich etwa nicht ableiten, ob und in welchem Umfang diese unterdurchschnittlichen Leistungsparameter nicht doch in der Überforderung mit der Testsituation gelegen sind. Die Überforderung mit der Testsituation kann hier als durchaus wahrscheinlich angesehen werden.

Im ergänzend durchgeführten Beweisergebnis wurde das Kalkül der VPU auf empirischer Basis widerlegt.

Betreffend die ausgesprochene Befristung und die Auflage, die gemäß § 13 Abs.2 FSG iVm § 2 Abs.3 FSG-DV in den Führerschein einzutragen ist, bedarf es unter Hinweis auf die Rechtslage keiner weitergehenden Erörterungen (§§ 2 Abs.3, 8 Abs.5 FSG-GV). 

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit, Beobachtungsfahrt

 

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