Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161840/4/Br/Ps

Linz, 17.01.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H T, geb., N, Ö, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. November 2006, Zl. VerkR96-236-2006, wegen Übertretungen nach dem KFG 1967, nach der am 17. Jänner 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I.        Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; der Tatvorwurf hat jedoch in Abänderung bei sonst gleichbleibendem Inhalt jeweils auf bloße "Öffnung des Kontrollgerätes" zu lauten.

          Im Strafausspruch wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass in den Punkten 6. bis 8. von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und unter Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden in den Punkten 1. bis 5. insgesamt 40 Euro an Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt. Im Übrigen entfallen Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber insgesamt acht Geldstrafen (5 x 40 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je 8 Stunden an Ersatzfreiheitsstrafen u. 3 x 36 Euro und je 7 Stunden an Ersatzfreiheitsstrafen), wobei ihm folgendes Verhalten zur Last gelegt wurde:

"Sie haben am 12.08.2005 um 18:10 Uhr im Gemeindegebiet Leopoldschlag, auf der Mühlviertler Straße B 310 auf Höhe Strkm. 55,270 (Grenzkontrollstelle Wullowitz) das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen samt Sattelanhänger, Kennz., welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, gelenkt und wie bei einer Kontrolle der Straßenaufsichtsorgane festgestellt wurde,

1.      das Schaublatt vom 08.08.2005 vor Ablauf des Arbeitstages entnommen, weil das Kontrollgerät ca. um 09:09 Uhr, in der Zeit von 12:50 Uhr bis 13:00 Uhr, von 19:50 Uhr bis 20:00 Uhr und von 21:13 Uhr bis 21:16 Uhr geöffnet war.

2.      das Schaublatt vom 09.08.2005 vor Ablauf des Arbeitstages entnommen, weil das Kontrollgerät in der Zeit von ca. 10:11 Uhr bis 10:14 Uhr, von 17:16 Uhr bis 17:21 Uhr, von 18:24 Uhr bis 18:26 Uhr und um 18:30 Uhr geöffnet war,

3.      das Schaublatt vom 10.08.2005 (welches allerdings am 09.08.2005 um ca. 21:51 Uhr eingelegt wurde) vor Ablauf des Arbeitstages entnommen, weil das Kontrollgerät ca. in der Zeit von 10:53 Uhr bis 11:56 Uhr, um 15:56 Uhr und um 18:00 Uhr des 10.08.2005 geöffnet war,

4.      das Schaublatt, vom 10.08.2005 welches in der Zeit von 19:55 Uhr bis 11.08.2005

20:14 Uhr verwendet wurde vor Ablauf des Arbeitstages entnommen, weil das Kontrollgerät, um ca. 12:29 Uhr bis12:36 Uhr, 13:04 Uhr und um 15:54 Uhr geöffnet war,

5.      das Schaublatt vom 11.08.2005 welches in der Zeit von. 20:25 Uhr bis 12.08.2005 18:02 Uhr eingelegt war, vor Ablauf der Arbeitszeit entnommen haben, weil das Kontrollgerät um 06:36 Uhr, in der Zeit von 08:15 Uhr bis 08:21 Uhr, 13:24 bis 13:34 Uhr geöffnet war.

6.      auf dem Schaublatt des letzen Lenktages der Vorwoche den Zeitpunkt bei Beginn und am Ende der Benutzung des Blattes nicht ordnungsgemäß eingetragen haben, weil der Tag an dem es verwendet wurde, nicht eingetragen sowie das Monat an dem es Verwendet wurde nicht lesbar ist,

7.      auf dem ersten mit 10.08.2005 datierten Schaublatt den Zeitpunkt bei Beginn der Benutzung des Schaublattes unrichtig eingetragen haben, weil das Datum des Beginnes auf 09.08.2005 lauten muss und

8.      auf dem 2. mit 10.08.2005 datierten Schaublatt das Ende der Benutzung des Schaublattes nicht eingetragen haben.".

 

1.1. Dadurch habe er jeweils gegen § 134 Abs.1 KFG iVm den Punkten 1. bis 5. gegen Art. 15 Abs.2 und zu 6. bis 8. gegen Art. 15 Abs.5 lit.b der Verordnung (EWG) 3821/85 verstoßen.

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Durch die Anzeige der Grenzpolizeiinspektion Wullowitz vom 07.09.2005, GZ: A1/12621/01/2005 erlangte die erkennende Behörde vom verfahrensgegenständlichen Sachverhalt Kenntnis.

 

Gegen die daraufhin an Sie ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 02.02.2006, gleicher Zahl, haben Sie in offener Frist per Fax vom 09.02.2006 Einspruch erhoben. Diese Faxnachricht ist allerdings nicht vollständig leserlich bei der Behörde angekommen, worauf Sie mit Schreiben vom 18.04.2006 aufgefordert wurden, Ihren Einspruch neuerlich an die Behörde zu senden. Gleichzeitig wurde Ihnen die oben bezeichnete Anzeige in Kopie übermittelt. Sie übermitteln dann abermals mit Begleitschreiben vom 23.04.2006 den Einspruch von 10.02.2006. Darin führen Sie aus, dass Sie der Bezirkshauptmannschaft Feistadt eine einwandfreie rechtliche Begründung zukommen lassen möchten und ersuchen darin um eine Fotokopie der Originalanzeige, welche Ihnen allerdings bereits mit ha. Schreiben 2006 übermittelt wurde. Sie weisen in Ihrer Einspruchsbegründung darauf hin, dass die Tachoscheiben vom Stunden und Pausen zählen für Sekunden entnommen und dieselbe Tachoscheibe wieder eingelegt worden sei. Für den Arbeitstag seien nicht mehrere Tachoscheiben verwendet worden, wodurch der angezeigte Tatbestand begründet würde. Im Begleitschreiben vom 23.04.2006 beantragen Sie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG und verweisen darauf, dass das Stundenzählen keinen Tatbestand der "unbefugten Entnahme" bilde. Tatsächlich hätten Sie auf der Tachoscheibe vom 06.08.2995 (wohlgemeint 2005) die Eintragung des Datums vergessen. Sie legen der Behörde nahe, gemäß § 52 a Absatz 1 VStG zu handeln.

 

Die Behörde hat die beschlagnahmten Tachoschaublätter dem Amtssachverständigen zur Gutachtenerstellung vorgelegt. Der Amtssachverständige Ing. K führt in seinem Gutachten vom 28.07.2006 sinngemäß aus, dass die Punkte 1 bis einschließlich 5 der Strafverfügung nachvollziehbar sind, da der Lenker des Schaublatt mehrmals vor Ablauf des Arbeitstages entnommen habe (das Kontrollgerät war mehrmals für wenige Minuten geöffnet.) Ein vollständiger Nachweis über die Einhaltung der Sozialvorschriften sei somit nicht mehr gegeben. Den Schaublättern sei jedoch zu entnehmen, dass in den Zeitabschnitten in denen das Kontrollgerät geöffnet gewesen sei, das Fahrzeug nicht bewegt wurde. Aus verkehrstechnischer Sicht handle es sich hier um geringfügige Verstöße der Rechtsvorschriften (Formverstöße), welche nicht unbedingt mit einer Strafverfügung geahndet werden müssten.

 

Zu Punkt 6 der Strafverfügung führt der Amtssachverständige aus, dass das Einlege- und Entnahmedatum nicht lesbar sei.

 

Zu Punkt 7 der Strafverfügung bestätigt er den Vorwurf in der Strafverfügung, dass am Schaublatt statt 09.08.2005 der 10.08.2005 als Einlegedatum eingetragen sei.

 

Zu Punkt 8 der Strafverfügung führt der Sachverständige aus, dass der Beginn der Benutzung des Schaublattes (Einlegezeitpunkt) nicht eindeutig erkennbar sei. Das Entnahmedatum sei nicht eingetragen.

 

Im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Ihnen mit Schriftsatz vom 11.07.2006 das Gutachten des Amtssachverständigen sowie die Anzeige in Kopie übermittelt. In der daraufhin von Ihnen mit Schriftsatz vom 13.08.2006 abgegebenen Stellungnahme führen Sie sinngemäß aus, dass die Abteilung Verkehrstechnik vorsichtig formuliere, dass keine strafbaren Übertretungen vorlägen. Das Kontrollgerät sei immer nur für wenige Sekunden geöffnet gewesen. Dies beweise, dass das Kontrollgerät zum Zählen der Pausenminuten bzw. der vorangegangenen Lenkzeit kurz geöffnet und die Tachoscheibe dem Gerät nicht entnommen worden sei. Dies habe stets zur Feststellung der aktuellen Lenkzeit bzw. der verbrauchten Lenkpause – ohne das Fahrzeug in der Zwischenzeit zu bewegen – wieder geschlossen worden sei. Die Einhaltung der Lenkpausen werde von der Polizei auch auf Minuten genau kontrolliert und bei Verstößen rigoros angezeigt. Sie leiten davon das legitime Recht jedes Kraftfahrers ab, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten durch genaueste Kontrolle der Zeiten auf der Tachoscheibe zu kontrollieren. Im Übrigen spreche die EU-VO nur von unbefugter Entnahme, welche unter Strafe stehe. Als Lenker hätten Sie mit den Zeiten und deren Kontrolle aufgrund der EG-VO 3820/85 u. 3821/85 die Verpflichtung, die vorgegebenen Zeiten selbstständig zu kontrollieren. Somit sei – Ihrer Meinung nach – eine Verwaltungsübertretung in keinen dieser Fälle gegeben. Zu den einzelnen Punkten in der Strafverfügung führen Sie auf Seite drei Ihrer Stellungnahme aus, dass das viermalige Öffnen des Kontrollgerätes keine Übertretung bilde, da es nur zum Stundenzählen geöffnet worden sei. In der Anzeige werde Ihnen vorgeworfen, dass Sie das Schaublatt entnommen hätten. Es sei aber eindeutig sichtbar, dass die Diagrammscheibe bis 6 Uhr des 09.08.2005 im Fahrtenschreiber gewesen und nicht entnommen worden sei.

Zu den Übertretungen 4 bis 9 sei Ihre Rechtfertigung gleich lautend wie 1 bis 3. Zu den Übertretungen 10 bis 14 sei einwandfrei zu erkennen, dass die Tachoscheiben nicht aus dem Fahrtenschreiber entnommen worden seien. Die Ruhezeit von 12 Stunden 25 Minuten sei mehr als nötig eingehalten worden. Lediglich das Entnahmedatum morgens hätten Sie vergessen. Für diesen kleinen Formfehler wollten Sie dem Beamten ein Organmandat anbieten. Die Entnahmetatbestände lägen hier nicht vor.

Zur Übertretung 19 auf der mit 10.08.2005 datierten Scheibe hätten Sie die Eintragung des Entnahmedatums vergessen. Dieser Formfehler hätte auch im Organmandatswege abgestraft werden können. Auf der Scheibe vom 10.08.2005 wurde angezeigt, dass der Zeitpunkt bei Beginn bei Benutzung des Blattes unrichtig eingetragen sei. Dies sei unrichtig, denn auf dieser Diagrammscheibe hätten Sie den Beginn 10.08.2005 richtig eingetragen. Dieser nichtvorhandene Tatbestand falle für Sie unter Nichtigkeitsgründe. Eine Fotokopie dieser Scheibe mit rotem Pfeil legen Sie bei.

Die Übertretung 20 hätte der Beamte bei genauem Hinsehen nicht in die Anzeige aufnehmen dürfen. Hier läge ebenfalls ein Nichtigkeitsgrund vor. Da der Beamte Ihnen die Tachoscheiben nicht mehr zurückgegeben habe, hätten Sie die Eintragung des Kilometerstandes, des Datums und die Örtlichkeit nicht mehr durchführen können. Diese angezeigte Übertretung liege somit auch nicht vor.

Sie stellen neuerlich den Antrag, aufgrund der zahlreichen Nichtigkeitsgründe das Verfahren gemäß § 45 Abs. 4 Z. 1, 2 und 3 VStG einzustellen.

 

Die Behörde sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

 

Sie haben am 12.08.2005 um 18:10 Uhr im Gemeindegebiet Leopoldschlag, auf der Mühlviertler Straße B 310 auf Höhe Strkm. 55,270 das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen samt Sattelanhänger, Kennz. gelenkt. Die von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeugkombination ist zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt und weist ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von über 3,5 t auf. Aufgrund der von Ihnen bei der Fahrzeug- und Lenkerkontrolle an das Straßenaufsichtsorgan übergebenen Schaublätter wurden folgende Übertretung festgestellt:

 

Auf den Schaublättern datiert mit 08.08.2005, 09.08.2005, 10.08.2005, 11.08.2005 und 12.08.2005 wurde festgestellt, dass die Schaublätter Aufzeichnungen enthalten, dass das Schaublatt vor der täglichen Arbeitszeit mehrmals entnommen wurde bzw. das Kontrollgerät geöffnet wurde. Beim ersten Schaublatt, welches auf den 10.08.2005 datiert ist, ist der Beginn der Benutzung des Schaublattes unrichtig eingetragen, da dieser auf 09.08.2005 zu lauten hat. Bei dem zweiten mit dem 10.08.2005 datierten Schaublatt ist das Ende der Benutzung des Schaublattes (Datum) nicht eingetragen.

 

Gegenständlicher Sachverhalt unterliegt folgender rechtlicher Beurteilung:

 

Nach § 134 Abs. 1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwider handelt.

 

Gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EWG-Nr. 3821/85) benutzen die Fahrer, für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit übernommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf eine andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

 

Gemäß Art. 15 Abs. 5 der Verordnung (EWG-Nr. 3821/85) hat der Fahrer, auf dem Schaublatt folgende Angaben einzutragen:

a)      bei Beginn der Benutzung des Blattes: seinen Namen und Vornamen;

b)      bei Beginn und am Ende der Benutzung des Blattes: den Zeitpunkt und den Ort;

c)      die Kennzeichennummer des Fahrzeuges, das ihm zugewiesen ist, und zwar, vor dem ersten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt und in der Folge im Falle des Fahrzeugwechsels, während der Benutzung des Schaublattes;

d)      den Stand des Kilometerzählers:

-  vor der ersten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt,

-  am Ende der letzten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt,

-  im Falle des Fahrzeugwechsels, während des Arbeitstages (Zähler des         vorherigen Fahrzeuges und Zähler des neuen Fahrzeuges);

e)       gegebenenfalls die Uhrzeit des Fahrzeugwechsels.

           

Die Behörde hat darüber Folgendes erwogen:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass das Amtssachverständigengutachten vom 28.07.2006 dahingehend schlüssig ist, dass in der Ihnen unter Punkt 1 bis einschließlich 5 der bekämpften Strafverfügung vom 02.02.2006 die Schaublätter mehrmals vor Ablauf des Arbeitstages entnommen wurden. Dies ergibt sich auch in Zusammenschau in dem von Ihnen an die Behörde übermittelten Einspruch, wo Sie im zweiten Satz dieses Einspruches selbst davon sprechen, dass Sie die Schaublätter zum Pausenzählen entnommen hätten. Somit widersprechen Sie sich zu der mit Schriftsatz vom 13.08.2006 von Ihnen abgegebenen Stellungnahme. Ferner ist nach Rücksprache mit dem Sachverständigen Ing. V vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck das Öffnen des Kontrollgerätes mit einer Entnahme gleichzusetzen. Ihrer Rechtsansicht, dass es sich zum Überprüfen der Lenkzeiten bzw. Pausen um ein rechtmäßiges Öffnen des Kontrollgerätes bzw. um eine rechtmäßige Entnahme des Schaublattes handelt, kann die Behörde nicht näher treten. Schaublätter dürfen vor der täglichen Arbeitszeit nur bei einer Kontrolle der Straßenaufsichtsorgane oder bei Fahrzeugwechsel entnommen werden.

 

Insoweit Sie sich auf das Sachverständigengutachten beziehen, stellt die Behörde fest, dass sich ein Sachverständigengutachten nur auf die Feststellung der Tatsachen aufgrund der vorgelegten Beweisstücke zu beschränken hat und nicht auf eine rechtliche Würdigung ausgedehnt werden darf. Die Beurteilung, inwieweit ein strafrechtlicher Tatbestand besteht, hat der Sachverständige der Behörde zu überlassen. Wenn der Sachverständige vermeint, dass der vollständige Nachweis über die Einhaltung der Sozialvorschriften durch das Öffnen des Kontrollgerätes nicht mehr gegeben ist und zu Punkt 8 der Strafverfügung vermeint, dass der Beginn der Benutzung des Schaublattes (Einlegezeitpunkt) am Schaublatt nicht eindeutig erkennbar ist, widerspricht sich der Sachverständige in seinem Gutachten dahingehend, wenn dieses im vierten Absatz ausweist, dass es sich um geringfügige Verstöße der Rechtsvorschrift (Formverstöße) handle. Auf die von Ihnen auf die Anzeige bezogenen Rechtfertigungen ergeht die Behörde nur insoweit ein, als diese auch als Tatbestände in der Strafverfügung ausgewiesen werden und der Sache dienen. So erweisen Sie sich diesbezüglich als geständig, wenn Sie selbst zugeben, die Eintragung des Entnahmedatums vom Schaublatt vom 10.08.2005 vergessen zu haben. Ferner ist festzustellen, dass Sie am ersten mit 10.08.2005 datierten Schaublatt ein falsches Einlegedatum eingetragen haben. Das Einlegedatum muss auf 09.08.2005 lauten. Zu Ihrer rechtlichen Beurteilung auf Seite drei vorletzter Absatz, dass Sie dem Beamten ein Organmandat anbieten, irren Sie. Das Organmandat ist eindeutig vom Beamten dem Beschuldigten anzubieten und nicht umgekehrt. Die Behörde kann auch Ihrer Ansicht, dass es sich bei den Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen um Nichtigkeiten handle, nicht folgen. Einem geprüften Kraftfahrzeuglenker kann wohl zugemutet werden, dass er auch ohne öffnen des Kontrollgerätes in der Lage ist, seine Lenkzeiten, Ruhezeiten und Pausenzeiten usw. auf andere Weise zu kontrollieren bzw. in der Lage ist, sich zu merken, wann er diese Zeiten zu absolvieren hat. Viel mehr gelangt die Behörde zur Ansicht, darauf weist auch das Sachverständigengutachten unter Punkt 8 hin, dass durch das Öffnen des Kontrollgerätes das Einlegedatum des Schaublattes nicht mehr kontrollierbar bzw. erschwert kontrollierbar ist. Dazu passend auch die Fehleintragungen oder die fehlenden Eintragungen bei dem Einlegen bzw. Entnehmen der Schaublätter. Dies alles zusammen erschwert die Kontrolle durch die Straßenaufsichtsorgane. Inwieweit diese Handlungsweisen ihrerseits System haben, vermag die Behörde nicht zu beurteilen und ist auch nicht Gegenstand des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens. Für eine Anwendung des § 52 a VStG liegen die Voraussetzungen nicht vor.

 

Nach erfolgter Beweiserhebung und der darüber ergangenen Beweiswürdigung kommt die Behörde zur Auffassung, dass Sie die Ihnen im Spruch angelasteten Verwaltungsübertretungen zu verantworten haben.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit grundsätzlich fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefährdung nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit Sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familien­verhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen. Die Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den im § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Da die Behörde nicht eindeutig beurteilen kann, ob Ihr Verhalten, welches zu den im Spruch Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen geführt haben, System hat, erkennt die Behörde, dass Sie diese Verwaltungsübertretungen in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen haben.

 

Die Tat schädigt im erheblichen Maß das Interesse der Straßenaufsichtsorgane, die zur Kontrolle der Einhaltung der EG-VO 3820/85 und 3821/85 berufen sind.

 

Erschwerungs- und Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

 

Zur Strafbemessung:

 

Im Hinblick darauf, dass sich aus dem Sachverständigengutachten ergibt, dass die Kraftfahrzeugkombination während des Öffnens des Kontrollgerätes nicht bewegt worden ist, hat die Behörde veranlasst, in den Punkten 1 bis einschließlich 6 den Strafbetrag auf 40 Euro zu reduzieren. Zudem ist während des laufenden Verfahrens eine Änderung der Strafnorm § 134 Abs. 1 KFG 1967 eingetreten, wodurch die zum ausgesprochenen Strafbetrag äquivalent auszusprechende Ersatzfreiheitsstrafe mit 8 Stunden pro Delikt festzusetzen war. Gleiches erfolgte auch bei den Punkten 6 bis einschließlich 8 der Strafverfügung. Bei der Strafbemessung wurde auch ein monatliches Einkommen von ca. 600 Euro, das Fehlen jeglichen für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren relevanten Vermögens und die Sorgepflicht für Ihre Gattin berücksichtigt.

 

Nach Abwägung der erschwerenden und mildernden Umstände sowie unter Berücksichtigung der aus dem Akt ersichtlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheint der Behörde der festgesetzte Strafbetrag als angemessen uns ausreichend ,eine entsprechende Präventionswirkung spürbar zu machen.

 

Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe bildet einen gleichwertigen Ersatz und genügt nach Ansicht der Behörde – im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe – Sie von künftigen Übertretungen eben so wirksam abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seinen fristgerecht erhobenen nachfolgenden Berufungsausführungen:

"Gegen das Straferkenntnis obige Gz. vom 14.12.2006 erhebe ich n offener Frist das Rechtsmittel

 

B E R U F U N G

 

und begründe diese wie folgt:

 

Wie schon in meinen Ausführungen vom 13. 8. 2006 angegeben verbleibe ich bei der Rechtsmeinung, daß das öffnen des Fahrtenschreibers keine Übertretung darstellt, das Zählen der Lenkzeit und der Lenkpausen meine gesetzlich übertragene Pflicht ist und daß die damit zusammenhängenden angeblichen Übertretungen nicht vorliegen. Es ist somit zu einem Verkennen der gesetzlichen Tatbestände durch die erkennende Behörde gekommen. Im Art. 15 Abs 2 der Verordnung EWG‑Nr. 3821/85 ist neben dem Satz der Entnahme nach dem Arbeitstag aber auch der Passus eingefügt,: es sei denn die Entnahme ist auf eine andere Weise zulässig". Dies ist im Gesetzestext nicht näher erläutert und kann daher von mir als Lenker nur so ausgelegt werden, daß ich als befugte Person meine Lenk‑ und Pausenzeiten immer mittels Auswertscheibe kontrollieren darf. Nähere Angaben werde ich der BH Freistadt nach Einholung von Rechtsmeinungen und Studium von Gesetzen in dieser Sache binnen 14 Tagen nachreichen.

 

Da mir die Behörde im Straferkenntnis von 14.11.2006 sehr genau vorgeworfen hat daß ich das Schaublatt aus dem Fahrtenschreiber entnommen habe- und das in der betreffenden Woche ca. 18 mal, darf ich Sie daran erinnern, daß dies keine Tatsache, sondern nur eine Vermutung sein kann. Sg. Herr G, sie waren während der Woche nicht bei mir im Lkw und auch der Beamte nicht. Es handelt sich also nur um eine Vermutung. Die Kontrolle der Lenk und Pausenzeiten dauert nur wenige Sekunden und kann in den meisten Fällen auch durch einen Blick festgestellt werden. Da wir sehr unterschiedliche Ladezeiten haben, wo wir 2 oder 3 mal zwischen der Ladestelle und der Waage hin und herfahren müssen, gibt es derart viele Steh- und Lenkzeiten, daß es unumgänglich ist, diese Zeiten mit der Auswertscheibe für Tachoscheiben zusammenzuzählen. Da die gleiche Scheibe nach dem Auswerten der Zeiten wieder eingelegt wird, ist dieser Tatbestand hier nicht zutreffend.

 

Eine genauere Rechtfertigung werde ich der Behörde wie angekündigt zukommen lassen.

 

Es bleibt Ihnen aber unbenommen, das Verfahren wegen seiner zahlreichen rechtswidrig vorgeworfenen Tatbestände aus eigenem Antrieb nach § 45 VStG einzustellen."

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des Berufungsvorbringens erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Der Amtssachverständige erörterte gegenüber der Berufungsbehörde am 16.1.2007 niederschriftlich das im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Gutachten.

Zur Berufungsverhandlung erschien der Berufungswerber letztlich unentschuldigt nicht und begründete dies zwei Tage zuvor mit einer Fahrt nach Italien. Der Vertreter nahm wegen dienstlicher Verhinderung an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

4.1. Unbestritten ist die mehrfache Öffnung des Kontrollgerätes. Ob dabei tatsächlich auch einzelne Schaublätter aus dem Gerät entnommen (d.h. vom Transportbolzen gezogen) wurden, konnte nicht nachgewiesen werden. Dafür ergaben sich laut Sachverständigem in keinem Punkt objektivierbare Anhaltspunkte. Die Öffnung erfolgte im Sinne der Verantwortung des Berufungswerbers, um sich jeweils von der Summe der aufgezeichneten Tageslenkzeiten und die Disposition der Lenkpausen  überzeugen zu können.

Selbst diesbezüglich ergibt sich jedoch laut plausibler Darlegung des Sachverständigen zumindest hinsichtlich des 2. Tatvorwurfes kein wirklich stichhaltiger Grund. Die Öffnung des Kontrollgerätes erfolgte nämlich am 9.8.2005 etwa erst nach einer fast einstündigen Lenkpause. Vorangegangen war dieser (unzulässigen) Öffnung des Kontrollgerätes bereits eine Lenkzeit von etwa vier Stunden mit nur zwei kurzzeitigen Fahrtunterbrechungen.

Der Sachverständige legte aber insbesondere die Wirkungsgleichheit zwischen bloßem Öffnen des Kontrollgerätes ohne gleichzeitiger Entnahme des Schaublattes logisch nachvollziehbar dar. Die Öffnung wird auf dem Schaublatt im Geschwindigkeitsaufzeichnungsbereich mit einem radial verlaufenden Strich dargestellt.

Demnach könnte lt. Sachverständigem, etwa nach Einlegen eines neuen Schaublattes und anschließender Rückstellung der Uhr auf den Zeitpunkt der Entnahme, zumindest eine zwischenzeitig erfolgende kontrollfreie Fahrt verschleiert werden. Auch dies scheint plausibel und nachvollziehbar, wobei natürlich nicht übersehen wird, dass sich bei aufwändiger Überprüfung der zurückgelegten Wegstrecken in Verbindung mit dem Kilometerstand sich auch eine solche Manipulation aufklären lassen müsste. Dem trat der Berufungswerber auch nicht mit seinem Schreiben vom 6.1.2007 an die Berufungsbehörde entgegen, wobei er darin noch eine Teilnahme an der Berufungsverhandlung und weitere inhaltliche Ausführungen ankündigte.

Dem Regelungszweck, wonach eine Entnahme des Schaublattes bzw. die Öffnung des Kontrollgerätes grundsätzlich erst am Ende der täglichen Arbeitszeit erfolgen darf, wird daher auch schon mit einer zwischenzeitigen bloßen Öffnung des Gerätes zuwider gehandelt. 

Diesbezüglich ist den detaillierten Ausführungen der Behörde erster Instanz vollinhaltlich zu folgen gewesen.

In den Punkten 1. bis 5. sind demnach die jeweiligen auf das jeweilige Schaublatt als Tateinheit reduzierten einzelnen Tathandlungen erwiesen, wenngleich dadurch inhaltliche Manipulationen der Aufzeichnungen offenbar tatsächlich nicht erfolgt sind, belegt jedoch letztlich alleine der durch dieses Verfahren entstandene zusätzliche Überprüfungsaufwand der Schaublätter die Zuwiderhandlung gegen das Schutzziel der zitierten Rechtsvorschriften.

Da nicht zuletzt eine solche "Öffnungspraxis" des Kontrollgerätes in der Transportbranche gänzlich unüblich scheint, weil offenbar auch andere Frächter ohne die Öffnung des Kontrollgerätes ihre Ruhezeiten zu disponieren in der Lage sind, vermag der Darstellung des Berufungswerbers eine wirklich gutgläubige Überzeugung von der Rechtmäßigkeit seines Tuns nicht zugedacht werden. Die Berufungsbehörde räumt jedoch ein, dass praktikable Überlegungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen sind.

Wenn im Punkt 6. das Datum durch unleserliche Schreibweise des Monats und im Punkt 7. und 8. dieses irrtümlich (im Monat) falsch bzw. nicht eingetragen wurde, ist dies vor dem Hintergrund des knapp gehaltenen Schreibbereiches, was insbesondere bei einer größeren Handschrift Probleme ergibt, tatsächlich als vernachlässigbares Versehen ohne wirkliche nachhaltige Folgen und insbesondere als  geringes Verschulden zu qualifizieren.

Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung, dessen Termin mit ihm im Rahmen eines ebenfalls hier anhängigen Verfahren (VwSen-161863) am 2. Jänner 2007 fernmündlich vorweg angekündigt wurde, unentschuldigt nicht teil. Er gab am 15.1.2007 um ca. 10.00 Uhr fernmündlich bekannt, dass er soeben im Lkw nach Italien unterwegs wäre und er daher nicht erscheinen könne. Er wurde ebenfalls über die Möglichkeit sich einer mit der Sache vertrauten Person als Vertreter zu bedienen informiert. Ebenfalls wurde ihm diesbezüglich die Rechtslage hinsichtlich der Säumnisfolgen dargelegt. 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Wie schon die Behörde erster Instanz zutreffend ausführte, begeht nach § 134 Abs.1 erster Satz KFG eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 2.180,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer (unter anderem) der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S. 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 4322/2004, ABl. Nr. L 71 vom 10. März 2004, zuwiderhandelt.

Nach Art. 15 Abs.2 der genannten Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

Wenn jedoch alleine die Öffnung des Kontrollgerätes in seiner Wirkung und im Schutzziel mit der Entnahme des Schaublattes gleichzusetzen ist, muss in einer über dem reinen Wortlaut hinausgehenden teleologischen Gesetzesauslegung auch schon die Öffnung des Kontrollgerätes vom Verbot umfasst gelten. Eine zusätzliche Entnahme lässt sich ohne Verfügbarkeit eines allenfalls neu eingelegten Schaublattes nicht feststellen, sodass die Öffnung mit der Entnahme rechtlich gleichzusetzen ist.

Der § 15 Abs.5 lit.b dieser VO lautet:

"Der Fahrer hat auf dem Schaublatt folgende Angaben einzutragen:

a) ……. b) bei Beginn und am Ende der Benutzung des Blattes: den Zeitpunkt und den Ort;

Es finden somit die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 – unmittelbar – Anwendung; § 102 Abs.1 dritter Satz KFG 1967 wird insoweit in seiner Geltung verdrängt (vgl. zu dieser normativen Wirkung einer unmittelbar anwendbaren, denselben Gegenstand wie eine österreichische Rechtsvorschrift regelnden Norm des Gemeinschaftsrechts Thun-Hohenstein/Cede, Europarecht2, 89).

 

5.1. Das von der Behörde erster Instanz eingeholte Gutachten der Verkehrstechnik spricht in den Punkten 1. bis 5. jeweils von einer  nur wenige Minuten währenden Öffnung des Kontrollgerätes. Durch dieses Öffnen ist jedoch ein Nachweis bzw. eine Überprüfung über die Einhaltung der Sozialvorschriften (Lenk- u. Ruhezeiten) nur mehr erschwert möglich, weil dadurch eine allfällige Manipulation zumindest auf den ersten Blick verschleiert wäre. Da hier das Fahrzeug während des geöffneten Gerätes jedoch nicht bewegt wurde und diese Öffnung vom Berufungswerber als Unternehmer selbst vorgenommen wurde, wurde damit wohl weniger die Einhaltung von Sozialvorschriften, sondern vielmehr die Kontrollmöglichkeit über die Einhaltung der Ruhezeiten und Lenkzeiten zumindest erschwert.

 

5.2. Die Spruchänderung diente der Anpassung des Tatvorwurfes auf das Ergebnis des im Rahmen des Berufungsverfahrens konkret nachweisbaren Tatverhaltens (§ 44a Abs.1 VStG)

 

6. Zur Strafzumessung:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 – 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Gemäß Art. 132 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens eine Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem Ermessen (Strafzumessung) im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu unter vielen VwGH v. 25. März 1980, [verst. Senat] Slg. Nr. 10.077/A).

Bei der erstinstanzlichen Strafbemessung wurde in den Punkten 1. bis 5. sehr maßvoll vorgegangen und mit der Tatschuld angemessenen Strafe vorgegangen. Zutreffend wurde für jedes von einer unerlaubten Öffnung betroffenen Schaublatts eine gesonderte Strafe ausgesprochen. Der Überprüfbarkeit der Lenkzeiten kommt mit Blick auf die Verkehrssicherheit ein hoher Stellenwert zu und eine Zuwiderhandlung ist mit Blick auf den nunmehr 5.000 Euro reichenden Strafrahmen  nur durch die Verhängung einer Geldstrafe ausreichend zu ahnden.

Mit den ausgesprochenen Geldstrafen soll dem Berufungswerber der  Unrechtsgehalt, seines laut seinem vorgelblichen Rechtsempfinden bislang offenbar  nicht bekannten sachgerechten Umganges mit dem Kontrollgerät, bewusst gemacht und er von weiteren unerlaubten Öffnungen dieses Gerätes vor dem Ende seiner Tageslenkzeit abgehalten werden.

Wie die Behörde erster Instanz von einem bloßen Monatseinkommen des Berufungswerbers von nur "ca 600 Euro" ausgehen konnte, lässt sich aus dem Verfahrensakt nicht nachvollziehen. Dieses würde dennoch unter dem sogenannten Existenzminimum liegen.

 

6.2. Hinsichtlich der Punkte 5. bis 8. kann unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen der § 21 Abs.1 VStG zur Anwendung gebracht werden. Dies ist – unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – möglich, wenn  das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

Ein solcher Mangel bei den Eintragungen im Schaublatt kann jedem Lenker einmal unterlaufen, insbesondere wenn dieser eine größere Handschrift hat.

Abschließend sei noch angemerkt, dass im Sinne der öffentlichen Bekenntnisse zu wirkungsorientiertem und ökonomischem Verwaltungshandeln, die selbst geringste Mängel mit offenbar viel Aufwand zur Anzeige bringt, mit Blick auf § 21 VStG betrachtet werden könnten. Immerhin wurde in der diesem Verfahren zu Grunde liegenden 14-seitigen "Gendis-Anzeige" nicht weniger als 20 Übertretungspunkte angeführt, wobei sich die überwiegende Anzahl offenbar als haltlos erwies.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 20.04.2007, Zl.: 2007/02/0102, 0103-3

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