Linz, 16.01.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau Mag. I P, vertreten durch P, T & T Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.12.2006, VerkR96-12144-2005, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
Die Berufungswerberin hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 45 Abs.1 Z2 erster Fall iVm § 9 Abs.1 und 2 VStG
§§ 64 und 65 VStG
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über die nunmehrige Berufungswerberin (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise bzw. zusammengefasst – wie folgt erlassen:
"Sie haben – wie anlässlich einer Lenker-, Fahrzeug- und Gefahrgutkontrolle am 20.12.2004 um 08.10 Uhr im Gemeindegebiet Bergland, auf der A 1, Strkm. 100,000 in Fahrtrichtung Wien, festgestellt wurde – als das gemäß § 9 VStG satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ des Absenders, Fa. R.W.A., (PLZ) T., R…straße Nr…, näher bezeichnete gefährliche Güter zur Beförderung übergeben,
wobei Sie es unterlassen haben, im Rahmen des § 7 Abs.1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) dem Beförderer die erforderlichen Angaben und Informationen zu liefern, da die schriftlichen Weisungen für näher bezeichnete gefährliche Güter nicht mitgeführt wurden.
Beförderer: Fa. L. R. KG in Z.
Beförderungseinheit: LKW, Kennzeichen: …
Anhänger, Kennzeichen: …
Lenker: W. H.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 7 Abs.1, § 7 Abs.3 Z2 iVm § 27 Abs.1 Z2 GGBG
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von 363 Euro
Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden
Gemäß § 27 Abs.1 Z2 GGBG
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
36,30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 399,30 Euro."
Gegen diesen Bescheid hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 02.01.2007 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Die Bw wurde als das gemäß § 9 VStG satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ des Absenders, Fa. R. W. A. AG bestraft.
Zum Tatzeitpunkt (= 20.12.2004) war die Bw – siehe Auszug aus dem Firmenbuch – Prokuristin der R. W. A. AG.
Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Unter den "zur Vertretung nach außen" Berufenen versteht man jene natürlichen Personen, welche eine Befugnis haben, für die juristische Person zu handeln; bei einer Aktiengesellschaft also die Vorstandsmitglieder;
VwGH vom 08.09.2004, 2002/03/0307.
Ein Prokurist besitzt zwar eine umfangreiche Vertretungsmacht, Organstellung kommt ihm jedoch nicht zu, weshalb er nicht zu den zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zählt;
VwGH vom 04.10.1996, 96/02/0274.
Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.
Die Erteilung der Prokura ist nicht gleichbedeutend mit der in § 9 Abs.2 VStG geregelten Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten;
VwGH vom 14.12.2004, 2002/05/0209.
Die Bw war – wie bereits dargelegt – zum Tatzeitpunkt Prokuristin, nicht jedoch Mitglied des Vorstandes der R. W. A. AG.
Dem Verfahrensakt ist nicht zu entnehmen, dass die Bw zur verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt worden wäre.
Die Bw ist bzw. war daher für die im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltene Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich.
Es war daher
- der Berufung stattzugeben
- das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben
- das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 erster Fall VStG einzustellen
- auszusprechen, dass die Bw weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat und
- spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten
Mag. Kofler
Beschlagwortung:
§ 9 VStG; AG; Vorstand; Prokurist