Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161891/2/Bi/Se

Linz, 01.02.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C Ö, B, vertreten durch RA Dr. R H S, B, vom 18. Dezember 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 15. Dezember 2006, VerkR96-1159-2006-Dg, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass der letzte Satz ("Bereits am 12. März 2004 wurden Sie wegen Lenkens ohne Lenkberechtigung betreten.") zu entfallen hat und die Strafnorm auf § 37 Abs.1 FSG abgeändert wird; die Geldstrafe wird auf 120 Euro und die Ersatzfrei­heitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt. 

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz ermäßigt sich auf 12 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 3 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.1 und 3 FSG und § 20 VStG eine Geldstrafe von 220 Euro (5 Tage EFS) verhängt, weil er am 23. Jänner 2005 um 14.10 Uhr den Pkw, im Gemeindegebiet von Marchtrenk auf der A25 bei Strkm 9.625 in Fahrtrichtung Linz gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei. Bereits am 12. März 2004 sei er wegen Lenkens ohne Lenkberechtigung betreten worden.   

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 22 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw bestätigt, er sei im Besitz eines türkischen (und eines internationalen) Führerscheins und habe damit ein Fahrzeug in Österreich gelenkt, macht jedoch geltend, im Straferkenntnis werde eine Strafe nach § 37 Abs.1 und Abs.3 FSG verhängt, die Anwendung von § 37 Abs.3 FSG sei aber unrichtig. Die Verbotsnorm des § 23 Abs.1 FSG verweise ausschließlich auf § 37 Abs.1, nicht auf Abs.3 mit der darin vorgesehenen Mindeststrafe. § 37 Abs.3 beziehe sich ausschließlich auf § 1 Abs.3 FSG. Er habe aber nicht gegen § 1 Abs.3 verstoßen, sondern allenfalls gegen § 1 Abs.4 FSG, der als lex specialis Sonderbestimmungen hinsichtlich Zulässigkeit zu Nicht-EWR-Lenkberechtigungen enthalte. Die Strafe hätte daher nicht nach § 37 Abs.3 Z1 bemessen werden dürfen, sondern nach §§ 23 Abs.1 iVm 37 Abs.1 FSG, der eine wesentlich geringere Mindeststrafe vorsehe. Er sei im übrigen einsichtig und habe seit dem Vorfall kein Fahrzeug mehr mit dem türkischen Führerschein gelenkt. Die Verwaltungsübertretung gehe auf entweder unrichtig erteilte oder falsch verstandene Auskunft zurück. Den Schuldgehalt habe die Erstinstanz bereits festgestellt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw am 23. Jänner 2005, 14.10 Uhr, als Lenker des Pkw bei km 9.625 der A25 beim Parkplatz Traunau im Gemeindegebiet Marchtrenk, FR Linz, von einer Verkehrsstreife angehalten worden war, weil er nicht angegurtet gewesen sei. Er habe einen türkischen und einen internationalen Führer­schein vorgewiesen und angegeben, er sei schon 15 Jahre in Österreich. In seinem türkischen Reisepass sei eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung in Öster­reich aus dem Jahr 1998 eingetragen gewesen. Da er ohne gültige Lenkberechti­gung für die Klasse B unterwegs gewesen sei, sei ihm die Weiterfahrt untersagt worden und sein Bruder habe ihn abgeholt.

 

Bei der Amtshandlung am 15. Dezember 2006 vor der Erstinstanz gab er an, er habe eine für ihn vertrauenswürdige Auskunftsperson gefragt, die ihm offenbar eine falsche Auskunft gegeben habe oder er habe die Auskunft falsch verstanden bzw falsch ausgelegt. Bei der Erstinstanz sei ihm mittlerweile unmiss­verständlich klargelegt worden, dass sein in der Türkei erworbener Führerschein in Österreich keine Gültigkeit habe, und er sei dabei, eine österreichische Lenkberechti­gung zu erwerben.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen des Abs.5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht, ua wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, soweit sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, mit Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 37 Abs.3 Z1 FSG ist eine Mindeststrafe von 363 Euro zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs.3, sofern der Lenker überhaupt keine gültige Klasse von Lenkberechtigungen besitzt.

 

Der Bw hat ohne jeden Zweifel ein Kraftfahrzeug gelenkt, ohne im Besitz einer in Österreich gültigen Lenkberechtigung zu sein, was eine Übertretung nach § 1 Abs.3 FSG darstellt - § 1 Abs.4 beinhaltet keine Verhaltensvorschrift und ist daher keine übertretbare Norm im Sinne des § 44a Z1 VStG. Dem Bw wurde keine Lenkberech­ti­gung entzogen, sondern er ist im Besitz einer türkischen Lenkberechtigung, die in Österreich auf Grundlage der Bestimmungen des § 23 Abs.1 nicht mehr gültig ist. Er hätte daher bei seinem langjährigen Aufenthalt in Österreich längst eine österreichi­sche Lenkberechtigung erwerben müssen, was er auch schon einzusehen scheint.

 

§ 1 Abs.4 FSG bestimmt, dass das Lenken eines Kraft­fahrzeuges mit einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung nur im Rahmen des § 23 FSG zulässig ist. § 23 sieht für das Lenken mit einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung zunächst eine Frist von sechs Monaten seit Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich vor; eine Verlängerung dieser Frist um weitere sechs Monate unter bestimmten Voraussetzungen ist möglich. Diese Fristen hat der Bw längst überschritten, wenn er sich nach eigenen Aussagen bereits 15 Jahre in Österreich aufhält. Aus diesem Grund war die türkische Lenkberechtigung des Bw in Österreich nicht mehr gültig. Der letzte Satz des § 23 Abs.1 FSG ("Das Lenken von Kraftfahrzeugen nach Verstreichen der genannten Fristen stellt eine Übertretung nach § 37 Abs.1 dar.")  schließt die Anwendung des § 37 Abs.3 aus, dh das vom Bw unzweifelhaft – und unbestritten – verwirklichte Tatbild ist nach dem Strafrahmen des § 37 Abs.1 FSG zu beurteilen. Der Spruch des Straferkenntnisses war daher diesbezüglich gemäß § 44a Z3 VStG zu ändern. Außerdem ist die Feststellung, der Bw sei schon einmal aus dem gleichen Grund beanstandet worden, kein Tatbe­stands­merkmal im Hinblick auf § 1 Abs.3 FSG, sodass der in der zitierten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20. Jänner 2005 angeführte letzte Satz des Tatvorwurfs ("Bereits am 12.3.2004 wurden Sie wegen Lenkens ohne Lenkberechtigung betreten.") im Spruch gemäß § 44a Z1 VStG zu entfallen hatte. 

 

Bei der Strafbemessung ist somit von einem Strafrahmen von 36 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit von bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe auszugehen.

Der Bw hat keine einschlägige Vormerkung nach § 1 Abs.3 FSG. "Betretenwerden" ohne gültige Lenkberechtigung stellt keine Vormerkung dar, dh ein diesbezüglicher Erschwerungsgrund war nicht zu berücksichtigen. Der Bw ist, bezogen auf den Vorfallstag 23.1.2005, unbescholten, was als Milderungs­grund zu werten war. Dass er nun im Begriff ist, eine österreichische Lenkberechtigung zu erwerben, bedeutet die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes und ist als guter Wille zu sehen, aber nicht mildernd bei der Strafzu­messung.

Die nunmehr neu bemessene Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung – ob sich der Bw tatsächlich, wo, wann und bei wem auch immer, über sein Recht, in Österreich mit seiner türkischen Lenkberechtigung jahrelang ein Kraftfahrzeug zu lenken, erkundigt hat, bleibt dahingestellt, er hat nichts genaueres dazu ausgeführt; von einem die Schuld mindernden "Übersehen" von Fristen kann nach 15 Jahren keine Rede mehr sein – als auch den finanziellen Verhältnissen des Bw, wobei der Berufungsentscheidung wie im angefochtenen Straferkenntnis die Beschäftigung des Bw als Tischler mit entsprechendem Einkommen, die Sorgepflicht für vier Kinder und das Fehlen von Vermögen zugrundegelegt wurde. 

Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens – für eine Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG bleibt kein Spielraum – und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des Strafrahmens angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Bw hat türkische LB, die in Österreich ungültig ist, weil er schon 15 Jahre in Ö wohnt

strafbar nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 FSG - Strafherabsetzung

 

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