Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106432/8/Br/Bk

Linz, 13.07.1999

VwSen-106432/8/Br/Bk Linz, am 13. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Helmut N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22. März 1999, Zl. VerkR96-3646-1996-Ja, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, nach der am 13. Juli 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dessen Spruch im letzten Halbsatz zu lauten hat: .......,"wer das oben bezeichnete von Ihnen gehaltene Kraftfahrzeug am 13. Juli 1996 um 15.37 Uhr gelenkt hat."

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 300 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Halter und Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen der Bundesrepublik Deutschland, der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am Sitz 4240 Freistadt, Promenade 5, auf schriftliches Verlangen vom 10.10.1996, gl. Zahl, nachweisbar zugestellt am 17.10.1996, binnen zwei Wochen ab Zustellung, nämlich bis zum 31.10.1996, keine entsprechende Auskunft darüber erteilt habe, wer (Name und Anschrift) sein Kraftfahrzeug am 13.07.1996 um 15.37 Uhr gelenkt habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Nach § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der entsprechenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung) . Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach § 134 Abs.1 KEG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt.

Laut Anzeige des Landesgendarmeriekommandos f. Oö. Verkehrsabteilung vom 25.07.1996 ist der Lenker des Kraftfahrzeuges, Kennz. am 13.07.1996 um 15.37 Uhr auf der B 125 Prager Straße, Strkm 31,847, Gemeindegebiet Kefermarkt in Richtung Freistadt, bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 70 km/h eine Geschwindigkeit von 102 km/h gefahren. Die Geschwindigkeit, von der die Verkehrsfehlergrenze bereits abgezogen ist, wurde mit einem Radargerät gemessen. Eine Anfrage beim Kraftfahr-Bundesamt Flensburg hat ergeben, dass Sie Halter dieses Kraftfahrzeuges sind.

Mit Schreiben vom 10.10.1996, nachweisbar zugestellt am 17.10.1996, wurden Sie als Halter und damit Zulassungsbesitzer im Verwaltungsverfahren gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, der Bezirkshauptmannschaft Freistadt binnen zwei Wochen nach Zustellung darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 13.07.1996 um 15.37 Uhr gelenkt hat. Sie haben die verlangte Auskunft nicht erteilt, sondern beantragt, Ihnen Einblick in die amtlichen Ermittlungsakten zu gewähren und Ihnen jedenfalls das Beweismaterial über die Geschwindigkeitsmessung mittels Radargerätes zugänglich zu machen.

Mit der gegen Sie erlassenen Strafverfügung vom 04.02.-1997, der Kopien der Radarfotos beigeschlossen waren, wurde das Verwaltungsstrafverfahren wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung eingeleitet. Sie haben die Strafverfügung in offener Frist mit einem Einspruch bekämpft, worauf das ordentliche Verfahren eingeleitet wurde.

Im Zuge dieses Verfahrens wurden Sie mit Schriftsatz vom 20.02.1997, nachweisbar zugestellt am 04.03.1997, aufgefordert, sich zu der Ihnen im Spruch zur Last gelegten Tat zu rechtfertigen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntzugeben. Der Aufforderung waren Kopien der Anzeige, der Halterauskunft des Kraftfahrbundesamtes Flensburg und der Radarfotos beigeschlossen. Daraufhin haben Sie mit Schreiben vom 20.03.1997 mitgeteilt, dass Sie der Fahrzeuglenker gewesen seien. Zur vorgeworfenen Tat selbst haben Sie keine Rechtfertigung abgegeben, weshalb die Behörde, wie Ihnen in der Aufforderung ankündigt wurde, das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchführen kann.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht zweifelsfrei fest, dass Sie als Halter des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen der Bundesrepublik Deutschland Ihre Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 innerhalb der Ihnen eingeräumten Frist nicht nachgekommen sind. Sie haben daher die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Die Tat schädigte in erheblichem Maß das Interesse an der Ermittlung der in Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person. Deshalb ist auch der Unrechtsgehalt der Tat an sich - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gering.

Erschwerende Umstände sind nicht zutage getreten. Als Milderungsgrund wird die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet.

Was das Verschulden betrifft, kann dies nicht als geringfügig angesehen werden. Es liegt zumindest fahrlässiges Verhalten vor.

Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse für Zwecke der Strafbemessung trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben haben, geht die Behörde, wie Ihnen angekündigt wurde, davon aus, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein monatliches Einkommen von etwa S 20.000,-- beziehen.

Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Sie ist unter Bedachtnahme auf die angeführten Gründe angemessen und erforderlich, um Sie in Hinkunft von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wurde eine dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere des Verschuldens entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden."

2.1. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Er vermeint darin im Ergebnis, daß er nicht zur Mitwirkung an einem Verfahren verhalten werden könnte, in welchem er selbst Beschuldigter ist. Er beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und wendet Verjährung ein.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich angesichts des spezifischen Berufungsvorbringens zur Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte als geboten (§ 51e Abs.1 VStG). An der Berufungsverhandlung nahmen zwei Vertreter der belangten Behörde teil, während der Berufungswerber und die Berufungswerberin - im parallel geführten Verfahren VwSen-106431/1/Br - mit einem Schreiben vom 7. Juli 1999 ihre Nichtteilnahme mit der großen Anreiseentfernung begründeten.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der laut Mitteilung des Kraftfahrbundesamtes (Flensburg) vom 21. 8. 1996 vom Berufungswerber in Gemeinschaft mit der Ehegattin Helene N gehaltene Pkw war am 13. Juli 1996 um 15.37 Uhr in Österreich, auf der B125, StrKm. 31,847, in Richtung Freistadt in Verwendung. Dabei wurde offenbar vom Berufungswerber als Lenker dieses Fahrzeuges eine straßenverkehrsrechtliche Vorschrift verletzt.

Nachfolgend wurde in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 10. Oktober 1996 an ihn (und seine Gattin) ein Auskunftsverlangen über den Fahrzeuglenker zur fraglichen Zeit gestellt. Diese Aufforderung wurde ihm laut Rückschein am 17. Oktober 1996 zugestellt und blieb vorerst unbeantwortet.

Das Schreiben, mit welchem das Auskunftsbegehren gestellt wurde, enthielt auch einen konkreten Hinweis auf die Strafbarkeit einer nicht fristgerechten Auskunftserteilung.

In der Folge wurde gegen den Berufungswerber mit der Strafverfügung vom 4. Februar 1997 wegen der Auskunftsverweigerung eine Geldstrafe im hier verfahrensgegenständlichen Ausmaß verhängt. Dagegen erhob er durch den zwischenzeitig ausgewiesenen Rechtsvertreter mit einem Schreiben vom 11. Februar 1997 Einspruch, welchem jedoch keinerlei Begründung angeschlossen wurde.

Erst anläßlich des im Wege der zuständigen Behörde in Deutschland gestellten Rechtshilfeersuchens, welchem (mangels Verfolgung des Geschwindigkeitsdeliktes in überflüssiger Weise) auch das Radarfoto übermittelt wurde, teilte der Berufungswerber mit einem Schreiben an die Erstbehörde vom 20. März 1997 mit, daß er der Lenker zur fraglichen Zeit gewesen wäre.

Zu bemerken ist jedoch in diesem Zusammenhang, daß sich aus dem Radarbild weder ein Hinweis auf die Identität des Lenkers noch aus der mitabgebildeten Landschaft ein Ortsbezug herstellen läßt. Eine Identifizierungsmöglichkeit des Lenkers zum Zeitpunkt der das h. Verfahren auslösenden Geschwindigkeitsüberschreitung muß aus diesem Foto ausgeschlossen werden.

4.1.1. Wenn nun der Berufungswerber in seinem Schreiben vom 7. Juli 1999 unter Hinweis auf die Ausführungen in der Berufung auf das Fotomaterial verweist, wonach es ihm vor Zusendung dieses Materials nicht möglich gewesen wäre die geforderte Auskunft zu erteilen, so kann dem nicht gefolgt werden.

Wie oben bereits festgestellt kann aus diesem Material kein wie immer gearteter Hinweis auf die Identität des Lenkers noch ein Rückschluß auf eine spezifische Örtlichkeit hergestellt werden. Zutreffend verwies darauf auch die Erstbehörde anläßlich der Berufungsverhandlung. Daher muß auch dem Berufungswerber - so wie seiner sich inhaltsgleich verantwortenden Ehefrau - bereits zum Zeitpunkt der Anfrage vom 10. Oktober 1996 - ihm laut Rückschein am 17. Oktober 1996 zugestellt - der Umstand seiner Lenkeigenschaft bekannt gewesen sein. Warum er schließlich erst am 20. März 1997 in diesen Kenntnisstand gelangt sein sollte ist nicht nachvollziehbar. Aus seinen schriftlichen Vorbringen lassen sich ebenfalls keine Ansätze für eine plausible Erklärung dieser Darstellung finden.

Somit hat auch der Berufungswerber nicht glaubhaft zu machen vermocht, daß ihn an der Begehung dieser Verwaltungsübertretung - der Verweigerung der Lenkerauskunft - ein Verschulden nicht trifft. Ein fehlendes Verschulden hätte jedoch ohne dieser Mitteilung vom 20. März 1997 allenfalls glaubhaft sein können, weil einem deutschen Staatsbürger das Institut der sogenannten Lenkerauskunft nicht bereits apriori evident sein muß. Daher wäre denkbar, daß in der gegenständlichen Konstellation, wo im Zuge einer sich in der Lenkeigenschaft abwechselnden Urlaubsfahrt durchaus im nachhinein nur schwer beantwortbar sein könnte. Dabei wäre ein Verschulden nicht zwingend anzunehmen, wenn Monate später tatsächlich nicht mehr gesagt werden könnte wer das eigene Fahrzeug an einem spezifischen Ort im Ausland gelenkt hat. Indem sich der Berufungswerber letztlich mehr als ein halbes Jahr später noch als Lenker zu benennen vermochte, muß hier angesichts des Hinweises auf die Strafbarkeit einer ursprünglichen Auskunftsverweigerung an sich von einem schuldhaften und bewußten Verschweigen dieser (von der Behörde begehrten) Information ausgegangen werden.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

5.1.1. Der Oö. Verwaltungssenat übersieht nicht, daß der deutschen Rechtsordnung eine hier vergleichbare Verpflichtung fremd ist und dort ein solche Verpflichtung als grundrechtswidrig erachtet und dem entgegenstehende österreichische Strafaussprüche in Deutschland deshalb auch häufig nicht vollstreckt werden. Hier gilt es jedoch österreichisches Recht anzuwenden.

5.1.2. Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art. 6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor und bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den dadurch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses [VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.]. Da jedoch im Stadium der Lenkererhebung durch die Namhaftmachung eines Lenkers eine unmittelbare "Selbstbeschuldigung" bzw. die "Auslieferung" einer nahe stehenden Person in ein Strafverfahren nicht erfolgt und jedenfalls damit ein allenfalls nachfolgendes Strafverfahren gegen die namhaft gemachte Person nicht präjudiziert wird, scheinen keine zwingenden Gegensätze zu Grundsätzen der EMRK gegeben. Ein Widerspruch zur EMRK ist im Lichte des VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 aus innerstaatlicher Sicht zumindest vordergründig nicht zu erblicken (vgl. hiezu insb. jüngst VwGH 12.4.1999, 97/17/0334-13). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191). Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in seiner Rechtsprechung an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch Ausländer) einbezogen werden können (vgl. auch VwGH 28.2.1997, 96/02/0508). Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben - nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER - zum Tatbestand gehörende - ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - anders als in früherer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) - nicht der Ort an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern - als Tatort gilt - der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156). Die vom Berufungswerber durch die nicht fristgerechte Auskunftserteilung geübte Verweigerung ist daher als im Inland begangen zu erachten. Im Lichte der auf den Tatort bezogen geänderten Rechtsprechung liegt daher nunmehr die hier zum Vorwurf gemachte Tat nicht (mehr) außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österreichischen Verwaltungsstrafrechtes, weil eben der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied ob die geschuldete Handlung hier vom Ausland zu initialisieren gewesen wäre oder dies bei einem österreichischen Zulassungsbesitzer in aller Regel vom Inland aus geschieht.

5.1.3. Sollte sich der Berufungswerber - was er zumindest andeutet - an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht gebunden erachtet haben und sich auf "allgemein verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmung außerhalb des Hoheitsgebietes von Österreich" und sich damit auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip) berufen wollen, müßte er auch mit einer derartigen rechtlichen Erwägung ein Erfolg versagt bleiben. Der staatliche Gebotsbereich erstreckt sich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen, sofern sich deren Handeln gegen ein inländisches Rechtsgut richtet (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung seines Kraftfahrzeuges im Bundesgebiet der Republik Österreich und die aus dieser Verwendung des Kraftfahrzeuges - hier ausgelöst durch eine damit einhergehende Normverletzung mit diesem Kraftfahrzeug - und den damit begründeten Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung heranzuziehen (vgl. etwa VwGH 11.5.1993, Zl.90/08/0095). Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung erfordert - wie im Ergebnis schon dargelegt - einerseits die obzitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G 72/88), andererseits impliziert das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates begründete Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates einen ausreichenden inländischen Anknüpfungsgrund. Die Einbeziehung auch ausländischer Fahrzeugverantwortlicher (Fahrzeughalter) in dem vom § 103 Abs.2 KFG erfaßten Regelungsinhalt ist hier als Ausübung der staatlichen Souveränität in Form der Berufung auf das völkerrechtlich anerkannte Schutzprinzip begründet. Im übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl. EGMR v. 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr.23 der Spruchbeilage).

5.2. Ebenfalls kann sich der Berufungswerber angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe schon in der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

5.3. Auch der erhobene Verjährungseinwand geht ins Leere. Einerseits wurde mit der Strafverfügung nach § 31 Abs.1 VStG eine innerhalb sechs Monaten fristgerechte und nach § 32 Abs.2 leg.cit. taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Erst drei Jahren nach der Begehung der Übertretung darf ein Straferkenntnis (erstinstanzliche Entscheidung) nicht mehr gefällt werden (§ 31 Abs.3 VStG). Es trifft jedoch zu, daß hier - wie der Berufungswerber zutreffend aufzeigt - der Akt längere Zeit nicht bewegt wurde.

5.4. Die Abänderung des Spruches diente der Präzisierung der Tatumschreibung im Sinne des § 44a VStG.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe in der Höhe von 1.500 S, selbst bei bloß durchschnittlichem Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers und des Strafmilderungsgrundes seiner Unbescholtenheit, durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes liegt. Die Erstbehörde schätzte das Monatseinkommen auf knapp unter 2.000 DM. Dem wurde vom Berufungswerber nicht widersprochen. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt einer derartigen Übertretung als nicht bloß geringfügig zu erachten. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein Fahrzeuglenker, welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Dies hat auch für nicht österreichische Staatsbürger zu gelten. Auf den bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmen ist an dieser Stelle noch hinzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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