Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161785/6/Zo/Jo

Linz, 06.02.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A G, geboren , W, vom 16.11.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24.10.2006, VerkR96-2953-2006, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25.01.2007 zu Recht erkannt:

 

 

         I.      Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

       II.      Die verhängte Geldstrafe wird auf 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) herabgesetzt.

 

      III.      Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 5 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. u. II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wirft dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vor, dass er am 26.06.2006 um 06.29 Uhr als Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen in Ottensheim auf der B127 bei km 12,400 die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 9 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bringt der Berufungswerber vor, dass die Fahrzeuge auf dem ersten Fahrstreifen die Sicht auf den zweiten Fahrstreifen und damit auch auf die links davon gelegene Sperrlinie behindern. Die Angabe des Zeugen, wonach sich die Fahrzeuge in Schrittgeschwindigkeit bewegt hätten und die Abstände zwischen den Fahrzeugen groß genug gewesen seien, um die Sperrlinie zu sehen, sei falsch. An einem Montag Morgen herrscht regelmäßig in diesem Bereich Stau, weshalb sich die Fahrzeuge nicht in Schrittgeschwindigkeit bewegten sondern mit wenig Abstand dicht hintereinander standen. Die auf dem rechten Fahrstreifen vorbeifahrenden Fahrzeuge hätten die Sicht auf die Sperrlinie noch zusätzlich erschwert. Der Polizist habe daher die Sperrlinie gar nicht sehen können. Er habe sich offensichtlich auf Fahrzeuge konzentriert, welche vom linken auf den rechten Fahrstreifen wechselten und dabei die Sperrlinie überfahren haben. Es sei jedenfalls möglich, mit einem Motorrad an der Fahrzeugkolonne vorbeizufahren, ohne dabei die Sperrlinie zu überfahren. Dies sei vor Ort leicht nachprüfbar.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25.01.2007 an Ort und Stelle. An dieser haben der Berufungswerber und ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen und es wurde der Meldungsleger AI A als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungsweber lenkte zur Vorfallszeit sein Motorrad auf der B127 in Fahrtrichtung Linz. Im Bereich der Kreuzung der B131 mit der B127 bildet sich regelmäßig ein größerer Verkehrsstau, wobei die Situation damals so war, dass eben von der B131 kommend ein eigener Fahrstreifen für die Einfahrt in die B127 vorhanden ist (dieser ist im Tonbandprotokoll als Beschleunigungsstreifen der B131 bezeichnet). Dieser Fahrstreifen ist durch eine Sperrlinie vom Fahrstreifen der B127 getrennt. Zwischen dem Fahrstreifen der B127 in Fahrtrichtung Linz und dem Fahrstreifen für den Gegenverkehr befindet sich ebenfalls eine Sperrlinie. Der Fahrstreifen der B127 hat eine Breite von 3,4 m.

 

Der Zeuge A stand im Bereich von Strkm. 12,4 rechts neben der Fahrbahn und beobachtete den ankommenden Verkehr. Auf dem Fahrstreifen der B127 war ein Stau, während auf dem Beschleunigungsstreifen der B131 wesentlich weniger Verkehr war. Es sind deshalb immer wieder Fahrzeuge vom Fahrstreifen der B127 nach rechts auf diesen Beschleunigungsstreifen ausgewichen und haben dabei die Sperrlinie überfahren. Dies war der eigentliche Grund für die Verkehrsüberwachung. Der Zeuge führte auch aus, dass ihm bekannt war, dass immer wieder Motorradfahrer links an der Kolonne vorbeifahren und dabei die Sperrlinie überfahren. Auch diese wurden bei derartigen Kontrollen immer wieder bestraft.

 

Der Berufungswerber näherte sich mit seinem Motorrad dem Standort des Polizisten an, wobei er eben links an der entweder stehenden oder in Schrittgeschwindigkeit fahrenden Kolonne vorbeigefahren ist. Der Zeuge nahm dies wahr, wobei er den Motorradfahrer deshalb sehen konnte, weil dieser höher ist als Pkw`s bzw. weil zwischen den Pkw`s kleine Lücken waren. Der Zeuge behauptete dazu, dass er in diesen kleinen Lücken auch die Sperrlinie erkennen und dabei sehen konnte, dass der Motorradfahrer links von der Sperrlinie gefahren ist. Kurz bevor er auf seiner Höhe war, gab er dem Berufungswerber ein Anhaltezeichen und dieser ist dann stehen geblieben.

 

Der Berufungswerber führte dazu aus, dass er links an der Pkw-Kolonne vorbeigefahren ist, wobei er dabei aber die Sperrlinie nicht überfahren muss. Wenn ausnahmsweise ein Fahrzeug weiter links fährt, so ist ihm das Vorbeifahren nicht möglich, das gelte auch für einen Lkw. Bezüglich der Seitenabstände gab der Berufungswerber an, dass er normalerweise mit dem Motorrad einen Seitenabstand von ca. einem Meter einhalte, wenn – so wie hier – die Kolonne steht oder nur sehr langsam fährt, verringert er diesen Seitenabstand möglicherweise. Den Breitenbedarf seines Motorrades gab er mit ca. einem Meter an. Auch der Berufungswerber hatte Sichtkontakt zum Polizisten, wobei er nicht gleich aufgrund des Anhaltezeichens stehen bleiben konnte, sondern erst ein kurzes Stück später, weil er ja zwischen den stehenden Fahrzeugen nach rechts durchfahren musste.

 

Zur Frage, ob der Berufungswerber beim Vorbeifahren an der Pkw-Kolonne die Sperrlinie überfahren hat, wird in freier Beweiswürdigung Folgendes festgehalten:

 

Die vom Berufungswerber selbst angegebenen Platzverhältnisse sprechen dafür, dass er die Sperrlinie überfahren hat. Wenn man die Breite der Pkw-Kolonne mit 1,8 m annimmt und berücksichtigt, dass diese sicherlich nicht unmittelbar an der rechten Sperrlinie gefahren ist, weil dazu überhaupt kein Anlass bestand, sondern zumindest einen üblichen Seitenabstand von 0,3 bis 0,5 m eingehalten hat und den Breitenbedarf des Berufungswerbers mit 1 m sowie den von ihm eingehaltenen Seitenabstand mit mindestens 0,5 m dazurechnet (der Berufungswerber gab ohnedies einen Seitenabstand von ca. 1 m an) so ergibt sich bereits daraus ein Breitenbedarf von ca. 3,6 bis 3,8 m. Der Fahrstreifen hat jedoch nur eine Breite von 3,4 m, sodass der Berufungswerber die Sperrlinie bereits rein rechnerisch zumindest mit einem Teil seines Motorrades überragen musste. Auch die Aussage des Berufungswerbers, dass er bei Gegenverkehr nicht an der Kolonne vorbeigefahren ist, lässt den Schluss zu, dass dem Berufungswerber durchaus bewusst war, dass er mit seinem Fahrmanöver in den Verkehrsraum des Gegenverkehrs kommt.

 

Wesentlich ist, dass auch bei stehenden bzw. in Schrittgeschwindigkeit fahrenden Kolonnen zwischen den einzelnen Fahrzeugen zumindest geringfügige Tiefenabstände vorhanden sein müssen. Das zuständige Mitglied des UVS hat sich an einer sehr verkehrsreichen Kreuzung in Linz persönlich davon überzeugt, dass selbst durch zwei Fahrzeugkolonnen hindurch beim Anfahren der Fahrzeuge immer wieder Tiefenabstände entstehen, welche ausreichend groß sind, um die Sperrlinie sehen zu können. Die Behauptung des Zeugen A, dass er die Sperrlinie tatsächlich sehen konnte und auch wahrgenommen hat, dass der Berufungswerber diese überfahren hat, ist daher zumindest für den Bereich kurz vor seinem Standort bis kurz nach diesem objektiv nachvollziehbar. Auch der Berufungswerber räumte dies bei der Verhandlung letztlich ein und er konnte – wenn auch erst nach dem Standort des Polizisten – in einer Lücke durch die Kolonne durchfahren und so zum rechten Fahrbahnrand zufahren. Eine derart große Lücke ist aber jedenfalls auch ausreichend, um zwischen den Fahrzeugen hindurch die Sperrlinie zu sehen. Wenn eine derartige Lücke nach den Angaben des Berufungswerbers kurz nach dem Standort des Polizisten vorhanden war, so ist durchaus denkbar, dass es annähernd gleiche Lücken auch kurz vor seinem Standort gegeben hat und er damit die Sperrlinie tatsächlich einsehen konnte.

 

Es darf auch nicht übersehen werden, dass der Berufungswerber dem Zeugen bis zu dieser Amtshandlung unbekannt war und der Zeuge keinerlei Grund hatte, den Berufungswerber wahrheitswidrig zu belasten. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist es daher als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber die Sperrlinie tatsächlich überfahren hat.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien nicht überfahren, Sperrflächen nicht befahren werden.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber die Sperrlinie tatsächlich überfahren hat. Er hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber die Sperrlinie zwar nicht bewusst überfahren hat, er aber beim Vorbeifahren an der Fahrzeugkolonne doch mit dieser Möglichkeit rechnen musste. Es ist ihm damit fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, wobei das Verfahren auch keine Hinweise ergeben hat, welche sein Verschulden ausschließen würden.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Für die gegenständliche Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 die Höchststrafe 726 Euro. Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Die Übertretung hat auch keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen, die mögliche Verärgerung der in der Pkw-Kolonne stehenden Fahrzeuglenker darüber, dass jemand mit dem Motorrad schneller vorankommt, bildet jedenfalls keinen Straferschwerungsgrund.

 

Unter Berücksichtigung der von der Erstinstanz geschätzten persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, welchen dieser nicht widersprochen hat, erscheint auch die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe ausreichend, um ihn in der Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten. Eine noch weitere Herabsetzung war jedoch aus generalpräventiven Überlegungen nicht möglich.

 

 


Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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