Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251319/11/Lg/RSt

Linz, 08.01.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des R A, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. A M, J, 40 L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 24. Jänner 2006, Zl. SV96-69-2005, betreffend die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Dezember 2005, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt (§§ 66 Abs.4, 71 AVG iVm § 24 VStG).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 25.10.2005, Zl. SV96-69-2005 wurde der Bw wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslBG) bestraft. Dieses Straferkenntnis wurde laut Rückschein beim zuständigen Postamt hinterlegt und ab dem 31.10.2005 zur Abholung bereitgehalten. Mit Telefax vom 16.11.2005 erhob der Bw, rechtsfreundlich vertreten, gegen dieses Straferkenntnis Berufung. Die Berufung wurde samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 28.11.2005 wurde der Bw darauf hingewiesen, dass die mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist, berechnet ab dem 31.10.2005, am 14.11.2005 geendet hatte, sodass, sofern nicht Ortsabwesenheit glaubhaft gemacht wird (§ 17 Abs.3 ZustG) die Berufung als verspätet anzusehen sei ("Verspätungsvorhalt"). Daraufhin stellte der Bw mit Schriftsatz vom 13.12.2005, unter nochmaliger Beifügung der Berufung, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Dieser Antrag wird wie folgt begründet: "Der Einschreiter war durch ein unvorhersehbares, unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung dahingehend verhindert, als dass er aufgrund des Feiertages irrig der Meinung war, dass die Zustellfrist erst mit 02.11.2005, sohin mit dem Tag der Abholung, beginne. Aus diesem Grund teilte der Einschreiter auch seinem rechtsfreundlichen Vertreter mit, dass er das Schriftstück erst an diesem Tag bekommen hätte. Dies wurde auch auf ausdrückliche Nachfrage durch die erfahrene Sekretärin telefonisch mitgeteilt und ging sohin der rechtsfreundliche Vertreter gemäß dieser Auskunft vom Fristende 16.11.2005 aus und brachte sohin aus Sicht des Rechtsvertreters fristgerecht die Berufung ein... Gemäß ständiger Judikatur wird ein leichtes Verschulden des Fristversäumers akzeptiert. In diesem konkreten Fall ist durch die Hinterlegung vor einem Feiertag und der spätere Erhalt des Briefes für den rechtsunkundigen noch dazu ausländischen Staatsbürger hier sicherlich von einer leichten Selbstverschuldung auszugehen, die sicherlich noch im Rahmen des entschuldbaren liegt." Ergänzend wird ausgeführt, der Rechtsvertreter des Bw habe bereits am 14.11.2005 "das Schriftstück" verfasst, aber mit der Absendung bis zum Fristende zugewartet. "Hätte der Rechtsvertreter geahnt oder ahnen dürfen oder müssen, dass die Frist bereits am 14.11.2005 geendet hätte, so wäre es kein Problem gewesen die Berufung bereits am 14.11.2005 abzuschicken, da diese bereits... fertig war."

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, die Behörde könne der Behauptung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht folgen, da es Sache des Beschuldigten sei, die Rechtsvertretung über den Zustellvorgang zu informieren, bzw. liege es in der Hand des Rechtsvertreters Erkundigungen über den Zustellvorgang einzuholen. Im Übrigen könne davon ausgegangen werden, dass gerade bei einer berufsmäßigen Parteienvertretung auch die Angestellten ausreichende Kenntnis über die Regelungen des Fristenlaufes hätten.

 

2. Dagegen richtet sich die gegenständliche Berufung, die wie folgt begründet wird: Der Bw habe sich bereits bisher damit verantwortet, "dass aufgrund der Feiertagssituation der Einschreiter zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Frist erst mit dem nächsten Werktag beginnt und sohin zwei Tage später als rechtlich richtig. Dieser Umstand wurde auch vom Rechtsvertreter nach eindeutigem und ausdrücklichem Nachfragen beibehalten und so ging der rechtsfreundliche Vertreter auch vom Fristbeginn 02.11.2005 aus, da eine andere Überprüfung bei ausdrücklichem Nachfragen nicht angebracht und tunlich erscheint. Es liegt hier definitiv ein Verschulden des Einschreiters vor, allerdings ist das Verschulden durch leichte Fahrlässigkeit hier geprägt und erscheint es in Anbetracht der Gesamtumstände als rechtsrichtig dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben und die Berufung zu akzeptieren."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im gegenständlichen Verfahren ist fraglich, ob dem Bw hinsichtlich der (unstrittig vorliegenden) Fristversäumnis bei der Erhebung der Berufung gegen den Strafbescheid ein über das Ausmaß des minderen Grades des Versehens hinausreichendes Verschulden trifft (§ 71 Abs.1 Z.1 AVG).

 

Der Bw macht zwei Gründe geltend, warum aus seiner Sicht ein bloß minderer Grad des Versehens vorliegt:

 

(1) Er habe sich im Irrtum über den Beginn des Fristenlaufes befunden. Dies deshalb, weil er davon ausgegangen sei, dass "aufgrund des Feiertages die Frist erst mit dem nächsten Werktag beginnt" (so der Wiedereinsetzungsantrag i.V.m. der Berufung gegen den Abweisungsbescheid).

 

(2) Der Bw habe (so der Wiedereinsetzungsantrag) dem rechtsfreundlichen Vertreter mitgeteilt, dass er "das Schriftstück erst an diesem Tag bekommen hätte." Dies sei auf ausdrückliche Nachfrage durch die erfahrene Sekretärin telefonisch mitgeteilt worden. In der Berufung gegen den Abweisungsbescheid heißt es hingegen: "Dieser Umstand" (als Bezugspunkt kommt nach dem Zusammenhang nur die irrtümliche Rechtsauffassung des Bw in Betracht) sei "auch dem Rechtsvertreter... gegenüber beibehalten worden" sodass auch dieser von einem Fristbeginn am 2.11.2005 ausgegangen sei.

 

Zu (1) ist zu bemerken, dass in der Rechtsmittelbelehrung des gegenständlichen Straferkenntnisses ausdrücklich festgehalten ist, dass das Datum der Zustellung für den Beginn des Fristenlaufes maßgeblich ist. Als Zustellung gilt grundsätzlich das Datum der Hinterlegung bzw. der Bereithaltung zur Abholung (§ 17 Abs.3 ZustG). Der Ort der Hinterlegung bzw. Beginn und Dauer der Abholfrist sind auf der Verständigung anzugeben (§ 17 Abs.2 ZustG). Auf dem Formular "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstücks" gemäß der ZustellformularV findet sich der Hinweis, dass die Hinterlegung grundsätzlich als Zustellung gilt und die Gefahr der Fristversäumnis besteht. Ein Fehler bei der Verständigung wurde nicht geltend gemacht, sodass (auch im Hinblick auf die Beurkundung im Rückschein und auf die unstrittige Behebung am 2.11.2005) von einer korrekten Verständigung auszugehen ist.

 

In Anbetracht dieser Umstände ist die irrtümliche Auffassung, dass der Fristenlauf zu einem späteren Zeitpunkt als dem gesetzlich vorgesehenen (und in der Rechtsmittelbelehrung des in Rede stehenden Strafbescheides festgehaltenen: "Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von 2 Wochen nach seiner Zustellung... eine Berufung einzubringen...") beginnt, auch einem "Rechtsunkundigen" vorwerfbar ist und zwar in dem Sinn, dass kein bloß minderer Grad des Verschuldens vorliegt. Dies gilt umso mehr, als die Meinung, dass ein nach dem Datum der Hinterlegung liegender Feiertag den Fristenlauf hemmt, in keiner Weise durch ein "natürliches Rechtsempfinden" u. dgl. begründbar wäre. Dazu kommt, dass in Anbetracht der Bedeutung der Rechtsmittelfristen jede Partei eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft (VwGH 19.12.1996, Zl. 95/11/0187) was insbesondere für den Bw als einen am Geschäftsleben Teilnehmenden (laut Spruch des angefochtenen Strafbescheides ist dieser persönlich haftender Gesellschafter der D A KEG) gilt. Dies würde auch bei – ohnehin nicht behaupteten – Sprachschwierigkeiten gelten (VwGH 7.8.2001, Zl. 98/18/0086). An der angesprochenen Sorgfaltspflicht ändert die im Wiedereinsetzungsantrag bezogene ausländische Staatsbürgerschaft nichts.

 

Zu (2) ist zu bemerken, dass es zum Pflichtenkreis eines Rechtsanwalts gehört, Vorsorge für die Rechtzeitigkeit der Berufung zu treffen. Dazu gehört auch die gesicherte Feststellung des Beginns des Fristenlaufs. Dies hat durch Einsicht in vorhandene schriftliche Unterlagen (insbesondere durch Einforderung der "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstücks") und (bzw.: oder, falls dieses Schriftstück nicht mehr verfügbar ist) durch hinlänglich präzises Befragen des Bws zu erfolgen. Die gegenständliche Berufung unterlässt es, den Wortlaut der Auskunft des Bws (bzw. der vorangehenden Frage an diesen) wiederzugeben. Die Berufung ist, im Gegenteil, in diesem entscheidenden Punkt, geradezu als diffus zu bezeichnen. Zieht man zur Interpretation den Wiedereinsetzungsantrag heran, so ist damit wenig gewonnen: Dort ist davon die Rede, der Bw habe mitgeteilt, dass er am 2.11.2005 "das Schriftstück bekommen hätte". Der Begriff "bekommen" entspricht nicht der Terminologie des ZustG. Gemeint ist offenbar (wie sich aus dem Zusammenhang des Wiedereinsetzungsantrags ergibt) das Datum der Behebung des Straferkenntnisses durch den Bw. Dass dieses Datum nicht für den Beginn des Fristenlaufs maßgeblich ist, muss für den Rechtsvertreter des Bws offenkundig sein. Sollte der Vertreter des Bws meinen, dass im Wort "bekommen" die Information über das Zustelldatum im Sinne des ZustG enthalten gewesen sei, so stellt gerade dies – im Hinblick auf den rechtsfremden Wortgebrauch – einen schwerwiegenden Mangel hinsichtlich der in Rede stehenden Erkundigungspflicht im Verhältnis zu seinem Mandanten dar. Kurz gesagt: Es wäre dem Vertreter des Bws oblegen, sich genau zu erkundigen, was der Bw mit dem von ihm verwendeten Ausdruck "bekommen" gemeint hatte. Die Zwischenschaltung der erfahrenen Sekretärin ändert daran nichts, da nicht behauptet wurde, diese hätte die Information des Bw falsch weitergeleitet.

 

Zusammenfassend zeigt sich, dass sowohl auf der Seite des Bw, als auch auf der Seite seines Rechtsvertreters die Grenze des minderen Grades des Versehens überschritten wurde. Für den Bw mag bis zu einem gewissen Grad entlastend wirken, dass er sich eines Rechtsanwaltes bediente. Dies ändert aber nichts am Ergebnis, da sich der Bw das Verschulden des Rechtsanwaltes zurechnen lassen muss.

 

Da, entgegen der Rechtsauffassung des Vertreters des Bws, kein minderer Grad des Versehens vorliegt und somit die Voraussetzungen des § 71 Abs.1 Z.1 AVG nicht gegeben sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass an der Sachverhaltsdarstellung des (Vertreters des) Bw schon deshalb große Zweifel bestehen, weil er bei beiden bestraften Geschäftsführern (VwSen-251318: D M und VwSen-251319: A R) identische Situationen behauptet. Es ist aber unwahrscheinlich, dass beide Bw unabhängig von einander von derselben irrigen Rechtsauffassung ausgingen und die Sekretärin des rechtsfreundlichen Vertreters dieselbe Mitteilung machten. Es ist daher zusätzlich zu den genannten Gründen davon auszugehen, dass es dem Bw nicht gelungen ist, die faktischen Umstände einer Verhinderung glaubhaft zu machen (§ 71 Abs.1 Z 1 AVG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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