Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550324/4/Wim/Rd/Be

Linz, 12.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der M P GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte S S A vom 1.3.2007  auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im  Vergabeverfahren der Oö. G- und S AG betreffend das Vorhaben "Zu- und Umbau 2. Etappe LKH Rohrbach, Portalschlosser II – Radiologie", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Oö. G- und S AG die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 5. Mai 2007, untersagt.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit Eingabe vom 1.3.2007, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 5.3.2007, hat die Metallwerkstätten P GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens sowie einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von fünf Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Weiters wurde die Rückerstattung der Pauschalgebühren begehrt.

Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass im Zuge des Neu- bzw Umbaus des LKH Rohrbach die Auftraggeberin die Portalschlosserarbeiten II - Radiologie ausge­schrieben und sich hiezu als vergebende Stelle der M Architekten Ziviltechniker GmbH, Wien, bedient habe. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein Angebot gelegt. Anlässlich der Angebotsöffnung am 18.1.2007 habe sich herausgestellt, dass lediglich zwei Angebote gelegt worden seien, und zwar zum einen von Leopold O mit einem Gesamtpreis von 324.840 Euro und zum anderen von der Antragstellerin mit einem Gesamtpreis von 314.486 Euro. Am 15.2.2007 sei der Antragstellerin bekannt gegeben worden, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden gewesen  und beabsichtigt sei, dem Angebot der Firma M O den Zuschlag erteilen zu wollen. Als Ende der Stillhaltefrist sei der 30.2.2007 angeführt worden. Über Nachfrage bezüglich der eigenartigen Fristsetzung, sei nunmehr das Ende der Stillhaltefrist korrigiert und mit 2.3.2007 festgelegt worden.

 

Beim gegenständlichen Auftrag handle es sich laut Ausschreibungsunterlagen um einen Lieferauftrag im nicht offenen Verfahren gemäß BVergG 2006. In den Ausschreibungsunterlagen sei nicht angeführt, ob es sich um einen Auftrag im Ober- oder im Unterschwellenbereich handle. Telefonische Anfragen im Archtiketurbüro M hätten ergeben, dass es sich um einen Auftrag im Unterschwellenbereich handle.

Ungeklärt erscheine daher, ob es sich gegenständlich um einen Lieferauftrag oder etwa um einen Bauauftrag handle. Wäre es ein Bauauftrag, so würde dieser eindeutig im Unterschwellenbereich anzusiedeln sein; ein Lieferauftrag wäre jedoch im Oberschwellenbereich gelegen.

Aufgrund der Unzulänglichkeit der Ausschreibungsunterlagen sei daher schon diese grundsätzliche Frage nicht eindeutig zu beantworten.

 

Die Antragstellerin sei mit Schreiben vom 15.2.2007 über die Zuschlagsentscheidung informiert worden, weshalb der gegenständliche Nachprüfungsantrag fristgerecht eingebracht worden sei.

 

Die Antragstellerin bekämpfe die Entscheidung der Auftraggeberin, das Angebot der Antragstellerin aufgrund von Widersprüchen mit den Ausschreibungsunterlagen auszuscheiden, sowie darüber hinaus die Entscheidung, dem Angebot der Firma M O den Zuschlag erteilen zu wollen.

 

Die Ausschreibung widerspreche in wesentlichen Punkten zentralen Bestimmungen des BVergG, sodass diese beiden Entscheidungen aus nachstehenden Gründen rechtswidrig seien:

 

Gemäß § 80 BVergG 2006 sei in den Ausschreibungsunterlagen zunächst der Auftraggeber bzw die vergebende Stelle genau zu bezeichnen sowie anzugeben, ob die Vergabe nach den Bestimmungen für den Ober- oder Unterschwellenbereich erfolge.

Der Ausschreibungsunterlage fehle die Adresse und könne daher von keiner genauen Bezeichnung des Auftraggebers bzw der vergebenden Stelle gesprochen werden. Zudem fehle jegliche Angabe zur Festlegung, ob die Bestimmungen für den Ober- oder für den Unterschwellenbereich zur Anwendung gelangen. Auch sei in Zweifel zu ziehen, ob die Anführung, es handle sich um einen Lieferauftrag, der Richtigkeit entspreche, zumal gegenständlich ein Bauvorhaben durchgeführt werde, ausgeschrieben sei die Produktion, Anlieferung und Montage von Portalschlosserwerkstücken.

 

Darüber hinaus sei in der Ausschreibung der Ablauf der Zuschlagsfrist mit 18.1.2007, 24.00 Uhr angegeben worden; die Zuschlagsentscheidung sei tatsächlich – gehe man von der Benachrichtigung der Antragstellerin aus – am 15.2.2007 gefällt worden. Es sei daher die vorgegebene Zuschlagsfrist um ca. vier Wochen überschritten worden.

Die Entscheidung sei im Übrigen erst getroffen worden, nachdem seitens der Antragstellerin einige Male telefonisch urgiert worden sei.

 

Die Ausschreibung verstoße gegen die allgemeinen Grundsätze, die für derartige Ausschreibungen gemäß § 79 BVergG anzuwenden seien.

Demnach müssen Leistungen bzw Ausschreibungsunterlagen so ausgearbeitet sein, dass die Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt und die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken ermittelt werden könne.

Diesbezüglich sei zu berücksichtigen, dass die Ausschreibungsunterlagen einerseits mit sich selbst – im Text –  in Widerspruch stehen, andererseits aber auch der Text der Ausschreibung mit denjenigen Plänen in Widerspruch stehe, die einen Bestandteil der Ausschreibung bilden.

 

Unter den Pos. 31.60 01 A bis 31.60 01 N sei in der Ausschreibung angeführt, dass diese Positionen in der Qualität G30/F30 auszuführen sind.

Unter G30 sei zu verstehen, dass das Bauteil einer Beschlagung durch Rauch 30 Minuten lang widerstehen müsse. Unter F30 (oder auch T30 - T30 und F30 sind ident) verstehe man, dass das Bauteil 30 Minuten lang direkte Bearbeitung von Feuer aushalten müsse. Zwischen G30 und F30 bestehe ein gravierender Qualitäts- und Preisunterschied.

In der Ausschreibung sei aber angeführt, dass die Qualität G30/T30 erreichen müsse, es sei aber nicht geklärt, ob nun das eine oder das andere verlangt werde.

Dazu komme, dass in jenen Plänen, die diese Positionen zeichnerisch darstellen, auch das Qualitätskriterium angeführt sei, wobei es sich hier stets bei den einzelnen Bauteilen der Vermerk finde, dass die Qualität G30 einzuhalten sei.

 

In der Position 31.60 14 seien zwei "DK" Fenster ausgeschrieben, für welche vorgeschrieben sei, dass das gesamte Element G30/F30 erfüllen müsse.

Ein Mechanismus, der in der Lage wäre, ein DK Fenster – es handle sich um ein Dreh-Kippfenster – in die Qualitätsebene T30 oder G30 zu versetzen, existiere nicht, da Derartiges noch nicht erfunden sei. Es sei ein technischer Umstand ausgeschrieben worden, der überhaupt nicht erfüllbar sei. Dieser Mangel betreffe im Übrigen den Großteil der ausgeschriebenen Elemente.

Wie sich aus der allgemeinen Beschreibung der Bauteile auf S.49 der Ausschreibung ergebe, bestehe beispielsweise das Element Alu-01 aus einem Dreh-Kippelement – gleiches gilt für das Element Alu-02 oder auch für die Elemente Alu-03 bis Alu-09 etc.

Soweit daher in weiterer Folge bei der Ausschreibung der einzelnen Bauteile stets nur jeweils das Element Alu-01 bis Alu-011 etc angeführt sei, sei zu berücksichtigen, dass alle diese einzelnen Alu-Elemente Dreh-Kippflügel beinhalten, für welche der Qualitätsstandard G30/F30 gefordert werde, was aber technisch unmöglich sei. Zudem sei in der Position 31.60 14 ausgeschrieben, dass alle Fixverglasungen aus zweimal Einscheibensicherheitsglas (ESG) auszuführen seien und das gesamte Element G30/F30 erreichen müsse. Zweimal ESG erfülle aber nicht die Qualitätskriterien von G30 oder T30 (bzw F30). Es müsse daher ausgeschrieben werden, dass die Scheiben bzw Verglasungen auszuführen seien in einmal ESG und einmal Pyrostop. Auch hier stehe die Ausschreibung mit sich selbst in Widerspruch.

 

Hinsichtlich Position 31.60 15 sei es aus rechtlichen Gründen unzulässig, Flügel mit Steckoliven zu verwenden. Darunter verstehe man, dass kein Fenstergriff vorhanden ist, um Unbefugten das Öffnen des Fensters zu erschweren. Ein derartiges Fenster könne aber jedoch mit einem einfachen Schraubenzieher oder einem sonstigen Primitivwerkzeug geöffnet werden.

 

Unter Position 31.60 00A sei ua vorgeschrieben, dass die Fensterkonstruktion an der Außenseite in der Farbe RAL7043 Pulver zu beschichten und an der Innenseite die Farbe RAL9016 zu verwenden sei.

Es sei technisch nicht möglich, ein und denselben Bauteil in zwei verschiedenen Farben Pulver zu beschichten. Eine Zweifärbigkeit derartiger Bauteile könne nur dadurch erreicht werden, dass zunächst der Bauteil in ein und derselben Farbe zur Gänze pulverbeschichtet, abgeklebt und ein Teil lackiert – aber nicht pulverbeschichtet – werde. Eine Pulverbeschichtung in zwei Farben sei technisch weltweit noch nicht erreicht worden.

 

Bei den Portalaußenseiten bzw den einzelnen Laibungsverblechungen würden überhaupt nähere Angaben fehlen. Es könne der Ausschreibung nicht entnommen werden, welche Maße bei den Laibungen zu berücksichtigen seien; dies habe jedoch einen wesentlichen Einfluss bei der Preisgestaltung.

 

Der Antragstellerin sei beim Studium der Ausschreibung die Unvollständigkeit bzw Widersprüchlichkeit der Ausschreibung aufgefallen. Diesbezüglich sei mit der vergebenden Stelle bzw mit dem Büro Weismann Architektur, Linz,  Rücksprache gehalten worden und sei man dahingehend übereingekommen, dass seitens der Antragstellerin ein abgeändertes Angebot abgegeben werde, in welchem die einzelnen Unklarheiten und Widersprüche behandelt werden. Vom Büro Weismann sei telefonisch zugesichert worden, dass den einzelnen Anbietern schriftlich mitgeteilt werde, dass die einzelnen widersprüchlichen Positionen eben in der einen oder anderen Weise anzubieten wären.

 

Aus diesem Grund habe die Antragstellerin ihrem Angebot das Begleitschreiben vom 17.1.2007 beigefügt, in welchem eben darauf hingewiesen werde, dass gewisse Positionen anders als in der Ausschreibung angeboten werden.

Die Abänderung des Angebots sei daher auf eine entsprechende telefonische Vereinbarung zwischen Ing. M einerseits und Ing. K von der M Architekten Ziviltechniker GmbH andererseits zurückzuführen.

 

Zur Verwunderung der Antragstellerin habe man aber diese telefonische Vereinbarung nicht zugehalten und lapidar mitgeteilt, dass das Angebot wegen Widerspruchs mit den Ausschreibungsbestimmungen ausgeschieden worden sei.

 

In rechtlicher Hinsicht sei anzuführen, dass das Vergabeverfahren gemäß § 138 BVergG zu widerrufen sei. Es zeige sich nämlich, dass die Ausschreibung derartige Widersprüchlichkeiten beinhalte, sodass bei deren Bekanntsein vor Durchführung der Ausschreibung eine wesentlich veränderte Ausschreibung durchgeführt worden wäre.

Schließlich beinhalte die Ausschreibung die Durchführung von technisch unmöglichen Werken. Es werde sohin eine vertragliche Situation produziert, die an Unklarheit kaum zu überbieten sei.

Das Vergabeverfahren sei gemäß § 139 BVergG zu widerrufen, zumal nach dem Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin nur ein Angebot verbleibe und für den Widerruf sachliche Gründe bestehen. 

 

Auch leide das Verfahren an einem Verstoß gegen § 126 BVergG. Es sei immer dann, wenn Unklarheiten bei einem Anbot vorhanden sind, vom Bieter schriftliche Aufklärung zu verlangen. Die Auftraggeberin habe es unterlassen, abzuklären, weshalb seitens der Antragstellerin in einem Begleitschreiben von den Bestimmungen der Ausschreibung abgewichen worden sei. Es hätte schon eine telefonische Rücksprache bei Ing. K genügt, um abzuklären, weshalb differenziert angeboten worden sei.

In weiterer Folge hätte die Auftraggeberin die Verpflichtung gehabt, schriftlich die näheren Umstände abzuklären und wäre auf diesem Wege ohne weiteres auf die Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten der Ausschreibung aufmerksam geworden.

 

Im Übrigen habe es die Auftraggeberin unterlassen, in der Zuschlagsentscheidung anzuführen, weshalb das Angebot der Firma O den Vorzug finde und welche Merkmale und Vorteile dieses  aufweise.

 

Die Antragstellerin verfüge über ein erhebliches Interesse am Abschluss des gegenständlichen Vertrages. Bei korrektem Verhalten der Auftraggeberin wäre der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen gewesen, zumal sie sowohl Billigst- als auch Bestbieterin sei. Im Übrigen liege das Angebot der Antragstellerin etwa 10.000 Euro unter jenem der Firma O M. Es sei daher ein erheblicher entgangener Gewinn zu berücksichtigen. Zudem würde der Antragstellerin der Verlust eines Referenzprojektes drohen und seien ihr Kosten für die Aufarbeitung der Ausschreibungsunterlagen sowie für die rechtliche Beratung erwachsen. Es liege daher ein erheblicher Schaden vor, der nur durch die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung verhindert werden könne.

 

Abschließend wurde zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausgeführt, dass nach Ablauf der Stillhaltefrist für die Auftraggeberin die Möglichkeit der Zuschlagserteilung bestehe, zumal dem Nachprüfungsantrag selbst keine aufschiebende Wirkung zukomme.

Daraus ergebe sich für die Antragstellerin eine unmittelbar drohende Schädigung ihrer Interessen, da eine bloße Feststellung einer fehlerhaften Zuschlagsentscheidung und allenfalls zustehender Schadenersatz jenen Schaden, der durch die Nichterteilung des Auftrages entstehe, nicht kompensieren könne.

Zudem stehe der einstweiligen Verfügung kein öffentliches Interesse entgegen und finde sich auch in den Ausschreibungsunterlagen kein Hinweis, dass mit dem Vorhaben nicht bis zum Ende des Nachprüfungsverfahrens zugewartet werden könne; dies bedeute, dass die einstweilige Aussetzung keine sonderliche Belastung darstellen würde. Auch liege keine Gefährdung anderer öffentlicher Interessen vor. Ganz im Gegenteil könne durch den Widerruf des Verfahrens die Ausschreibung insoweit präzisiert werden, dass unter Umständen gefährliche, jedenfalls aber technisch unmögliche oder zumindest unklare technische Ausführungen unterbleiben.   

 

 

2.1.   Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. G- und S AG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

Von dort wurde mit Stellungnahme vom 7.3.2007 ausgeführt, dass es sich um ein Verfahren im Unterschwellenbereich handle, was seitens der Antragstellerin auch im Schriftsatz vertreten werde. Die Antragstellerin sei mit Schreiben vom 15.2.2007 über die Zuschlagsentscheidung informiert worden und die Postaufgabe der Anträge sei daher verspätet gewesen. Es werde daher ersucht den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

 

2.2.   Die Antragstellerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs von der möglichen Verspätung ihrer Anträge vom Unabhängigen Verwaltungssenat informiert und hat dazu in einer Stellungnahme vom 09.03.2007 ausgeführt, dass sich ihre Ausführungen betreffend das Vorliegen eines Bauauftrages lediglich auf die Frage der Pauschalgebühren bezogen hätten und kein Präjudiz für die Frage der Qualifikation des Auftrages als Bau- oder Lieferauftrag darstellen würden. Tatsächlich handle es ich um einen Lieferauftrag wie dies auch in der Ausschreibung angeführt sei.

Hinsichtlich der Rechtsmittelfrist bzw. Antragsfrist sei der Auftraggeberin zumindest schlüssig eine 14-tägige Rechtsmittelfrist eingeräumt worden. Der Antrag sei innerhalb dieser 14-tägigen Rechtsmittelfrist eingebracht worden, sodass er als rechtzeitig zu gelten habe und zwar auch dann, falls tatsächlich eine 7-tägige Frist anzuwenden gewesen wäre.

Darüber hinaus wurde von der Antragstellerin ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt mit der Begründung, dass die Antragstellerin aus den gegebenen vorhin beschriebenen Umständen darauf vertrauen durfte, dass die Rechtsmittelfrist 14 Tage betrug, da die Antragstellerin darauf vertrauen durfte, dass die Ausführungen in der Ausschreibung der Richtigkeit entsprechen und nicht im Nachhinein der Auftrag rechtlich anders qualifiziert werde und hierauf eine Halbierung der Rechtsmittelfrist gestützt werde. Diese Halbierung der Rechtsmittelfrist sei bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht vorherzusehen gewesen. Das Ereignis sei auch unabwendbar, weil die vom UVS nunmehr vorgenommene andersartige Qualifikation des Auftrages von der Antragstellerin nicht beeinflusst werden könne. Es liege auch ein geringes bzw. mindergradiges Verschulden bzw. ein minderer Grad des Versehens vor, da auch bei gehöriger Aufmerksamkeit für die Antragstellerin keine Veranlassung bestand weitere Überprüfungen anzustellen, zumal auf die diesbezüglich eindeutigen Ausführungen abgeleitet aus der Stillhaltefrist einerseits und der Bezeichnung des Auftrages andererseits vertraut werden durfte. Ein Rechtsirrtum, sollte ein solcher vorliegen, sei durch die beschriebene Vorgangsweise der Auftraggeberin veranlasst. Der Wiedereinsetzungsantrag sei auch rechtzeitig, da das Hindernis erst mit Zustellung des Schreibens des UVS vom 08.03.2007 weggefallen sei, sodass erst damit die 14-tägige Antragsfrist für die Weidereinsetzung ausgelöst worden sei.

 

3.      Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.   Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die Oö. G- und S Ag ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.   Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.   Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte B E, Vergaberecht, L Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5.   In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren keine Stellungnahme abgegeben und daher konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Für die nunmehr vorliegenden Anträge einschließlich des Wiedereinsetzungs­antrages der Antragstellerin sind diffizile Sach- und vor allem Rechtsfragen in einem kontradiktorischen Verfahren zu klären, was bedingen würde, dass bei Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung die Auftraggeberin jederzeit den Zuschlag erteilen könnte.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Oö. Verwaltungssenat somit ausschließlich die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlagserteilung für zwei Monate, entgegen der im Antrag angeführten fünf Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

 

4.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr.  Wimmer

 

 

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