Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161849/7/Bi/Se

Linz, 19.02.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M R, L, vom 27. November 2006 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 13. November 2006, S-24.324/06-1, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 15. Februar 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der Schuldspruch des Straferkenntnisses bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 581 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Woche herabgesetzt werden. 

 

II.  Der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz ermäßigt sich auf 58,10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 20 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.162 Euro (16 Tagen EFS) verhängt, weil er am 5. Juli 2006, 16.00 Uhr, in Linz, Im Südpark, Kreuzung Pichlingerstraße bis Kreuzung Raffelstettner­straße (Haltestelle der Linz Linien), das Fahrrad gelenkt und sich um 16.45 Uhr an der o.a. Örtlichkeit geweigert habe, sich der Untersuchung der Atemluft auf Alkohol­gehalt (Alkomat) zu unterziehen, obwohl er von einem besonderes geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert worden sei, weil er verdächtig gewesen sei, das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: starker Alkoholgeruch der Atem­­­luft, gerötete Augenbindehäute) gelenkt zu haben.  

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 116,20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Februar 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw sowie der Zeugen Meldungsleger BI S R (Ml) und GI J G (Z) durchgeführt. Der Vertreter der Erst­instanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe den Vorfallstag am Pichlingersee verbracht und antialkoholische Getränke sowie lediglich kurz vor 16.00 Uhr eine Halbe Bier getrunken. Das beanstandete Verhalten seinerseits sei darauf zurückzu­führen, dass er häufig unter Psychosen leide, wegen der er sich auch in ärztlicher Behandlung befinde. Er habe an diesem Nachmittag an einer akuten Psychose gelitten und die Anhaltung durch den Meldungsleger nicht bewusst mitbekommen. Seine psychische Verfassung sei so gewesen, dass im strafrechtlichen Sinn keine Schuldfähigkeit vorgelegen habe und er den Unrechtsgehalt der Tat nicht erkennen habe können. Er beziehe lediglich eine Berufsunfähigkeitspension von 700 Euro monatlich. Die Geldstrafe sei nicht leistbar und würde eine soziale Härte darstellen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die oben angeführten Polizeibeamten unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die beiden Zeugen befanden sich am Nachmittag des 5. Juli 2006 auf Streife im Bereich Pichlingersee mit dem Auftrag Erhebungen wegen dort häufiger vorkommender Eigentumsdelikte durchzuführen. Im Zuge der Streife fiel ihnen gegen 16.00 Uhr der Bw auf, der auf dem Parkplatz Im Südpark, Kreuzung Pichlinger­straße, mit seinem Fahrrad herumfuhr. Kurz nach 16.30 Uhr stellten sie fest, dass der Bw mit dem Fahrrad in Richtung Kreuzung mit der Raffelstettnerstraße unterwegs war und bei der dortigen Bushaltestelle wurde eine Personenkontrolle durchgeführt, weil das Fahrrad des Bw neu aussah. Bei der Amtshandlung wurde festgestellt, dass das Fahrrad dem Bw gehörte und dieser Alkoholgeruch aus dem Mund aufwies, den er mit von ihm konsumierten zwei Radlerhalben erklärte. Daraufhin wurde er vom Ml zum Alkotest aufgefordert, der im Wachzimmer Solar-City durchgeführt hätte werden sollen. Der Bw verweigerte den Alkotest, indem er erklärte, solche Schikanen mache er nicht mit. Er wurde nach den Aussagen der beiden Zeugen auf die Strafbarkeit seines Verhaltens aufmerksam gemacht, blieb aber dabei, sodass ihm schließlich eine Anzeige wegen Verweigerung des Alkotests angekündigt wurde. Das Fahrrad wurde als Zwangsmaßnahme von den Zeugen zum Wachzimmer mitgenommen und vom Bw am nächsten Tag abgeholt.

Der Bw gab im Rahmen der Berufungsverhandlung an, er habe sehr wohl mitbekommen, dass die Beamten ihn zum Alkotest aufgefordert hatten, habe aber nicht mitkommen wollen, weil es an diesem Tag 35 Grad gehabt habe und unerträglich heiß gewesen sei. An die Begründung der Alkotestaufforderung konnte er sich nicht erinnern, wohl aber, dass die Zeugen sein Fahrrad zum Wachzimmer mitgenommen hatten.

Beide Zeugen erklärten, dass der Bw nach ihrem Eindruck die Amtshandlung als solche sehr wohl mitbekommen und als solche verstanden habe, weil er mit den Fragen übereinstimmende Antworten gegeben habe. Der Zeuge sagte aus, ihm sei der Bw alkohol- oder auch möglicherweise medikamentenbeeinträchtigt erschienen; beide bezeichneten den Zustand des Bw als doch etwas stärker alkoholisiert.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 2.Satz StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigen Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Der Bw hat nach den Aussagen der beiden Zeugen vor 16.30 Uhr ein Fahrrad gelenkt, wobei aber aus der Entfernung gesehen keinerlei Hinweis auf irgendeine Beeinträchtigung vorlag. Kurz nach 16.30 Uhr wurde der Bw bei der Haltestelle der Linz Linien an der Kreuzung Im Südpark/Raffelstettnerstraße im Rahmen einer Personenkontrolle angehalten. Auch wenn der Bw tatsächlich sein Fahrrad vom genannten Parkplatz bis zur Haltestelle geschoben hat und ihn die Zeugen nicht direkt beim Lenken beobachtet haben, ist der Verdacht des Lenkens des Fahrrades bis zur Haltestelle nicht von der Hand zu weisen.

 

Schon der Verdacht des Lenkens eines Fahrzeuges in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand reicht für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zum Alkotest aus, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 5 Abs.2 StVO gegeben sind, selbst wenn im weiteren Verfahren der Nachweis erbracht wird, dass das Fahrzeug tatsächlich nicht gelenkt wurde (vgl VwGH 23.2.1996, 95/02/0567; 30.9.1998, 98/02/0246; 29.4.2003, 2002/02/0042; 20.4.2004, 2001/02/0099; uva)

 

Beim Bw, bei dem nach den Zeugenaussagen nur die Identität festgestellt werden sollte, fiel den Zeugen Alkoholgeruch in der Atemluft auf, die der Bw auch damit erklärte, er habe am Nachmittag am Pichlingersee zwei Radlerhalbe getrunken - eine Radlerhalbe besteht üblicherweise aus zumindest einem Viertel Liter Bier. Auf dieser Grundlage war von einem tatsächlichen Alkoholkonsum des Bw und somit von der Vermutung, er könnte sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, auszugehen (vgl VwGH 24.2.1993, 91/03/0343), die den Ml, der im übrigen für solche Amtshand­lungen besonders geschult und von der Behörde ermächtigt ist, berechtigte, den Bw zum Alkotest aufzufordern. Da die Beamten kein Atemluft­alkoholmessgerät mit­führten, war auch die Aufforderung berechtigt, den Bw ins nächstgelegene Wach­zimmer Solar-City mitzunehmen.

 

Der Bw hat dieser Aufforderung, wie er selbst bestätigt hat, keine Folge geleistet, obwohl er realisiert hatte, dass die Beamten mit ihm einen Alkotest durchführen wollten, und er hat seine Weigerung, diesen durchzuführen, damit begründet, es sei unerträglich heiß gewesen.

Es mag sein, dass bei 35 Grad wenig Bereitschaft besteht, sich aus dem Schatten einer Bushaltestelle wegzubewegen, was allerdings nichts daran ändert, dass der Bw die Folgen seiner Weigerung selbst zu verantworten hat. Daran, dass die Auf­forderung zum Alkotest ernst gemeint war, bestand kein Zweifel und hat der Bw das auch nicht anders aufgefasst, auch wenn er seinen Alkoholkonsum (möglicher­­weise zurecht) nur als gering einstufte. Die einzige Möglichkeit der Feststellung des Ausmaßes einer eventuellen Alkoholbeeinträchtigung bildet die tatsächliche Durch­führung einer Atemluftuntersuchung. Der Bw wäre demnach verpflichtet gewesen, sich einer solchen zu unterziehen, zumal ihn die Beamten noch dazu über die Strafbarkeit seines Verhaltens als Konsequenz seiner Weigerung aufgeklärt haben.  

 

Im Hinblick auf die vom Bw in der Berufung angeführte Schuldunfähigkeit ist auszuführen, dass laut Erkundigung des erkennenden Mitgliedes schon vor der Anberaumung der Berufungsverhandlung beim zuständigen Gericht der Bw nicht unter Sachwalterschaft steht. Die bloße Behauptung einer zu einem bestimmten Zeitpunkt bestanden habenden Schuldunfähigkeit wegen ärztlich behandelter Psychosen ohne Vorlage oder Geltendmachung entsprechender Beweismittel vermag die in der mündlichen Verhandlung hervorgekommenen Beweis­ergebnisse, wonach der Bw in der Lage war, der Amtshandlung gedanklich zu folgen und auch er selbst als Grund für die Alkotestverweigerung nur die Hitze bestätigt hat, nicht zu widerlegen.

 

Aus all diesen Überlegungen war davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung eines im Sinne des § 5 Abs.1 VStG (gänzlich) mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 von 1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe und für den Fall der Uneinbringlich­keit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Der Bw ist 1963 geboren, war damnach zum Zeitpunkt der Übertretung kein Jugendlicher mehr. Er ist aber verwaltungsstrafrechtlich gänzlich unbescholten, hat (wenn überhaupt) ein Fahrrad gelenkt, bei dem die katastrophalen Unfallfolgen, die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses als Begründung für den (unbestritten) hohen Unrechtsgehalt einer Alkoholübertretung angeführt werden, eher den Radfahrer treffen, der demnach einen Großteil des Risikos selbst trägt, und ist auch nicht wegen einer augen­scheinlich bestehenden Alkoholisierung oder wegen einer auf eine solche zurück­zuführenden haarsträubenden Fahrweise aufgefallen, sondern nur wegen der Feststellung seiner Identität und Überprüfung des Fahrrades aus ganz anderen Überlegungen, die letztlich für ihn nicht zutrafen, angehalten worden. Aus diesem Grund  war vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 VStG, dh von einem Strafrahmen von 581 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit von einer bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, auszu­gehen, wobei die volle Ausschöpfung des Strafrahmens nach unten, dh die Herabsetzung auf die niedrigst­mögliche Strafe, gerechtfertigt war. Dabei war auch noch zu bedenken, dass die finanziellen Verhältnisse des Bw nicht als günstig anzusehen sind. Es steht ihm daher frei, bei der Erstinstanz als Voll­streckungsbehörde um Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenbeitrag ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Verdacht des fahren eines Fahrrads, unbescholten => Anwendung des § 20 VStG gerechtfertigt

 

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