Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150511/15/Lg/Hue

Linz, 15.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 8. Februar 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des L S (vormals H), 10 W, E, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E P, Dr. W P und Dr. T F, 10 W, N, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. August 2006, Zl. BauR96-479-2004/Stu, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen W zu vertreten habe, dass er am 28. Mai 2004 um 8.56 Uhr die mautpflichtige A bei Höhe km ca. 17, Raststation A in Fahrtrichtung S benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben.

 

2. In der Berufung wird die vorgeworfene Verwaltungsübertretung bestritten. Am Kfz sei zur Tatzeit eine gültige Vignette angebracht gewesen. Entgegen der ursprünglichen Annahme des Bw habe er die Vignette auch nicht über ein Zeitschriftenabo erstanden sondern tatsächlich bereits Weihnachten 2003 von seinem Vater geschenkt erhalten und umgehend auf dem Auto angebracht. Beantragt werde die Einvernahme von drei namentlich genannten Zeugen. Herr R D sei zum fraglichen Zeitpunkt mit dem Bw auf Urlaub gewesen und ihm sei nicht aufgefallen, dass ein Strafmandat (gemeint wohl: Ersatzmautangebot) am Kfz angebracht gewesen sei bzw. die Vignette auf der Windschutzscheibe gefehlt hätte.

 

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Ö/A vom 19. Juli 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei die Gültigkeit der angebrachten Vignette abgelaufen gewesen. Gem. § 19 Abs. 3 BStMG sei am Kfz ein Ersatzmautangebot hinterlassen worden, diesem Angebot sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 27. August 2004 brachte der Bw vor, dass er vom Tatbestand nichts wisse, da er kein Strafmandat o.ä. am Kfz vorgefunden habe, und eine gültige Jahresvignette aufgeklebt gehabt habe. Überdies sei die verhängte Strafe überhöht.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der A vom 18. August 2005 ist eine Wiedergabe der Rechtslage und der Angaben der Anzeige zu entnehmen. Als Beilage ist eine Kopie des Ersatzmautangebotes angeschlossen.

 

Darauf legte der Bw am 18. August 2005 seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse dar, bestritt die Tat und ergänzte, dass er mittels Zeugen und dem Kaufbeleg der Vignette belegen hätte könne, dass er zur Tatzeit über eine gültige Vignette verfügt habe. Allerdings erschien die Angelegenheit nach über einem Jahr für abgeschlossen.

 

Einer weiteren Stellungnahme des Bw vom 20. Oktober 2005 ist zu entnehmen, dass er die Jahresvignette 2004 gemeinsam mit einem Abo einer Zeitschrift erstanden habe. Dies könne die Frau des Bw bestätigen. Die Rechnung als Abo-Bestätigung sei nach fast zwei Jahren nicht mehr auffindbar gewesen. Zwischenzeitlich sei das gegenständliche Kfz verkauft worden. Der neue Eigentümer habe ein Foto geschickt, auf dem die Vignette zwar erkennbar sei aber keine Beweiskraft besitze. Der Bw werde versuchen, selbst ein Foto anzufertigen und der Behörde zukommen zu lassen. Als Beilage ist ein sehr dunkler Fotoausdruck in Schwarzweiß angeschlossen, auf dem ein Teil einer Windschutzscheibe eines Kfz mit einer Jahresvignette für das Jahr 2004 (sehr undeutlich) erkennbar ist.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung. 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass auf dem im Akt befindlichen Handy-Foto die Vignette und auch das Kfz sehr schlecht erkennbar sei. Der Bw erhalte die Mautvignette entweder als Weihnachtsgeschenk von seinem Vater oder über ein Zeitschriftenabo. Die gegenständliche Vignette für das Jahr 2004 sei dem Bw von seinem Vater geschenkt und vom Bw auf das Kfz aufgeklebt worden. Der Bw benutze ständig die Autobahn zwischen Y und W, auf der S, wo die A ständig Kontrollen durchführe, sowie für Fahrten zu Sporturlauben. Daher sei sich der Bw sicher, dass eine gültige Mautvignette am Kfz angebracht gewesen sei. Da das Ersatzmautangebot nicht vorgefunden worden sei, habe die Strafverfügung den Bw sehr erschreckt. Von der Autobahngendarmerie habe der Bw erfahren, dass diese für diese Angelegenheit nicht zuständig sei. Der Bw habe auf dem Kfz sämtliche – auch abgelaufene und ausländische – Vignetten kleben lassen. Daher könne der Eindruck für das Mautaufsichtsorgan verwirrend gewesen sein und er habe die gültige Vignette übersehen. Nach dem gegenständlichen Vorfall seien die abgelaufenen Vignetten entfernt worden, weshalb diese auch auf dem vorliegenden Foto nicht mehr zu sehen seien.

 

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger sagte aus, dass er sich aufgrund der zwischenzeitlich langen verflossenen Zeit an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern könne. Damals seien noch keine Fotoaufnahmen gemacht worden, was sich zwischenzeitlich geändert habe. Kontrollen würden routinemäßig nach dem Vier-Augen-Prinzip durchgeführt. Bei abgelaufenen Vignetten schreibe der Zeuge meistens auch die Vignettennummer in die Anzeige. Wenn tatsächlich mehrere Vignetten auf der Windschutzscheibe gewesen seien, so sei dies unzulässig. Es würden in so einem Fall alle Vignetten angesehen. Aufgrund der beruflichen Tätigkeit könnten die Kontrollorgane ohne Weiteres den Unterschied zwischen den Vignetten unterschiedlicher Jahrgänge bzw. unterschiedlicher Gültigkeitsdauer auf einen Blick erkennen. Dem gehe ja auch eine Schulung voraus. Dem Zeugen als auch seinem Kollegen wäre demnach eine gültige Jahresvignette für das Jahr 2004 nicht entgangen. Allerdings seien die Kontrollorgane auch nur Menschen und keine Maschine. Daher sei hypothetisch nicht auszuschließen, dass man sich einmal "verschaut" habe. Es könne auch in seltenen Ausnahmefällen sein, dass das Vier-Augen-Prinzip durchbrochen werde. Dies sei zwar ungewöhnlich, aber in Ausnahmefällen nicht auszuschließen. Da sich im Akt ein Ersatzmautangebot befinde, sei sich der Meldungsleger sicher, dieses auch am Kfz hinterlassen zu haben. Auf dem im Akt befindlichen Foto sei eine Jahresvignette für das Jahr 2004 erkennbar.

 

Der Vater des Bw, H H, sagte zeugenschaftlich aus, dass er dem Bw während der Dauer seines Studiums bis 2006 jedes Mal zu Weihnachten eine Jahresvignette geschenkt habe; so auch für das Jahr 2004. Ob der Bw die Vignette auch aufgeklebt habe, sei nicht bekannt.

 

Der Zeuge R D sagte aus, dass der Bw das Kfz bei der gegenständlichen Raststätte abgestellt habe, um gemeinsam im Auto des Zeugen an den Gardasee zu fahren. Nach einigen Tagen sei man zurückgekehrt. Dass etwas hinter dem Scheibenwischer des Autos des Bw gewesen sei, sei nicht aufgefallen. Da der Zeuge bei diesem Auto gestanden sei und mit dem Bw gesprochen habe, wäre ihm aufgefallen, falls am Scheibenwischer etwas angebracht gewesen wäre. Ob allerdings eine Vignette angebracht gewesen sei, sei nicht bekannt.

 

Die Gattin des Bw, C S, sagte zeugenschaftlich aus, dass sie häufig mit dem Bw in dessen Auto mitgefahren sei. Die Zeugin gehe davon aus, dass auf dem Kfz eine gültige Vignette aufgeklebt gewesen sei, da er diese immer entweder von seinem Vater oder durch ein Zeitschriftenabo erhalten habe. Die Zeugin habe ein eigenes Auto und darauf eine Vignette aufgeklebt, weshalb ausgeschlossen werden könne, dass die Vignette des Bw "mitbenutzt" worden sei.

 

Abschließend brachte der Bw vor, dass zur Tatzeit sehr wohl eine gültige Vignette für das Jahr 2004 auf der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei. Zeugen hätten bestätigt, dass er im Besitz einer Vignette gewesen sei. Aufgrund der häufigen Autobahnbenützung wäre der Bw nie das Risiko eingegangen, ohne Vignette die Autobahn zu benützen. Weiters sei dem Bw bekannt, dass auf dem gegenständlichen Autobahnparkplatz Vignettenkontrollen durchgeführt werden.

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Auch nach der zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels Erinnerung des Zeugen an den gegenständlichen Vorfall aufgrund der verstrichenen Zeit wegen der langen erstbehördlichen Verfahrensdauer keine Klarheit darüber geschaffen werden, ob zum Zeitpunkt der Kontrolle eine gültige Jahresvignette für das Jahr 2004 auf dem Kfz angebracht war. So war dem Meldungsleger auch nicht mehr erinnerlich, ob gegenständlich das Vier-Augen-Prinzip zur Anwendung gekommen ist, wobei er auch nicht gänzlich ausschließen konnte, die gültige Vignette aufgrund der offensichtlich vorhandenen vielzähligen abgelaufenen Mautvignetten nicht doch übersehen zu haben. Auch besteht wegen der damals noch nicht und erst später üblichen Praxis der Anfertigung von Fotoaufnahmen eine bei Weitem schlechtere Beweissituation als jetzt. Aufgrund des besonders glaubwürdigen Auftretens des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, der Widerspruchslosigkeit seiner Behauptungen durch das gesamte Verfahren hindurch und der zweifachen zeugenschaftlichen Aussage, eine Jahresvignette für das Jahr 2004 zu Weihnachten erhalten zu haben, geht der Unabhängige Verwaltungssenat – im Zweifel – von der Richtigkeit der Darstellung des Bw aus, wonach zur Tatzeit eine gültige Vignette auf dem Kfz angebracht gewesen ist. Da somit die vorgeworfene Tat dem Bw nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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