Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240268/2/WEI/Bk

Linz, 15.07.1998

VwSen-240268/2/WEI/Bk Linz, am 15. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlaß der Berufung des RA Dr. H als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des Beschuldigten R gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 8. Juli 1997, Zl. SanRB 96-6-6-1995-He, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 den Beschluß gefaßt:

Die Berufung des Masseverwalters wird mangels eines rechtswirksam erlassenen Straferkenntnisses als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 8. Juli 1997 hat die belangte Behörde Herrn R zu Handen des oben genannten Masserverwalters im Konkursverfahren über dessen Vermögen wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Am 15.11.1994 wurde vom Lebensmittelaufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen bei der Firma U, eine amtliche Probe "SPEZIAL KLETZENBROT" entnommen und an die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz überbracht.

Die Untersuchung der überbrachten Probe hat ergeben, daß diese die Bezeichnung 'SPEZIAL KLETZENBROT' aufweist, ohne Angabe, auf welche Besonderheit sich die Zusatzbezeichnung 'Spezial' bezieht.

Sie haben daher ein Lebensmittel in Verkehr gebracht, welches nach den Richtlinien des Österreichischen Lebensmittelbuches, Kapitel B 18 'Backerzeugnisse', Z.39 gemäß den Bestimmungen des § 8 lit.f Lebensmittelgesetz 1975 als falsch bezeichnet zu beurteilen war." Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 74 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 lit c) LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 1 LMG 1975 eine Geldstrafe von S 300,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden. Außerdem wurden ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 30,-- und der Ersatz der Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz von S 312,50 vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das Herrn Dr. H als dem Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des R am 11. Juli 1997 zugestellt wurde, richtet sich die am 25. Juli 1997 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom 24. Juli 1997, die am 28. Juli 1997 bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird. 2. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat der belangten Behörde zuständigkeitshalber die Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorgans des Bezirks Grieskirchen vom 28. Februar 1995, SanLP 10-6/14-1995-Mu-Sp, und das amtliche Untersuchungszeugnis der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 14. Februar 1995, U-Zahl 6688/1994, betreffend das Produkt "Spezial Kletzenbrot" übermittelt. Die belangte Behörde fertigte daraufhin die Strafverfügung vom 19. Mai 1995, SanRB 96-6-1-1995-He, an R, geb. , aus.

Die mit RSa-Brief angeordnete Zustellung erfolgte allerdings nicht an Herrn W, sondern - vermutlich wegen eines Nachsendeauftrages (vgl handschriftlichen Vermerk auf Rückschein: "NS Dr. J") - an Dr. H Rechtsanwalt in . Dieser erhob als Masseverwalter im Konkursverfahren zu S 76/93 des KG W über das Vermögen des R, geb. am , Kaufmann und Inhaber der im Firmenbuch eingetragenen Firma "A und, mit Eingabe vom 6. Juni 1995 Einspruch gegen die Strafverfügung und gab in der Folge die nähere Stellungnahme vom 3. August 1995. Dazu wurde die ergänzende Stellungnahme der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 13. Mai 1997 eingeholt, die laut Niederschrift vom 9. Juni 1997 in Kopie einer Mitarbeiterin der Kanzlei Dris. J mit Aufforderung zur Stellungnahme übergeben wurde. Eine Stellungnahme erfolgte mit Eingabe vom 25. Juni 1997.

In der Folge hat die belangte Behörde das Straferkenntnis vom 8. Juli 1997 zu Handen des Masseverwalters Dr. H zugestellt. Dieser brachte innerhalb offener Frist die gegenständliche Berufung vom 24. Juli 1997 ein. 3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß aus verfahrensrechtlichen Gründen eine Sachentscheidung nicht zu ergehen hat, da das Straferkenntnis nicht wirksam erlassen wurde.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der im gesamten bisherigen Strafverfahren ausdrücklich als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des R eingeschrittene Rechtsanwalt Dr. H konnte den Beschuldigten aus den folgenden rechtlichen Gründen nicht wirksam vertreten:

Gemäß § 3 Abs 1 Konkursordnung (KO) sind nach der Konkurseröffnung Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Nach § 6 Abs 3 KO können Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden.

Nach § 58 Z 2 KO können Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden. Daraus folgt, daß Strafverfahren zu den Rechtsstreitigkeiten gehören, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen. Dementsprechend werden die im § 58 Z 2 KO bezeichneten Forderungen gemäß § 156 Abs 7 Satz 2 KO durch den Ausgleich (Zwangsausgleich) nicht berührt. Die Eröffnung des Konkurses, ein abgeschlossener Zwangsausgleich oder ein Ausgleichsverfahren (vgl §§ 28 Z 2, 53 Abs 7 Satz 2 AO) haben daher auf Strafverfahren bzw Geldstrafen keinen Einfluß (vgl VwGH 22.2.1996,95/11/0361). Eine Geldstrafe ist vom Gemeinschuldner in voller Höhe zu bezahlen, wobei die ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sind. Im Falle der Uneinbringlichkeit hat er die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten.

Gemäß § 81 Abs 1 Satz 3 KO aF und nunmehr § 81a Abs 2 KO idF des IRÄG 1997 (BGBl I Nr. 114/1997) hat der Masseverwalter unverzüglich den Stand der Masse zu ermitteln, für die Einbringung und Sicherstellung der Aktiven sowie für die Feststellung der Schulden, insbesondere durch Prüfung der angemeldeten Ansprüche, zu sorgen und Rechtsstreitigkeiten, die die Masse ganz oder teilweise betreffen, zu führen. Der Masseverwalter hat demnach aber keine Befugnis, in Strafverfahren gegen den Gemeinschuldner einzuschreiten, da Geldstrafen überhaupt nicht dem Konkursverfahren unterliegen. Amtliche Schriftstücke, die die Masse nicht berühren, sind gemäß § 78 Abs 2 KO mit einem auf die Anhängigkeit des Konkursverfahrens hinweisenden Vermerk zurückzusenden.

Dr. H konnte kraft seines Amtes als bestellter Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des R im Verwaltungsstrafverfahren nicht rechtswirksam einschreiten. Die belangte Behörde hätte ihn nicht als Vertreter des Beschuldigten akzeptieren dürfen, sondern diesem persönlich zustellen müssen. Das unter bloßer Beteiligung des Masseverwalters geführte Strafverfahren war unwirksam. Dr. ist auch nicht als gewillkürter Vertreter aufgetreten, was im Hinblick auf die Unabhängigkeitspflicht nach § 80 Abs 3 KO auch nicht möglich erschiene. Da der Beschuldigte von der belangten Behörde überhaupt nicht eingebunden wurde und nach der Aktenlage auch keine Heilung der Zustellmängel durch tatsächliches Zukommen (vgl dazu mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, 1215, Anm 4 und 5 zu § 7 ZustG) angenommen werden kann, haben die strafbehördlichen Verfolgungsschritte bislang ihr Ziel wohl nicht erreicht. Aus prozeßökonomischen Gründen wird ergänzend darauf verwiesen, daß im Hinblick auf den angelasteten Tatzeitpunkt mittlerweile bereits Strafbarkeitsverjährung nach § 31 Abs 3 VStG eingetreten ist.

5. Im Ergebnis war für das gegenständliche Berufungsverfahren davon auszugehen, daß die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis mangels einer Vertretungsbefugnis des Masseverwalters im Strafverfahren nicht rechtswirksam gegen den Gemeinschuldner W erlassen hat. Die Berufung war daher, ohne auf die Sache einzugehen, mangels eines tauglichen Anfechtungsobjekts als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß Beschlagwortung: Vertretungsbefugnis des Masseverwalters

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