Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280956/12/Kl/Pe

Linz, 08.02.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn O O, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. H & P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.10.2006, Ge96‑101‑2005/Hw, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 31.1.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe zum Faktum 3 zu lauten hat: „3 x 16 Stunden (je Arbeitnehmer)“.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 490 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 22 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.10.2006, Ge96‑101‑2005/Hw, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) 1.500 Euro, 2) 500 Euro, 3) 3 x 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von 1) fünf Tagen, 2) zwei Tagen und 3) zwei Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß jeweils § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm 1) § 87 Abs.3 BauV, 2) § 87 Abs.3 BauV und 3) § 87 Abs.6 BauV verhängt. Es wurde vorgeworfen:

„Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin E Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in, Geschäftsanschrift, nachstehend angeführte Übertretungen der Bauarbeiterschutzverordnung zu verantworten:

Am 13. Juni 2005 waren 4 Arbeitnehmer der E GmbH. auf der Baustelle in (Kloster), einer der Arbeitnehmer auf der Mc-up Hebebühne, die restlichen 3 Arbeitnehmer auf der mindestens 60° geneigten südseitigen Dachfläche des Nonnentraktes des Stiftes, mit der Beseitigung der alten Dachlattung und dem Aufbringen der neuen Dachlattung bei einer Traufenhöhe von mindestens 12,0 m beschäftigt, wobei folgende Mängel festgestellt wurden:

1. Bei den im alten, ca. 2,0 m breiten Teil des etwa 60° steilen Daches durchgeführten Arbeiten waren trotz einer Absturzhöhe von mindestens 12,0 m bis etwa 16,0 m (abhängig von der Position des Arbeitnehmers) keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden. In diesem Bereich war zwar ein Fassadengerüst aufgebaut, das jedoch nicht als Dachfanggerüst ausgebildet war und somit in keiner Weise als Schutzeinrichtung herangezogen werden konnte (siehe Fotos).

Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs.3 BauV dar, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignet Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen.

2. Bei den im Bereich der Mc-up Hebebühne auf dem etwa 60° steilen Dach durchgeführten Arbeiten war trotz der im Traufenbereich (Absturzhöhe ca. 12,0 m) situierten Hebebühne keine vollkommene geeignete Schutzeinrichtung vorhanden, da zwischen Dachgesimse und Gerüstbelag der Hebebühne ein etwa 30 – 60 cm freier Streifen vorhanden und somit die Schutzfunktion des Fanggerüstes nicht vollständig gegeben war.

Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs.3 BauV in Verbindung mit Punkt 5.2. der ÖNORM B 4007 dar, wonach bei Arbeiten auf Dächern von mehr als 20° Neigung und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen. Ein Spalt von etwa 30 – 60 cm Breite ermöglicht ein Weiterstürzen eines Menschen und es stellt daher diese Ausführung des Gerüstes keine sichere Schutzeinrichtung dar.

3. Die drei bei einer Absturzhöhe von mindestens 12,0 m tätigen Arbeitnehmer der E GmbH., waren trotz einer Dachneigung von ca. 60° nicht angeseilt.

Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs.6 BauV dar, wonach Arbeitnehmer bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 45° zusätzlich zu den im § 87 Abs.3 BauV erforderlichen Schutzeinrichtungen sicher angeseilt sein müssen.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, der Bescheid zur Gänze angefochten und jedenfalls die Herabsetzung der Geldstrafe auf die Hälfte der Mindeststrafe beantragt. Begründend wurde dargelegt, dass ein Widerruf der Bestellung zum Verantwortlichen Beauftragten nicht erst mit schriftlicher Mitteilung wirksam würde. Das VStG enthält keine ausdrückliche Bestimmung. Die früher bestellten Ing. M W und J K sind bereits im Jahr 2003 aus dem Betrieb der E GmbH ausgeschieden. Mit Bestellung eines neuen verantwortlichen Beauftragten handelt es sich um einen konkludenten Widerruf der Bestellung des bisherigen Beauftragten. Mit dem Mitteilungsschreiben vom 22.4.2003 sei eine undatierte Bestellungsurkunde vorgelegt worden, nicht die Bestellungsurkunde vom 25.5.2004. Die Bestellung von M H wurde daher ordnungsgemäß mitgeteilt. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass die Arbeiter im Dachstuhl tätig waren, welcher selbst keine abfallende Fläche darstellt. Ausreichend wären daher Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen im Sinn der §§ 7ff BauV. Die vorhandenen Gerüste (Hebebühne und Arbeitsgerüst) seien ausreichende Absturzsicherungen. Auch war die Mc-up Hebebühne soweit technisch möglich an die Absturzkante herangeführt. Das Arbeitsgerüst war nur 1 m unterhalb der Absturzkante befestigt und ragte 1 m über die austragenden Konstruktions- oder Bauteile hinaus. Auch wurden konkurrierende Delikte verwirklicht und daher eine doppelte Bestrafung angefochten. Zum Verschulden wurde ausgeführt, dass dieses sehr gering sei, weil Schutzgeschirre zur Verfügung standen, auch jährlich einer Überprüfung unterzogen wurden und jährlich Sicherheitseinschulungen erfolgen. Auch lag kaum Gefahr eines Absturzes vor. Der Beschuldigte hat bloß unterlassen, einen Erfolg abzuwenden und kam auch konkret kein Arbeitnehmer zu Schaden. Dies stellen Milderungsgründe gemäß § 34 Abs.1 Z5 und Z14 StGB dar. Wegen Überwiegens der Milderungsgründe ist daher gemäß § 20 VStG vorzugehen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31.1.2007, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie das zuständige Arbeitsinspektorat Linz geladen wurden und erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen DI A H und M H geladen und einvernommen.

 

4.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden vom Arbeitsinspektorat folgende Urkunden vorgelegt: Mitteilungsschreiben vom 22.4.2003, eingelangt beim Arbeitsinspektorat am 23.4.2003, betreffend „Bestellung eines verantwortlichen Sicherheitsbeauftragten“ bezüglich M H unter Anschluss einer undatierten und nur von M H unterzeichneten Urkunde „Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG“. Weiters wurde ein Mitteilungsschreiben vom 22.7.2003, eingelangt beim Arbeitsinspektorat am 4.8.2003, betreffend „Bestellung eines verantwortlichen Sicherheitsbeauftragten“ bezüglich S H, unter Anschluss einer undatierten nur von S H unterzeichneten Urkunde betreffend „Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG“ vorgelegt. Vom Arbeitsinspektorat wurde erhoben, dass diesbezüglich nur die Bestellung als Sicherheitsvertrauensperson erfolgen sollte, keine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten, und es wurde dies handschriftlich vermerkt. Weiters wurde mit Mitteilungsschreiben vom 25.5.2004, eingelangt beim Arbeitsinspektorat am 26.5.2004, betreffend „Sicherheitsbeauftragte der Firma E GmbH“ zwei jeweils mit 25.5.2004 datierte Urkunden betreffend „Bestellung zum verantwortlichen Sicherheitsbeauftragten der Firma E Gesellschaft mbH“ hinsichtlich G K K und M H vorgelegt.

 

4.2. Der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz sind vier am Tatort und zum Tatzeitpunkt aufgenommene Fotos beigeschlossen und liegen diese auch den nunmehrigen Feststellungen zugrunde. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen Arbeitsinspektor DI A H, welcher sachverständig ist und glaubwürdig und widerspruchsfrei aussagte, steht als erwiesen fest, dass am 13.6.2005 auf der Baustelle in, Kloster, drei Arbeitnehmer auf dem Dach mit der Demontage der Dachlattung beschäftigt waren. Im Bereich, in dem gearbeitet wurde, waren die Dachziegel bereits entfernt. Die Arbeit wurde abschnittsweise durchgeführt, wobei jeweils Zug um Zug die alten Dachziegel und alte Dachlattung entfernt wurden und eine neue Dachlattung und neue Dachziegel aufgebracht wurden. Dies ist gut aus dem Foto 1 und 2 ersichtlich. Aus dem Foto 1 ist ersichtlich, dass die Mastkletterbühne kurz vor der bereits erfolgten neuen Eindeckung endet und dort das vorhandene Fassadengerüst beginnt. Das vorhandene Fassadengerüst war nicht als Dachfanggerüst ausgebaut. Es fehlte die letzte Etage als Dachfanggerüst. Dazu müsste eine mindestens 1 m hohe dichte Blende vorhanden sein, deren Oberkante im rechten Winkel zur Dachfläche und mindestens 60 cm überragend ausgeführt sein muss. Auch ist es in diesem Bereich nicht möglich, diesen Bereich von der Mastkletterbühne aus abzudecken. Auf der Mastkletterbühne war ein Arbeitnehmer beschäftigt, was auch auf dem Foto 2 ersichtlich ist. Diese Mastkletterbühne war seitlich nicht abgesichert und bestand ein Abstand zwischen Dachsims und Kante der Hebebühne von etwa 40 bis 60 cm. Dies ist aus den Fotos 3 und 4 ersichtlich. Ein Heranführen an das Dachsims wäre durch Betätigung der ausziehbaren Elemente in Richtung des Objektes und Auflage von Gerüstbelag bzw. Pfostenbelag möglich gewesen. Auch waren die Arbeitnehmer nicht angeseilt. Sicherheitsseile und Sicherheitsgeschirre waren am Dach nicht vorhanden. Ansprechpartner auf der Baustelle war der Vorarbeiter F W, der auch keine gegenteilige Ansicht vertrag. Sämtliche Arbeitnehmer waren Arbeitnehmer der Firma E.

 

Es ist daher erwiesen, dass die Arbeitnehmer mit Dacharbeiten auf einem Dach mit mindestens 60° Neigung und einer Traufenhöhe von mindestens 12 m beschäftigt waren, ohne dass das Fassadengerüst als Dachfanggerüst ausgebildet war, entsprechende Schutzeinrichtungen im Bereich der Mastkletterbühne vorhanden waren und die Arbeitnehmer angeseilt waren.

 

4.3. M H ist Angestellter der E GmbH und als Techniker für die Abrechnung im Bürobetrieb beschäftigt. Er betreut Privatkunden und die Angebotserstellung. Auf Baustellen kommt er wenig oder nicht. Auch war er nie auf der Baustelle in. Er hat im Jahr 2001 den Kurs für Sicherheitsvertrauenspersonen absolviert und wurde als solche bestellt. Auch wurde von ihm die undatierte Urkunde zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten unterfertigt. Diese Urkunde wurde ihm vom Prokuristen der Firma, Herrn S, vorgelegt. Er macht einmal jährlich Unterweisungen an die Vorarbeiter. Diese sind dann auf der Baustelle selbständig verantwortlich und bestimmen, welche Sicherheitsvorkehrungen auf der jeweiligen Baustelle verwendet werden. Persönliche Sicherheitsausrüstung wie Sicherheitsgeschirre und -seile hat jeder Arbeitnehmer selbständig mitzunehmen und befinden sich diese im Firmenauto. Gerüste und Hebebühnen sind in der Firma verfügbar und werden vom Vorarbeiter bestellt bzw. mitgenommen. Der Berufungswerber kommt gelegentlich auf Baustellen. Im Sommer hat die Firma 20, 30 oder 50 Baustellen gleichzeitig. Jede Partie hat gleichlaufend zwei bis drei Baustellen. Die Firma verfügt über 20 Fahrzeuge.

 

4.4. Laut Firmenbuchauszug ist der Berufungswerber alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GmbH.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 87 Abs.3 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (§ 88).

 

Gemäß § 88 Abs.1 BauV dürfen Dachschutzblenden bei Dachneigungen bis zu 60° verwendet werden.

 

Gemäß § 88 Abs.3 BauV müssen Dachfanggerüste mit einer mindestens 1 m hohen tragfähigen Schutzwand ausgerüstet sein, deren oberer Rand, gemessen im rechten Winkel zur Dachfläche, einen Abstand von mindestens 60 cm von der Dachfläche haben muss.

 

Gemäß § 87 Abs.6 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 45° die Arbeitnehmer zusätzlich zu den nach Abs.3 erforderlichen Schutzeinrichtungen angeseilt sein.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

5.2. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens und unter Zugrundelegung des erwiesenen Sachverhaltes hat daher der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erfüllt. Es wurden Arbeiten auf Dächern durchgeführt. Die angetroffenen drei Arbeitnehmer waren trotz einer Dachneigung von mindestens 60°, also mehr als 45°, nicht angeseilt. Da es sich um eine persönliche Schutzausrüstung handelt, die nicht verwendet wurde, wurde die Verwaltungsübertretung hinsichtlich jedes angetroffenen Arbeitnehmers erfüllt (§ 22 VStG). Hinsichtlich der nicht vorhandenen geeigneten Schutzeinrichtungen handelt es sich um technische Schutzmaßnahmen. Bei der festgestellten Absturzhöhe von mindestens 12 m und der Dachneigung von mindestens 60° hätten der BauV entsprechende Dachfanggerüste vorhanden sein müssen. Im Bereich, in welchem gearbeitet wurde, war teilweise ein Fassadengerüst vorhanden, welches aber in der letzten Etage erwiesenermaßen nicht als Dachfanggerüst ausgebildet war, sodass kein Schutz vor Absturz gegeben war. In dem weiteren Arbeitsbereich, der durch die Mastkletterbühne abgesichert werden sollte, war aber insofern ein ausreichender Schutz, nämlich ein Schutz, der einem Dachfanggerüst gleichkommt, nicht gegeben, als – entgegen der Ausführung eines Dachfanggerüstes – zwischen Dachsaum und Mastkletterbühne ein Abstand von 30 bis 60 cm frei blieb. Dieser Abstand ist geeignet, dass vom Dach abrutschende Arbeitnehmer nicht aufgefangen, sondern durch diesen Spalt in die Tiefe stürzen können. Gleiches gilt aber auch für den auf der Mastkletterbühne arbeitenden Arbeitnehmer. Es wurde auch hinsichtlich dieses Sachverhaltes der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV erfüllt.

Wenn hingegen der Berufungswerber Tateinheit mit dem Fassadengerüst geltend macht und daher behauptet, dass das in § 22 VStG bestimmte Kumulationsprinzip nicht zur Anwendung kommen darf, so ist ihm entgegenzuhalten, dass entgegen der Lehre über die Idealkonkurrenz hier zwei verschiedenartige Sachverhalte gegeben sind und jeder Sachverhalt für sich die vorgeworfene Verwaltungsübertretung erfüllt. Durch die verschiedenartigen vorhandenen Einrichtungen, nämlich einerseits Mastkletterbühne und andererseits Fassadengerüst im gesamten Arbeitsbereich, wurde dieser Arbeitsbereich in zwei Bereiche untergliedert, nämlich ein Arbeitsbereich, in dem ein Fassadengerüst vorhanden war und ein Arbeitsbereich, in dem die Mastkletterbühne vorhanden war. Dass diese beiden Einrichtungen nicht hintereinander sondern gleichzeitig in Verwendung waren, hindert die gesonderte Tatbegehung und Strafbarkeit nicht.

 

5.3. Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GmbH ist nach außen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG und hat daher auch die Verwaltungsübertretungen strafrechtlich zu verantworten. Eine Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG wurde nicht nachgewiesen. Entsprechend den im Beweisverfahren vorgelegten Urkunden kann nicht eindeutig und unmissverständlich davon ausgegangen werden, dass Herr M H zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG bestellt werden soll. Diese Zweifel ergeben sich einerseits aus dem Mitteilungsschreiben vom 22.4.2003, welches ausdrücklich die Bestellung eines verantwortlichen Sicherheitsbeauftragten bekannt gibt. Die beigeschlossene Urkunde hingegen spricht von der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG. Diese Urkunde ist aber nicht datiert. Wesentlich ist auch der Umstand, dass der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer diese Urkunde nicht unterzeichnet hat, daher nicht von seinem Willen zur Übertragung der strafrechtlichen Verantwortung ausgegangen werden kann. Dies wird auch insofern bestätigt, als der zeugenschaftlich einvernommene M H aussagte, dass ihm diese Urkunde vom damaligen Prokuristen, Herrn S, vorgelegt wurde. Ein Prokurist wäre aber keinesfalls berechtigt, die strafrechtliche Verantwortung zu übertragen. Da das Mitteilungsschreiben vom 22.4.2003 aber nicht die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten bekannt gibt, kann auch aus der darauf vorhandenen Unterschrift des Berufungswerbers nicht auf eine Genehmigung der undatierten Bestellungsurkunde geschlossen werden.

Die angeführten Zweifel werden aber insofern noch bekräftigt, als mit wortgleichem Mitteilungsschreiben vom 22.7.2003 betreffend S H und gleichlautender Bestellungsurkunde betreffend S H dem Arbeitsinspektorat mitgeteilt wird, dass hiemit kein verantwortlicher Beauftragter bestellt werden soll. Da die Mitteilungsschreiben gleichen Wortlaut enthalten, kann daher von keinem anderslautenden Willen ausgegangen werden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2, weil es sich um eine gewillkürte Delegation der Verantwortung handelt, ein strenger Maßstab anzulegen und muss der Wille eindeutig aus der Urkunde hervorgehen. Da die Urkunde vom Berufungswerber nicht unterfertigt ist, war ein solcher Wille nicht eindeutig erkennbar.

Unter Zugrundelegung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0198, war vielmehr davon auszugehen, dass mit dem Mitteilungsschreiben vom 22.4.2003 dem Arbeitsinspektorat Herr M H als Sicherheitsvertrauensperson gemeldet wurde, und die gleichzeitig vorgelegte Urkunde über die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten daher nicht rechtswirksam geworden ist, zumal § 10 Abs.9 zweiter Satz ASchG ausdrücklich regelt, dass bereits bestellte Sicherheitsvertrauenspersonen nicht rechtswirksam zu verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellt werden können. Auch aus diesem Blickwinkel ist daher die Bestellung des Herrn M H als verantwortlichen Beauftragten nicht rechtswirksam.

 

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zählen zu den Ungehorsamsdelikten und war daher Fahrlässigkeit jedenfalls anzunehmen. Ein Vorbringen zur Entlastung hat der Beschuldigte nicht vorgenommen und ist ein Entlastungsnachweis nicht gelungen. So hat der Berufungswerber selbst nicht ausgeführt regelmäßige Kontrollen der Baustellen und insbesondere auch der gegenständlichen Baustelle durchzuführen. Auch der Zeuge M H führte keine Kontrolle der Baustelle durch. Vielmehr hat das Beweisverfahren ergeben, dass die jeweiligen Vorarbeiter selbständig auf der Baustelle tätig sind, die Sicherheitseinrichtungen bestimmen und nicht kontrolliert werden. Es ist daher kein lückenloses Kontrollsystem behauptet und nachgewiesen worden. Allein Unterweisungen und Schulungen reichen für eine Entlastung hingegen nicht aus. Es war daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung mehrere einschlägige Verwaltungsvorstrafen erschwerend gewertet und strafmildernde Umstände nicht gefunden. Insbesondere hat sie auf den Unrechtsgehalt der Tat, nämlich die besondere Gefährdung durch die hohe Absturzhöhe gewertet. Auch muss bedacht werden, dass es sich um eine sehr große Baustelle handelte, welche längere Zeit in Anspruch nimmt und daher eine höhere Gefahr sowie Sorglosigkeit durch die mangelhaften Einrichtungen darstellt. Auch waren die bisherigen einschlägigen Verwaltungsvorstrafen nicht geeignet den Berufungswerber zu einem rechtmäßigen Verhalten anzuleiten. Den vom Berufungswerber geltend gemachten Milderungsgründen konnte aber nicht entsprochen werden, zumal ein Unfall eines Arbeitnehmers als nachteilige Folgen der Tat als erhöhter Unrechtsgehalt zu werten wäre und das Nichtvorliegen daher die Annahme eines Erschwerungsgrundes hindert. Ein Milderungsgrund stellt dies nicht dar. Auch ist für die Strafbarkeit die Herbeiführung eines Erfolges nicht erforderlich und daher auch die vorgebrachte Unterlassung der Abwendung des Erfolges nicht mildernd zu werten. Die verhängten Geldstrafen waren daher jeweils dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des Berufungswerbers angepasst und nicht überhöht. Sie sind jeweils im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt. Auch hat der Berufungswerber den geschätzten persönlichen Verhältnissen keine anderen Umstände entgegengesetzt, sodass diese zugrunde gelegt werden können.

Von geringfügigem Verschulden hingegen ist nicht auszugehen, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Auch waren Milderungsgründe nicht festzustellen und daher die Voraussetzung für die Unterschreitung der Mindeststrafe gemäß § 20 VStG nicht gegeben.

 

Weil aber das Fehlen der persönlichen Schutzausrüstung je Arbeitnehmer eine Verwaltungsübertretung bildet, war je Arbeitnehmer eine Geldstrafe und daher entsprechend auch eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG vorzusehen. Es war daher das Straferkenntnis gemäß §§ 16 und 22 VStG hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe zu berichtigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

verantwortlicher Beauftragter, Mitteilung, keine wirksame Bestellung bei Sicherheitsvertrauensperson

 

 

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