Linz, 02.02.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Mag. Dr. A W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.10.2006, Verk21-94-2006 wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen, Anordnung einer begleitenden Maßnahme, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 30.1.2007, einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird insofern stattgegeben als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf acht Monate herab- bzw. festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und
der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§§ 24 Abs. 1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm. §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und
7 Abs.4 FSG, BGBl I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl I/153/2006
§ 32 Abs.1 Z1 FSG
§ 24 Abs.3 FSG
§ 64 Abs.2 AVG
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.2, 3 Abs.2, 32 Abs.1, 8 und 24 Abs.3 FSG
- die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 10 Monaten, gerechnet ab 3.2.2006 (= FS-Abnahme) entzogen
- das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen – beginnend mit Zustellung des Bescheides – für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten
- verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer
- sich einer begleitenden Maßnahme zu unterziehen,
- ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung beizubringen,
- eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen
Untersuchungsstelle beizubringen.
Weiters wurde einer allfällig eingebrachten Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 20.10.2006 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Aus dem Verfahrensakt sowie der mündlichen UVS-Verhandlung vom 30.1.2007 ergibt sich nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Der Bw lenkte am 3.2.2006 um ca 06.20 Uhr einen auf ihn zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in T.
Dabei kam er links von der Fahrbahn ab und fuhr gegen einen Gartenzaun (Drahtzaun, Thujen), welcher schwer beschädigt wurde.
Auch der Pkw des Bw wurde dabei beschädigt.
Anlässlich der Amtshandlung verweigerte der Bw die Vornahme des Alkotests.
Der UVS hat mit – im Instanzenzug ergangenen – Erkenntnis vom 1.2.2007, VwSen-161881/10 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm. § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dieses Straferkenntnis wurde am 30.1.2007, im Anschluss an die mündliche Verhandlung, verkündet – dies hat die Wirksamkeit der Bescheiderlassung;
VwGH vom 24.11.2005, 2005/11/0148; vom 28.4.2004, 2003/03/0021;
vom 5.8.2004, 2001/02/0189 und vom 16.11.2004, 2004/11/0154.
Der Bw hat sowohl im Verfahren betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm. § 99 Abs.1 lit.b StVO, als auch im gegenständlichen Verfahren seine Lenkereigenschaft bestritten.
Diesbezüglich wird auf die im Erkenntnis vom 1.2.2007, VwSen-161881/10 durchgeführte umfangreiche Beweiswürdigung verwiesen;
diese hat ergeben, dass der Bw selbst den Pkw gelenkt und den Verkehrsunfall verursacht bzw. verschuldet hat.
Ein derartiger Verweis auf die Begründung eines anderen Bescheides ist nach ständiger Rechtssprechung des VwGH zulässig;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E48, E58 und E60 zu § 60 AVG (Seite 1049 ff) sowie E19 zu § 67 AVG (Seite 1325) zitierten zahlreichen Entscheidungen des VwGH .
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.
Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 i.V.m.) § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen hat.
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;
Erkenntnisse vom 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;
vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.
Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;
VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97
VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;
vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur
vom 6.4.2006, 2005/11/0214
Zur Festsetzung der Entziehungsdauer ist festzustellen:
Lenkt jemand ein KFZ, verschuldet einen Verkehrsunfall und verweigert anschließend den Alkotest, dann ist eine Entziehungsdauer von 10 Monaten gerechtfertigt;
ständige Rechtsprechung des VwGH, z.B. Erkenntnisse vom 19.3.1997, 96/11/0230; vom 5.8.1997, 95/11/0350 und vom 21.9.1990, 90/11/0076.
Zugunsten des Bw ist auszuführen, dass diesem (zumindest) in den letzten 15 Jahren die Lenkberechtigung nicht entzogen wurde.
Für den UVS ist es daher gerechtfertigt und vertretbar, die Entziehungsdauer auf acht Monate, gerechnet ab 3.2.2006 (= Datum der vorläufigen Abnahme des Führerscheines) herab- bzw. festzusetzen.
Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.
Dem Bw war daher – beginnend mit Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides – das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die – nunmehr neu festgesetzte – Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung zu verbieten.
Lenkt jemand ein Kfz und begeht dabei eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm. § 99 Abs.1 lit.b StVO ist gemäß § 24 Abs.3 FSG anzuordnen:
- eine Nachschulung
- die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG sowie
- die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme;
VwGH vom 6.7.2004, 2004/11/0046
Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht den Bw verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer
- eine Nachschulung zu absolvieren
- ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG beizubringen sowie
- eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen
Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie die Beschlüsse des
VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05 und des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.
Der Berufung war daher insofern stattzugeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung – und damit verbunden die Dauer des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen – auf acht Monate herab- bzw. festgesetzt wird.
Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.
Mag. Kofler
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 24.04.2007, Zl.: 2007/11/0040-3