Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521524/7/Br/Ps

Linz, 14.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn C F T, geb., J, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Dezember 2006, Zl. F 06/421657, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass nach Vorliegen der sonstigen Erteilungsvoraussetzungen eine Lenkberechtigung für die Klassen A u. B mit nachfolgenden Einschränkungen zu erteilen ist:

-     Lenken eines KFZ nur am Tag[1] (Fahrverbot bei Dunkelheit)

-     Befristung der Lenkberechtigung auf 5 Jahre – in Verbindung mit der
Auflage –

-     Kontrolluntersuchung bei einem FA f. Augenheilkunde mit Untersuchung des Augenhintergrundes und des Dämmerungssehens alle 2 ½ Jahre und einer

-     Nachuntersuchung beim Amtsarzt in 5 Jahren.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006, § 2 Abs.3 und § 8 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber dessen Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A u. B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

1.1. Gestützt wurde die Entscheidung auf FSG sowie auf die obzitierten Rechtsvorschriften der FSG-GV.

Inhaltlich wurde auf die amts- und fachärztlich festgestellte funktionale Einäugigkeit und eines auf dem besser sehenden linken Auge lediglich erreichten Visus von 0,75.

Die Gutachten seien schlüssig, sodass vor diesem Hintergrund mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen eine Lenkberechtigung nicht gegeben sei.

 

2.2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Darin verweist er auf die mehrfachen Augenoperationen und im Ergebnis auf seine ihm durch die Versagung der Lenkberechtigung widerfahrenden Diskriminierung am Arbeitsmarkt. Ebenfalls bringt er vor, seit seinem 16. Lebensjahr unfallfrei mit dem Moped am Verkehr teilzunehmen. Für die Erreichung eines Behindertenausweises sei er zu wenig beeinträchtigt und für die Erreichung der Lenkberechtigung zu viel. Er stehe sozusagen in der Mitte. Sohin beantrage er abermals ihn zumindest für den Erwerb einer begrenzten Lenkberechtigung (gemeint wohl unter Auflagen erteilten Lenkberechtigung) zuzulassen.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat Beweis erhoben durch Vorlage eines neuen Befundes und durch nachfolgende Präzisierung des amtsärztlichen Gutachtens.

 

4. Sachverhaltslage:

 

In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde dem Berufungswerber die Sach- und Rechtslage schriftlich zur Kenntnis gebracht. Insbesondere wurde er auf die Notwendigkeit eines Gutachtens auf gleicher fachlicher Ebene, etwa durch ein neues Fachgutachten entgegen treten zu müssen, hingewiesen. Folglich wurde über Rückfrage bei der aktenkundigen Fachärztin in Erfahrung gebracht, dass angesichts der knapp unter dem Grenzwert liegenden Sehleistung der Grenzwert im ausgeruhten Zustand durchaus erreicht werden könnte. 

Der Amtsarzt wurde mit Blick darauf um Ergänzung seines Gutachtens  ersucht.

In der Mitteilung des Amtsarztes an die Berufungsbehörde vom 1.2.2007 gelangt dieser unter der Prämisse der Erfüllung des erforderlichen Grenzwertes zu nachfolgender Empfehlung:

-     bedingte Eignung, befristet auf 5 Jahre

-     Kontrolluntersuchung beim FA f. Augenheilkunde + Augenhintergrund +   Dämmerungssehen alle 2 ½  Jahre

-     Nachuntersuchung beim Amtsarzt in 5 Jahren

-     Fahrverbot bei Dunkelheit, Fahren nur bei Tageslicht

Der Berufungswerber legte am 7.2.2007 eine den Grenzwert erreichende augenfachärztliche Stellungnahme vor.  Diese wurde dem Amtsarzt nachgereicht, wobei auf das mit Befristung u. Auflagenempfehlungen abgefasste Gutachten v. 1.2.2007 hingewiesen wurde (siehe AV v. 12.2.2007).

Die Gutachtenslage ist schlüssig und es war ihr vor dem Hintergrund zu folgen, dass der Berufungswerber ein augenärztliches Gutachten vom 7.2.2007 beibrachte, worin die erforderliche Mindestsehleistung auf einem Auge (Visus von 0,80) erreicht wurde. Die Befristung ist gesetzlich bedingt und die Auflagenempfehlungen des Amtsarztes erweisen sich hier als sachgerecht und logisch nachvollziehbar. Immerhin ist eine Verschlechterung der Sehleistung bei der gegebenen Befundlage wohl in einer höheren Wahrscheinlichkeit als bei der Durchschnittspopulation ohne entsprechende Befundlage anzunehmen. Dies rechtfertigt die amtsärztlich empfohlene Kontrolluntersuchung nach zweieinhalb Jahren.

Dem trat der Berufungswerber nicht entgegen.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997 - FSG, gelangt hier idF BGBl. I Nr. 36/2006 und die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 322/1997 - FSG-GV idF BGBl. II Nr. 64/2006 zur Anwendung:

 

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt (und belassen) werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung:

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen. Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

5.1. § 8 Abs.5 FSG-GV in der Fassung BGBl. II Nr. 427/2002 lautet:

"Fehlt ein Auge oder ist es praktisch blind oder ist eine funktionelle Einäugigkeit gegeben, so kann eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren erteilt werden, wenn durch eine fachärztliche Stellungnahme bestätigt wird, dass beim normal sehenden Auge ein normales Gesichtsfeld und eine Sehschärfe von mindestens 0,8 ohne oder mit Korrektur vorhanden ist.

Eventuelle Anzeichen bei beginnender Erkrankung des sehenden Auges müssen dahingehend beurteilt werden, in welchem Zeitraum eine augenärztliche Kontrolluntersuchung erforderlich ist; die Eignung kann nur für diesen Zeitraum angenommen werden. Bei der Festsetzung des Zeitraumes ist auch auf die Ursache und den Zeitpunkt des Verlustes oder der Blindheit des einen Auges Bedacht zu nehmen.

Erforderlichenfalls muss durch eine Beobachtungsfahrt oder eine Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit festgestellt werden, ob der Verlust eines Auges ausreichend kompensiert werden kann. Bei der Erteilung der Lenkberechtigung für das Lenken von Kraftfahrzeugen ohne Windschutzscheiben oder mit Windschutzscheiben, deren oberer Rand nicht höher liegt als die Augen des Lenkers beim Lenken, ist als Auflage die Benützung eines Augenschutzes vorzuschreiben."

 

5.2. Eine auf eine Prognosebeurteilung hinauslaufende Entscheidung hat letztendlich immer fallbezogen zu erfolgen, wobei das Vertrauen in selbstkritische Eigenwahrnehmung als Teil der Risikoabwägung und am Sachlichkeitsgebot orientiert, die Entscheidungsfindung tragen muss (vgl. Gehrmann/Umdeutsch,das Gutachten der MPU und Kraftfahreignung, Verlag C.H. Beck, Rn. 461).

Die ärztlich empfohlenen Auflagen sind im Sinne der obigen Ausführungen weitgehend rechtlich bedingt. Der Auflagenpunkt einer augenärztlichen Kontrolluntersuchung mit Dämmerungssehen schon nach 2 ½ Jahren scheint mit dem Verhältnismäßigkeits- und Sachlichkeitsgebot im Einklang.

 

5.2.1. Zur exakten Umsetzbarkeit des Auflagepunktes des Nachtfahrverbotes bedurfte es im Sinne der Anorderung an das  Bestimmtheitsgebot einer Auflage der anhand von Rechtsquellen sich ergebenden exakten Definition. Der Berufungswerber wird in der Praxis gut  beraten sein bereits kurz nach einsetzender Dämmerung kein Fahrzeug mehr zu lenken, wobei in Grenzfällen auf die amtliche Definition über das Tageslicht zurückzugreifen ist.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 

 



[1] Der Tag ist definiert vom Beginn der bürgerlichen Morgen- bis zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung; das entspricht ca. 15 Minuten vor Sonnenaufgang bzw. nach Sonnenuntergang iSd Zivilluftfahrt-Personalverordnung – ZLPV, Anlage I, Abschnitt A, BGBl. II Nr. 205/2006, Seite 7 – amtlich veröffentlicht auch im AIP (Luftfahrerhandbuch), Band I, Kapitel Allgemeines II, Pkt. 7/1, die tagesaktuellen Sonnenauf- u. Untergangsdaten sind ferner nach Landeshauptstädten gegliedert im Internet auf "www.orf.at/wetter" abrufbar;

 

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