Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161940/9/Br/Ps

Linz, 26.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Mag. N T, M, geb., Geschäftsführer, p.A. W Ges.m.b.H, H, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E G, Mag. C D, L, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3. Jänner 2007, Zl. VerkR96-4996-2005-BS, nach der am 26. Februar 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.e iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 und § 9 VStG eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro und im Nichteinbringungsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei folgender Tatvorwurf formuliert wurde:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen befugtes Organ der Firma W in S, H, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand bzw. die Ladung des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von M B gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert war, obwohl die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sein müssen, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist. Es wurde festgestellt, dass zu wenig Zurrgurte und defekte Zurrgurte verwendet wurden.

Tatort:            Gemeinde Roßleithen, Autobahn Freiland, Pyhrnautobahn A9 bei Strkm.   47,500, Autobahnmeisterei Platz Ausfahrt Roßleithen in Fahrtrichtung Nord.

Tatzeit:          07.07.2005, 16:20 Uhr.

Fahrzeuge:    Kennzeichen,

                      Anhänger O, S, g, Kennzeichen:, Sattelzugfahrzeug N, M, g."

 

1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

"Die im Spruch angeführte Übertretung wurde am 7. Juli 2005 von Polizeibeamten der Autobahnpolizeiinspektion Klaus auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung festgestellt. Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 6. Oktober 2005 haben Sie Einspruch erhoben. In Ihren im Laufe des Verfahrens vorgebrachten Rechtfertigungsangaben führen Sie im Wesentlichen aus, dass Sie kein Verschulden an der gegenständlichen unzureichenden Ladungssicherung treffen würde, da es Ihnen nicht möglich sei, sämtliche Beladevorgänge persönlich zu kontrollieren. Außerdem würden die Lenker regelmäßig geschult werden. Dem Akt liegen die Niederschriften über die zeugenschaftlichen Einvernahmen der Meldungsleger und des Lenkers sowie ein Sachverständigengutachten über die gegen­ständliche Ladungssicherung zugrunde, welche Ihnen nachweislich als Ergebnisse der Beweisaufnahmen zur Kenntnis gebracht wurden.

 

Die Behörde hat dazu Folgendes erwogen:

 

Es ist unbestritten und zweifelsfrei erwiesen durch das Gutachten und die vorliegenden Lichtbilder, dass im gegenständlichen Fall eine unzureichende Ladungssicherung vorlag. Sie bestreiten die Verantwortlichkeit und ein Verschulden Ihrerseits, da die Lenker ausreichend und regelmäßig geschult werden würden und es Ihnen nicht möglich sei, jeden Beladevorgang zu überwachen. Rechtlich ist dazu auszuführen, dass gemäß § 101 Abs. 1 lit. e KFG 1967 die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig ist, wenn die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombi­nationen geeigneter Ladungs­sicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist.
 

Gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahr­zeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahme­genehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundes­gesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Übertretungen dieser Bestimmungen sind gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 jeweils mit Geld­strafen bis zu Euro 5.000,00 zu ahnden.

 

Zur Erfüllung der Ihnen obliegenden Verpflichtungen aber haben Sie vielmehr durch Einrichten eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der entsprechenden Vorschrift auch außerhalb des Betriebsgeländes zu sorgen. Es werden von Ihnen im gegenständlichen Verfahren keine Beweise oder Rechtfertigungen vorgebracht, die auf ein wirksames funktionierendes Kontrollsystem schließen lassen. Vielmehr stützen sich Ihre Rechtfertigungen auf die durchgeführten Schulungen der Lenker. "Die Behauptung, die Lenker regelmäßig zu belehren, zu schulen und stichprobenartig zu überwachen, reicht zur Glaubhaftmachung des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems durch den Zulassungsbesitzer nicht aus." VwGH95/03/0049 vom 12.07.1995

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Maßgeblich ist, ob Sie als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991 alle Maßnahmen getroffen haben, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Tätigkeitsbereich des Unternehmens mit gutem Grund erwarten lassen.

 

"Eine vom Zulassungsbesitzer an die bei ihm beschäftigten Lenker gegebene Dienstanweisung kann diesen nicht entlasten, zumal eine Überwälzung der den Zulassungsbesitzer persönlich treffenden Verpflichten auf den ohnehin diesbezüglich separat unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich ist." VwGH 2495/79 vom 18.12.1979."

 

Ein wirksames Kontrollsystem wurde von Ihnen nicht glaubwürdig dargestellt, weshalb die Behörde unter Zugrundelegung des vorliegenden Sachverhalts und der dargebrachten Rechtfertigungsgründe zu dem Ergebnis kam, dass Sie den Ihnen zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht und als Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

 

Da diese Übertretung unter Strafsanktion gestellt ist, war mit Bestrafung vorzugehen.

 

Die Behörde gelangt zur Ansicht, dass bei der Bemessung der Strafe die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtsschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen als Grundlage angenommen wurden. Bei der Überprüfung der Strafhöhe wurden das Ausmaß des Verschuldens und auch der Umstand, dass Sie bisher wegen einer - wenn auch nicht ein­schlägigen - Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft wurden, gewertet. Die Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden somit gegeneinander abgewogen. Bei den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse musste von unserer Schätzung ausgegangen werden.

 

Die verhängte Geldstrafe befindet sich im untersten Bereich des gesetzlich vorgeschriebenen Strafausmaßes und erscheint dem Unrechtsgehalt der Tat als durchaus angemessen.

 

Unzureichende Ladungssicherung kann zu Beeinträchtigungen des Fahrverhaltens führen und eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, weshalb die Behörde im Interesse der Sicherheit im Straßenverkehr entschieden hat.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist im § 64 VStG 1991 gesetzlich begründet."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung folgenden Inhaltes:

"In umseits rubrizierter Rechtssache erstattet der Berufungswerber durch seine ausgewiese­nen Vertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Aktenzeichen: VerkR96-4996-2005-BS, den Rechtsvertretern des Berufungswerbers zuge­stellt am 05.01.2007, sohin innerhalb offener Frist, nachstehende

 

BERUFUNG

 

an die zuständige Oberbehörde.

Der erstinstanzliche Bescheid wird in seinem ganzen Inhalt nach angefochten und werden die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Sachverhaltsfest­stellung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung einschließlich des Vorliegens sekundä­rer Feststellungsmängel geltend gemacht.

 

Gestellt wir der

 

BERUFUNGSANTRAG:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich als zuständige Oberbehörde wolle ge­genständlicher Berufung stattgeben und das angefochtene Straferkenntnis aufheben; das Verwaltungsstrafverfahren möge zur Einstellung gebracht werden.

 

Der Berufungswerber begründet seinen Berufungsantrag wie folgt:

 

1.

 

Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt, dass er es als handelsrechtlicher Geschäftsfüh­rer und damit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen befugtes Organ der Fir­ma W GesmbH mit dem Sitz in S, H, zu verantworten habe, dass die mit dem Sattelzugfahrzeug sowie auf dem An­hänger (beide zugelassen auf die W GesmbH) am 07.07.2005 von B M um 16:20 Uhr im Gemeindegebiet Roßleithen beförderte Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert war.

 

Die erstinstanzliche Behörde hat im Zuge des abgeführten Beweisverfahrens ein Gutachten des Amtssachverständigen Ing. E H/Abt. Verkehrstechnik/Land Oberösterreich eingeholt, welches vom 21.09.2006 datiert und in welchem der Sachverständige zum Ergebnis gelangt, dass die Sicherung der Elektroden, Kupferdrahtrollen und Holzplatten als nicht ausreichend angesehen werden muss.

 

Nach Rechtsansicht der erstinstanzlichen Behörde hat daher der Berufungswerber die Über­tretung der Rechtsvorschriften des § 103 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 lit e KFG 1967 i.V.m § 9 VStG 1991 zu verantworten und wurde über ihn mit dem angefochtenen Strafer­kenntnis eine Geldstrafe in Höhe von € 165,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfrei­heitsstrafe von 48 Stunden) gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 verhängt und wurde der Beru­fungswerber weiters gemäß § 64 VStG 1991 in die Tragung eines Kostenbetrages zur De­ckung der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 15,00 verfällt.

Die erstinstanzliche Behörde begründet ihr Straferkenntnis damit, dass der dem Berufungs­werber zur Last gelegte Tatbestand verwirklicht und vom Berufungswerber als Verwaltungs­übertretung zu verantworten sei. Diese Verantwortlichkeit des Berufungswerbers begründet die erstinstanzüche Behörde damit, dass der Berufungswerber ein wirksames Kontrollsystem nicht glaubwürdig dargestellt habe. Die Behörde führt diesbezügliche sogar aus, dass der Berufungswerber im gegenständlichen Verfahren keine Beweise oder Rechtfertigungen vor­gebracht hätte, die auf ein wirksames funktionierendes Kontrollsystem schließen ließen.

Ausgehend von der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, dass im gegenständlichen Fall die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers gegeben ist, hat es die erstinstanzliche Behörde unterlassen, den Sachverhalt hinsichtlich des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems ordnungsgemäß zu ermitteln. Dazu wäre die erstinstanzliche Behörde nicht nur aufgrund der im Verwaltungsstrafverfahren herrschenden Offizialmaxime sondern auch aufgrund der vom Berufungswerber ausdrücklich angebotenen Beweismitteln und Beweisanträge verpflichtet gewesen.

Diese Verpflichtung zur ordnungsgemäßen und umfassenden Sachverhaltsfeststellung hat die erstinstanzliche Behörde im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren verletzt.

 

2.

 

Der Beschuldigte hat im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wiederholt die Abläufe im Unternehmen der Firma W GesmbH dargestellt und in seiner Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.10.2006 auch ausdrücklich aus­geführt, dass es im Unternehmen separat für die Administration des Fuhrparks und der Fah­rer hauptberufliche Disponenten gibt. Die Einrichtung dieses Disponentensystems gewähr­leistet gemeinsam mit den für die Fahrer durchgeführten Fahrsicherheitstrainings und Fachseminaren, betreffend die Ladungssicherung, ein sehr wohl wirksames Kontrollsystem. Die grundsätzliche Wirksamkeit eines Kontrollsystems kann nicht allein deshalb verneint werden, wenn trotz Kontrollsystems eine Fehlleistung passiert. Ein Kontrollsystem kann selbstver­ständlich auch dann wirksam sein, wenn keine hundertprozentige Fehlervermeidung erreicht wird. Dies würde die Anforderungen an ein Kontrollsystem bei weitem überspannen und ist keinesfalls zuzumuten.

 

Die Einvernahme des beantragten Hauptdisponenten R S, welcher im Schriftsatz vom 23.10.2006 ausdrücklich beantragt wurde, hätte die erstinstanzliche Behörde in die Lage versetzt, sich über das Zusammenspiel von Disponenten, Schulungsmaßnah­men, Lenkern und Überprüfungen ein vollständiges und ordnungsgemäßes Bild zu machen. Diese Komponenten gemeinsam ergeben erst das vom Beschuldigten nicht nur behauptete sondern auch mit Beweisanboten untermauerte Kontrollsystem.

 

Die Nichtaufnahme des angebotenen Beweismittels der Einvernahme des Zeugen R S belastet das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren mit einem wesentli­chen Verfahrensmangel, der geeignet war, eine fehlerhafte Entscheidung herbeizuführen, da eine Beurteilung der Wirksamkeit des eingerichteten Kontrollsystems ohne Einvernahme des Hauptdisponenten, der einen wesentlichen Teil des Kontrollsystems darstellt unter keinen Umständen möglich ist.

 

Da die Behörde - ausgehend von ihrer falschen Rechtsansicht, dass ein wirksames Kontroll­system nicht vorliegt - die diesbezüglichen vollständigen Sachverhaltserhebungen unterlas­sen hat, belastet sie das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt auch noch mit einem sekundären Feststellungsmangel, der an dieser Stelle auch gesondert aus dem Berufungs­punkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung hiermit gerügt wird.

 

3.

 

Die Behörde führt aus, dass sich die Rechtfertigungen des Beschuldigten auf die durchge­führten Schulungen der Lenker beziehen würden. Darüber hinaus wird eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.07.1995 zitiert wonach eine Behauptung, die Lenker regelmäßig zu belehren und zu schulen und stichprobenartig zu überwachen zur Glaubhaft-machung des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems durch den Zulassungsbesitzer nicht ausreichen würde.

 

Die erstinstanzliche Behörde hat die im gesamten bisherigen Verlauf des Verwaltungsstraf­verfahrens vom Berufungswerber erstatteten Äußerungen auf diesen einen Satz reduziert, wonach auf die durchgeführten Schulungen der Lenker verwiesen wurde. Die erstinstanzli­che Behörde hat trotz Vorliegens entsprechender Beweisergebnisse (eigenes Vorbringen des Berufungswerbers im erstinstanzlichen Verfahren) sowie angebotener Beweisanträge völlig unterlassen, bei der Beurteilung, ob dem Berufungswerber ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden kann, auf die konkreten Umstände des aktgegenständlichen Bela­dungsvorganges einzugehen. Dies ist jedoch zur ordnungsgemäßen Beurteilung, ob von einer vorwerfbaren Fehlleistung auf Seiten des Berufungswerbers ausgegangen werden kann, unerlässlich.

 

Der Berufungswerber hat beispielsweise in seiner Stellungnahme vom 23.10.2006 ausdrück­lich dargestellt, dass die Überprüfung der einzelnen Fahrer nicht beim unmittelbaren Belade­vorgang vorgenommen werden kann, wenn dieser - wie im vorliegenden Fall - außerhalb des Firmengeländes am Firmengelände eines Geschäftspartners stattfindet. Im Fall, in welchem bei einem Geschäftspartner an einem anderen Ort Beladungsvorgänge vorgenommen wer­den, an denen naturgemäß von Seiten der Firma W GesmbH nur der eingesetzte Fahrer tätig ist, kann und darf dem Geschäftsführer nur dann ein verwal­tungsstrafrechtlich relevanter Vorwurf im Sinne einer Fahrlässigkeit gemacht werden, wenn er nicht auf die Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsvorschriften durch den eingesetzten Lenker vertrauen durfte.

Es wäre daher aufgrund der Einzelumstände des Beladungsumganges, insbesondere des Ortes, an welchem dieser Beladungsvorgang stattgefunden hat, unerlässlich gewesen, dies­bezüglich Feststellungen im Zuge des Beweisverfahrens zu treffen und diese Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Dies hat die Behörde ebenfalls unterlassen.

 

4.

 

Die erstinstanzliche Behörde stellt umfangreich durch Einvernahme der eingeschrittenen Polizeibeamten sowie separate Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffend den Zustand der Ladungssicherung fest, wie diese Sicherung beschaffen war. Damit wird jedoch lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes festgestellt. Die erstinstanzliche Behörde wäre verpflichtet gewesen, auch bei der Feststellung des subjektiven Tatbestandes, sohin der Überprüfung, ob auf Seiten des Beschuldigten ein Verschulden vorliegt, dieselbe Sorgfalt und Differenziertheit anzuwenden.

 

Gemäß § 5 VStG ist zur Anrechnung einer Verwaltungsübertretung immer ein subjektives Element, dass heißt ein Verschulden notwendig. Das gesamte erstinstanzliche Verfahren hat jedoch keinen einzigen Anhaltspunkt für ein solches Verschulden im Sinne einer persönli­chen Vorwerfbarkeit ergeben. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die erstinstanzliche Behörde sich lapidar mit dem Satz begnügt, ein wirksames Kontrollsystem wäre eben nicht vorhanden gewesen. Die Behörde begründet diese Feststellung auch nicht weiter, da sie im Beweisverfahren eben keine Deckung findet. Es wurde bereits ausgeführt, dass der bloße Umstand alleine, dass es tatsächlich zu einer Fehlleistung gekommen ist, ein Kontrollsystem an sich nicht untauglich bzw. unwirksam macht.

 

Aus der Dogmatik des Strafrechtes, die im Verwaltungsstrafverfahren gleichfalls anzuwen­den ist, ergibt sich, dass der Begriff der objektiven Sorgfaltswidrigkeit, welche den Beschul­digten vorgeworfen werden müsste, eine Begrenzung durch den Vertrauensgrundsatz er­fährt!

Aufgrund der gesicherten Rechtssprechung des obersten Gerichtshofes findet der Vertrau-ensgrundsatz nicht nur im Straßenverkehr Anwendung sondern vor allem auch in den Berei­chen Industrie und Gewerbe, wobei bei Zusammenwirken mehrer Personen in Form von Arbeitsteilung stets von diesem Vertrauensgrundsatz auszugehen ist.

 

Dies bedeutet in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache, dass vom Handelnden (Beru­fungswerber) grundsätzlich nur jene Sorgfalt verlangt werden kann und auch verlangt wer­den darf, die unter der Annahme erforderlich ist, dass sich die Mitarbeiter des Beschuldigten ebenfalls sorgfaltsgemäß verhalten werden.

Nur dann, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens eines Mitarbeiters bereits eindeutig erkennbar oder doch konkret indiziert ist darf eine Sorgfaltsgemäßheit der (unter­gebenen) Mitarbeiter nicht mehr vertraut werden.

 

Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn es sich um Sorgfaltswidrigkeiten handelt, welche mit der Beaufsichtigung oder gar Überwachung des Verhaltens anderer im Zusammenhang stehen­ (vergleiche insbesondere OGH 13 Ob 67/91-39).

 

Nochmals auf den vorliegenden Fall bezogen, bedeutet dies, dass der Berufungswerber auf­grund des bisherigen tadellosen und sorgfältigen Verhaltens des Lkw-Fahrers B M, der bislang auch hinsichtlich seiner Tätigkeit firmenintern zu keinen Beanstandungen Anlass gegeben hat, sowie aufgrund des seine Aufgaben ordnungsgemäß und umfassend erfüllenden Hauptdisponenten R S auf die Einhaltung der Sorgfalt und der behördlichen Auflagen und Anordnungen im Rahmen der im Unternehmen herrschenden Organisation vertrauen durfte.

 

Er hatte keinen Grund zur Annahme, dass Sicherheitsvorschriften, Beladevorschriften, etc. außer Acht gelassen würden.

 

Die bisherige sorgfältige und ordnungsgemäße Dienstverrichtung sowohl des Lenkers als auch des Hauptdisponenten einerseits, verbunden mit der - eine weitere Komponente des Kontrollsystems darstellenden - Durchführung von Fahrsicherheitstrainings- und Ladungssi­cherheitsvorschriften begründet den Umstand, dass der Beschuldigte auf das ordnungsge­mäße Verhalten seiner Mitarbeiter vertrauen durfte.

 

Deshalb gilt für den Berufungswerber der oben dargestellte Vertrauensgrundsatz im vollen Umfang. Eine Verletzung der ihn treffenden objektiven Sorgfaltspflichten ist im gegenständli­chen Fall nicht gegeben. Aus diesem Grund ist die Bestrafung unzulässig.

 

5.

 

Auch fehlt es im gegenständlichen Fall an der strafrechtlichen Zumutbarkeit:

 

Von einem Geschäftsführer eines Industrieunternehmens mit vielen Mitarbeitern, einem ent­sprechend großem Fuhrpark - welcher ebenfalls im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens in der Rechtfertigung vom 04.11.2005 dargestellt, jedoch in die Feststellungen der erstinstanz­lichen Behörde keinen Eingang gefunden hat - und verschiedenen Unternehmensteilen zu verlangen, unter anderem sämtliche Beladevorgänge persönlich zu kontrollieren oder bei jedem Beladevorgang - sei es auch außerhalb des Firmengeländes bei Geschäftspartnern -dem ohne dies geschulten und überwachten Lenker einen weiteren Mitarbeiter gleichsam zur Überwachung beizugeben, wäre angesichts der Aufgabe eines Geschäftsführers und der Organisation eines solchen Industrieunternehmens unzumutbar, undurchführbar und den­kunmöglich.

 

Diese Vorgangsweise kann von keinem - auch noch so sorgfältigen - Geschäftsführer erwar­tet werden und wäre eine solche Erwartung unzulässig. Dies steht mit der von ihm ausgeüb­ten zentralen Geschäftsführung- und Leitungstätigkeit im direkten Zuspruch.

 

Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass der Berufungswerber seinen Aufgaben­bereich sorgfältig wahrgenommen hat, für eine ordnungsgemäße, zur Einhaltung der gesetz­lichen Vorschriften geeignete Organisation im Unternehmen, insbesondere in der Administra­tion des Fuhrparks durch die Beschäftigung der bereits mehrfach erwähnten Disponenten sowie durch entsprechende Schuldungs- und Trainingsmaßnahmen, Überprüfungen und Belehrungen, für welche er ebenfalls im Unternehmen Sorge getragen hat, ihm wie auch immer geartetes Verschulden, welches die zwingende Voraussetzung für eine Verwaltungs­übertretung bzw. die Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist, angelastet werden kann.

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass es ohne Verschulden keine strafrechtlich - auch nicht ver-waltungsstrafrechtlich - relevante Zuordnung eines Verhaltens zu einem (Verwaltungs-) Straftat bestand geben kann. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, dass zur Entlastung des Geschäftsführers kein verwaltungsstrafrechtlich Bevollmächtigter im Sinne des § 9 VStG bestellt ist.

 

Es wurde in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache aufgrund der vorliegenden Verwal­tungsübertretung der verantwortliche Lenker B M bereits bestraft. Wenn die Ver­antwortlichkeit in Fällen wie dem gegenständlichen auch den Geschäftsführer eines Indust­rieunternehmens (!) ausgedehnt wird und damit der an ihn anzulegende Sorgfaltsmaßstab und das von ihm verlangte Überprüfungsverhalten Ausmaße annimmt, die völlig denkun­möglich sind, würde die Führung eines Großbetriebes verunmöglicht. Daran könnte auch die Bestellung von Bevollmächtigten gemäß § 9 VStG nichts ändern, da mit solchen Bestim­mungen lediglich die verwaltungsstrafrechtliche Zuordnung abgeändert würde. Wo ein Ver­schulden fehlt ist nicht zur Vermeidung von Bestrafungen ein Bevollmächtigter gemäß § 9 VStG zu bestellen, sondern ist die Bestrafung an sich rechtswidrig und damit unzulässig.

 

Diese Rechtsansicht widerspricht auch die von der erstinstanzlich Behörde zitierte VwGH-Entscheidung vom 18.12.1979 (2495/79) nicht, da im berufungsgegenständlichen Fall keine Überwälzung von Verpflichtungen des Zulassungsbesitzers auf den Lenker erfolgt sondern der Zulassungsbesitzer (hier in Person des Geschäftsführers) seine Verpflichtungen ord­nungsgemäß wahrgenommen hat. Sodass für eine Überwälzung kein Anwendungsbereich besteht.

 

Wenn ein Leiter eines Unternehmens für eine ordnungsgemäße sorgfältige Struktur im Un­ternehmen sorgt, die geeignet ist, Rechtsverletzungen im Wesentlichen hintanzuhalten so kann ihm dies nicht als Verschulden angelastet werden.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich hat sich in seiner Entscheidung zu VwSen-161499/8/BR/PS vom 18.08.2006, sehr detailliert mit der Verantwortlichkeit und der Zurechnung eines Fehlverhaltens eines Untergebenen an den Geschäftsführer auseinander­gesetzt und beispielsweise unter anderem ausgeführt, dass einem Verantwortlichen im Er­gebnis kein anderes Verhalten zuzumuten sei, als eben ein System einzurichten, welches regelmäßigen Kontrollen und im Ergebnis einer permanenten begleitenden Kontrolle gleich­zuhalten ist und entsprechend wirkt... Darunter muss und kann in realistischer und wirt-schaftspraktischer Betrachtung weder die Kontrolle jeder einzelnen Fuhre, noch etwa eine Abwäge jedes einzelnen Fahrzeuges verstanden werden.

 

Der UVS hat in dieser zitierten Entscheidung auch festgehalten, dass der Umstand, dass einem zuverlässigen, seit vielen Jahren bewährten Fahrer, einmal ein Fehler unterlaufen kann die Wirksamkeit eines auf Hintanhaltung solcher Mängel zielenden Kontrollsystem kei­neswegs in Frage stellt. Hinter jedem solchen Einzelfall einen Systemmangel zu vermuten, würde im Ergebnis zu einer der österreichischen und wohl jeder modernen Rechtsordnung fremden Erfolgshaftung führen.

Der UVS hat in der zitierten Entscheidung weiters ausdrücklich festgehalten, dass es als durchaus lebensnah zu gelten hat, dass es bei einem letztlich noch so hoch entwickelten logischen System zu Fehlern mit oder ohne Folgen kommt, die aber nicht zwingend immer der Verantwortlichkeit der Führungsspitze zuzurechnen sind. Letztlich kann in den immer komplexer werdenden Systemvernetzungen kein Handeln in dieser Kette vom sogenannten Fehlerkalkül ferngehalten werden.

 

Wenn demnach einem Fahrer, wie hier dem Lenker B M, ein solcher Fehler pas­sierte und er für diesen spürbar bestraft wurde ist damit das bereits von der Gesellschaft missbilligte Ereignis geahndet. Damit ist dieser Fehler in der Relation zu der Vielzahl der Frachtaktivitäten ein verschwindender Einzelfall, was daher unter abermals realistischer und verkehrspraktischer Beurteilung - gerade nicht den Schluss auf einen Systemmangel und eine schuldhafte Unterlassung der Systemspitze zulässt.

 

Festzuhalten ist, dass sich die zitierte Entscheidung des UVS für Oberösterreich ausführlich mit der Problematik der Schaffung eines Kontrollsystems und der unzulässigen Zurechnung jedes Verschuldens eines untergebenen Mitarbeiters an die Führungsspitze befasst.

 

Das gegenständliche Beweisverfahren hat auch keinerlei Anhaltspunkte dahingehend erge­ben, dass solche Fehlleistungen vom Unternehmen stillschweigend geduldet würden. Dies­bezüglich enthält das Straferkenntnis auch keinerlei Feststellungen. Es stellt sich so dar, dass selbstverständlich solche Fehlleistungen wiederum zu Abmahnungen, Nachschulun­gen, Belehrungen und noch intensiveren Kontrolle führen.

 

Für den Umstand, dass im Unternehmen ein taugliches Kontrollsystem eingerichtet ist spricht auch, dass trotz des hohen Frachtaufkommens fast keine Beanstandungen stattfin­den und im übrigen sich aus den Verwaltungsaufzeichnungen des Lenkers B M ergibt, dass dieser sich bislang rechtstreu verhalten hat.

 

Kein noch so geeignetes Überwachungssystem hinsichtlich der Beladungspraxis von Last­kraftfahrzeugen kann einen Fehler oder einen Ungehorsam in der nachgeordneten Hierachie-kette verhindern (siehe VwGH 08.04.1987, 85/03/0112, VwGH 13.11.1996, 96/03/0232).

 

Abschließend ist noch zur Feststellung der subjektiven Tatseite im Sinne einer verfassungs­konformen Interpretation auszuführen, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 1 2. Satz VStG nicht bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat. Die Behörde hat vielmehr bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die am Verschulden des Beschuldigten zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Aufgrund der Arbeitsteiligkeit des Unternehmens, der durchgegliederten Unternehmenshierachie, der Einrichtung der hauptberuflich tätigen Disponentenabteilung, der mit den Fahrern durchgeführten Schulun­gen, des konkreten Beladevorganges, des bisherigen untadeligen Verhaltens der untergebe­nen Mitarbeiter etc. durfte die erstinstanzliche Behörde keinesfalls von vornherein vom Vor­handensein eines Verschuldens auf Seiten des Berufungswerbers ausgehen, welches sie von der Verpflichtung, dieses Verschulden detailliert festzustellen und zu begründen, entho­ben hätte.

 

Die von der erstinstanzlichen Behörde vertretene Rechtsansicht, die auch dem Berufungs­werber ein Verschulden zurechnet und ihn daher mit einer Verwaltungsstrafsache belegt, wird er einem Geschäftsführer in der Position des Berufungswerbers für die Zukunft zur Vermeidung von Verwaltungsstrafsachen nur die Möglichkeit offen lassen, sich im Falle einer vom Lenker oder Disponenten zu verantwortenden Verwaltungsübertretung umgehend von diesen zu trennen und das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ansonsten müsste der Geschäfts­führer immer gewärtig sein, dass ihm bei einer nicht auszuschließenden weiteren Verwal­tungsübertretung des betroffenen Mitarbeiters dahingehend ein Verschulden zu Last gelegt wird, dass er einen bereits verwaltungsstrafrechtlich auffällig gewordenen Lenker oder Disponenten nach wie vor weiter beschäftigt hat, ohne ihm persönlich laufend zu überprüfen, was selbstverständlich nicht möglich wäre.

 

Ob das Ergreifen solcher Maßnahmen, welche als einzige geeignet wären, sich in arbeitstei­ligen Wirtschaftsunternehmen vor Verwaltungsstrafen zu schützen, wie sie im gegenständli­chen Verwaltungsstrafverfahren verhängt wurden, im Sinne des Gesetzgebers und der Ge­sellschaft liegt, muss unbedingt bezweifelt werden. Diese Konsequenz ergibt sich aber bei von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen Auslegung der einschlägigen Verwal­tungsvorschriften.

 

Die eingangs gestellten Berufungsanträge auf Stattgabe der Berufung, Aufhebung des ange­fochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens werden hier­mit wiederholt.

 

S, am 18.1.2007/Mag. D/N                                          Mag. N T, M"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier angesichts der Verantwortung des Berufungswerbers für die Nachvollziehung des Vorbringens zum sogenannten "wirksamen Kontrollsystem" in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm der Berufungswerber persönlich nicht, jedoch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil. Als Zeugen einvernommen wurden der bei der fraglichen Fahrt tätige Fahrzeuglenker B. M und der Disponent R. S.

Der Berufungswerber legte die firmeninterne Fahrtenstatistik Lkw’s über 12 Tonnen vor (Beil. \1).

Ebenfalls wurde über den damaligen Beladungszustand ein Gutachen des allgemein gerichtlich beeideten KFZ-SV Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. S vorgelegt. Dieses wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung unter Beiziehung des Amtssachverständigen TOAR Ing. W. I ausführlich erörtert.

 

4.1. Unstrittig ist hier die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als nach außen vertretungsbefugtes Organ des Zulassungsbesitzers. Gegen den Lenker ist wegen der hier verfahrensgegenständlichen mangelhaft gesicherten Ladung ein Verwaltungsstrafverfahren bereits abgeschlossen. Wie im Rahmen der Berufungsverhandlung in Erfahrung gebracht werden konnte, wurde diesbezüglich auch der Belader einer in der S etablierten Firma bestraft.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass hinsichtlich der insgesamt 26 Tonnen schweren Ladung, insbesondere die 16 Tonnen schweren Spanplatten eine nicht ausreichende Sicherung als erwiesen gelten kann. Diesbezüglich decken sich sämtliche Gutachten. Es kann jedoch auf sich bewenden, ob letztlich hinsichtlich der ebenfalls geladenen Metallwaren – wegen deren nicht gänzlich formschlüssigen Ladung bzw. der auch diesbezüglich geringen Freiräume – ebenfalls ein Mangel vorlag.

Unstrittig ist, dass der Lenker noch vor diesem Vorfall im Rahmen einer von der Firma veranstalteten und von einem autorisierten Fachmann durchgeführten Schulung eine entsprechende Schulung über Ladungssicherungsvorschriften erfahren hat. Er hätte hier jedoch anstatt der nur 6 für die Spanplatten verwendeten Zurrgurte mindesten 13 zu verwenden gehabt, um den zur Erreichung der Ladungssicherung erforderlichen Reibungswert zu erhalten. Dies verkannte offenkundig sowohl der Lenker als auch der bei der Beladefirma tätig gewordene Belader. Laut dem zeugenschaftlich einvernommenen Lenker hätte er ausreichend Gurte zur Verfügung gehabt, wobei ihm die Bedeutung der Vorspannwerte offenbar nur unzulänglich evident waren.

Zwischenzeitig wurde bereits eine weitere Ladungssicherungsschulung veranstaltet und die Kenntnisse sind seit der erst per 1.1.2005 rechtlich thematisierten Ladungssicherungsproblematik entsprechend besser.

Der Sachverständige erklärte die Komplexidität dieses Fachgebietes, wobei aus der Perspektive des Lenkers ohnedies nur an Hand von sogenannten Faustformeln zu sichern ist. Die Spanplatten betreffend wurden aber elementare Grundsätze nicht eingehalten, sodass durchaus von einer Gefährdung – etwa durch Abrutschen der Ladung bei einer Vollbremsung – die Rede sein konnte.

Der zeugenschaftlich einvernommene Disponent R. S bestätigte die regelmäßigen Schulungen und Fahrsicherheitstrainings mit Lkw’s für die Fahrer. Insbesondere würden die jüngeren und unerfahrenen Lenker vermehrt bei den Ausfahrten kontrolliert und festgestellte Mängel behoben und zum Gegenstand der regelmäßigen Besprechungen gemacht. Alle vier bis sechs Wochen werden im Beisein des Berufungswerbers Fachbesprechungen abgehalten.

 

4.2. Der Berufungswerber verantwortete sich im Rahmen der Berufungsverhandlung zusammenfassend dahin, dass er nicht jedes der über 80 in seinem Verantwortungsbereich fallenden Fahrzeuge der Firmengruppe W Ges.m.b.H. kontrollieren könne. Es wurde mit Blick auf den in den letzten Jahren der Ladungssicherung zuzuordnenden Bedeutung im Sinne der Verkehrssicherheit letztlich auch im Firmeninteresse der Personalstand bei den Disponenten von zwei auf vier Personen erhöht.  

Die mit sachverständigen Experten des Landes Oö. zwischenzeitig zweimal veranstalteten Schulungen seien wie die permanente Überwachung der Fahrer als Beweis eines ausreichend tauglichen Kontrollsystems anzuerkennen. Schließlich sei es doch auch im Firmeninteresse Schäden am Ladegut zu vermeiden.

Diesbezüglich verwies der Berufungswerber auf die im vergangenen Jahr durchgeführten 35.316 Fahrten, wobei nur 13 (davon 10 durch Anonymverfügungen) zur Anzeige gelangten. Im gegenständlichen Fall sei überhaupt die Beladung in der Steiermark erfolgt, sodass die firmeninterne Ausfahrtkontrolle nicht erfolgen konnte und ihm schon mit Blick darauf nicht der Fehler des mittlerweile nachgeschulten Fahrers als Verschulden zur Last fallen könne.

Ebenso wies der Berufungswerber auf die Vielzahl von Einzelschritten, die in der Gesamtschau ein entsprechend wirksames Kontrollsystem darstellen, hin.

Unter Hinweis auf seine Darstellung in einem ebenfalls im vergangenen Jahr vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. geführten Berufungsverfahren wurde abermals die Vielzahl der täglich durchgeführten Fahrten, die unter Hinweis auf die Statistik so gut wie zu keinen Beanstandungen führten, als anzuerkennendes Faktum hervorgehoben. Diese Darstellung wird auch von den Zeugen nachvollziehbar dargetan.

 

4.3. Die Verantwortung des Berufungswerbers entspricht den logischen Denkgesetzen und erweist sich als gut nachvollziehbar. Ein Mangel in einem Kontroll- u. Überwachungssystem vermag insbesondere hier schon deshalb nicht erblickt werden, weil die Beladung außerhalb des Betriebsstandortes erfolgte und sämtliche Voraussetzungen für eine sachgerechte Sicherung dem Fahrer zur Verfügung standen. Wenn über 35.000 Fahrten unbeanstandet bleiben, wäre es geradezu realitätsfremd einem derart strukturierten Betrieb einen Mangel im System vorzuwerfen.

Im Gegensatz dazu ist hier vielmehr von einer als vorbildlich zu bezeichnenden Instruierung und Schulung der Fahrer und Disponenten auf höchstmöglichem Niveau auszugehen.

Wenn hier dem Fahrer B. M eine Fehleinschätzung bei der Sicherung der Spanplatten unterlief und dafür nicht nur er, sondern offenbar auch der Belader bestraft wurde, wird nicht zuletzt der staatliche Strafanspruch als erschöpft gelten können. Dieser Fehler muss in der Relation zur Vielzahl an Frachtaktivitäten als verschwindender und bei realitätsnaher Beurteilung von keinem Überwachungssystem verhinderbarer Einzelfall bezeichnet werden. Ein solcher in der Unzulänglichkeit jedes Menschen möglicher Fehler vermag daher nicht als beweistauglich für die Annahme eines Systemmangels und ein Verschulden der physischen Person an der Führungsspitze erachtet werden.

Vielmehr scheint es sich hier um eine Fehleinschätzung der physikalischen Kräfte seitens des Fahrers gehandelt zu haben, was letztlich für den Lenker verwaltungsstrafrechtlich nicht ungeahndet blieb. Der Lenker zeigte sich im Rahmen seiner Zeugenaussage durchaus problemeinsichtig, wobei mit Blick auf den Wert der Ladung sich keine Anhaltspunkte ergaben, dass etwa schlampige Ladungssicherungen von der Firma stillschweigend geduldet würden. Vielmehr war der gegenteilige Eindruck zu gewinnen, weil doch die Fracht im Firmeninteresse ihr Ziel unbeschädigt erreichen sollte.

Jede andere Beurteilung würde jedes rechtmäßige Alternativverhalten vorweg ausschließen und zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen "Erfolgshaftung" für den Unternehmer bzw. seines Repräsentanten führen.

Dem Berufungsvorbringen konnte demnach in seinem gesamten Umfang gefolgt werden. Dies insbesondere auch mit den von h. im Verfahren VwSen-161499/7/Br/Ps vom 18.8.2006 getätigten Ausführungen zum Kontrollsystem.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Bei der Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern iSd § 101 Abs.1 lit.a Abs.2 und 5 KFG darf u.a. das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger, bei Sattelkraftfahrzeugen abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Sattellasten, durch die Beladung nicht überschritten werden,..........

Nach § 103 Abs.1 Z1 KFG hat (auch) der Zulassungsbesitzer – im Falle einer juristischen Person primär das zur deren Vertretung nach außen berufene Organ – dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

Eine Übertretung dieser Rechtsvorschriften ist grundsätzlich ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (vgl. VwGH, Slg. 9180 A/1976).

Dem Zulassungsbesitzer obliegt es demnach für ein geeignetes Überwachungssystem für die Beladung der Fahrzeuge zu sorgen und er hat – im Falle eines festgestellten gesetzwidrigen Zustandes eines für ihn zugelassenen Fahrzeuges – darzutun, weshalb ihn an diesem Zustand – an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift – kein Verschulden trifft. 

Dies bedeutet im Falle des § 103 Abs.1 KFG, dass der Zulassungsbesitzer, hier der Berufungswerber als dessen vertretungsbefugtes und verantwortliches Organ, darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (siehe VwGH 25.10.1989, 89/03/0180). Ein derart wirksames Kontrollsystem befreit den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Dem Zulassungsbesitzer in der Person des Berufungswerbers kommt demnach iSd § 103 Abs.1 iVm § 134 KFG eine verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zu.

Das bedeutet aber dennoch nicht, dass im Ergebnis jeder Beladevorgang einzeln überprüft werden müsste. Derartiges würde jegliches realitätsbezogene Sorgfaltssystem überfordern.

Selbst der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner gesicherten Judikatur auf die Beurteilung der Eignung eines Kontrollsystems je auf den Einzelfall ab, wenn er etwa zu dem nach § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG von einem Unternehmer, einem Arbeitgeber oder ebenso von einem nach § 9 Abs.1 VStG für eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlichen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab vermeint, dass die im (heutigen) Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es zwar nicht zulässt, dass sich der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bzw. strafrechtlich Verantwortliche aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Vielmehr müsse zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Nach der zitierten Rechtsprechung reichte allerdings die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus, vielmehr ist entscheidend, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgte (VwGH 19.5.1994, 93/17/0332 mit Hinweis auf VwGH 30. März 1982, Zl. 81/11/0087 und Slg. 10692/A = ZfVB 1983/3/1409; VwGH 12. Dezember 1984, Zl. 82/11/0380 = ZfVB 1985/4/1310; und vom 26. Mai 1986, Zl. 86/08/0024, 0025 = ZfVB 1987/2/431).

Von einem derart tauglichen System ist hier auszugehen. Dafür spricht nicht bloß die im Rahmen des Beweisverfahrens durch die Zeugen untermauerte Tatsache von Schulungen und einer tragfähigen Kontrolllogistik, sondern insbesondere auch die Tatsache, dass trotz des hohen Frachtaufkommens mit über 80 Lkw’s Beanstandungen von Fahrern im Bereich von unter 0,5 Promillen einen verschwindenden Anteil darstellt und der Berufungswerber bislang hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Verantwortlichkeit bislang nicht vorgemerkt ist.

Wenn die Behörde erster Instanz in diesem Einzelereignis ein Versagen im Kontrollsystem erblicken wollte, ist dem zu entgegnen, dass kein noch so "ausgereiftes Überwachungssystem" einen Fehler oder eine bewusste Inkaufnahme eines Mangels bei der Ladungssicherung seitens eines Fahrers durch die übergeordnete Hierarchiekette verhindert werden könnte. Daher ist wohl immer nur der Maßstab an einem "geeigneten System" anzulegen und nicht auf die grundsätzliche Erfolgsabwendung durch Fehlverhalten Dritter abzustellen (s. VwGH 8.4.1987, 85/03/0112, VwGH 13.11.1996, 96/03/0232). Letzteres würde zwangsläufig zur Folge haben, dass jede Beladung durch den Geschäftsführer selbst kontrolliert werden müsste.

Mit Blick darauf ist mit dem Hinweis auf VwGH 83/03/0141 nichts zu gewinnen, weil die Begründung des angefochtenen Bescheides doch gerade jenen Hinweis verschweigt, wonach ein für den Zulassungsbesitzer Verantwortlicher darzulegen hat, ob bzw. welche Maßnahmen er getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; wohl reicht die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus, sondern es hat der Zulassungsbesitzer vielmehr die Einhaltung seiner Weisungen auch gehörig zu überwachen (Hinweis auf VwGH 29. 1.1992, 91/03/0035). Mehrere solche in seiner Gesamtheit als Kontrollkette wirksam werdende Einzelschritte wurden vom Berufungswerber in seiner Verantwortung und im Rahmen dessen zeugenschaftlichen Aussagen des Disponenten und des einbekennend fehlerhaft handelnden Lenkers sehr wohl nachvollziehbar dargetan.

Alleine auf eine von einem Dritten zu verantwortende Fehlleistung abzustellen und dies immer auf ein Versagen des Kontrollsystems und damit automatisch ein (System-) Verschulden bis in die Hierarchiespitze erblicken zu wollen, liefe im Ergebnis auf eine reine Erfolgshaftung hinaus. Ein solcher Sinn darf der sogenannten Kontrollsystemjudikatur alleine mit Blick auf strafrechtliche Grundsätze "keine Strafe ohne Schuld" nicht wirklich zugesonnen werden.

Nicht zuletzt gilt es im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation und demnach unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat, ein solches Ergebnis zu untersagen (VfSlg. 11195/1986). Demnach hat immer noch die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens, hier in Form eines wirksamen und damit tauglichen Kontrollsystems, nicht glaubhaft ist.

Dies bedeutet, dass im Falle des § 103 Abs.1 KFG – wie oben bereits dargelegt – der Zulassungsbesitzer darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen, Schulungen u. dgl.) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (s. auch VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Ebenfalls unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes  ist dies etwa dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein so wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (siehe das hg. Erkenntnis vom 18. November 2003, Zl. 2001/03/0322). Ein solches Kontrollsystem hat dann exkulpierende Wirkung (VwGH 20.7.2004, 2002/03/0191).

Wie hätte er vorhersehen können, dass der Fahrer an einem hunderte Kilometer vom Firmenstandort entfernten Ladeplatz anstatt der erforderlichen 12 oder 13 Zurrgurte mit bloß 6 das Auslangen zu finden glaubte.

Wenn das Höchstgericht andererseits wieder sehr verallgemeinernd ein ausreichendes Kontrollsystem dahingehend verstehen will, dass die Überwachung des Zustandes aller im Betrieb eingesetzter Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden müsste (VwGH 30.6.2006, 2003/03/0033 mit Hinweis auf VwGH 20. Juli 2004, 2002/03/0191, VwGH 28. April 2004, VwGH 2001/03/0429 und VwGH 18. November 2003, 2001/03/0322), kann daraus in verfassungskonformer Rechtsanwendung wohl keinesfalls abgleitet werden, dass ein Fehlverhalten eines Lenkers automatisch als Verschulden des Verantwortlichen für den Zulassungsbesitzer durchschlagen kann.

Diese Annahme scheint zumindest das von der Erstbehörde eingeholte Gutachten zu suggerieren, wenn darin der Sachverständige in lapidarer Wiedergabe einer Rechtsmeinung zur Verantwortlichkeit des Zulassungsbesitzers ausführte.

Die Anforderungen an eine derartige Systemtauglichkeit sind zuletzt untrennbar mit den Anforderungen an die allgemeinen Sorgfaltspflichten und am Fahrlässigkeitsbegriff zu messen.

Der § 5 VStG lautet:

"Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft."

Die Anforderungen an objektive Sorgfaltspflichten dürfen nicht soweit überspannt werden, dass diese angelegten Maßstäbe zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt diesbezüglich den Standpunkt (s. Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), dass dieser Maßstab ein objektiv-normativer zu sein hat. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters (hier des Berufungswerbers als Geschäftsführer) versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter folglich nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (s. VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

Abschließend ist anzumerken, dass vor dem Hintergrund von über 35.000 in der Sphäre des Berufungswerbers disponierten Fahrten weniger als 20 verwaltungsstrafrechtlich und davon 10 nur per Anonymverfügung beanstandet wurden. Bei objektiver Beurteilung kann im Lichte dessen von einem Systemmangel wohl kaum die Rede sein.

Mit Blick darauf ist bei dem in seiner Gesamtheit zu beurteilenden außenwirksamen Ergebnis von einer tauglichen Struktur der internen "Kontrollpraxis" auszugehen (vgl. VwGH 17.1.1990, 89/03/0165, sowie VwGH 20.5.2003, 2002/02/02).

Letztlich gilt auch für das Verwaltungsstrafrecht das Schuldprinzip, dh. eine Bestrafung ist nur bei Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens möglich (VwGH 13.5.1987, 85/18/0067).

Demnach war hier dem Berufungswerber in seiner Verantwortung zu folgen gewesen und es ist nicht nur von der Glaubhaftmachung seiner Unschuld, sondern vielmehr vom Beweis derselben auszugehen.

Mangels eines Verschuldens war das Straferkenntnis nach § 45 Abs.1 Z1 VStG zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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