Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162004/5/Ki/Da

Linz, 06.03.2007

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des C S, G, R, vertreten durch RA. Dr. T G, W, P, vom 31.1.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land  vom 15.1.2007, VerkR96-7316-2006 Be, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6.3.2007 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 15.1.2007, VerkR96-7316-2006 Be, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 31.8.2006 um 14.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X auf der Raiffeisenstraße auf Höhe der Liegenschaft Raiffeisenstraße Nr. 1 bis 3 im Gemeindegebiet von Marchtrenk verbotenerweise auf dem dort befindlichen Radfahrstreifen geparkt, obwohl das „Halten und Parken“ auf Radfahrstreifen verboten ist. Er habe dadurch § 24 Abs.1 lit.k StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 31.1.2007 Berufung mit dem Antrag, das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. U.a. wird in Frage gestellt, ob überhaupt ein richtig verordneter Radfahrstreifen vorlag.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6.3.2007. An der Verhandlung nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der belangten Behörde teil. Als Zeuge wurde der Meldungsleger, RI. S, einvernommen.

 

Weiters wurde Einsicht genommen in Lichtbildkopien der Tatörtlichkeit sowie in den Akt betreffend die Erlassung der verfahrensgegenständlichen VO (VerkR10-5-8 der BH. Wels-Land).

 

I.5. Dem ggstl. Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der PI. Marchtrenk vom 31.8.2006 zugrunde. Der Meldungsleger bestätigte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme bei der mündlichen Berufungsverhandlung den festgestellten Sachverhalt.

 

I.6. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Raiffeisenstraße erstreckt sich im westlichen Bereich der Stadt Marchtrenk auf eine Länge von etwa 800 m zwischen der B1 im Süden und der Leharstraße im Norden. Sie ist insgesamt etwa 5,5 m breit und beidseitig mit einem jeweils 1,3 m breiten Mehrzweckstreifen versehen. Diese sind sowohl farblich (rotbraun) als auch durch  Begrenzungslinien von der Fahrbahn optisch getrennt ausgeführt.

 

Bei der Einmündung in die Leharstraße ist der Mehrzweckstreifen mit dem in weißer Farbe ausgestatten Schriftzug "Ende" versehen. Diese Bezeichnung fehlt bei der Einmündung in die B1 bzw. dem rechtsseitig parallel zur B1 in Richtung Wels verlaufenden Rad- und Geh- u. Radweg (§ 2 Abs.1 Z11a StVO).

 

Dem Verordnungsakt angeschlossen ist ein Aktenvermerk vom 16.5.2006, welcher das Ergebnis eines straßenpolizeilichen Außendienstes im Beisein zweier Vertreter der Behörde erster Instanz, eines technischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, des Bürgermeisters u. Vizebürgermeisters, zweier weiterer Repräsentanten der Stadtgemeinde Marchtrenk, des Straßenmeisters von Eferding, sowie eines Repräsentanten der PI Marchtrenk vom 9.5.2006 protokolliert.

 

Im letzten Punkt 11 dieses Aktenvermerks wurden die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Mehrzweckstreifen mit dem Ergebnis behandelt, dass deren Verordnung erst erfolgen könne, wenn die entsprechenden Markierungen angebracht sind. Ab diesem Zeitpunkt – so im letzten Satz – sei auch das "Parken" auf Höhe der Firma S (der gegenständlichen Örtlichkeit)  verboten.

 

Am 27.7.2006 teilte die Stadtgemeinde Marchtrenk der Behörde erster Instanz schriftlich die Aufbringung der entsprechenden Markierungen mit und ersuchte die Verordnung zu erlassen.

 

Im Verordnungsakt finden sich schließlich zwei weitere Aktenvermerke über straßenpolizeiliche Außendienste vom 4.9.2006 und vom 10.9.2006. Ersterer verweist auf die Verparkung im Bereich der Firma S mit der Anregung einer diesbezüglich verstärkten Überwachung.

 

Am 10.9.2006 wurde schließlich festgehalten, wonach die VO bereits am 22.8.2006 vom Abteilungsleiter konzipiert, diese jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht unverzüglich abgefertigt worden sei. Das Datum 22.8.2006 sei von der Schreibkraft eigenmächtig ausgelackt worden und anstatt dessen das Datum 5.9.2006 eingesetzt worden.

 

I.7. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 44 Abs.1 StVO 1960 besagt zur Kundmachung, dass die im § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch
Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen sind. Sie treten
mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung
ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.

 

Im Sinne des § 2 Abs.1 Z7a der StVO 1960 gilt als Mehrzweckstreifen
"ein Radfahrstreifen oder ein Abschnitt eines Radfahrstreifens, der unter besonderer Rücksichtnahme auf die Radfahrer von anderen Fahrzeugen befahren werden darf, wenn für diese der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende
Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch
Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur
Weiterfahrt angeordnet ist".

 

Nach § 13 Abs.3 der Bodenmarkierungsverordnung BGBl. Nr. 848/1995 idF BGBl. II Nr. 370/2002 sind der Beginn und der Verlauf eines Radfahrstreifens durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen entsprechend der Abbildung in Anlage 3 zu kennzeichnen. Die Abstände der einzelnen Fahrradsymbole haben den örtlichen Gegebenheiten, den Verkehrsverhältnissen sowie den Anforderungen der Verkehrssicherheit zu entsprechen. Das Ende eines Radfahrstreifens ist durch die Schriftzeichenmarkierung "Ende" (§ 20) anzuzeigen. Schriftzeichenmarkierungen dürfen nach § 20 leg.cit nur in weißer Farbe ausgeführt werden.

 

Ist aber davon auszugehen, dass für einen bestimmten Bereich kein Halteverbot verordnet wurde, so liegt - die entsprechende Situierung des Verkehrszeichens vorausgesetzt - insoweit ein Kundmachungsmangel vor, weil damit der Vorschrift des § 44 Abs.1 erster Satz StVO nicht Genüge getan wird, welcher immanent
ist, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet (Hinweis E 3.7.1986, 86/02/0038).

 

Liegt ein Kundmachungsmangel betreffend eine Verordnung (hier: Verstoß gegen ein durch die sich aus der Verordnung ableitendem Parkverbot) vor, so braucht
deren Erlassung nicht untersucht zu werden, da eine Bestrafung wegen Nichtbeachtung der Verordnung jedenfalls rechtswidrig war (VwGH 4.6.1987, 87/02/0024).

 

Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die der Bestrafung zugrunde liegende Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht wurde und diese daher im rechtlichen Sinne nicht existent ist. Das Abstellen des im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Fahrzeuges bildete daher keine Verwaltungsübertretung.

 

I.8. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde u.a. von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat  keine Verwaltungsübertretung bildet.
 

Nachdem mangels ordnungsgemäß kundgemachter Verordnung das Abstellen des Fahrzeuges am vorgeworfenen Tatort keine Verwaltungsübertretung bildet, war in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

 

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