Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530521/7/Re/Sta VwSen-530522/3/Re/Sta

Linz, 06.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der Dr. M W und des DI G L, beide B,  L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. Juli 2006, Zl. 501/O041005zb, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagenänderungs­genehmigung im Grunde des § 81 iVm § 112 Abs.3 GewO 1994,  zu Recht erkannt:

 

Anlässlich der eingebrachten Berufungen  wird der bekämpfte Bescheid vom 13. Juli 2006, GZ. 501/O041005zb, behoben und die Angelegenheit zur (ergänzenden) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.2 und 67a Abs.1 AVG iVm § 359a GewO 1994.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom

13. Juli 2006, GZ. 501/O041005zb, wurde über Antrag des G H, L, die gewerbebehördliche Anlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage "J S" in L, L, durch Errichtung und Betrieb einer Terrasse im Innenhof (Gastgartenbereich) mit 61 Sitzplätzen unter den in § 112 Abs.3 GewO normierten Betriebsvoraussetzungen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Gastgarten entspreche § 112 Abs. 3 GewO, wonach Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf diese Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind, jedenfalls von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden dürfen, wenn sie diese Voraussetzungen erfüllen. Im Bescheid wird ausdrücklich festgehalten, dass Gastgärten, die unter die Bestimmung des § 112 Abs.3 fallen, immissionstechnisch nicht zu beurteilen seien. Aus diesem Grund seien keine ergänzenden immissionstechnischen und medizinischen Gutachten zum eingeschränkten Betriebsanlagenänderungsantrag einzuholen gewesen. Die Terras­se sei räumlich vom bestehenden Gastgarten getrennt, es sei möglich, die Terrasse mit den eingeschränkten Betriebszeiten von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr zu betreiben. Die restliche Gastgartenfläche sei genehmigter Bestand und nicht Gegenstand des Verfahrens.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Anrainer Dr. M W und DI G L, L, mit Schriftsatz von 6. September 2006, eingebracht per E-Mail am 7. September 2006, somit innerhalb offener Frist, Berufung erhoben. In der Berufung wird vorgebracht, eingeholte Amtsgutachten würden eine Gesundheitsgefährdung attestieren. Ein Betrieb im Sinne des § 112 Abs.3 GewO liege nicht vor, die Genehmigung der Terrasse könne nicht isoliert von der gesamten Gastgartenfläche als betriebliche Einheit erfolgen und sei die Gesamtlärmsituation, welche nachweislich Gesundheitsgefährdungen bedinge, heranzuziehen. Die Terrasse bilde einen Bestandteil des gesamten Gastgartenareals. Um 22.00 Uhr würde die Terrasse geräumt werden und eine Umstrukturierung zur Gastgartenfläche einen erhöhten Lärmpegel mit sich bringen. Laut Urteil des Verwaltungsgerichtshofes müsse sichergestellt sein, dass auch im Fall der Anwendung des § 112 GewO die vom Gastgarten insgesamt ausgehende Lärmimmission keine Gefährdung, Belästigung und Beeinträchtigung im Sinne des § 74 leg.cit. hervorrufen dürfe. Die vorliegenden Amtsgutachten würden negiert. Gesundheitsgefährdungen, Lärmbe­lästigungen und Beeinträchtigen im Sinne des § 74 GewO lägen vor. Beim Gastronomiebetrieb "J" handle es sich nicht um einen solchen, wo lautes Sprechen, Singen und Musizieren untersagt sei, Gegenteiliges zeige der Lärmpegel. Eine Überprüfung der bestehenden Betriebsanlagengenehmigung sei vor dem Hintergrund einer eindeutig attestierten Gesundheitsgefährdung unabdingbar.

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungs­entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  GZ 501/O041005zb.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebs­anlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbe­ordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 112 Abs.3 GewO 1994 idgF dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden, noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen. Die Gemeinde kann mit Verordnung abweichende Regelungen betreffend die Gewerbeausübung in Gastgärten für solche Gebiete festlegen, die insbesondere wegen ihrer Flächenwidmung, ihrer Verbauungsdichte, der in ihnen bestehenden Bedürfnisse iSd § 113 Abs.1 und ihrer öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altersheime, Bahnhöfe, Theater, Sportplätze und Parks, diese Sonderregelung rechtfertigen.

 

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückver­weisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Die Einsichtnahme in die vorgelegten Verfahrensakte des Magistrates der Landeshauptstadt Linz hat ergeben, dass in Bezug auf die Änderung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage im Standort L, L, bereits seit dem Jahre 2004 ein Genehmigungsverfahren anhängig ist. Auch eine vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz bereits erteilte Genehmigung musste im Jahre 2005 von der Berufungsbehörde behoben werden. Genehmigungsgegen­stand waren damals neben der Erweiterung des Gastgartens auch andere Anlagenteile. Mit Eingabe vom 29. Juni 2006 hat der Konsenswerber, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T H, eine wesentliche Änderung des ursprünglich eingebrachten Genehmigungsantrages eingereicht und das Ansuchen ausdrücklich insoferne modifiziert, als ausschließlich um gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung der genehmigten Betriebsanlage durch die Schaffung einer Terrasse im Innenhof mit beantragter Betriebszeit für die Terrasse selbst von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr im Sinne des § 112 Abs.3 GewO angesucht werde. Die belangte Behörde ging infolge des weiter durchgeführten Genehmigungs­verfahrens davon aus, dass bei der Beurteilung dieser Terrasse im Innenhof von 61 Verabreichungsplätzen die Rede ist. Im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs zu diesem Antrag stellt die belangte Behörde fest, dass Gastgärten, die unter die Bestimmung des § 112 Abs.3 GewO fallen, immissionstechnisch nicht zu beurteilen seien, zumal der Gesetzgeber durch Schaffung dieser Betriebszeitgarantie die von einem solchen Gastgarten ausgehenden Emissionen für die Nachbarn als zumutbar ansehe. Im konkreten Fall habe dies zur Folge, dass die beantragte Terrasse im Innenhofbereich mit 61 Verabreichungsplätzen unter den zitierten Voraussetzungen des § 112 Abs.3 der GewO in der Zeit von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden dürfe. Die nunmehrigen Berufungswerber sprachen sich hiezu bereits im Verfahren unter Bezugnahme auf ein Judikat des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend aus, dass auch im Fall der Anwendung des § 112 GewO die von Gesamtgarten ausgehende Lärmimmission keine Gefährdung, Belästigung und Beeinträchtigung im Sinne des § 74 leg.cit. hervorrufen dürfe.

Im bekämpften Bescheid vom 13. Juli 2006 wurde neben den in der Betriebsbeschreibung festgelegten Voraussetzungen des § 112 Abs.3 der GewO in der Begründung neuerlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Gastgärten, die unter die Bestimmung des § 112 Abs.3 GewO fallen, immissionstechnisch nicht zu beurteilen seien, zumal der Gesetzgeber durch Schaffung dieser Betriebszeitgarantie die von einem Gastgarten, der die Voraussetzungen des § 112 Abs.3 GewO erfülle, ausgehenden Emissionen für die Nachbarn als zumutbar ansehe. Aus diesem Grund seien keine ergänzenden immissionstechnischen und medizinischen Gutachten zu dem am 29. Juni 2006 eingeschränkten Betriebsanlagenänderungsantrag einzu­holen gewesen. Die im Zuge des früheren Verfahrens eingeholten immissionstechnischen und medizinischen Gutachten würden sich auf den ursprünglichen Antrag, der hinsichtlich der Betriebszeit keine Einschränkung vorsah, beziehen.

 

Der Auffassung der belangten Behörde, auf Grund der Tatsache, dass der gegenständliche Gastgarten die Kriterien des § 112 Abs.3 der GewO erfülle, dürfe dieser auf Grund der vom Gesetzgeber gewährten Betriebszeitengarantie in der Zeit von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden und seien aus diesem Grund keine ergänzenden immissionstechnischen und medizinischen Gutachten einzuholen gewesen, kann sich der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht anschließen. In Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes zu § 112 Abs.3 der GewO ist davon auszugehen, dass das durchgeführte erstinstanzliche Genehmigungsverfahren insbesondere aus dem Grund mangelhaft geblieben ist, als die demnach durchzuführende Einzelfallprüfung des Vorhabens bezüglich allfälliger Beeinträchtigungen subjektiv öffentlich rechtlicher Anrainerschutzinteressen unterblieben ist. Die Behörde hat diesbezüglich lediglich im Bescheid festgestellt, dass durch die Anwendbarkeit des § 112 Abs.3 GewO und der damit verbundenen Betriebszeitengarantie die Emissionen für Nachbarn als zumutbar anzusehen seien und eine ergänzende immissionstechnische und medizinische Begutachtung nicht mehr erforderlich war. Dies jedoch zu Unrecht: Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bietet der zitierte § 112 Abs.3 GewO (vormals § 148 Abs.1) keine Rechtsgrundlage für den Betrieb eines genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigten Gastgartens (VwGH 21.5.21996, Zl. 95/04/0219). § 112 Abs.3 GewO 1994 regelt lediglich die Gewerbeausübung in Gastgärten. Wie der Verwaltungsgerichtshof, auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes wiederholt dargelegt hat, ist auch ein dem § 148 Abs.1 GewO 1994 (jetzt: § 112 Abs.3) zu unterstellender Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs.1 leg.cit. "erforderlichenfalls" – wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs.1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten – unter Auflagen zu genehmigen. Das bedeutet - auch unter Hinweis auf die bereits bestehende Judikatur der Unabhängigen Verwaltungssenate – dass der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, dass ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten die im § 74 Abs.2 Z1–5 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen vermieden werden können (UVS Oberösterreich vom 21.10.2003, VwSen-530031/2; 9.10.2006, VwSen 530455/5;  UVS Steiermark vom 23.03.2005, GZ. 43.19-31/2004). Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die von einem dem § 112 Abs.3 unterliegenden Gastgarten ausgehenden auf die Nachbarn einwirkenden Lärmimmissionen im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen und erforderlichenfalls Auflagen zur Erreichung der sich aus § 74 Abs.2 ergebenden Schutzzwecke vorzuschreiben (VwGH 17. März 1998, 96/04/0078).

 

Dieser Judikatur des VwGH hat sich auch der Gesetzgeber in der Gewerberechtsreform von 2002 insofern angeschlossen, als der mit der Novelle 1998 dem damaligen § 148 Abs.1 angefügte letzte Satz „Im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder ihrer Änderung, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt, der die Voraussetzungen des ersten oder zweiten Satzes erfüllt, dürfen ihn Ansehung des Gastgartens keine Auflagen für den Lärmschutz vorgeschrieben werden und ist auch die Versagung der Genehmigung dieses Gastgartens auf Gründen des mit seinem Betrieb ursächlich im Zusammenhang stehenden Lärms unzulässig“ in die entsprechende Nachfolgeregelung des § 112 Abs.3 nicht übernommen wurde. Der AB 1998 führte seinerzeit hiezu aus, dass dieser Satz als eine dem Sinn und der Zielsetzung des § 148 entsprechende ausdrückliche Klarstellung in das Gesetz aufgenommen wurde, um allfällige Vollzugsschwierigkeiten hintan zu halten. Die Gewerberechtsreform 2002 hat eben diesen Satz des § 148 Abs.1 in die Nachfolgeregelung des § 112 Abs.3 nicht übernommen. Obgleich seinerzeit nach dem zitierten Ausschlussbericht 1998 nur als Klarstellung dienend, darf bezweifelt werden, dass der Entfall dieses Satzes noch zur Interpretation des verbleibenden Textes des § 112 Abs.3 erster und zweiter Satz berechtigt, dass im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren hinsichtlich Lärmschutz (auch) für den der Betriebszeitengarantie unterliegenden Zeitraum keinerlei Auflagen vorgeschrieben werden dürfen (siehe Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, 2. Auflage, Springer Verlag, § 112 Abs.3 Rz25).

 

Die Erstbehörde hat zwar über das dem Verfahren zu Grunde liegende eingeschränkte – Ansuchen des Anlageninhabers um Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage ein Verfahren durchgeführt. Die Berufungswerber haben in diesem Verfahren bereits Einwendungen gegen die Erteilung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung eingebracht. Entsprechende Projektsbestandteile bzw. Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die immissionstechnische Beurteilung des abgeänderten Vorhabens liegen jedoch nicht vor. Die belangte Behörde hat somit – offensichtlich entsprechend der in der Bescheidbegründung angeführten vermeintlichen Betriebszeitengarantie – keinerlei Ermittlungsverfahren über die von der, den Verfahrensgegenstand bildenden Gastgartenfläche ausgehenden und auf Nachbarn einwirkenden Emissionen wie zB Lärm, durchgeführt. Dabei wäre aufbauend auf der Feststellung des Ist-Zustandes die Auswirkung der allenfalls zu erwartenden zusätzlichen Emissionen auf die Nachbarn, nach Art und Ausmaß, erforderlich. In der Folge - aufbauend auf der lärmtechnischen Begutachtung – wäre es Aufgabe des medizinischen Amtssachverständigen festzustellen, wie sich allenfalls zusätzlich zu erwartende Imissionen auf die Nachbarn auswirken, um der Behörde eine Grundlage für die im Rechtsbereich zu beantwortende Frage zu bieten, ob hiedurch Nachbarn in ihrer Gesundheit gefährdet oder unzumutbar belästigt werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erscheint hiefür jedenfalls erforderlich, einerseits um Sachverhaltsfragen zu klären und Sachverständigengut­achten beizuschaffen und andererseits um Parteienstellungnahmen einzuholen.

 

Aus verwaltungsverfahrensökonomischen Gründen wird an dieser Stelle auf die bereits in den Vorverfahren eingeholten Gutachten hingewiesen, welche möglicherweise weiterhin vom Amtssachverständigen mit verwendet werden. So wurden bei der immissionstechnischen Beurteilung im Falle einer "normgerechten 75%igen Gastgartenauslastung" Immissionspegel für den Gastgarten "alt" zwischen 50,4 dB und 51,9 dB und Gastgarten "neu" von 50,1 bis 51,7 dB errechnet. Die Gegenüberstellung der Werte lässt erkennen, dass sich  im Gastgarten "neu" durchwegs geringere Werte eines energieäquivalenten Dauerschallpegels ergeben als im Gastgarten "alt". Begründet wird dies mit einer Schallschutzwand auf der westlichen Mauer der neuen Terrasse. Andererseits wird von einer "nicht normgemäßen 100%igen Auslastung" gesprochen, wobei von um 1 dB höheren Immissionspegeln auszugehen sei.

Unklar bleibt im weiteren Verfahren und auch letztlich im ergangenen Bescheid, wie eine allfällige Anwendung einer 75%igen Gastgartenauslastung gegenüber der 100%igen Auslastung begründet wird.

 

Demgegenüber schlüssiger begründbar erscheint die Ausführung des Amtssachverständigen, bei Betrachtung einer 100%igen Auslastung wäre von um
1 dB höheren Immissionspegel auszugehen; dies im Zusammenhalt mit einer Ergänzung desselben technischen Amtssachverständigen im weiteren Verfahren, wonach sich dieser um 1 dB höhere Immissionspegel sowohl beim Gastgarten "alt" als auch beim Gastgarten "neu" ergebe.

 

Eine Klarstellung erforderlich erscheint auch in Bezug auf die vom Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom 23. März 2006 angeführten Schallpegelspitzen, welche immissionsseitig mit 58 bis 62 dB errechnet wurden. Ausgegangen wurde bei einer normgemäßen Auslastungsbetrachtung von 75 % von einem ca. 650- bis etwa 690-fachem Auftreten solcher Schallpegelspitzen pro Stunde, bei einer Auslastungsbetrachtung von 100 % von einer Häufigkeit von 870 bis zu 900  pro Stunde. Nicht ausdrücklich ausgewiesen wurde hier die jedenfalls erforderliche gegenübergestellte Betrachtung des Gastgartens "alt" (Ist-Zustand) und des so genannten Gastgartens "neu" (incl. Veränderung durch zusätzlicher Terrasse), da die vorliegende undifferenzierte Beurteilung von somit insgesamt 650 bis 900 Schallpegelspitzen pro Stunde auch so in die medizinische Begutachtung eingeflossen ist und somit auch dort  Ergänzungsbedürftigkeit hervorruft.

 

Zum Vorbringen des Vertreters des Konsenswerbers in dessen zur Berufung eingeholten Gegenäußerung vom 18. Oktober 2006, wonach evident sei, dass zwischen dem Gastgarten bzw. dem Gewerbebetrieb des Konsenswerbers und der Wohnung der Berufungswerber die Errichtung eines "Querbaues" im Sinne übermittelter Planunterlagen absehbar sei und dies zu einer massiven Abschirmung und damit zu einer deutlichen Verringerung von möglichen Lärmimmissionen führen würde: nach seinen vorliegenden Informationen sei die Zustimmung des Beirates für Stadtgestaltung zu diesem Projekt bereits erzielt worden, Baubeginn sei voraussichtlich Februar 2007. Es werde um Einholung von Informationen beim Amt für Stadtplanung in Linz ersucht.

Ein Zuwarten der Berufungsbehörde auf das Vorliegen eines diesbezüglichen Projektes bei der erstinstanzlichen Behörde wurde im Einvernehmen mit dem Vertreter des Konsenswerbers zugesagt.

Die im Wege des Magistrates der Landeshauptstadt Linz in der Folge übermittelten Unterlagen ergeben, dass offensichtlich ein Einreichplan für diese Bauvorhaben sowie auch für einen Umbau des gesamten Gastgartenbereiches des Konsenswerbers vorliegt, der Plan des als Schallschutzriegel bezeichneten Bauvorhabens auch eingereicht ist, jedoch die rechtskräftige Erteilung einer Baubewilligung derzeit noch nicht absehbar ist. Die Möglichkeit der Berücksichtigung der Schallschutzwirkung dieses zukünftigen Projektes liegt daher derzeit noch nicht vor.

Vielmehr erscheint es dem unterfertigten Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates verfahrenstechnisch zweckmäßig, mit der vorliegenden Entscheidung der Gewerbebehörde I. Instanz die Möglichkeit zu geben, für den verfahrensgegenständlichen Gastgarten eine vollständige Einzelfallprüfung im oben dargestellten Sinne durchzuführen. Dies entweder unter Zugrundelegung der derzeitigen örtlichen Verhältnisse, da die letztlich bescheidmäßig zu genehmigende Ausführung des angesprochenen geplanten Bauvorhabens zwischen Gastgarten und Berufungswerber derzeit noch nicht feststeht oder nach Zuwarten auf ein tatsächlich baubehördlich genehmigtes Projekt des kaufmännischen Vereines unter gleichzeitiger Berücksichtigung desselben und der in diesem Zuge offensichtlich auch geplanten Neugestaltung des gesamten Gastgartens.

 

Bei weiterem behördlichen Vorgehen betreffend die gegenständliche Anlage ohne Änderung der Sachlage wird auf die vorliegenden Sachverständigenäußerungen in Bezug auf den bereits bestehenden Gastgarten hingewiesen.

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit insgesamt wie im Spruch zu entscheiden.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

Gastgarten; § 112 Abs.3 GewO.

 

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