Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720070/3/WEI/Ps

Linz, 02.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des S W V D S, geb., n Staatsangehöriger, derzeit in Strafhaft in der Justizanstalt Garsten, vertreten durch Dr. B W, Rechtsanwalt in R, B, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 19. Dezember 2005, Zl. Sich 41-69-2005, betreffend die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Spruchpunkt 1. mit der Maßgabe bestätigt, dass das unbefristete Aufenthaltsverbot erst im Anschluss an die Entlassung aus der inländischen Gerichtshaft wirksam wird und die Rechtsgrundlage nunmehr auf dem § 86 Abs 1 iVm §§ 60 ff Fremdenpolizeigesetz 2005 (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 99/2006) beruht.

 

Soweit die Berufung den Ausschluss ihrer aufschiebenden Wirkung bekämpft, wird ihr Folge gegeben und dieser Ausspruch im Spruchpunkt 2. für rechtswidrig erklärt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 19. Dezember 2005, Zl. Sich 41-69-2005, wurde im Spruchpunkt 1. gegen den Bw auf der Grundlage des § 48 Abs 1 iVm § 36 Abs 1 und 2 Z 1 iVm § 39 Fremdengesetz 1997 (FrG 1997) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich erlassen und im Spruchpunkt 2. einer Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.1. Der Bescheidbegründung der belangten Behörde und der Aktenlage ist der folgende unbestrittene S a c h v e r h a l t  zu entnehmen:

 

Der Bw, ein n Staatsangehöriger, wurde am in D geboren. Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Sein Wohnsitz befindet sich in B D, P. Mit der Österreicherin P R in S, S, ist er befreundet. Er besuchte sie tageweise, war aber in Österreich nie gemeldet. Wegen psychischer Erkrankung übte der Bw in den N zuletzt keine Berufstätigkeit aus.

 

Er reiste zuletzt am 5. März 2005 ins Bundesgebiet ein und wurde noch am selben Tag in Mattighofen wegen der Begehung von Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) und dem Waffengesetz festgenommen.

 

Mit Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 18. August 2005, Zl. 7 Hv 111/05v, wurde der Bw wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach § 28 Abs 2 (2.,3. und 4. Deliktsfall) und Abs 3 1. Fall, Abs 4 Z 3 SMG und 15 StGB des Vergehens nach § 27 Abs 1 1., 2., 6. und 7. Deliktsfall SMG und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Linz vom 7. Oktober 2005, Zl. 10 Bs 328/05i, setzte die Freiheitsstrafe auf 5 Jahre herab.

 

Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 26. August 2003, Zl. 40 Hv 82/03p, wurde der Bw zuvor schon wegen schwerer Körperverletzung nach §§ 83, 84 Abs 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt. Der Beschwerde gegen den Widerruf dieser bedingten Strafnachsicht durch das Landesgericht Ried im Innkreis gab das Oberlandesgericht Linz Folge, indem es vom Widerruf absah und gemäß § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängerte.

 

Nach dem rechtskräftigen Schuldspruch des Landesgerichts Ried im Innkreis hat der Bw

 

1.      den bestehenden Vorschriften zuwider am 4./5. März 2005 in Mattighofen und andernorts ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge ausmacht, nämlich rund 15.000 Stück Ecstasy-Tabletten (4.185,6 g brutto) mit zumindest 1.320 g MDMA HCI an Reinsubstanz von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt und anschließend versucht, dieses Suchtgift durch gewinnbringenden Verkauf an einen verdeckten Ermittler des BMI in Verkehr zu setzen, wobei er dabei in der Absicht handelte, sich durch den wiederkehrenden Schmuggel und Verkauf von Suchtgift in großen Mengen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen;

2.      den bestehenden Vorschriften zuwider von 2004 bis März 2005 in Salzburg und anderenorts verschiedene Suchtgifte wie Cannabisprodukte, Ecstasy-Tabletten und Kokain erworben, besessen sowie anderen überlassen und verschafft;

3.      von etwa Anfang 2005 bis 5. März 2005 in Salzburg und andernorts unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe, nämlich eine Faustfeuerwaffe, Pistole, Marke CZ Modell 99, Kaliber 9 mm, Nr., besessen.

 

Der Begründung des Urteils des Landesgerichts Ried im Innkreis sind noch weitere Vorstrafen zu entnehmen. In den N wurde der Bw wegen Lenkens eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss und in Spanien wegen illegalen Handels mit Drogen und psychotropen Stoffen (Tatzeit 22.10.1998) zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt, wobei noch eine Reststrafe in Höhe von 3 Jahren, 5 Monaten und 4 Tagen zu verbüßen ist.

 

Bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 15. November 2005 wurde dem Bw unter Anführung seiner österreichischen Verurteilungen zur Kenntnis gebracht, dass die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Der Bw meinte dazu, dass bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Verleitung durch einen verdeckten Ermittler berücksichtigt werden möge. In den N wäre dies seines Wissens unzulässig. Er wolle seine Strafe in den N verbüßen und ehest dorthin überstellt werden. Durch das Aufenthaltsverbot werde der Kontakt zu seinen österreichischen Freunden beeinträchtigt, diese könnten aber auch in die N kommen. Er habe ohnedies nicht vor, nach Österreich zurückzukommen.

 

1.2. In rechtlicher Hinsicht hat die belangte Behörde auf § 48 Abs 1 iVm § 36 FrG 1997 Bezug genommen und die rechtlichen Grundlagen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger näher dargestellt. In Ansehung des Urteils des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 18. August 2005 würden beim Bw die Erschwerungsgründe eindeutig überwiegen. Im Vordergrund stünde dabei die zumindest 44-fache Begehung der Einfuhr einer großen Menge Suchtgift, welche eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit anderer Menschen in großem Ausmaß darstelle. Bereits durch diese Verurteilung wären die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36 Abs 2 Z 1 FrG 1997 um ein Vielfaches übertroffen worden. Zum Vorbringen der Verleitung durch einen verdeckten Ermittler sei festzustellen, dass die Verwaltungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs an die rechtskräftige Entscheidung eines Strafgerichts gebunden sei (Hinweis auf Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Rz 56 zu § 38 AVG).

 

Die belangte Behörde hielt es bei der gegebenen Sachlage aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für geboten, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen, zumal eine erhebliche Rückfallgefahr bestünde. Durch die Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe in Spanien habe sich der Bw in keiner Weise abhalten lassen, weiterhin auf Grund der gleichen schädlichen Neigung straffällig zu werden. Es sei unbestritten, dass der Umgang mit Rauschgift für die Volksgesundheit und für die innere Sicherheit eine enorme Gefahr darstelle. Da es sich bei der gefährdeten Zielgruppe überwiegend um junge Menschen und sogar Minderjährige handle, seien alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, die Allgemeinheit vor Gefährdungen dieser Art zu schützen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen straffällige Fremde nach dem Suchtmittelgesetz sei eine solche Maßnahme. Die möglichen sozialen, psychischen und körperlichen Folgen des Konsums von Rauschgiften seien oft nicht mehr abzusehen.

 

Das Gesamtfehlverhalten des Bw lasse nur reine negative Zukunftsprognose zu. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei folglich im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie anderer im Art 8 Abs 2 EMRK genannter Ziele (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Volksgesundheit und der Rechte anderer) dringend geboten.

 

Zur Interessenabwägung gemäß § 37 Abs 2 FrG 1997 ging die belangte Behörde davon aus, dass die öffentlichen Interessen an der Außerlandesschaffung des Bw bedeutend schwerer wiegen als seine privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Eingriffsintensität des Aufenthaltsverbotes erscheine deshalb als gering, weil der Bw nur sehr kurz im Bundesgebiet gewesen sei, keinen Wohnsitz und abgesehen von der in S wohnenden Freundin keine Angehörigen habe. Zu keinem Zeitpunkt sei er einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Er habe seinen ordentlichen Wohnsitz in B, D H, B. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befinde sich eindeutig in den N. Vor diesem Hintergrund erscheine der Umstand, dass er seine Freundin in S des Öfteren tageweise besucht habe, vernachlässigbar unbedeutend. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme habe er selbst zu Protokoll gegeben, dass seine Freundin auch zu ihm in die N kommen könnte und er ohnedies nicht vor hätte, nach Österreich zurückzukehren.

 

Zur Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes führte die belangte Behörde aus, dass in Anbetracht der Art und Schwere des vorliegenden Verbrechens sowie der massiven spanischen Vorstrafe von einer Befristung Abstand zu nehmen und das Aufenthaltsverbot mit unbestimmter Geltungsdauer auszusprechen gewesen wäre. Ausschlaggebend sei der hohe soziale Störwert der begangenen Suchtgiftdelikte. Gerade bei Suchtgifttätern sei eine besonders hohe Rückfallquote evident, sodass nicht abgeschätzt werden könne, wann die Gründe für die gegenständliche fremdenpolizeiliche Maßnahme weggefallen sein werden.

 

Die belangte Behörde schloss weiter die aufschiebende Wirkung einer Berufung unter Hinweis auf § 45 Abs 4 FrG 1997 aus, wonach die sofortige Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich sein muss. Diese Voraussetzungen wären in Ansehung der Begründungsausführungen erfüllt, weshalb die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen wäre.

 

2.1. Gegen diesen dem Bw eigenhändig am 20. Dezember 2005 in der Justizanstalt Ried im Innkreis zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige, bei der belangten Behörde am 3. Jänner 2006 rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 2. Jänner 2006, mit der die Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes, in eventu die Umwandlung in ein befristetes Aufenthaltsverbot angestrebt wird. Begründend wird auf den mittlerweile geltenden § 86 Fremdenpolizeigesetz 2005 als Sonderbestimmung für freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger Bezug genommen und als Berufungsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Die Erstbehörde habe das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für das Grundinteresse der Gesellschaft nicht geprüft. Bei der negativen Zukunftsprognose falle völlig unter den Tisch, dass der Bw auf Grund der zu verbüßenden Haft für die Öffentlichkeit eher nicht gefährlich werden könne. Der Bw habe noch vier Jahre Haft zu verbüßen. Solange er sich in Österreich in Strafhaft befindet, stelle er keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die österreichische Gesellschaft dar. Erst zum Zeitpunkt seiner Enthaftung oder kurz davor könne beurteilt werden, ob der Bw tatsächlich eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die die Grundinteressen der Gesellschaft berührt. Sollte er den Rest seiner Freiheitsstrafe in den N verbüßen, sei durch das Schengener Informationssystem gewährleistet, dass im Fall der Haftentlassung aktuell entschieden werden könne. § 86 Fremdenpolizeigesetz 2005 verbiete die Verhängung von Aufenthaltsverboten gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger auf Vorrat. Auch ein Schubhaftbescheid sei auf Vorrat erlassen worden. Unsinnig sei die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung bzw der Ausschluss des Durchsetzungsaufschubes.

 

Der belangten Behörde gehe es im Wesentlichen um Generalprävention. Sie beurteile den Sachverhalt losgelöst vom Einzelfall. Auf die Tatprovokation durch den verdeckten Ermittler werde nicht eingegangen. Die Begründung widerspreche der Anordnung des § 86 Fremdenpolizeigesetz, wonach strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen. Das bedeute, dass die Umstände der Tat sehr wohl von der Fremdenbehörde zu überprüfen seien, also auch der Einsatz eines verdeckten Ermittlers.

 

Ein Sozialbericht der N Bewährungs- und Straffälligenhilfe, Auslandsbüro, vom 1. Juli 2005 wird mit der Berufung vorgelegt und dazu vorgebracht, dass daraus hervorgehe, dass der Bw mit 23 seine erste Freundin kennen gelernt habe und mit ihr nach Österreich gezogen sei. Zwischendurch sei er einige Male in den N bei seinen Eltern zu Besuch gewesen, habe dort aber nie selbständig gewohnt.

 

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 12. Jänner 2006 ihren Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Sie ist der Berufung unter Hinweis darauf entgegen getreten, dass bei der Gefährlichkeitsprognose rein spezialpräventive Überlegungen maßgeblich gewesen seien und auf den Eintritt der Durchsetzbarkeit mit dem Ende der Strafhaft abgestellt worden sei. Die belangte Behörde strebt daher die Abweisung der Berufung an.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den fremdenpolizeilichen Verwaltungsakt der belangten Behörde. Daraus ergab sich in Verbindung mit der Berufung der oben geschilderte im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt. Ergänzend zu den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist noch aus der Aktenlage Folgendes festzustellen:

 

Nach dem Bericht der Justizanstalt Ried im Innkreis vom 7. März 2006 an die belangte Behörde (vgl ON 2) wurde der seit 7. März 2005 in Ried inhaftierte Bw am 7. März 2006 in die Justizanstalt Garsten zur weiteren Verbüßung seiner insgesamt fünfjährigen Freiheitsstrafe überstellt.

 

Aus der aktenkundigen Vollzugsinformation ergibt sich ohne Rücksicht auf allfällige Termine für bedingte Entlassungen der errechnete Entlassungszeitpunkt mit 5. März 2010 um 14.20 Uhr. Aus der Strafvollzugsanordnung des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 18. November 2005, Zl. 7 Hv 111/05v, ergibt sich ferner, dass der verurteilte Bw nach dem Vollzug der Strafe voraussichtlich nach Spanien zum Vollzug einer offenen Freiheitsstrafe auszuliefern sein werde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Nach der Übergangsbestimmung des § 125 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 99/2006 (im Folgenden: FPG), sind Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten des FPG – das war nach § 126 FPG der 1. Jänner 2006 – anhängig sind, nach dessen Bestimmungen weiter zu führen. Im Folgenden ist daher auf die aktuellen Vorschriften des FPG abzustellen, die allerdings weitgehend denen des Fremdengesetzes 1997 entsprechen.

 

Gemäß § 60 Abs 1 Z 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Nach § 60 Abs 2 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 zu gelten, wenn ein Fremder

 

1.    von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.    ...

 

Nach § 60 Abs 3 FPG liegt eine gemäß Abs 2 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Eine solche Verurteilung liegt jedoch vor, wenn sie durch ein ausländisches Gericht erfolgte und den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

 

Gemäß § 63 Abs 1 FPG kann ein Aufenthaltsverbot im Fall des § 60 Abs 2 Z 1 FPG unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

 

Gemäß § 86 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dabei können strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall liegt durch das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 18. August 2005, Zl. 7 Hv 111/05v, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichts Linz vom 7. November 2005, Zl. 10 Bs 328/05i, mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Jahren wegen Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz und dem Waffengesetz eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs 2 Z 1 FPG (vormals identisch § 36 Abs 2 Z 1 FrG 1997) vor. Diese Verurteilung übererfüllt den Wortlaut der gegenständlich maßgeblichen ersten Variante des § 60 Abs 2 Z 1 FPG ("... zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten ... verurteilt worden ist;") um ein Vielfaches. Damit war die belangte Behörde gemäß § 63 Abs 1 FPG grundsätzlich zur Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots ermächtigt.

 

Bei einem EWR-Bürger sind allerdings auch die Anforderungen des § 86 Abs 1 FPG zu beachten. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0162, zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 48 Abs 2 FrG 1997 ausgesprochen, dass zu prüfen sei, ob sich aus dem Gesamtverhalten des Fremden ableiten lässt, dass ein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet. Dabei sei anders als beim Tatbestand des § 36 Abs 2 Z 1 FrG 1997 (entspricht nunmehr § 60 Abs 2 Z 1 FPG) nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Fremden abzustellen. Bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger ein Aufenthaltsverbot erlassen werden darf, kommt dem Katalog des § 36 Abs 2 FrG 1997 (nunmehr § 60 Abs 2 FPG) dabei (nur) die Bedeutung eines Orientierungsmaßstabs zu (vgl VwGH 20.2.2001, Zl. 2000/18/0162; VwGH 4.10.2006, Zl. 2006/18/0306).

 

4.3. Im vorliegenden Fall hat der Bw nach den strafgerichtlichen Feststellungen rechnerisch das 44-fache der Grenzmenge an Suchtgift importiert und in Verkehr zu setzen versucht. Damit hat er die übergroße Menge der Qualifikation des § 28 Abs 4 Z 3 SMG erfüllt und noch deutlich überschritten, weil die im § 28 Abs 2 SMG bezeichnete Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift, dessen Menge "zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (Abs. 6) ausmacht", begangen wurde. Der nach § 28 Abs 4 SMG vorgesehene Strafrahmen für diese Deliktsqualifikation bewegt sich zwischen einem und fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe.

 

Zu den Umständen der Haupttat (Faktum 1) ergibt sich aus dem in der Schuldfrage unbekämpft gebliebenen Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis, dass der überschuldete Bw dringend Geld benötigte, weshalb er sich zum Abschluss eines Geschäftes mit einem verdeckten Ermittler entschloss und in der Absicht handelte, sich durch wiederkehrenden Schmuggel von großen Mengen Suchtgift (§ 28 Abs 6 SMG) eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. In der Nacht vom 4. auf den 5. März 2005 führte er insgesamt 15.000 Stück Ecstasy-Tabletten (1.320 Gramm MDMA HCI Reinsubstanz), die er in Holland beschafft hatte, mit dem Auto von Deutschland nach Österreich ein. Bei der Suchtmittelübergabe am 5. März 2005 zwischen 14.15 und 14.20 Uhr in Mattighofen wurde er daraufhin festgenommen. Bei seinen Aufenthalten in Österreich brachte er in die Wohnung seiner Freundin regelmäßig Suchtmittel mit. Er konsumierte mit seiner Freundin Speed, Kokain, Haschisch und Ecstasy-Tabletten (Faktum 2). Schließlich wurde in der Wohnung seiner Freundin eine dem Bw gehörende Pistole samt Munition gefunden, die er 2 Monate zuvor um 700 Euro gekauft hatte (Faktum 3).

 

Die Strafgerichte haben entsprechend der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl OGH 4.8.2005, Zl. 12 Os 67/05b) im Rahmen der Strafbemessung ausdrücklich als Milderungsgrund berücksichtigt, "dass der Angeklagte in gewissem Umfang vom verdeckten Ermittler zur Tatbegehung provoziert worden ist". Auch die sonstigen Umstände fanden Eingang in die besonderen Strafzumessungsgründe (erschwerend: die einschlägigen Vorstrafen, die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen, die mehrfache Qualifikation; mildernd: das umfassende Geständnis, der teilweise Versuch, die Sicherstellung des Suchtgiftes und der Pistole und in gewissem Umfang die Provokation durch den verdeckten Ermittler), welche grundsätzlich auch vom Oberlandesgericht Linz als gesetzeskonform angesehen wurden. Auch mit Rücksicht auf die eklatante Überschreitung (44-fache) der Grenzmenge erschien dem Oberlandesgericht die Tatschuld insgesamt bewertet und am objektiven Tatbestand gemessen als durchschnittlich, weshalb es die Freiheitsstrafe auf ein Drittel des Strafrahmens reduzierte.

 

Von dieser Sach- und Rechtslage ist nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats auszugehen, wobei die Umstände der Tat wie im abgeschlossenen strafgerichtlichen Verfahren vorgezeichnet zu berücksichtigen sind. In diesem Sinn ist unter Berücksichtigung des Vorlebens auf das vom Bw ausgehende Gefahrenpotential für die öffentlichen Interessen zu schließen. Aus dem vom Bw selbst vorgelegten Sozialbericht der n Bewährungs- und Straffälligenhilfe vom 1. Juli 2005 geht hervor, dass der schwierige Bw auf Grund von Verhaltensproblemen weder einen höheren noch einen kaufmännischen Schulabschluss schaffte. Er sei schon fünf Jahre zuvor aus psychischen Gründen für arbeitsunfähig erklärt worden. Er habe 90.000 Euro Schulden und sei schon im Alter von 17 Jahren mit Drogen in Kontakt gekommen. In weiterer Folge habe er gemeinsam mit seiner Freundin täglich Drogen genommen. Er hätte erklärt, alles zu nehmen, was er kriegen könnte. Im Jahr 2004 habe der Bw in der Privatklinik "C D" in S einen körperlichen Entzug gemacht, sei aber leider eine Woche später wieder rückfällig geworden.

 

Die von der belangten Behörde angenommene hohe Rückfallgefahr beim Bw wird durch diesen Sozialbericht geradezu bestätigt. Seine fehlende Berufserfahrung, die Suchtkrankheit sowie seine hohen Schulden sprechen eindeutig dafür, dass er nach Haftentlassung wieder rückfällig werden wird, um seinen Lebensunterhalt bestreiten und seine Sucht befriedigen zu können. Dieses Persönlichkeitsbild vom Bw wird noch erhärtet, wenn man – wie die belangte Behörde schon mit Recht angenommen hat – die gemäß § 60 Abs 3 FPG iVm § 73 StGB ebenfalls maßgebliche einschlägige Vorstrafe des Bw in Spanien in die Betrachtung mit einbezieht. Der Bw wurde wegen des Handels mit Drogen und psychotropen Stoffen (Tatzeit 22.10.1998) von einem spanischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt, von der noch eine Reststrafe von drei Jahren, fünf Monaten und vier Tagen offen ist. Durch diese Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verbunden mit einer Hafterfahrung von zumindest einigen Monaten wurde der Bw offenbar in keiner Weise geläutert. Vielmehr hat er durch sein weiteres Verhalten ein von seiner Person ausgehendes hohes Gefährdungspotential dokumentiert. Zuletzt besorgte er sich sogar noch illegal eine Faustfeuerwaffe, um offenbar in Drogenhändlerkreisen wirkungsvoller auftreten zu können. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der labile Bw künftig auf freiem Fuß wieder schwerwiegende Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz begehen wird.

 

4.4. Auf Grund der dargelegten Umstände pflichtet der Oö. Verwaltungssenat der Auffassung der belangten Behörde bei, dass der weitere Aufenthalt des Bw in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 60 Abs 1 Z 1 FPG gefährden würde und dass sein bisheriges Gesamtfehlverhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die das besondere Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung von Suchtgift- und ihrer Begleitkriminalität und der Wahrung der Volksgesundheit berührt. Dabei ist das Tatbestandsmerkmal "gegenwärtig" in sinnvoller Weise auf den Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft (Gerichtshaft) zu beziehen und zu fragen, ob das prognostizierte Verhalten des Fremden für diesen Fall eine Gefahr iSd § 86 Abs 1 FPG darstellen würde (vgl bereits VwSen-720109 vom 7.8.2006). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs sind nämlich in Haft verbrachte Zeiten bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Wohlverhaltens auch nicht zu berücksichtigen (vgl mwN VwGH 30.11.2005, Zl. 2005/18/0591).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Falle des Suchtgifthandels mit Ecstasytabletten in einer "großen Menge" iSd § 28 Abs 6 SMG, die als solche geeignet ist, eine große Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen, erst jüngst wieder betont, dass ein Beschwerdeführer gravierend gegen das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität, bei der es sich um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität mit erfahrungsgemäß innewohnender Wiederholungsgefahr handle, verstoßen hat (vgl VwGH 27.6.2006, Zl. 2006/18/0092). Im vorliegenden Fall beging der Bw gewerbsmäßig das Verbrechen des § 28 Abs 2 SMG (Einfuhr und versuchter Verkauf von 15.000 Ecstasy-Tabletten) nicht bloß in Bezug auf eine große Menge, sondern auf das 44-fache dieser Grenzmenge iSd § 28 Abs 6 SMG und damit in Bezug auf die Qualifikation der übergroßen Menge (25-fache der Grenzmenge) nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG, die er ebenfalls noch weit überschritt.

 

Zur Interessenabwägung nach § 60 Abs 6 iVm § 66 Abs 2 FPG (vormals § 37 Abs 2 FrG 1997) hat die belangte Behörde bereits zutreffend festgestellt, dass die Eingriffsintensität ins Privatleben des Bw im Hinblick auf seinen unregelmäßigen Aufenthalt bei seiner Freundin in S, die er nur tageweise besuchte, und seine mangelnde Erwerbstätigkeit in Österreich nur gering erscheint. Mit dem vorgelegten Sozialbericht und dem Hinweis, dass der Bw mit seiner Freundin nach Österreich gezogen sei und zwischendurch nur einige Male bei seinen Eltern in den N zu Besuch gewesen wäre, will die Berufung offenbar intensivere Beziehungen des Bw zu Österreich als von der belangten Behörde angenommen ins Treffen führen. Dem sind die Angaben des Bw in der fremdenbehördlichen Niederschrift vom 15. November 2005 entgegen zu halten. Bei dieser Einvernahme gab er seinen Wohnsitz mit B, D H, P, an und wollte immer nur tageweise seine S Freundin P R besucht haben.

 

Soweit der Bw nunmehr intensivere Bindungen und private Interessen ins Treffen führen möchte, vermögen diese allenfalls für seinen Verbleib in Österreich sprechenden persönlichen Interessen jedenfalls das durch sein gravierendes Gesamtfehlverhalten nachhaltig beeinträchtigte Allgemeininteresse iSd Art 8 Abs 2 EMRK nicht zu überwiegen (vgl idS zB VwGH 27.06.2006, Zl. 2006/18/0092). Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wiegen wesentlich schwerer als die Auswirkungen auf die persönliche Lebenssituation des Bw. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war zur Erreichung von im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten.

 

4.5. Bei Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist nach § 63 Abs 2 FPG (vormals § 39 Abs 2 FrG 1997) auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit dem Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Die belangte Behörde ist in ihrem Vorlageschreiben davon ausgegangen, dass die Gefährlichkeitsprognose auf den Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes und damit auf das Ende der Strafhaft zu beziehen sei. Im angefochtenen Bescheid hat sie allerdings in gewissem Widerspruch dazu die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

 

Der erkennende Verwaltungssenat kann weder dem FrG 1997 noch dem Fremdenpolizeigesetz 2005 eine ausdrückliche Bestimmung entnehmen, die die Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbotes davon abhängig macht, dass der Betroffene aus der inländischen Strafhaft entlassen wird. Im § 1 Abs 2 vorletzter Satz FPG wird lediglich ein Vorrang des Asylverfahrens geregelt, wonach die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber erst zulässig ist, wenn auch die asylrechtliche Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Im Übrigen bestimmt § 67 Abs 2 FPG (vormals § 40 Abs 2 FrG 1997) – ungeachtet einer Untersuchungs- oder Strafhaft des Fremden – für den Fall des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung, dass damit der Ausspruch durchsetzbar und der Fremde unverzüglich auszureisen hätte. Solange die Fremdenpolizeibehörden bei der Durchsetzung untätig bleiben und der Gerichtshaft faktisch Vorrang einräumen, entstehen freilich in der Praxis keine Konflikte.

 

Zur Vermeidung eines zumindest theoretischen Bindungskonflikts sollte aber nach der Auffassung des erkennenden Verwaltungssenats bei einem Aufenthaltsverbot grundsätzlich schon im Spruch der Beginn seiner Gültigkeit in der Weise zum Ausdruck gebracht werden, dass es erst im Anschluss an die Entlassung aus der Gerichtshaft rechtswirksam wird. Deshalb wurde eine entsprechende Modifikation des Spruches vorgenommen, die im Ergebnis auch der Meinung der Erstbehörde im Vorlageschreiben zu entsprechen scheint. Für diese Vorgangsweise lässt sich sinngemäß wohl auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei der Beurteilung des Wohlverhaltens im Strafvollzug verbrachte Zeiten ohnehin außer Betracht zu bleiben haben (vgl zB VwGH 24.7.2002, Zl. 99/18/0260), ins Treffen führen.

 

Was die unbestimmte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, teilt der unabhängige Verwaltungssenat die Ansicht der belangten Behörde. Von einer Befristung war angesichts der Art und Schwere des begangenen Suchtgiftverbrechens, der noch offenen Reststrafe in Spanien, der hohen Rückfallgefahr und des insgesamt negativen Persönlichkeitsbildes beim Bw, dessen künftige Entwicklung und Resozialisierung äußerst unsicher und unbestimmbar erscheint, Abstand zu nehmen.

 

4.6. In dem bereits oben angeführten Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0092, hat der Verwaltungsgerichtshof ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers daran bejaht, dass sich der unabhängige Verwaltungssenat mit der Frage der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung auseinandersetzt.

 

In der vorliegenden Berufung hat der Bw die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung im Hinblick auf die zu verbüßende Haft als unsinnig bezeichnet und damit die Rechtsmäßigkeit in Frage gestellt.

 

Ein Rechtsmittel gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung soll die Überprüfung der dafür bestehenden Voraussetzungen durch die Berufungsbehörde ermöglichen. Bei der Berufungsentscheidung ist auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides abzustellen und sind die Voraussetzungen für diesen Zeitpunkt zu beurteilen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], E 13a, 13b und 13c zum vergleichbaren § 64 Abs 2 AVG).

 

Die belangte Behörde hat sich auf den im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltenden § 45 Abs 4 FrG 1997 (ähnlich nunmehr § 64 FPG) bezogen, wonach bei Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot nur ausgeschlossen werden darf, wenn die sofortige Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich ist.

 

Begründend wurde lediglich pauschal auf die "obigen Begründungsausführungen" verwiesen, aus denen sich die Erfüllung der Voraussetzungen des § 45 Abs 4 FrG 1997 ergeben soll. Diese Begründung kann der erkennende Verwaltungssenat nicht als stichhaltig erkennen. Im Gegenteil ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid, dass der Bw voraussichtlich noch bis 5. März 2010 in Strafhaft verbringen wird, wenn er nicht in den Genuss einer bedingten Entlassung nach § 46 StGB gelangt. Dies wäre bei einem Suchtgiftverbrechen mit hohem Rückfallsrisiko und hoher Gesellschaftsschädlichkeit aber eher unwahrscheinlich (vgl allgemein Jerabek in Wiener Kommentar2 Rz 17 zu § 46 StGB [2003]). Es kann beim gegebenen Sachverhalt jedenfalls gerade nicht behauptet werden, dass die sofortige (!) Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung wäre. Vielmehr erforderte der ordnungsgemäße Vollzug der rechtskräftigen Freiheitsstrafe und damit auch die öffentliche Ordnung, dass der Bw noch einige Jahre in Strafhaft verbringen wird.

 

Schon aus diesem Grund war der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Spruchpunkt 2. als rechtswidrig festzustellen.

 

4.7. Was das nach h Ansicht im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz ebenfalls nicht sinnvolle Absehen von einem Durchsetzungsaufschub im Spruchpunkt 3. betrifft, ist auf § 86 Abs 3 FPG hinzuweisen, wonach EWR-Bürgern grundsätzlich von Amts wegen ein solcher Aufschub von einem Monat (ab Rechtswirksamkeit des Aufenthaltsverbotes!) zu erteilen ist, wenn nicht die sofortige Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Diese Frage stellt sich ebenfalls erst im Zusammenhang mit der Entlassung aus der Strafhaft. Möglicherweise kommt der Bw dann sogar noch in Auslieferungshaft, was weitere Überlegungen erübrigen würde.

 

Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass gemäß § 9 Abs 2 FPG (früher § 94 Abs 5 FrG 1997) eine Berufung gegen die Versagung, die Bewilligung und den Widerruf eines Durchsetzungsaufschubes nicht zulässig ist. Da insofern kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist und kein Instanzenzug in Betracht kommt, wäre gegen einen solchen Ausspruch eine unmittelbare Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zulässig (vgl Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG).

 

5. Im Ergebnis war das angefochtene Aufenthaltsverbot mit der Klarstellung des Beginnes seiner Rechtswirksamkeit ab Entlassung aus der inländischen Gerichtshaft zu bestätigen und im Übrigen der Berufung teilweise Folge zu geben und den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung für rechtswidrig zu erklären.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabengebühren in Höhe von 13 Euro für die Berufung angefallen.

 

Dr. W e i ß

 

 

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