Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310315/2/Kü/Hu

Linz, 08.03.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau H H, C, E, vom 18. Jänner 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 11. Jänner 2007, Zl. UR96-12-2-2006, wegen einer Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997 zu Recht erkannt:

 

 

  I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 11. Jänner 2007, Zl. UR96-12-2-2006, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs.1 Z2 lit.a Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1997 iVm §§ 1 und 6 Abs.1 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 13.9.1993 über die Trennung und getrennte Lagerung, Bereitstellung, Sammlung und Abfuhr von Abfällen (Oö. Abfalltrennungsverordnung) eine Geldstrafe von 150 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil sie am 10. November 2006 (wie von einem Beamten der Bezirkshauptmannschaft Eferding anlässlich eines Lokalaugenscheins am 10.11.2006, ca. 14.30 Uhr, festgestellt wurde) auf ihrem Grundstück  Nr. …, KG H, Anwesen: C, Gemeinde H, ca. 2 m³ Rasen- und Grünschnitt (biogener Abfall im Sinne der Oö. Abfalltrennungsverordnung) gelagert hat und nicht – wie im Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1997 und auf der darauf basierenden Verordnung über die Trennung und getrennte Lagerung, Bereitstellung, Sammlung und Abfuhr von Abfällen (Oö. Abfalltrennungsverordnung) vorgeschrieben – einer Kompostierung zugeführt hat.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass biogene Abfälle (wie Grasschnitt) im Sinne des § 6 Abs.1 der Oö. Abfalltrennungsverordnung von jedermann aus dem anfallenden Abfall zu trennen und einer Kompostierung zuzuführen seien.

 

§ 2 Abs.1 Z2 Oö. AWG 1997 schreibe für die Behandlung von Abfall (im gegenständlichen Fall Kompostierung des Rasenschnittes) die Berücksichtigung öffentlicher Interessen wie zB Beeinträchtigung des Ortsbildes vor. Das von der Bw in ihrem begründeten Einspruch zur Strafverfügung vom 30.11.2006 erwähnte Mulchen sei zweifelsohne nach allgemeiner Lebenserfahrung eines Gartenbesitzers eine erlaubte Verwertung von Rasenschnitt. Die von der Bw verwendete Menge von Rasenschnitt für Mulchzwecke sei jedoch, wie aus den beiliegenden vier Fotobeilagen zu diesem Straferkenntnis zu entnehmen sei, bei weitem überhöht. Diese Beeinträchtigung des durch des Oö. AWG 1997 geschützten Ortsbildes, in Anbetracht des Aussehens der an ihr Anwesen angrenzenden Hausgärten, sei ebenfalls den vier Fotobeilagen zu entnehmen. Aus den vorgenannten Gründen sei daher die von der Bw erwähnte „zulässige Kompostierung“ keine erlaubte Kompostierung im Sinne der Oö. Abfalltrennungsverordnung und sei daher die im Spruch angeführte Strafe zu verhängen gewesen.

 

2.   Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher von der Bw ausgeführt wird, dass der Rasenschnitt von ihr für das Mulchen und zur Unkrautvermeidung für ihre Sträucher und Bäume verwendet werden würde. Die auf den dem Straferkenntnis beiliegenden vier Fotos ersichtlichen Rasenmengen (neben den Sträuchern) würde sie bis ins Frühjahr 2007 lagern und dann in ihrem Garten (Gemüse und Bäume) verwenden. Diese Vorgangsweise stelle nach ihrem Dafürhalten eine zulässige Kompostierung (im Sinne der Oö. Abfall­trennungsverordnung und des Abfallwirtschaftsgesetzes) dar und sei nicht geeignet,  Nachbarn zu belästigen (weder dem Aussehen nach noch in geruchsintensiver Weise). Da H eine Landgemeinde sei (umgeben von Wiesen und Feldern) könne das „Ansehen-Müssen“ von Rasengrünschnitt keine Störung des Ortsbildes sein.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 22. Jänner 2007 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Abfalltrennungsverordnung ist jedermann verpflichtet, zur Erreichung der Ziele der Abfallverwertung (§ 3 Z2 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990) die Abfälle bereits beim Anfall so weit zu trennen und so getrennt zu lagern, bereit zu stellen, zu sammeln und abzuführen, dass eine weitestgehende Verwertung möglich wird.

Nach Abs.2 der zitierten Rechtsvorschrift gilt diese Verpflichtung nicht für Abfälle, deren Trennung, Sammlung und Behandlung durch Rechtsvorschriften des Bundes geregelt ist.

 

Mit BGBl.Nr. 68/1992 hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie die Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle kundgemacht. Diese Verordnung ist gemäß BGBl.Nr. 456/1994 mit 1. Jänner 1995 in Kraft getreten.

 

Gemäß § 1 Z1 der Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle sind natürliche, organische Abfälle aus dem Garten- und Grünflächenbereich, wie insbesondere Grasschnitt, Baumschnitt, Laub, Blumen und Fallobst vom Geltungsbereich dieser Verordnung umfasst.

 

§ 2 Abs.1 der Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle lautet: Werden biogene Materialien im Sinne des § 1 in unmittelbarem Bereich des Haushaltes oder der Betriebsstätte nicht verwertet, so sind diese biogenen Abfälle für eine getrennte Sammlung bereit zu stellen oder zu einer dafür vorgesehenen Sammelstelle zu bringen.

 

Weiters hat der Bund durch das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (in Kraft getreten am 2.11.2002) die Kompetenz der Bedarfsgesetzgebung in Anspruch genommen und bundeseinheitliche Regelungen für nicht gefährliche Abfälle ua hinsichtlich der Ziele und Grundsätze, der sonstigen allgemeinen Bestimmungen, der Abfallvermeidungs- und –verwertungsbestimmungen sowie der Behandlungspflichten normiert.

 

Entsprechend dieser Rechtslage ist davon auszugehen, dass die getrennte Erfassung, Lagerung und Sammlung biogener Abfälle, darunter sind auch Rasen- und Grünschnitt zu subsumieren, bundesrechtlichen Vorschriften insbesondere den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 sowie der Verordnung über die Sammlung biogener Abfälle unterliegen. Eine Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes nach landesrechtlichen Vorschriften, wie von der belangten Behörde vorgenommen, ist demnach nicht geboten. Vielmehr ist die durch die Lichtbilder dokumentierte Vorgangsweise der Bw im Hinblick auf die Lagerung bzw. Verwendung biogener Abfälle nach den Vorschriften des AWG 2002 sowie der Verordnung über die Sammlung biogener Abfälle zu beurteilen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die im Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

 

§ 1 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Gemäß § 2 Abs.3 AWG 2002 ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs.3) erforderlich, so lange

1.    eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.    sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Entledigen im Sinne des § 2 Abs.1 Z1 AWG 2002 bedeutet dabei, dass die Gewahrsame zum Zweck der Befreiung von einer Sache aufgegeben wird. Im Hinblick auf das Vorbringen der Bw, und zwar welchem Verwendungszweck sie den Rasenschnitt zuführen wird, ist eine Entledigungsabsicht der Bw nicht anzunehmen und daher der subjektive Abfallbegriff hinsichtlich des am gegenständlichen Grundstück vorgefundenen Rasenschnittes nicht erfüllt.

 

Den objektiven Abfallbegriff erfüllt der gegenständliche Rasenschnitt dann, wenn die Art und Weise der Verwendung und Lagerung geeignet ist, die öffentlichen Interessen des § 1 Abs.3 AWG 2002 zu beeinträchtigen. Dabei ist zu prüfen, ob aufgrund der jeweiligen konkreten Umstände des Einzelfalls zu befürchten ist, dass Schutzgüter des § 1 Abs.3 AWG 2002 beeinträchtigt werden können. Eine bereits konkret eingetretene Beeinträchtigung ist nicht gefordert. Auf der anderen Seite müssen konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Gefahr vorliegen (vgl. Piska, Das Recht des Abfallmanagements, Band 1, Seite 250).

 

Die konkrete Situation lässt sich nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ohne Zuhilfenahme eines Sachverständigen ausreichend beurteilen. Die dem Straferkenntnis angeschlossenen vier Lichtbilder dokumentieren in eindeutiger Weise, dass die Menge an vorgefundenen Grasschnitt der für einen typischen Einfamilienhausgarten entspricht. Aus den vorhandenen Lichtbildern ist auch nicht zwingend ableitbar, dass die neben dem handelsüblichen Komposter gelagerte Menge an Grasschnitt das Ausmaß von 2 m³ aufweist. Jedenfalls ist entgegen den Ausführungen der belangten Behörde eine Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die Lagerung von Grasschnitt neben dem Komposter, der als wesentliche Erscheinung in den Vordergrund tritt, nicht gegeben. Weiters dokumentieren die von der Behörde angefertigten Fotos, dass von der Bw Rasenschnitt für das Mulchen von Bäumen und Sträuchern bereits Verwendung gefunden hat. Als Mulchen wird entsprechend dem herkömmlichen Verständnis eine spezielle Technik, die im Garten, in Parks und im Gartenbau angewendet wird, verstanden. Der offene Boden zwischen Gemüsepflanzen, Blumen, Sträuchern und Bäumen wird hierbei mit organischem Material wie etwa Rasenschnitt, Beinwellblättern oder anderen Gartenabfällen bedeckt (vgl. www.wikipedia.org).

 

Der von der Bw dargestellte Verwendungszweck für den Grasschnitt stellt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates jedenfalls eine zulässige Verwendung von Rasenschnitt in privaten Hausgärten dar. Insbesondere gereicht die am 10. November 2006 vorgefundene und auf den Lichtbildern dokumentierte Menge an Rasenschnitt im Garten der Bw nicht zur Annahme, dass dadurch die in § 1 Abs.3 AWG 2002 geschützten öffentlichen Interessen eine Beeinträchtigung erfahren, zumal nach der allgemeinen Erfahrung diese Mengen an Rasenschnitt sowie die  festgestellte Lagerweise – den unmittelbaren Nahbereich ausgenommen – keine Geruchsentwicklungen bewirken, die die Intensität einer unzumutbaren Geruchsbelästigung erreichen können. Die Beeinträchtigung sonstiger in § 1 Abs.3 AWG 2002 genannter Interessen ist gegenständlich nicht in Betracht zu ziehen. Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass die konkret auf dem Grundstück der Bw vorgefundenen Mengen an Rasenschnitt weder den objektiven noch den subjektiven Abfallbegriff des AWG erfüllen und darüber hinaus die von der Bw dargestellte Verwendung der Materialien nicht den Regeln der Verordnung über die Sammlung biogener Abfälle widerspricht.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Bw die ihr angelastete Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die Übertretung des Oö. Abfall­wirtschaftsgesetzes nicht begangen hat, zumal diese Vorschriften auch auf den gegenständlichen Sachverhalt keine Anwendung finden. Weiters ist festzuhalten, dass der von der Erstinstanz angelastete Tatvorwurf auch nicht den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu unterwerfen ist und nach diesen Vorschriften ebenfalls keine Übertretung darstellt. Aus diesen Gründen war daher der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

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