Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110724/9/Li/Rd/Ga

Linz, 15.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des Herrn A G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22.8.2006, VerkGe96-124-1-2006, wegen einer Übertretung des Güterbe­förderungsgesetzes (GütbefG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8.3.2007 zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben      und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, 145,30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben als Unternehmer mit dem Sitz in D F, am 06.06.2006 gegen 08.15 Uhr, auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg über­stiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: A G, D  F, Lenker: eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Textilien) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in England (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Gemeinschaftslizenz mitgeführt wurde.“

 

Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen - nach der Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen - aus, dass bei der im Spruch näher konkretisierten grenzüberschreitenden gewerblichen Güterbeförderung keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt worden sei. Der Bw als Unternehmer habe aber dafür zu sorgen, dass gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 die Gemeinschaftslizenz mitgeführt wird.  Da es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt gehandelt habe,  sei es Sache des Bw, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Die Rechtfertigung des Bw, wonach er seinem Arbeitnehmer die Gemeinschaftslizenz zur Verfügung gestellt und ihn beauftragt bzw aufgefordert habe, diese mitzuführen, reiche für einen Nachweis eines funktionierenden Kontrollsystems nicht aus. Im Übrigen seien solche Behauptungen auch gar nicht aufgestellt worden, sodass von einem schuldhaften Verhalten des Bw auszugehen war. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von der Unbescholtenheit des Bw und von keinem Vorliegen von Erschwerungsgründen aus. Bei den persönlichen Verhältnissen des Bw wurde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten, ausgegangen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und darin die Behebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass sich zum vermeintlichen Tatzeitpunkt tatsächlich eine EU-Lizenz entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen im gegenständlichen Fahrzeug befunden habe. Warum die Urkunde nicht habe vorgezeigt werden können, entziehe sich der Kenntnis des Bw. Es könne sein, dass eine solche Urkunde dem Fahrer nicht abverlangt worden sei, was auch den Angaben des Fahrers entspreche, welcher sich gegenüber dem Dienstgeber derart verantwortet habe. Weiters könne es sein, dass es ein Kommunikationsproblem gegeben oder der Fahrer die EU-Lizenz nicht gefunden habe. Letzteres erscheine unwahrscheinlich, da diese Urkunden in allen Fahrzeugen gleich verwahrt werden und jeder Fahrer darüber Bescheid wisse, wo sich die EU‑Lizenzen befinden.

Die Ausführungen der belangten Behörde, dass der Bw darauf hingewiesen habe, dass sich eine Kopie der EU-Lizenz nunmehr im Fahrzeug befände, sei zwar richtig, stehe jedoch nicht im Widerspruch, dass sich die EU-Lizenz bereits zum Vorfallszeitpunkt im gegenständlichen Fahrzeug befunden habe. Dem Bw sei es nach Bekanntwerden des Tatvorwurfes nicht mehr möglich gewesen, die Fahrzeugpapiere körperlich zu überprüfen, weshalb er vorsichtshalber eine Kopie der Urkunde, um sicher zu sein, zumindest ein Exemplar im Fahrzeug zu haben, besorgt habe. Es bestehe kein Widerspruch zwischen der Stellungnahme und der Verantwortung des Bw, zumal er ja auch in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8.3.2007, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter, die belangte Behörde und die Zeugen BI B von der Autobahnpolizeiinspektion Ried und der Lenker  geladen wurden. Die belangte Behörde ist entschuldigt, der genannte Lenker unentschuldigt nicht erschienen.

 

4.1. In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde nach ausführlicher Darlegung der Sachlage durch den Bw der Meldungsleger RI B zeugenschaftlich einvernommen und  wurde von diesem zu Protokoll gegeben, dass die Kontrolle des beanstandeten Fahrzeuges am 6.7.2006 erfolgt sei. Er könne sich aufgrund der Vielzahl der Amtshandlungen an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr im Detail erinnern. Erinnern könne er sich jedoch daran, dass das Fahrzeug bereits seit 18.00 Uhr des Vortages in der mit drei Stunden limitierten Kurzparkzone gestanden sei. Dies sei der Anlass für die gegenständliche Kontrolle gewesen. Bei der Kontrolle seien sämtliche Papiere kontrolliert worden. Um Missverständnisse bei der Aushändigung hintan zuhalten, werden Musterpapiere in Originalfarben bei der Kontrolle mitgeführt. Er könne mit Sicherheit ausschließen, dass es bei der Kontrolle ein Kommunikationsproblem hinsichtlich des Vorweisens der Gemeinschaftslizenz gegeben habe. Auch habe die langjährige Erfahrung gezeigt, dass bei jedem Problem, der Fahrer bei seiner Firma anruft und ihm allenfalls dort erklärt wird, wo sich die benötigten Papiere im Lkw befinden. Wenn diese Papiere dann nicht vorgewiesen werden können, komme es zu einer Bestrafung des Fahrers; da dieser meist kein Bargeld mit sich führe, gehe er (der Fahrer) zu einer türkischen Spedition, um sich dieses Geld zu beschaffen. Er bekomme einen Zettel mit, wo der Grund für die Bestrafung angeführt ist. Es sei mit gutem Grund anzunehmen, dass das Problem auch dort noch einmal besprochen und der Fahrer darauf hingewiesen werde, weshalb er bestraft werde. Sollte der Fahrer durch diese Aufklärung dann doch mit den benötigten Papieren kommen, würde die Bestrafung, für den Fall, dass es sich um die Nichtvorlage einer EU-Lizenz handle, zurückgenommen werden. Vielfach sei es auch so, dass die Kontrollorgane von der Firma telefonisch über das vorliegende Problem befragt werden und auch hier Auskünfte erteilen. Es werde jedenfalls jedem Fahrer genügend Zeit für die Suche der Dokumente eingeräumt. Wenn der Eindruck entsteht, er kenne sich nicht aus, wird bei der Durchsicht der Mappe mit den Fahrzeug- und sonstigen Papieren geholfen. Die blaue EU-Lizenz sei kaum zu übersehen. Eine Durchsuchung des Lkw bzw des Führerhauses werde nicht vorgenommen und sei dies auch nicht vorgesehen. Vom Lenker sei eine für Österreich ungültige CEMT-Genehmigung vorgelegt worden. Für den Fall, dass der Lenker behauptet hätte, er habe die EU-Lizenz zwar mit, er könne sie jedoch nicht finden, dann wäre dies von ihm sicher in der Anzeige vermerkt worden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1522 ff).

 

5.2. Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehenden  Gründen  nicht entsprochen:

 

Wie aus der Strafanzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried/Innkreis zu entnehmen ist, wurde am 6. Juli 2006 auf der Innkreisautobahn A8, am Parkplatz des Autobahngrenzüberganges Suben, Lkw-Ausreise, der Lenker  zu einer Verkehrs­kontrolle angehalten und konnte dieser keine Gemeinschaftslizenz vorweisen. Dass es sich beim 6. Juli 2006 um den Tattag gehandelt hat, wurde auch in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung durch den Zeugen RI B bestätigt.  

 

Im angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Bw jedoch zur Last gelegt, dass er als Unternehmer am 6. Juni  2006 die näher ausgeführte Verwaltungsübertretung begangen hat. Auch in der  Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.7.2006 wurde dem Bw als Tattag der 6. Juni 2006 vorgehalten.

 

Diesbezüglich wird auf das richtungsweisende Erkenntnis des Verwaltungs­gerichts­hofes, verst. Sen., vom 3.10.1985, Slg. A, verwiesen, worin sich der Gerichtshof grundsätzlich mit der Problematik der Tatvorwurfkonkretisierung in einem Strafbescheid auseinandersetzt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Da hinsichtlich des konkreten Tattages keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde, war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen (vgl. zB VwGh v. 22.2.1989, 88/03/0148).

 

Aufgrund des oben geschilderten Sachverhalts entfällt die anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung vereinbarte Fortsetzung der mündlichen Verhandlung.

 

Auf die Berufungsausführungen war daher nicht mehr näher einzugehen, auch wenn nach Überzeugung der entscheidenden Behörde das vom Bw dargelegte Kontrollsystem offensichtlich nicht geeignet war, ihn von seiner diesbezüglichen Verpflichtungen zu entlasten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Linkesch

 

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