Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162000/5/Fra/Hu

Linz, 19.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau E B, F, 46 M, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. T G, 46 W, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15. Jänner 2007, VerkR96-7317-2006 Be, betreffend Übertretung des § 24 Abs.1 lit.k StVO1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6.3.2007 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 24 Abs.1 lit.k StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil sie am 31.8.2006 um 14.45 Uhr den Pkw P mit dem Kennzeichen WL auf der R auf Höhe der Liegenschaft R im Gemeindegebiet von M verbotenerweise auf dem dort befindlichen Radfahrstreifen geparkt hat, obwohl das „Halten“ und „Parken“ auf Radfahrstreifen verboten ist. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Wels-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000  Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6.3.2007. An der Verhandlung nahmen der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter der belangten Behörde teil. Als Zeuge wurde der Meldungsleger RI S einvernommen. Weiters wurde in die Lichtbildkopie der Tatörtlichkeit sowie in den Akt betreffend die Erlassung der verfahrensgegenständlichen Verordnung (VerkR10-5-8 der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land) Einsicht genommen.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion Marchtrenk vom 31. August 2006, Gz. A2/9021/2006, zugrunde. Der Meldungsleger bestätigte zeugenschaftlich bei der mündlichen Berufungsverhandlung die von ihm dokumentierten Wahrnehmungen.

 

4. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die R erstreckt sich im westlichen Bereich der Stadt M auf eine Länge von etwa 800 m zwischen der B im Süden und der L im Norden. Sie ist insgesamt etwa 5,5 m breit und beidseitig mit einem jeweils 1,3 m breiten Mehrzweckstreifen versehen. Diese sind sowohl farblich (rotbraun) als auch durch  Begrenzungslinien von der Fahrbahn optisch getrennt ausgeführt.

 

Bei der Einmündung in die Leharstraße ist der Mehrzweckstreifen mit dem in weißer Farbe ausgestatten Schriftzug "Ende" versehen. Diese Bezeichnung fehlt bei der Einmündung in die B bzw. dem rechtsseitig parallel zur B in Richtung W verlaufenden Rad- und Geh- u. Radweg (§ 2 Abs.1 Z11a StVO).

 

Dem Verordnungsakt angeschlossen ist ein Aktenvermerk vom 16.5.2006, welcher das Ergebnis eines straßenpolizeilichen Außendienstes im Beisein zweier Vertreter der Behörde erster Instanz, eines technischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, des Bürgermeisters u. Vizebürgermeisters, zweier weiterer Repräsentanten der Stadtgemeinde M, des Straßenmeisters von E, sowie eines Repräsentanten der PI M vom 9.5.2006 protokolliert.

 

Im letzten Punkt 11 dieses Aktenvermerks wurden die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Mehrzweckstreifen mit dem Ergebnis behandelt, dass deren Verordnung erst erfolgen könne, wenn die entsprechenden Markierungen angebracht sind. Ab diesem Zeitpunkt – so im letzten Satz – sei auch das "Parken" auf Höhe der Firma Stone (der gegenständlichen Örtlichkeit)  verboten.

 

Am 27.7.2006 teilte die Stadtgemeinde M der Behörde erster Instanz schriftlich die Aufbringung der entsprechenden Markierungen mit und ersuchte die Verordnung zu erlassen.

 

Im Verordnungsakt finden sich schließlich zwei weitere Aktenvermerke über straßenpolizeiliche Außendienste vom 4.9.2006 und vom 10.9.2006. Ersterer verweist auf die Verparkung im Bereich der Firma S mit der Anregung einer diesbezüglich verstärkten Überwachung.

 

Am 10.9.2006 wurde schließlich festgehalten, wonach die VO bereits am 22.8.2006 vom Abteilungsleiter konzipiert, diese jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht unverzüglich abgefertigt worden sei. Das Datum 22.8.2006 sei von der Schreibkraft eigenmächtig ausgelackt worden und anstatt dessen das Datum 5.9.2006 eingesetzt worden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 44 Abs.1 StVO 1960 besagt zur Kundmachung, dass die im § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen sind. Sie treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten.

 

Im Sinne des § 2 Abs.1 Z7a der StVO 1960 gilt als Mehrzweckstreifen "ein Radfahrstreifen oder ein Abschnitt eines Radfahrstreifens, der unter besonderer Rücksichtnahme auf die Radfahrer von anderen Fahrzeugen befahren werden darf, wenn für diese der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt angeordnet ist".

 

Nach § 13 Abs.3 der Bodenmarkierungsverordnung BGBl. Nr. 848/1995 idF BGBl. II Nr. 370/2002 sind der Beginn und der Verlauf eines Radfahrstreifens durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen entsprechend der Abbildung in Anlage 3 zu kennzeichnen. Die Abstände der einzelnen Fahrradsymbole haben den örtlichen Gegebenheiten, den Verkehrsverhältnissen sowie den Anforderungen der Verkehrssicherheit zu entsprechen. Das Ende eines Radfahrstreifens ist durch die Schriftzeichenmarkierung "Ende" (§ 20) anzuzeigen. Schriftzeichenmarkierungen dürfen nach § 20 leg.cit nur in weißer Farbe ausgeführt werden.

 

Ist aber davon auszugehen, dass für einen bestimmten Bereich kein Halteverbot verordnet wurde, so liegt - die entsprechende Situierung des Verkehrszeichens vorausgesetzt - insoweit ein Kundmachungsmangel vor, weil damit der Vorschrift des § 44 Abs.1 erster Satz StVO nicht Genüge getan wird, welcher immanent ist, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet (Hinweis E 3.7.1986, 86/02/0038).

 

Liegt ein Kundmachungsmangel betreffend eine Verordnung (hier: Verstoß gegen ein durch die sich aus der Verordnung ableitendem Parkverbot) vor, so braucht deren Erlassung nicht untersucht zu werden, da eine Bestrafung wegen Nichtbeachtung der Verordnung jedenfalls rechtswidrig war (VwGH 4.6.1987, 87/02/0024).

 

Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die der Bestrafung zugrunde liegende Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht wurde und diese daher im rechtlichen Sinne nicht existent ist. Das Abstellen des im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Fahrzeuges bildete daher keine Verwaltungsübertretung.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 

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