Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222116/10/Bm/Sta

Linz, 20.03.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn R I, H, N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J L, G, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeister der Stadt Steyr vom 14.11.2006, Zl. Ge-1093/06, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.2.2007, zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14.11.2006, GZ. Ge-1093/06, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 80 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§ 1 Abs.3 Oö. Sperrzeitenverordnung idgF iVm § 113 Abs.1 und 7 sowie § 368 GewO 1994 verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftführer und somit gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma I K in S, P, zu vertreten hat, dass in der Betriebsstätte oa Firma in S, P (Lokal "W"), am 15.10.2006 um 4.50 Uhr Gästen das Verweilen in derselben gestattet wurde, obwohl die Sperrstunde dieses Lokals (dessen Betriebsart "Nachtclub" ist) gemäß der Oö. Sperrzeitenverordnung mit 4.00 Uhr festgesetzt ist. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar.

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass in I. Instanz schon darauf verwiesen worden sei, dass das Lokal zum fraglichen Zeitraum geschlossen und mit bzw. durch das Personal nur mehr Aufräumungsarbeiten und die Abrechnung im Gang gewesen seien. Im Lokal würden sich keine Gäste mehr aufgehalten haben. Die Begründung des angefochtenen Bescheides begnüge sich zur Erfüllung des Tatbestandes mit dem Hinweis, Organe der BPD Steyr hätten den gegenständlichen Sachverhalt festgestellt. Der Verweis auf andere Aktenteile ersetze nicht  eine den § 60 AVG entsprechende Begründung mit Beweiswürdigung und die dafür maßgebenden Erwägungen, zumal sich der Berufungswerber in I. Instanz damit verantwortet habe, dass sich keine Gäste mehr im Lokal aufgehalten hätten. Das Verfahren hätte schon auf Grund der Anzeige eingestellt werden müssen, weil auch nach der Anzeige ein hinreichend konkretisierter Sachverhalt nicht abzuleiten sei. Anonyme Informationen und Mutmaßungen seien nicht geeignet, einen konkreten strafbaren Sachverhalt zu ersetzen. Zur Gesetzmäßigkeit der Verordnung werde auf das Vorbringen in der Rechtfertigung verwiesen. Nach Auffassung des Berufungswerbers sei die Verordnung, auf die sich die Bestrafung stütze, nicht gesetzmäßig. Es müsste im konkreten Fall auf Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung abgestellt werden. Die ortsansässige Bevölkerung sei anders abzugrenzen als die gesamte Landesbevölkerung. Nachdem die Verordnung aber undifferenziert für das gesamte Bundesland erlassen worden sei und gelte, fehle die im Gesetz vorgesehene Differenzierung. Es werde daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.2.2007, zu welcher der ausgewiesene Vertreter des Berufungswerbers erschienen ist. Weiters erschienen sind die Zeugen ChefInsp. P H und Insp. S H, welche unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurden.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde von den Zeugen ausgeführt, dass zum Tatzeitpunkt eine routinemäßige Kontrolle des Lokals "W" in S, P, auf Überprüfung der Einhaltung der Sperrzeiten-Verordnung durchgeführt worden ist. Beide Zeugen führten aus, dass sie sich an die Überprüfung selbst nicht mehr erinnern und sich nur auf das beziehen könnten, was aus der Anzeige hervorgehe.

 

Aus der Anzeige ist ersichtlich, dass Personen zwar an der versperrten Lokaltüre klopften, diese jedoch nicht geöffnet wurde. Weiters gingen diese Personen zum Nebeneingang (P), wo nach einiger Zeit Personen herauskamen und die zuvor wartenden Personen daraufhin hinein gingen.

Aus der Anzeige ist jedoch nicht ersichtlich, ob die herauskommenden Personen tatsächlich im Lokal waren bzw. ob die wartenden Personen auch das Lokal tatsächlich betreten haben. Die von den Meldungslegern beobachteten Personen wurden hiezu nicht befragt und wurde auch nicht deren Identität festgestellt. Überdies wurde vom Zeugen ChefInsp. P H angegeben, dass zwar Stimmen aus dem Lokal hörbar waren, es jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um Angestellte des Berufungswerbers handelte. Vom Zeugen H wurde bestätigt, dass sich oberhalb des Lokals eine Wohnung befindet, die über den Nebeneingang betreten wird.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Nach § 1 Abs.3 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Bar, Diskothek und Nachtclub spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 18.00 Uhr geöffnet werden.

 

Gemäß § 113 Abs.7 GewO 1994 haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Die Verhaltensvorschrift des § 113 Abs.7 nennt mehrere Tatbilder; zum einen die Abwendung des Zutrittes von Gästen zu den Betriebsräumen und zum anderen des Verweilens und der Bewirtung in diesen Räumen.

 

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird dem Berufungswerber von diesen mehreren Tatbildern lediglich das Verweilen von Gästen über die gesetzlich festgelegte Sperrzeit von 4.00 Uhr gestattet zu haben vorgeworfen,.

Eben dieser allein zu prüfende Tatvorwurf konnte im Rahmen des Beweisverfahrens nicht bestätigt werden.

Abgesehen davon, dass sich die Meldungsleger bei ihrer Vernehmung an die zum Tatzeitpunkt vorgenommene Überprüfung nicht mehr erinnern können, geht aus der dem Straferkenntnis zu Grunde liegenden Anzeige nicht hervor, dass Gästen tatsächlich das zur Last gelegte Verweilen gestattet wurde. Beobachtet und in der Anzeige festgehalten wurde lediglich ein Betreten bzw Verlassen eines Nebeneinganges zum Lokal. Dadurch, dass die von den Meldungslegern beim Verlassen des Lokals beobachteten Personen über eine mögliche Anwesenheit im Lokal nicht befragt wurden, kann nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass diese Personen, wie vom Berufungswerber vorgebracht, aus der über dem Lokal befindlichen Wohnung kamen bzw. es sich bei diesen Personen eben doch um Personal des Berufungswerbers handelte. Ebenfalls eines beweismäßig abgesicherten Ermittlungsverfahrens entbehrt die Vermutung, dass die zum Zeitpunkt der Kontrolle am Nebeneingang wartenden  Personen in weiterer Folge auch das Lokal besuchten und damit der Berufungswerber den Tatvorwurf verwirklichte, weshalb nach dem Grundsatz in dubio pro reo das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen war.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

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