Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230348/3/Br

Linz, 21.09.1994

VwSen - 230348/3/Br Linz, am 21. September 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn K K, vertreten durch Frau U Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 12. August 1994, Zl.: Sich96/111-4-1994-H/Bra, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben. Unter Anwendung des § 21 wird unter Hinweis der Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers eine Ermahnung erteilt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 21 Abs.1 2. Satz, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem Straferkenntnis vom 12. August 1994, Zl.: Sich96/111-4-1994-H/Bra, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 82 Abs.1 Z4 iVm § 5 und § 15 Abs.1 FrG eine Geldstrafe von 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er sich seit 1. Juni 1994, im Gasthaus P als Ferialpraktikant beschäftigt, nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten gehabt habe. 1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding verweist in ihrer Begründung auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und nimmt auf Grund des Geständnisses des Berufungswerbers die Übertretung als erwiesen an.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung mit folgenden Inhaltes erhoben: "Betreff: Berufung gegen Straferkenntnis vom 12.08.1994 Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Ich, K K, berufe hiermit gegen den Bescheid der BH Eferding, da ich mir keiner Schuld bewußt bin. Wir bekamen von der Sicherheitsdirektion NÖ, Hr. Mag.H (0222/713358 K1. 304) die Information, daß ungarische Ferialpraktikanten, die im Rahmen ihrer Schulausbildung ein Praktikum in Österreich ableisten nur dann einen Sichtvermerk brauchen, wenn sie sich, ohne Unterbrechung, länger als 30 Tage in Österreich aufhalten. Schüler, die zwischendurch die Grenze überschreiten, benötigen keinen. Ein Sichtvermerk wäre auch für uns besser gewesen, da wir uns die hin und her Fahrerei erspart hätten, nur war es leider unmöglich mit den Damen vom Österreichischem Konsulat zu sprechen. - Telefonisch bekamen wir überhaupt keine Auskünfte, - Der Schule wurde die Erledigung der Sichtvermerke für die Schüler verweigert und somit hätte jeder Schüler seinen Sichtvermerk selbst besorgen müssen. - Die Sprechstunden waren so kurz, daß bevor wir an der Reihe waren, schon wieder gesperrt wurde, wir wieder nach Hause fahren, (je nach Schüler und Schule 100 - 300 km) am nächsten Tag wiederkommen und uns erneut anstellen mußten. - Wenn Unterlagen fehlten, (Telefonisch konnten wir uns nicht danach erkundigen) begann diese "Prozedur" wieder von vorne.

In der Schulzeit, zwischen Prüfungen und Schularbeiten, konnten wir diese Zeit nicht aufbringen, von den Kosten ganz zu schweigen. Ich wollte keine strafbare Handlung begehen, sondern nur die einfache Möglichkeit wählen, weshalb ich auch mehrmals nach Deutschland ausgereist bin. Außerdem konnte ich nicht ahnen, daß in Niederösterreich etwas erlaubt und in Oberösterreich die selbe Sache verboten ist. Ich ersuche Sie deshalb meinen Fall noch einmal zu überprüfen und dabei die vorgebrachten Umstände zu berücksichtigen.

Hochachtungsvoll (e.h. Unterschrift des Berufungswerbers) PS: Zustellungsbevollmächtigte in Österreich ist die von unserer Schule beauftragte Betreuerin: U Z." 2.1. Mit dem Schreiben vom 14. September 1994 führt die Bevollmächtigte des Berufungswerber aus:

"Betreff: Rückziehung einer Berufung, Aktenzahl: 230348.

Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! In meiner Eigenschaft als Bevollmächtige von Hr. K K und P P möchte hiermit die Berufung (Aktenzahl 230348) vom 12.08.1994 zurückziehen und gleichzeitig ersuchen das Strafausmaß einzuschränken. Begründung: Die Aufenthaltsbestimmungen wurden von den Schülern aus Unkenntnis verletzt. Sie waren der Meinung, daß nach einer Unterbrechung ihres Aufenthaltes in Österreich innerhalb 30 Tagen, diese Frist wieder von vorne beginnt. Die Schülern hätten lieber einen Sichtvermerk besorgt, da dieser gegenüber den Reisekosten für die Grenzüberschreitung weitaus günstiger gewesen wäre.

Leider war dies durch die Schwierigkeiten welche die Damen vom Konsulat machten, nicht möglich. Diese strotzten vor Unhöflichkeit, sprachen mit Ungarn nur deutsch, mit Deutschsprachigen nur ungarisch, telefonisch gaben sie überhaupt keine Auskünfte und letztendlich verunsicherten sie die Leute dadurch, daß sie von verschiedenen Personen verschiedene Unterlagen für einen Sichtvermerk verlangten. Da die Kinder teilweise sogar in die gleiche Klasse gingen, war dadurch die Verwirrung perfekt. Der Aufenthalt der Schüler war wirklich nur zum Zweck des Lernens. Sie hatten Praktikantenverträge und bekamen laut Kollektivvertrag die Lehrlingsentschädigung des 3. Lehrjahres. Die 2-3 Monatige Praktikumszeit war für die Schüler nicht leicht, sie hatten großes Heimweh, die Umstellung, die Eingewöhnung und die Sprachschwierigkeiten machten ihnen das Leben schwer. Der Großteil von ihnen gab sehr viel Geld für Telefonate mit den Eltern in Ungarn aus. Mit dieser Schilderung möchte ich Ihnen nahebringen, daß die Schüler nicht absichtlich ein Vergehen begangen haben, und ich ersuche Sie daher, das Ausmaß der Strafe einzuschränken.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich hochachtungsvoll (e.h. Unterschrift der Bevollmächtigten)" 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu erkennen. Zumal sich letztlich die Berufung nur mehr gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.2 VStG). 4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl. Sich96/111-3-1994-Gl/Bra, durch Einholung einer Stellungnahme des in der Berufung genannten Organs der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich, der Beischaffung des bezughabenden Erlaßes des BMfI, vom 17.8.1993, Zl. 79.002/98-III/16/93 und des betreffenden Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl.Nr.481/1978.

5. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber war in der Zeit von 1. Juni 1994 bis zum Zeitpunkt seiner Ausweisung als Ferialpraktikant in einem Gasthaus in Haibach Nr.4 beschäftigt. Die in seiner Rechtfertigung angeführten Gründe, welche durchaus glaubwürdig sind und auch nicht im Widerspruch zu den, über Befragung durch die Erstbehörde gemachten, wenigen Angaben des Berufungswerbers stehen.

Die Erstbehörde hat vorerst mittels Aktenvermerk vom 27. Juli 1994 festgehalten, daß zwei "polnische Staatsbürger" (gemeint aber wohl ungarische Staatsbürger), worunter sich auch der Berufungswerber befunden hat, im Gasthaus P, in H, ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt seien. Folglich hat die Erstbehörde den Berufungswerber nach dessen Erscheinen bei der Behörde am 12. August 1994 um 08.10 Uhr als Beschuldigten einvernommen und ihm eröffnet, daß er sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte. In seiner Vernehmung soll der Berufungswerber schließlich angegeben haben, daß er seit 1. Juni 1994 im Gasthaus Pointner als Ferialpraktikant beschäftigt sei. In seinem ungarischen Reisepaß befände sich kein Visum, obwohl dies aufgrund eines zwischenstaatlichen Abkommens zwischen Österreich und Ungarn notwendig sei. Im Zuge dieser Vernehmung ist dem Berufungswerber vom Verhandlungsleiter vorgehalten und mitgeteilt worden, daß er Österreich zu verlassen habe. In dieser Niederschrift erklärt der Berufungswerber schließlich noch, daß er ein Schreiben bei der Grenzkontrollstelle abgeben werde aus dem hervorgehe, daß er Österreich verlassen habe. Abschließend erklärte der Berufungswerber noch, daß er soweit der deutschen Sprache mächtig sei, daß er diese Niederschrift lesen und verstehen habe können und er wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes bestraft würde.

Die Erstbehörde hat in weiterer Folge ein sogenanntes Kurzerkenntnis erlassen und verweist darin unter "Bezeichnung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat" auf die Niederschrift, Sich96-11-3-1994-Gl/Bra, (gemeint wohl, Sich96/111-3-1994-Gl/Bra) <Inhalt siehe oben>.

Nach der nunmehrigen Einschränkung der Berufung auf das Strafausmaß ist nicht mehr darauf einzugehen, daß der Spruch des vorgelegten Straferkenntnisses hinsichtlich der Tatumschreibung nicht den Erfordernissen des § 44a Z1 VStG entsprochen hätte. Innerhalb der offenen Verjährungsfrist wäre dieser Mangel vom unabhängigen Verwaltungssenat jedoch durch entsprechende Präzisierung zu korrigieren und damit zu sanieren gewesen. 5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs. 1 u. 2 VStG Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Aus der Verantwortung des Berufungswerbers ergibt sich, daß dieser durchaus bemüht gewesen ist, seinen Aufenthalt zwecks einer Ferialpraxis in Österreich legal zu gestalten. Er war offenkundig auch bemüht sich entsprechend zu informieren. Geirrt hat er offenbar darin, daß eine bloß vorübergehende Ausreise binnen der "sichtvermerksfreien Frist" diese Frist nicht neu zu laufen beginnen läßt. Dieser Umstand ist wohl im Sinne des § 5 VStG nicht völlig entschuldbar. Aus dem gesamten Verhalten des Berufungswerbers kann aber sehr wohl auf ein sehr geringes Verschulden geschlossen werden. Im übrigen kommen dem Berufungswerber auch sämtliche Milderungsumstände zugute.

Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Sie kann unter diesen Voraussetzungen den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nachdem nach h. Ansicht im gegenständlichen Fall von beiden Voraussetzungen auszugehen gewesen ist, war mit einer Ermahnung vorzugehen (VwGH 16.3.1987, 87/10/0024, sowie VwGH 28.10.1980, 263 u. 264/80). Es wird nicht übersehen, daß die Mißachtung der Visumspflicht generell nicht bloß unbedeutende Folgen nach sich ziehen kann. Die hier vorliegenden Umstände rechtfertigen jedoch die Annahme, daß für diese Art der Ausbildungstätigkeit (Tätigkeit als Volontär) - wonach gemäß dem obzitierten Erlaß erst bei einer drei Monate überschreitenden Dauer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist - der Erteilung des Sichtvermerkes nichts entgegengestanden wäre. Ein solcher ist bei einem 30 Tage übersteigenden Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlich gewesen. Letztlich waren es bloß widrige Umstände, nämlich die glaubhaft vorgebrachten Probleme bei der Antragstellung, welche zu diesem Unterbleiben geführt haben. Die Ermahnung scheint jedoch erforderlich um dem Berufungswerber wenigstens künftighin dieses Erfordernis auf diesem Weg entsprechend zu verdeutlichen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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