Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720158/2/BP/Wb/Se

Linz, 12.03.2007

 

 

 

 

                                                        E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der C M H, vertreten durch Dr. H R, Rechtsanwalt, B I, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden vom 6. Juli 2005, Zl. Sich40-35018, wegen Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

 

 

            Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird be­hoben und die Angelegenheit wird zur neuerlichen Verhandlung und Er­lassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz zurück­ver­wiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

                                                                          

Entscheidungsgründe:

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden vom 6. Juli 2005, Zl. Sich40-35018, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bwin), einer rumänischen Staatsangehörigen, auf der Basis des Fremdengesetzes 1997 ein auf zwei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt.

 

 

Gegen diesen Bescheid, welchen die Bwin – laut Aktenlage wurde die Unterschrift von der Bwin verweigert - am 6. Juli 2005 übernommen hat, erhob diese rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, die der Sicherheitsdirektion Ober­österreich vorgelegt wurde.

 

 

1.2. Mit Schreiben vom 2. März 2007 übermittelte die Sicherheitsdirektion Oberösterreich den Verwaltungsakt zur Entscheidung der Berufung.

 

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis er­hoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Be­hörde.

 

Von der Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abge­sehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z. 1 AVG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwal­tungs­senat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mit­glieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Be­scheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurück­verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Ver­handlung unvermeidlich scheint.

 

3.2. Der der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde liegende Sachverhalt ent­spricht im Wesentlichen dem Zeitpunkt Juli 2005. Im Hinblick auf den seit diesem Zeitpunkt bereits verstrichenen erheblichen Zeitraum scheint es jedenfalls nicht ausge­schlossen, dass sich der Sachverhalt wesentlich geändert hat. Der dem Unab­hängigen Verwaltungssenat vorliegende Sachverhalt ist daher jedenfalls mangelhaft.

 

Eine neuerliche Beweisaufnahme erscheint unvermeidlich, da der (aktuelle) Sachverhalt etwa im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, bei der der Bwin alle von der Behörde erhobenen relevanten (aktualisierten) Sachverhaltsdetails vorgehalten werden und allenfalls unmittelbar Zeugen vernommen werden, am effektivsten durch die Behörde erster Instanz erhoben werden kann. Zusätzlich hat die Bwin in der Berufung die Einvernahme eines Zeugen  beantragt. Darüber hinaus ist der Sachverhalt nunmehr auch auf der Rechtsgrundlage des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2006, zu beurteilen (vgl. § 125 Abs. 1 FPG).

 

Insbesondere ist festzuhalten, dass die Bwin als rumänische Staatsangehörige nunmehr EWR-Bürgerin ist. Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Sinne der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 48 FrG 1997, die in Folge gleichartiger Regelungen auch für das FPG Geltung beanspruchen kann, darf ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der im § 60 Abs. 1 Z. 1 FPG genannten Voraussetzungen erlassen werden und stellen die in § 60 Abs. 2 FPG genannten Gründe einen bloßen Orientierungsmaßstab dar.

 

Der Sachverhalt wird auch dahingehend zu überprüfen sein, ob im Lichte eines auf zwei Jahre zu verhängenden Aufenthaltsverbots (ursprüngliche Geltung bis 2007) die gegenwärtige, tatsächliche und erhebliche Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft noch zu bejahen ist.

 

Letztlich ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unab­hängigen Verwaltungssenat selbst keine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebietet es die Zweckmäßigkeit, der Raschheit, der Einfachheit und die Kosten­ersparnis (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG), die notwendigen ergänzenden Beweise durch die belangte Behörde vor­nehmen zu lassen.

 

Zusätzlich würde bei einer Durchführung des zweifellos notwendigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat der der Bwin nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs generell zustehende gerichtliche Rechtsschutz, ihr insofern entzogen werden, als der (gemäß Art. 130 und 131 B-VG zur allfälligen Überprüfung zuständige) Verwaltungsgerichtshof – im Gegensatz zum Unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. Art. 129a B-VG iVm. §§ 67a ff AVG) – im Wesentlichen nur als Revisionsinstanz und nicht als Tatsacheninstanz eingerichtet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die neuerliche Prüfung und Er­gänzung des Sachverhalts durch die Administrativbehörde zu erfolgen hat, sodass für die Bwin eine allfällige nachfolgende (umfassende) Prüfungsmöglichkeit durch den Unabhängigen Verwaltungssenat gewahrt bleibt.

 

Es war daher der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und einer allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuweisen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

                                                               Bernhard Pree

 

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