Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230379/9/Br/Bk

Linz, 17.02.1995

VwSen-230379/9/Br/Bk Linz, am 17. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 18.11.1994, Zl. Sich96-416-1994-Bu, nach der am 17. Februar 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit dem Straferkenntnis vom 18. November 1994, Zl.:

Sich96-416-1994-Bu, wider die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 82 Abs. 1 Z4 iVm § 5 FrG eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie sich als Fremde (poln. StA.) seit 15.2.1994 bis jedenfalls 15.7.1994 mit kurzen Unterbrechungen in F und somit im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten habe, ohne im Besitz eines dafür erforderlichen Sichtvermerkes gewesen zu sein. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet war daher im angeführten Zeitraum nicht rechtmäßig. (Dieser Sachverhalt sei am 16.8.1994 festgestellt worden).

1.1. Begründend führt in der Sache die Erstbehörde aus wie folgt:

"Die Ihnen umseits zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die Anzeigen des Gendarmeriepostenkommandos E vom 23.8.1994, GZP. 469/94/Be, und vom 10.10.1994, GZP.494/94/As, als erwiesen anzunehmen.

Ihr strafbares Verhalten wurde Ihnen mit Strafverfügung vom 19.9.1994 nachweislich zur Kenntnis gebracht. Gegen die Strafverfügung erhoben Sie fristgerecht Einspruch.

Nach § 5 des Fremdengesetzes brauchen paßpflichtige Fremde für die Einreise und den Aufenthalt einen Sichtvermerk, soweit nichts anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird. Aufgrund eines Abkommens zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik Polen über die gegenseitige Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 330/1972, dürfen Staatsbürger eines jeden der beiden Staaten, die Inhaber eines der im Art. 3 angeführten Reisedokumente sind, ohne Sichtvermerk des anderen Staates in dessen Hoheitsgebiet einreisen, sich dort bis zu drei Monaten aufhalten und aus ihm ausreisen. Gemäß § 82 Abs.l Z4 Fremdengesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

In Ihrem Einspruch vom 5.10.1994 geben Sie an, daß Sie sich nicht durchgehend vom 15.2.1994 bis 15.7.1994 im Bundesgebiet aufgehalten haben, ohne im Besitz eines dafür notwendigen Sichtvermerkes gewesen zu sein, sondern die im zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik Polen über die gegenseitige Aufhebung der Sichtvermerkspflicht vorgesehene Frist für den sichtvermerksfreien Aufenthalt von bis zu drei Monaten eingehalten haben.

Aufgrund der Anzeigen des Gendarmeriepostenkommandos E vom 23.8.1994 sowie vom 10.10.1994 reisten Sie am 15.2.1994 nach Österreich ein, meldeten sich am 21.2.1994 an der Adresse F an und waren dort bis 15.7.1994 gemeldet und aufhältig. In der Zwischenzeit reisten Sie am 30.4.1994 bzw. 17.7.1994 aus Österreich aus und am 2.5.1994 bzw. 20.7.1994 wiederum in das Bundesgebiet ein. Seit 25.7.1994 sind Sie an der oben angeführten Adresse wieder gemeldet und aufhältig. Am 12.8.1994 ehelichten Sie in F den österreichischen Staatsangehörigen K. Ihre für die Beurteilung der vorliegenden Dauer Ihres Aufenthaltes erstmalige Einreise nach Österreich erfolgte am 15.2.1994. Durch Ihre Ausreise am 30.4.1994 haben Sie jedoch den im zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der Republik österreich und der Regierung der Volksrepublik Polen vorgesehenen dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht unterbrochen, sodaß durch Ihre Einreise am 2.5.1994 die dreimonatige Frist für einen sichtvermerksfreien Aufenthalt im Bundesgebiet nicht neu zu laufen begann. Gleiches gilt für Ihre Ausreise am 17.7.1994 und die Einreise am 20.7.1994, die ebenfalls nicht geeignet ist, die dreimonatige Frist des sichtvermerksfreien Aufenthaltes in Österreich neu beginnen zu lassen.

Diese zweimalige Aus- bzw. Einreise ist in Ihrem Fall nur zu dem Zweck erfolgt, den schon am 15.2.1994 durch Ihre erstmalige Einreise begonnenen Aufenthalt im Bundesgebiet zu prolongieren, sodaß von einer Unterbrechung des Aufenthaltes nicht die Rede sein kann. Ihre Aus- bzw. Einreise diente lediglich der Umgehung des zwischenstaatlichen Abkommens und erfüllt damit nicht die Bestimmungen des Fremdengesetzes und des Abkommens zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik Polen über die gegenseitige Aufhebung der Sichtvermerkspflicht.

Weiters sieht dieses Abkommen den dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthalt nur für Touristen aus Polen in Österreich vor. Von einem touristischem Aufenthalt kann jedoch bei Ihnen keine Rede sein, da aus dem vorliegenden Sachverhalt klar hervorgeht, daß Sie sich in Österreich aufhielten, um in Gemeinschaft mit Ihrem späteren Ehegatten, Herrn Kirschenhofer Anton zu leben.

Die von Ihnen in Ihrem Einspruch vom 5.10.1994 angesprochene Abmeldung bei der Gemeinde bei Ausreise aus dem Bundesgebiet zur Unterbrechung der Frist und die angeblich daraufhin von der Fremdenpolizei erteilte Auskunft, daß dies nicht notwendig sei, ist bei der Beurteilung des vorliegenden Tatbestandes irrelevant. Für die Entscheidung ist nicht die dreimonatige aufrechte Meldung im Bundesgebiet und die danach zu erfolgende Abmeldung bei Ausreise aus diesem, sondern der tatsächliche Aufenthalt in Österreich von Bedeutung. Beide Kriterien, sowohl der nicht länger als drei Monate dauernde Aufenthalt, der deutlich überschritten wurde, vom 15.5.1994 bis jedenfalls 15.7.1994, als auch der Aufenthalt zu touristischem Zwecke, wie im zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Österreich und der Regierung der Volksrepublik Polen über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht vorgesehen, liegen in Ihrem Fall nicht vor.

Aufgrund der vorliegenden Aktenlage steht fest, daß Sie sich als Fremde (poln. StA.) seit 15.2.1994 bis jedenfalls 15.7.1994 mit kurzen Unterbrechungen in F Nr. 51 und somit im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten haben, ohne im Besitz eines dafür notwendigen Sichtvermerkes gewesen zu sein.

Durch dieses Verhalten haben Sie die obzitierte Verwaltungsvorschrift eindeutig verletzt und die Verwaltungsübertretung zu verantworten und war somit aufgrund der bestehenden Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu entscheiden.

Bei der Strafbemessung wurde auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1991 Bedacht genommen . Bei der Bemessung der Strafe wurde von den von Ihnen gemachten Angaben (Herr B früher K Anton, ist sorgepflichtig für 2 Kinder kein Vermögen, Arbeitslosengeld des Ehegatten in der Höhe von S 6.600,--) ausgegangen. Bei dem vorgegebenen Strafrahmen erscheint das ausgesprochene Strafausmaß dem Unrechtsgehalt der Übertretung angepaßt und schuldangemessen. Straferschwerende Umstände lagen keine vor. Strafmildernd wurde berücksichtigt, daß keine einschlägige Vormerkung aufscheint.

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages begründet in der bezogenen Gesetzesstelle." 2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht am 3. Dezember 1994 beim unabhängigen Verwaltungssenat eingebrachten - irrtümlich als Einspruch bezeichneten - Berufung.

Sinngemäß führt sie darin aus, daß sich ihr Gatte nach dem Gleichheitsgrundsatz betrogen sehe, indem sie - die Berufungswerberin - nicht bestraft werden dürfe, zumal ihr Aufenthalt in Österreich angesichts ihrer Ehe mit einem Österreicher legal sei und sie auch jeweils legal eingereist sei.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Da der Berufung zumindest sinngemäß dahingehend verstanden werden mußte, daß sie sich auch gegen die Tatfrage richtete, war eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers der polnischen Sprache anzuberaumen und durchzuführen gewesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl.

Sich96-416-1994-Bu. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu welcher die Berufungswerberin trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erschienen war, wurde im Beisein des Vertreters der Erstbehörde das Beweisergebnis erörtert.

5. Anhand der sich aus dem Akt ergebenden Beweislage ist davon auszugehen, daß die Berufungswerberin - wobei sie letztlich selbst konkret nichts Gegenteiliges vorgebracht hat - in dem im Spruch genannten Zeitraum sich überwiegend im Bundesgebiet bewilligungslos d.h. ohne Sichtvermerk aufgehalten hat.

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die schlüssigen Angaben der auf dienstlicher Wahrnehmung von Organen der Gendarmerie erstatteten Anzeige und das darauf beruhende erstbehördliche Beweisverfahren. Keine der damit erhobenen tatbestandsmäßigen Vorwürfe wurde seitens der Berufungswerberin, selbst nicht in Ansätzen, widerlegt. Sie spricht überwiegend von Ungerechtigkeiten, die damit ihrem Ehemann widerfahren würden. Was sie damit jedoch meint, läßt sie offen.

5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich, wie von der Erstbehörde völlig zutreffend ausgeführt, nach der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung (siehe oben). Diese Frist wurde im gegenständlichen Fall überschritten.

Im Sinne der von der Erstbehörde zutreffend dargelegt sind kurzfristige Ausreisen bzw. Ausreisen, welche offenbar nicht in der tatsächlichen Absicht den Aufenthalt im Bundesgebiet aufzugeben erfolgten, nicht geeignet, die Frist für den sichtvermerksfreien Aufenthalt vom neuen beginnen zu lassen (VwGH Erk. v. 11. September 1985, Zl. 85/01/0053). Den diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen kann nicht der Sinn unterstellt werden, daß mit bloß formellen - aber nicht tatsächlich erfolgten - Dokumentationen einer scheinbaren Unterkunftsaufgabe durch bloße kurzfristige Ausreisen den gesetzlichen Regelungszweck genüge getan sein könnte. Der mit der Regelung des, über ein bestimmtes zeitliches Ausmaß hinausgehenden Aufenthaltes bzw. hinsichtlich einen bestimmten Zweck betreffenden Aufenthalt von Bürgern anderer Staaten, beabsichtigte Sinn des Gesetzes, würde durch eine solche Sicht völlig sinnentleert werden.

5.2.2. Mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S ist u.a. zu bestrafen wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15 FrG und § 82 Abs.1 Z4 FrG).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß hier bloß ein Bruchteil des bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmens ausgeschöpft wurde. Dieser Strafe kann daher auch dann nicht entgegengetreten werden, wenn die Berufungswerberin über ein bloß geringfügiges oder kein eigenes Einkommen verfügen würde. Der Bestrafung bedarf es insbesondere aus Gründen der Spezialprävention. Der Berufungswerberin scheint der Tatunwert ihres Verhaltens offenbar so gut wie nicht bewußt zu sein. Zumindest lassen darauf ihre Eingaben schließen. Zutreffend wurde seitens der Erstbehörde auch der Milderungsgrund der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit gewürdigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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