Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251235/38/Lg/RSt

Linz, 08.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 16. November 2006 und am 16. Jänner 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M, Dr. S, W, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 2. Juni 2005, Zl. SV96-38-2004, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil er es als Inhaber und Betreiber des Lokales "S", G, L, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass von ihm in diesem Lokal der türkische Staatsangehörige B M "am 02.10.2004 und am 11.11.2004" als Hilfskraft beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeigen des Zollamtes Wels vom 3.11.2004 und vom 17.11.2004, auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.2.2005 und die Rechtfertigung vom 10.3.2005.

 

Beweiswürdigend wird angeführt, dass sich der Ausländer (am 11.11.2004) in einem Bereich des Lokals, der für Gäste nicht zugänglich ist (er sei hinter der Theke gestanden), befunden habe. Das Lokal sei zum Zeitpunkt der Kontrolle geöffnet gewesen. Der Ausländer sei wirtschaftlich vom Bw, seinem Bruder, abhängig gewesen, da dieser seinen Aufenthalt in Österreich finanziert habe. Der Bw habe außerdem mehrfach um Beschäftigungsbewilligung für seinen Bruder angesucht, was auf einen entsprechenden Arbeitskräftebedarf hinweise. Der Bereich, in dem sich der Ausländer befunden habe, sei für Gäste nicht zugänglich. Die Rechtfertigung, dass es sich um Gefälligkeitsdienste im Familienverband handle, stehe in krassem Widerspruch zu den Angaben des Zollamtes. Dass es sich um Gefälligkeiten bzw. kurzfristige Tätigkeiten gehandelt habe, sei als weltfremd zu bezeichnen. Der Ausländer sei von Organen des Zollamtes über einen Zeitraum von mehr als 2,5 Stunden observiert worden. Er sei nach Angaben der Zollbehörde alleine im Lokal anwesend gewesen und habe Pizzas und Kebaps zubereitet. Es könne nicht angenommen werden, dass er dies für den Eigenverbrauch gemacht habe.

 

Zur Kontrolle vom 2.10.2004 sei festzustellen, dass der Ausländer beim Erblicken der Kontrollorgane das Tuch, mit welchem er den Tisch abgewischt habe, hinter die Theke geworfen habe. Eine Erklärung dafür sei der Bw schuldig geblieben. Auch in diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass der Bw mehrfach um Beschäftigungsbewilligung für seinen Bruder angesucht habe. Auch diesbezüglich habe der Bw vorgebracht, dass sein Bruder nur ausnahmsweise eine Gefälligkeitstätigkeit ausgeübt habe.

 

Hingewiesen wird auf die Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG.

 

Da der Bw mit Bescheid vom 22.4.2003, Zl. SV96-7-2003 des Bezirkshauptmannes von Gmunden rechtskräftig wegen illegaler Ausländerbeschäftigung bestraft worden sei, handle es sich um einen strafsatzbestimmenden Widerholungsfall.

 


2. In der Berufung wird vorgebracht:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige des Zollamtes Wels vom 3.11.2004 sei im Zuge einer Kontrolle am 2.10.2004 das Lokal einer Observation vom gegenüberliegenden Gehsteig aus unterzogen worden. Dabei hätten die Kontrollbeamten O und B beobachtet, wie der gegenständliche Ausländer im Küchenbereich (hinter der Theke) hantiert habe. Der Bw sei ebenfalls anwesend gewesen und habe die Kebap-Maschine betreut. Dieser Vorgang sei zehn Minuten beobachtet worden. Beim Betreten des Lokals sei der Ausländer gerade damit beschäftigt gewesen einen Gästetisch abzuwischen. Als der Ausländer die Kontrollbeamten erblickt habe, habe er das Wischtuch hinter die Theke geworfen, sich eine Zeitung genommen und an einen Gästetisch gesetzt. Auf Vorhalt, der Ausländer sei wiederum im Lokal tätig gewesen, habe der Bw dies bestritten und auch in Abrede gestellt, dass der Ausländer einen Tisch abgewischt hätte. Im Lokal seien vier Gäste anwesend gewesen.

 

In der Folge wird argumentiert, dass kein Gefälligkeitsdienst vorliegen könne, da der Ausländer wirtschaftlich vom Bw abhängig sei. Außerdem sei bereits ein halbes Jahr vor der Kontrolle um Beschäftigungsbewilligung beim AMS für diesen Ausländer angesucht worden.

 

Laut Anzeige des Zollamtes Wels vom 17.11.2004 sei am 11.11.2004 von den Kontrollorganen O und B eine Observation des Lokals von der gegenüberliegenden Straßenseite in der Zeit von 12.30 Uhr bis 15.00 Uhr durchgeführt worden. Der Ausländer sei alleine im Lokal und mit der Pizza- bzw. Kebapzubereitung und deren Verkauf beschäftigt gewesen. Gegen 14.30 Uhr habe er im Hinterhof Getränkekisten geschlichtet. Dabei wurde das Kontrollorgan B vom Ausländer erkannt und um 15.00 Uhr sei der Bw mit einem roten VW-Polo mit Firmenaufschrift eingetroffen. Der Ausländer sei mit demselben Wagen weggefahren. Hierauf sei im Lokal der Bw tätig gewesen.

 

Aufgrund der Einbindung in die Geschäftstätigkeit, insbesondere wegen der "alleinigen Betreibung eines Gewerbebetriebes über einen entsprechenden Zeitraum" könne von einem Familien- bzw. einem Gefälligkeitsdienst nicht ausgegangen werden. Der Ausländer sei als wirtschaftlich unselbständig zu bezeichnen und es bestehe ein entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis zum Bw. Der Ausländer sei infolge dieser Abhängigkeit nicht mehr in der Lage seine Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen.

 

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.2.2005 wurde dem Bw die Beschäftigung des Ausländers am 3.11.2004 und am 17.11.2004 vorgeworfen.

 

Am 28.2.2005 wurde dem vor der Behörde erschienen Bw mitgeteilt, "dass das Zollamt die Beobachtungen der Beschäftigung nicht wie irrtümlich angegeben am 03.11. und 17.11. sondern am 02.11. und am 11.11.2004 gemacht hat. Die Anzeige betreffen daher den 02.11.2004 (19.30 Uhr) und den 11.11.2004 (12.30 – 15.00 Uhr), das Zollamt ist der Ansicht, dass zu diesen Zeiträumen M B bei mir beschäftigt war."

 

Mit Schreiben vom 10.3.2005 rechtfertigte sich der Bw wie folgt:

 

Zum Tatvorwurf 2.10.2004:

 

Es sei unrichtig, dass der Ausländer im Küchenbereich hantiert habe. Dort sei ausschließlich der Beschuldigte anwesend gewesen. Zum Abwischen des Tisches sei auszuführen, dass der Ausländer seinen Bruder zuvor gefragt habe, ob er sich an den Gästetisch setzen und dort die Zeitung lesen darf. Der Bw habe seinem Bruder dies erlaubt, woraufhin der Ausländer den Tisch abgewischt und sich an diesen gesetzt habe. Er habe die Zeitung nicht auf einen verschmutzten Tisch legen wollen. Aus diesem Verhalten des Ausländer sei keinesfalls eine Dienstleistung an einem Gast oder dem Beschuldigten zu erblicken.

 

Wenn die Zollbehörde auf bisher festgestellte Sachverhalte verweist, so handle es sich dabei ausnahmslos um geringfügige und unregelmäßige Hilfstätigkeiten, die als Gefälligkeitsdienste zu beurteilen seien und keinesfalls als Beschäftigung zu werten seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Rechtssprechung entschieden, dass freiwillige, kurzfristige und unentgeltliche Leistungen im Familienverband, wenn diese ohne Zwang erbracht werden, auch in Geschäftslokalen als Gefälligkeitsdienste zu beurteilen sind. Ein Zwang, Leistungen zu erbringen, sei gegenständlich sicher nicht vorgelegen. Der Bw unterstütze seinen Bruder seit sich dieser in Österreich befinde, ohne dass er jemals eine Gegenleistung dafür gefordert oder erwartet hätte. Dies schon lange bevor es eine Beanstandung durch die Behörde gegeben habe.

 

Zur Kontrolle am 11.11.2005:

 

Es sei unrichtig, dass der Ausländer im Zeitraum von 12.30 Uhr bis 15.00 Uhr alleine im Lokal gewesen sei. Am 11.11.2004 habe der Bw die Männertoilette repariert, weil das Wasser nicht gegangen sei. Er habe sich im hinteren Teil des Geschäftslokales befunden, weshalb es durchaus sein könne, dass ihn die Observation durchführenden Beamten nicht gesehen haben. Er sei dann kurz mit dem Auto weggefahren, um eine Dichtung für das WC zu kaufen. Da der Bw sowohl die Möglichkeit gehabt habe, das Auto sowohl vor als auch hinter dem Geschäftslokal zu parken, sei es durchaus möglich, dass dieser Vorgang von den observierenden Beamten nicht beobachtet wurde. Der Ausländer sei jedenfalls kurze Zeit alleine im Geschäftslokal gewesen und seien zu dieser Zeit keinerlei Gäste im Lokal gewesen. Wenn dem Bw vorgehalten werde, sein Bruder habe um 14.30 Uhr Getränkekisten geschlichtet und dadurch eine Beschäftigung entgegen dem AuslBG ausgeübt, so sei dazu auszuführen, dass um diese Zeit der Ausländer in den Hinterhof gegangen sei, um dem Bw das Werkzeug, dass dieser für die WC-Reparatur gebraucht habe, zu bringen. Das Werkzeug, welches der Beschuldigte benötigt habe, habe sich ebenfalls im Bereich in dem die Getränkekisten aufgestellt sind befunden. Es sei daher gut möglich, dass die observierenden Beamten den Ausländer dabei beobachtet haben, wie er Getränkekisten auf die Seite gestellt hat, um zu dem Werkzeug zu kommen.

 

Der Ausländer sei nur kurz alleine an der Geschäfts- und Wohnadresse gewesen. Die kurzzeitige Beaufsichtigung des Geschäftslokals sei als familiärer Gefälligkeitsdienst zu werten. Keinesfalls habe der Bruder des Berufungswerbers irgendwelche Tätigkeiten verrichtet, die den Schluss zuließen, es liege eine illegale Beschäftigung vor. Die observierenden Beamten hätten das Geschäftslokal ausschließlich von außen betrachtet und könnten daher keine Auskunft darüber geben, was sich im Inneren des Geschäftslokales ereignet habe. Auch sei ihnen die Feststellung nicht möglich, ob der Beschuldigte im angegebenen Zeitraum tatsächlich nicht im Geschäftsraum aufhältig gewesen sei. Ohne tatsächliche Feststellungen durch Betreten und Kontrollieren der Geschäftslokalität getroffen zu haben, stelle der von der Zollbehörde festgestellte Sachverhalt eine Vermutung, aber keine nachvollziehbare und mängelfreie Feststellung zum Sachverhalt und eine Grundlage für eine Bestrafung des Bws dar.

 

Selbst wenn zutreffen sollte, dass der Bruder des Bws im angegebenen Zeitraum im Lokal oder im Nahebereich des Lokals alleine anwesend gewesen war, könne deshalb noch kein Beschäftigungsverhältnis angenommen werden. Es sei nämlich von den observierenden Zollbeamten keinerlei Bewirtungstätigkeit eines Gastes wahrgenommen oder festgestellt worden. Es werde ausdrücklich bestritten, dass der Ausländer mit der Pizza- bzw. Kebapzubereitung und dem Verkauf beschäftigt war. Aufgrund der örtlichen Nähe zwischen dem Geschäftslokal und der Wohnung in der der Beschuldigte und sein Bruder (direkt über dem Geschäftslokal) gewohnt hätten, sei die Anwesenheit des Ausländers im Bereich des Geschäftslokales nicht vorwerfbar und lasse sich daraus kein Rückschluss auf ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis erzielen. Das kurzfristige Schlichten von Getränkekisten sei ebenfalls kein Hinweis auf ein Beschäftigungsverhältnis. Dieses Schlichten könne auch aus privaten, nicht mit dem Gewerbebetrieb in Zusammenhang stehenden Motiven erfolgt sein. Zudem wäre ein kurzfristiges Schlichten von Getränkekisten für den Bw bzw. dessen Gewerbebetrieb allenfalls als Gefälligkeitsdienst des Bruders zu beurteilen.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergänzte der Bw sein Vorbringen dahingehend, dass er nie krank gewesen sei und sich im Fall kurzer Abwesenheit von seiner Frau vertreten habe lassen. Er würde sein Geschäft nie jemandem überlassen, der das nicht könne. (Damit wollte der Bw offenbar zum Ausdruck bringen, dass er die Hilfe seines Bruders gar nicht benötigt habe.)

 

Eine Abwesenheit des Bws in der Dauer von 2.5 Stunden sei für ihn nicht vorstellbar. Sollte der Ausländer tatsächlich einmal für längere Zeit alleine im Lokal beobachtet worden sein, so könne das nur gewesen sein, als er einmal die Toilette repariert habe. Der Ausländer habe damals aber die "Anweisung" gehabt, den Bw zu holen, wenn Gäste kommen. Es sei daher ausgeschlossen, dass der Ausländer Pizza oder Kebap zubereitet habe.

 

Der gegenständliche Ausländer legte dar, bis 2004 bei seinem Bruder gewohnt zu haben. Sein Bruder habe für das Wohnen und die Verköstigung nie eine Gegenleistung verlangt. Nunmehr lebe der Zeuge in Wels und sei Leasingarbeiter bei der Firma M P. Zu den gegenständlichen Vorfällen sagte er aus, sich aufgrund der mittlerweile verflossenen Zeit nicht mehr konkret erinnern zu können. Der Zeuge behauptete sogar – trotz mehrerer Betretungen und obwohl er einräumte, sich zur Zeit, als er bei seinem Bruder gewohnt habe oft "in der Nähe aufgehalten" zu haben – nicht zu wissen, wie viele Tische im Lokal gestanden seien. Der Zeuge stellte aber prinzipiell in Abrede, jemals für seinen Bruder gearbeitet zu haben. Er habe nie Speisen zubereitet und nie serviert. Er sei zur Pizzazubereitung gar nicht fähig – andererseits sagte der Zeuge aus, sich selbst ab und zu eine Pizza zubereitet zu haben. Nach Vorhalt der beiden gegenständlichen Betretungen sagte der Zeuge, einen Tisch deshalb gereinigt zu haben, um sich mit der Zeitung an den Tisch zu setzen (zum 2.10.2004) bzw., dass es ausgeschlossen sei, dass er allein im Lokal und mit der Pizza- und Kebapzubereitung und deren Verkauf beschäftigt gewesen sei (zum 11.11.2004). Er habe einmal (im Hinterhof) umgefallene Getränkekisten aufgehoben und wieder aufgestellt. Dass sein Bruder einmal für ihn eine Beschäftigungsbewilligung beantragt habe, wisse der Zeuge.

 

Der Zeuge O (KIAB) sagte aus, er könne sich nicht an die Kontrolle am 2.10.2004, wohl aber an jene am 11.11.2004 erinnern. Er und seine Kollegin B seien während einer längeren Observierung zur Mittagszeit "abwechselnd" (später: "paarweise") halb – oder dreiviertelstündlich am Lokal vorbeigegangen. Dabei hätten die Kontrollorgane durch das Fenster von der gegenüberliegenden Straßenseite aus beobachtet, dass der Ausländer alleine im Lokal gewesen sei sowie Speisen zubereitet und verkauft habe, vorwiegend an Laufkundschaft. Das Schlichten der Getränkekisten habe die Kollegin beobachtet. Der Bw sei erst 10 bis 15 Minuten nach dieser Beobachtung mit seinem VW-Polo eingetroffen. Erst ab diesem Zeitpunkt sei der Bw im Geschäft gewesen. Im Hinblick auf die stets gleiche Verantwortung des Bws sei darauf verzichtet worden mit ihm zu sprechen.

 

Das Kontrollorgan B (KIAB) sagte zum 2.10.2004 aus, dass die Kontrollorgane von der gegenüberliegenden Straßenseite durch das Fenster ca. 10 Minuten lang das Lokal beobachtet hätten. Es seien der Bw und der gegenständliche Ausländer anwesend gewesen. Sowohl der Bw als auch der Ausländer seien im Küchenbereich sichtbar gewesen. Welche konkreten Tätigkeiten der Ausländer verrichtet habe, wisse die Zeugin nicht mehr. Der Ausländer habe einen Tisch abgewischt. Bei Betreten des Lokals durch die Kontrollorgane habe er Wischfetzen zum Küchenbereich geworfen und sich an einen Tisch gesetzt und die Zeitung gelesen. Das Wegwerfen des Fetzens habe den Eindruck einer Verdunklungshandlung gemacht.

 

Am 11.11.2004 sei die Observierung ebenfalls von der gegenüberliegenden Straßenseite aus erfolgt. Die Kontrollorgane hätten den Standort gewechselt, um zu sehen was auf der Hinterseite des Lokales "los war". Hinter dem Lokal habe der Ausländer die Zeugin erkannt, die diesmal allein gewesen sei, da ihr Kollege im Auto geblieben sei. Kurz darauf sei der Bw gekommen.

 

Es sei richtig, dass die Observierung etwa 2,5 Stunden in Anspruch genommen habe. Während dieser 2,5 Stunden sei der erwähnte mehrfache Standortwechsel erfolgt. Die 2,5 Stunden seien diesem Lokal gewidmet worden. Daher sei sicher, dass der Ausländer während des gesamten Zeitraumes alleine im Lokal gewesen sei. Die Zeugin sei sicher, mehrfach beobachtet zu haben, wie der Ausländer Speisen zubereitet und an Gäste zubereitet habe. Auch an das Schlichten der Kisten könne sie sich erinnern. Die Kontrollorgane hätten auch bei dieser Kontrolle das Lokal nicht betreten.

 

Näher befragt durch den Vertreter des Bws sagte die Zeugin, das Schlichten der Kisten habe sicher zehn Minuten oder mehr in Anspruch genommen. Während dieser Zeit seien "wir" nicht zur Vorderseite des Lokals gegangen um hineinzusehen. Die Frage, wie sich die Zeugin erkläre, wer in der Zwischenzeit das Lokal betreut habe, vermochte die Zeugin nicht zu beantworten. Die Sicherheit, dass der Bw nicht im Lokal gewesen sei, stütze sich darauf, dass der Bw ja erst um 15.00 Uhr mit dem Auto eingetroffen sei.

 

In seinem Schlussvortrag vertrat der Vertreter des Bws den Standpunkt, dass für den 2.10.2004 keine Arbeit des Ausländers erwiesen sei. Im Übrigen sei von unentgeltlichen Gefälligkeitsdiensten auszugehen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht es als erwiesen an, dass der Ausländer an beiden Tagen Arbeitstätigkeiten verrichtete.

 

Was den 2.10.2004 betrifft, konnten sich die Kontrollorgane in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zwar nicht mehr an eine konkrete Tätigkeit erinnern. Es steht aber fest, dass der Ausländer in ("hinter dem") – so das Kontrollorgan B – Küchenbereich gesehen wurde. In der Anzeige ist dies so formuliert, dass der Ausländer im Küchenbereich "hantiert" habe. Die diesbezüglichen Beobachtungen wurden während einer zehnminütigen Observierungsdauer gemacht. Im Zusammenhalt mit dem Wegwerfen des Wischtuches bei Ansichtigwerden der Kontrollorgane, dass von diesen schlüssig als Verdunklungshandlung interpretiert wurde, ist bei lebensnaher Betrachtung von einer Hilfstätigkeit des Ausländers auszugehen, zumal eine solche auch in anderen Fällen feststeht, vgl. die dem Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 19.10.2004, Zl. VwSen-251403 zugrundeliegende Situation sowie die Beobachtung der Kontrollorgane am 11.11.2004). Die gegenteilige Aussage des Ausländers ist unglaubwürdig: Die Aussage, er habe nie im Lokal gearbeitet, wird durch jene Fälle widerlegt, in denen seitens der Verteidigung unentgeltliche Gefälligkeitsdienste behauptet wurden, die Aussage, er wisse nicht, wie viele Tische im Lokal gewesen seien, ist bei der eingeräumten häufigen Anwesenheit des Ausländers im Lokal geradezu abwegig und die Aussage, er könne keine Pizza zubereiten, steht im Widerspruch zu seiner Aussage, er habe sich gelegentlich selbst eine Pizza zubereitet. Die Behauptungen des Bws sind insofern von geringerem Gewicht, als er die Möglichkeit hatte, risikolos Behauptungen in jeder Richtung aufstellen zu können.

 

Zum Vorwurf betreffend den 11.11.2004 ist festzuhalten, dass von beiden Kontrollorganen – unter Wahrheitspflicht und schlüssig – behauptet wurde, dass der Ausländer bei der Zubereitung und beim Verkauf von Kebaps und Pizzas beobachtet wurde. Die gegenteiligen Beteuerungen des Ausländers und des Bws sind aus den erwähnten Gründen weniger glaubwürdig. Ob der Bw tatsächlich während des gesamten Zeitraums von 2,5 Stunden nicht im Lokal war bzw. ob er während dieser Zeit damit befasst war die Toilette zu reparieren ist unerheblich. Es ist also auch in diesem Fall davon auszugehen, dass der Ausländer Arbeitstätigkeiten verrichtete.

 

Fraglich ist jedoch, ob es sich in den beiden hier gegenständlichen Fällen um eine entgeltliche Tätigkeit oder um unentgeltliche Gefälligkeitsdienste gehandelt hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im erwähnten Erkenntnis das Vorliegen eines unentgeltlichen Gefälligkeitsdienstes (Familiendienstes) bejaht. Dieses Erkenntnis wurde seitens des Bundesministers für Finanzen in Beschwerde gezogen, jedoch durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt (Erkenntnis vom 30.1.2006, Zl. 2004/09/0217).

 

Was die gegenständlichen Situationen betrifft, erscheint es wegen des Gleichbleibens der wesentlichen Umstände gerade noch möglich, von kurzfristigen, freiwilligen und (wegen des fehlenden Synallagmas) unentgeltlichen Diensten auszugehen. Auch bei zwei weiteren Beobachtungen ist der fallweise Charakter der Hilfstätigkeiten des Ausländers noch nicht zwingend widerlegt, wenngleich einzuräumen ist, dass dadurch die Situation bedenklicher geworden ist. Daher ist aus denselben Gründen wie im Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 19.10.2004 in beiden Fällen freizusprechen.

 

Dazu kommt folgendes:

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Bw die Beschäftigung des Ausländers an zwei Tattagen vorgeworfen ("am 02.10.2004 und am 11.11.2004"). Dasselbe ist hinsichtlich der Verfolgungshandlungen (nämlich der Niederschrift vom 28.2.2005 mit dem Bw, im Zusammenhang mit welcher dem Bw mitgeteilt wurde, dass "das Zollamt die Beobachtungen nicht wie [in der Aufforderung zur Rechtfertigung] irrtümlich angegeben am 03.11. und 17.11. sondern am 02.11. und am 11.11.2004... gemacht hat." Die Anzeigen beträfen daher den 2.11.2004 und den 11.11.2004. Das Zollamt sei der "Ansicht, dass zu diesen Zeiträumen M B bei mir beschäftigt war". (Am Rande sei vermerkt, dass auch die Angabe 2.11.2004 unkorrekt ist sondern es – entsprechend der Anzeige vom 3.11.2004 und wie im angefochtenen Straferkenntnis richtig und innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 28 Abs.2 AuslBG wiedergegeben – heißen muss: 2.10.2004.)

 

Daraus ist ersichtlich, dass sowohl nach dem unzweideutigen Wortlaut des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses (arg. "und") als auch nach der "Entstehungsgeschichte" des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgehend aus zwei Anzeigen (vom 3.11.2004 und vom 17.11.2004) der Vorwurf der Beschäftigung des Ausländers für zwei getrennte Tatzeiträume (Tattage) erfolgte. Damit steht aber auch fest, dass dem Bw zwei Taten vorgeworfen wurden. Konsequenter Weise hätten, wegen Vorliegens zweier Delikte, zwei Strafen verhängt werden müssen. Indem die Behörde für zwei Delikte nur eine Strafe (und zwar die gesetzliche Mindestgeldstrafe für den Wiederholungsfall) festsetzte, belastete sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Da es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich ist, ohne Willkür den Tatzeitraum (etwa in Form der Auswahl einer der beiden Taten als Grund für die Bestrafung oder in Form der Bildung eines einheitlichen Tatzeitraumes durch Umdeutung des Wortes "und" in das Wort "bis") oder die Strafe (etwa durch Verhängung der halbierten Mindestgeldstrafe und Verteilung dieser halbierten Strafen auf beide Delikte) zu verändern, ist auch aus diesen Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

 

Dem Bw sei mit allem Nachdruck folgendes gesagt: Der vorliegende Freispruch stellt keinen Freibrief für weitere Betätigungen des gegenständlichen Ausländers (oder eines anderen Ausländers ohne arbeitsmarktrechtliche Papiere) im Betrieb des Bws dar. Vielmehr wird mit wachsender Häufigkeit der Arbeitsleistungen des Bruders eine die Unentgeltlichkeit in Frage stellende Intensität der erbrachten Leistungen (vgl. dazu das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes) zu bejahen sein. Dem könnte der Bw auch nicht mit Erfolg das Argument entgegenhalten, dass sein Lokal relativ häufig kontrolliert wird. Es steht sehr zu hoffen, dass die gegenständliche Problematik dadurch ausgeräumt ist, dass der Bruder mittlerweile Arbeit gefunden hat und nicht mehr beim Bw wohnt und von ihm verköstigt wird. Es wird daher dem Bw im eigenen Interesse dringend ans Herz gelegt, penibel darauf zu achten, dass Ausländer (insbesondere auch nicht solche aus dem Freundes- und Verwandtenkreis) nicht Arbeitstätigkeiten im Lokal verrichten. Es ist davor zu warnen, dass das Argument des unentgeltlichen Gefälligkeitsdienstes bei Überstrapazierung unglaubwürdig wird. Dies insbesondere dann, wenn, wie auch im gegenständlichen Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu beobachten, das Gesamtbild der zur Entlastung der vorgetragenen Behauptungen und Aussagen nicht in jeder Hinsicht friktionsfrei und überzeugend ist.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

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