Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110757/10/Kl/Pe

Linz, 14.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der N M, (D), vertreten durch Rechtsanwälte W B, M M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14.11.2006, VerkGe96-267-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23.2.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 290,60 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14.11.2006, VerkGe96-267-2006, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 7 Abs.1 Z1 iVm 23 Abs.1 Z3 GütbefG verhängt, weil sie es als geeignete Person zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte der I S, L & H GmbH in, gemäß § 23 Abs.7 GütbefG zu verantworten hat, dass durch die Gesellschaft am 11.9.2006, 17.05 Uhr, auf der A8 – Innkreisautobahn bei Strkm. 33.670 im Gemeindegebiet von Aistersheim, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, mit dem Kraftfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen (Kennzeichen des Anhängers:) im Rahmen einer der Gesellschaft erteilten Gemeinschaftslizenz eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Beförderung von Gütern (Plastikwaren) von Istanbul (Türkei) nach Meckenheim (Deutschland) durch den türkischen Fahrer M A ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt wurde, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde vorgebracht, dass der Berufungswerberin vorgeworfen wurde, als fachlich geeignete Person zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte einen Fahrer mit näher bezeichnetem Fahrzeug durch die Republik Österreich fahren zu lassen, obwohl eine Gemeinschaftslizenz iVm einer Fahrerbescheinigung fehlte. Dies sei nicht auf das Verschulden der Beschuldigten zurückzuführen, sondern sei eine Fahrerbescheinigung ausdrücklich beim zuständigen Straßenverkehrsamt beantragt worden. In rechtswidriger Weise wurde die Berufungswerberin dahingehend beschieden, dass sie den Antrag gar nicht zu stellen brauche, er sei aussichtslos. Richtigerweise hätte die zuständige Behörde den Antrag annehmen und darüber rechtsmittelfähig entscheiden müssen. Dies sei ihr allerdings nicht anzulasten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23.2.2007, zu welcher die Berufungswerberin und ihr Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde geladen wurden, allerdings trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen sind bzw. sich entschuldigten. Weiters wurden der Lenker M A sowie der Meldungsleger BI G K als Zeugen geladen. Erstgenannter Zeuge ist nicht erschienen. Der Meldungsleger wurde einvernommen.

 

Der einvernommene Zeuge stand unter Wahrheitspflicht und sagte glaubwürdig aus, dass eine gültige Gemeinschaftslizenz für das genannte Güterbeförderungsunter­nehmen vorgezeigt wurde. Auch wurde der Reisepass des Lenkers verlangt und ergab sich daraus die türkische Staatsangehörigkeit des Lenkers. Daraufhin wurde der Lenker zum Vorweisen der Fahrerbescheinigung aufgefordert, welche er aber nicht vorweisen konnte. Der Lenker konnte zwar nur gebrochen Deutsch sprechen und war eine Verständigung schwierig. Er konnte daher keine Angaben zur Fahrerbescheinigung machen. Allerdings war eine Verständigung insofern möglich, als dem Lenker eine Kopie eines Musters einer Fahrerbescheinigung vom Kontrollorgan vorgezeigt wurde, damit der Fahrer weiß, um was es geht und was er vorlegen müsse. Frachtführer laut Frachtbrief und Zulassungsschein ist die I S L & H GmbH.

 

Im erstbehördlichen Akt liegt weiters eine Kopie einer beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz für das genannte Unternehmen mit der Nr. vor, welche mitgeführt wurde, sowie ein Frachtbrief, aus welchem als Frachtführer die I S L & H GmbH hervorgeht, welche einen gewerblichen Gütertransport von Istanbul nach Meckenheim in Deutschland ausweist.

Weiters hat eine Anfrage der belangten Behörde bei der Stadtverwaltung Krefeld ergeben, dass das Unternehmen durch die Geschäftsführerin N M mit Fachkundeprüfung für innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr verantwortlich ist, das Unternehmen eine EG-Lizenz und vier beglaubigte Abschriften besitzt und Fahrerbescheinigungen für das Unternehmen bisher nicht ausgestellt wurden.

 

Es steht daher als erwiesen fest, dass am 11.9.2006 ein grenzüberschreitender gewerblicher Güterverkehr durch das Unternehmen der Berufungswerberin, deren Geschäftsführerin und fachlich geeignete Person sie ist, von Istanbul nach Deutschland durch den türkischen Fahrer M A ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt wurde.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr.23/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr.881/92 sind.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 anzuwenden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 iVm § 23 Abs.4 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit mindestens 1.453 Euro bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Berechtigung durchführt.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG ist strafbar nach Abs.1 Z3 ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt.

 

Gemäß § 23 Abs.7 GütbefG ist, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers nach § 39 der Gewerbeordnung 1994 oder nach anderen Verwaltungsvorschriften genehmigt wurde, der Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich und sind Strafen gegen ihn zu verhängen.

 

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurde daher von der Berufungswerberin der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt. Sie hat eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung am 11.9.2006 durch einen Lenker mit türkischer Staatsangehörigkeit von Istanbul nach Deutschland durchgeführt, ohne dass eine Fahrerbescheinigung vorhanden war.

 

Die Tat hat die Berufungswerberin auch subjektiv zu verantworten. Das Vorbringen, dass aufgrund negativer Entscheidungen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde eine Fahrerbescheinigung nicht mehr beantragt wurde, kann die Berufungswerberin nicht entlasten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Ungehorsamsdelikten, zu denen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Einen solchen Entlastungsnachweis hat die Berufungswerberin nicht erbracht. Sie hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass sie alles ihr Mögliche unternommen hat, so z.B. einen Antrag auf Fahrerbescheinigung gestellt hat. Vielmehr ist aus einem parallel laufenden Verwaltungsstrafverfahren wegen einer gleichen Verwaltungsübertretung gegen die Berufungswerberin ersichtlich, dass sie sogar von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde darauf hingewiesen wurde, dass sie ohne Fahrerbescheinigung Drittstaatsangehörige nicht als Lenker verwenden darf. Sie hat ohne weiteren Antrag und ohne Nachweis der hiefür erforderlichen Voraussetzungen aber entgegen dieser Belehrung die Begehung der Verwaltungsübertretung in Kauf genommen, jedenfalls aber sorgfaltswidrig gehandelt. Es war daher auch Verschulden gegeben.

 

5.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung, bei welcher ihr ein Ermessen zukommt, insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen und daher die Verhängung der Mindeststrafe damit begründet. Auch hat sie mangels Angaben der Beschuldigten ihre persönlichen Verhältnisse mit einem Nettoeinkommen monatlich von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt und der Strafbemessung zugrunde gelegt. Besondere Erschwerungs- und Milderungsgründe hat sie nicht angenommen. Vom Oö. Verwaltungssenat kann daher nicht erkannt werden, dass die Behörde von dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat. Auch kamen keine mildernden und zu berücksichtigenden Umstände in der Berufung hervor. Mangels Überwiegen der Milderungsgründe war auch von keiner außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG auszugehen. Geringfügigkeit des Verschuldens lag schon im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen nicht vor. Insbesondere bleibt das konkrete Verhalten der Berufungswerberin nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück. Es war daher § 21 VStG nicht anzuwenden.

Es war daher auch die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, Verschulden, Sorgfaltsverletzung

 

 

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