Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162021/5/Fra/RSt

Linz, 27.03.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn G A, K, K, 40 L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. R G, M, 40 L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz Land vom 18. Dezember 2006, VerkR96-29072-2004/Ps/Pos, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass von der weiteren Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen wird. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 21 Abs.1a VStG eingestellt; der Bw hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 21 Abs.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 38 Abs.1 lit.a. StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a. leg.cit. eine Geldstrafe von 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 26.9.2004 um 16.11 Uhr im Gemeindegebiet H, G, auf der L B , bei km. 13, Ampelkreuzung G, von Z kommend in Richtung H, das KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen LL gelenkt hat, wobei er trotz gelbem nicht blinkenden Lichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten hat, sondern weitergefahren ist, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3.1. Der Bw wirft der nunmehr belangten Behörde vor, dass sie den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe. Er habe zum Beweis dafür, dass er die Tat nicht begangen habe, die Einholung eines Sachverständigengutachtens, insbesondere die Einholung eines Zeit-Weg-Diagrammes beantragt. Die belangte Behörde habe es unterlassen, dieses Gutachten einzuholen, obwohl es zu einem relevantem Beweisthema, nämlich zur Frage, ob er die Tat begangen habe oder nicht, geführt wurde. Es hätte sich seiner Ansicht nach aufgrund des Zeit-Weg-Diagrammes herausstellen können, dass die Darstellung des Polizeibeamten technisch nicht nachvollziehbar sei. Zum angegebenen Zeitpunkt sei das Gendarmeriefahrzeug aus seiner Fahrtrichtung rechts gelegen nach der Ampel entgegen seiner eingehaltenen Fahrtrichtung gestanden. Von dieser Position aus könne man bestenfalls über den Rückspiegel die Ampel einsehen, nicht jedoch gleichzeitig sich annähernde Fahrzeuge. Von dieser Position aus sehe man die Haltelinie überhaupt nicht. Es sei daher den meldungslegenden Beamten von seiner Standposition aus nicht möglich gewesen, das Verkehrsgeschehen so zu beobachten, als dass zweifelsfrei festgestellt hätte werden können, dass er die ihm vorgeworfene Tat begangen habe. Zum diesbezüglichen Beweis berufe er sich auf die Durchführung eines Ortsaugenscheines, die Einholung eines KFZ-Sachverständigengutachtens sowie auf die Einvernahme des seinerzeit in seinem Fahrzeug befindlichen Bekannten, Herrn W N, 40 L, A. Zum selben Beweisthema beantrage er auch die Einholung des zum behaupteten Tatzeitpunkt geltenden Ampelschaltplanes. Nach ständiger Judikatur sei ein Durchfahren durch die Kreuzung noch erlaubt, wenn bei Umschalten auf Gelblicht nicht mehr rechtzeitig vor der Kreuzung angehalten werden könne. Die Frage, ob er bei der gegebenen Sachlage noch rechtzeitig vor der Haltelinie anhalten hätte können, sei nicht geprüft worden, obwohl die belangte Behörde dazu verpflichtet gewesen wäre. Zum diesbezüglichen Beweise berufe er sich ebenfalls auf die oben beantragten Beweismittel, insbesondere auf die Einholung eines KFZ-Sachverständigengutachtens. Den Zeugen W N führe er im Übrigen auch zum Beweis dafür an, dass er die Haltelinie bei Grünlicht passiert habe und nicht bereits bei Gelblicht.

 

Der Bw stellt sohin die Anträge, der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückzuweisen, jedenfalls aber eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen. Im Rechtsmittelverfahren beantragte der Bw nachträglich die Anwendung des § 21 Abs.1a VStG, wobei er im Falle der Stattgabe dieses Antrages auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verzichte.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 21 Abs.1a VStG kann die Behörde ua. von der Durchführung eines Strafverfahrens absehen, wenn ua. der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlichen Interessen steht. Die EB, 43f: führen hiezu aus: "Das Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich vom Offizialprinzip beherrscht. Daher sind die Verwaltungsstrafbehörden verpflichtet, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Strafverfahren einzuleiten und durchzuführen (Legalitätsprinzip). Das Offizialprinzip wird nach der bestehenden Rechtslage jedoch in Einzelfällen durch das Opportunitätsprinzip eingeschränkt (vgl. insbesondere §§ 21 u. 34 VStG). Durch die vorliegende Novelle sollte das Opportunitätsprinzip im Sinne der auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis ausgedehnt werden."

 

(Die gegenständliche Novelle wurde eingeführt durch Art. 2 Zi.1 Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl I 2002/65).

 

Unter § 21 Abs.1a VStG fallen sohin jene Konstellationen, wenn ein "Missverhältnis" im Sinne dieser Bestimmung vorliegt. Von einem solchen wird dann gesprochen werden können, wenn der Unrechtsgehalt gering ist und der im Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens erforderliche Aufwand für die (Einleitung und) Durchführung eines Strafverfahrens jenen Aufwand, der üblicherweise mit einem Strafverfahren betreffend Delikte solcher Art verbunden ist, ERHEBLICH übersteigt.

 

Dies ist gegenständlich der Fall. Bei Nichtanwendung der Bestimmung des § 21 Abs.1a VStG hätte der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund des Antrages des Bw eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen. Da die Beweisanträge des Bw zumindest plausibel sind und diese daher nicht von vorne herein zurückgewiesen werden könnten, wären die beantragten Beweise auch aufzunehmen. Das heißt, es müsste eine Berufungsverhandlung unter Ladung der Parteien des beantragten Zeugen in Verbindung mit einem Ortsaugenschein durchgeführt werden. Weiters wäre allenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dieser Aufwand übersteigt erheblich den Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Übertretung. Da die belangte Behörde den gesetzlichen Strafrahmen nicht einmal zu 5 % ausgeschöpft hat, brachte sie sohin zum Ausdruck, dass auch sie den Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Übertretung als gering bewertete.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

 

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