Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150514/16/Bm/Hue/Ga

Linz, 04.04.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier nach der am 9. März 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G S, W, K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W H und Dr. J S, R, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. November 2006, Zl. BauR96-765-2004/Stu, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfrei­heitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.                  Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil er am 2. August 2004 um 6.50 Uhr als Lenker eines Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen   die mautpflichtige A1 bei km 157.850 im Gemeindegebiet von Enns, Fahrtrichtung Salzburg, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

2.      In der Berufung wird vorgebracht, dass die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausgeführte Annahme, das gegenständliche Kfz sei nicht mit einer GO-Box ausgestattet gewesen, vollkommen unzutreffend sei. Es sei wiederholt vorgebracht worden, dass die Maut bereits über einen längeren Zeitraum über ein Euro-Shell-Konto abgebucht worden sei. Am 27. Mai 2004 sei eine Verständigung der Fa. S A GmbH erfolgt, wonach neue Karten zum Einsatz kommen würden, worauf jeder Fahrer eine Ersatzkarte bekommen habe. Vom Arbeitgeber sei die Information erteilt worden, dass sowohl die alte als auch die neue Karte weiterhin im Einsatz seien, bis die alten Karten zurückgeschickt werden würden. Die Kontonummern seien weiterhin gespeichert, von der Fa. S keine Hinweise in der Richtung gegeben worden, dass bei der Mautstelle eine andere Kontonummer zu melden bzw. eine Freischaltung vorzunehmen sei. Der Bw sei auch vom Betriebsleiter, Herrn J D, nicht auf diesen Umstand hingewiesen worden, da ihm dieser selbst nicht bewusst gewesen sei. Es sei deshalb davon ausgegangen worden, dass die Maut automatisch wie bisher abgebucht werde, was auch weiterhin der Fall gewesen sei. Erst mit Wirksamkeit vom 2. August 2004 – nur an diesem Tag habe es Probleme gegeben – sei seitens der Fa. S endgültig eine Umstellung erfolgt. Der Bw habe deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht damit rechnen können, dass die Maut nicht mehr ordnungsgemäß abgebucht werde. Aus dem vorgelegten Kontoauszug sei ersichtlich, dass am Tattag auch sehr wohl eine Abbuchung in der Höhe von 0,48 Euro erfolgt sei. Daraus sei ersichtlich, dass ein Kontakt zur automatischen Kontrolleinrichtung durchaus gegeben gewesen sein müsse, wobei immer ordnungsgemäß ein Piepston zu hören gewesen sei. Viermal habe die GO-Box nie gepiepst, ein Hinweis auf ein fehlendes Zahlungsmittel sei somit nicht erfolgt. Die Funktionstüchtigkeit und Einstellung der GO-Box sei vom Bw vor Fahrtbeginn kontrolliert worden. Das Gerät habe immer einwandfrei funktioniert, lediglich die finanzielle Abbuchung habe nicht funktioniert. Signaltöne, welche ein Nicht­funktionieren gemeldet hätten, seien vom Bw nicht wahrgenommen worden. Ein Verschulden des Bw liege demnach nicht vor. Fahrlässigkeit sei nicht gegeben, da gegenständlich ein absoluter Ausnahmevorfall vorgelegen sei. Wenn zudem noch (um 7.01 Uhr) eine Abbuchung über 0,48 Euro stattgefunden habe, könne um 6.50 Uhr das angelastete Delikt sicher nicht erfüllt worden sein. Die gesetzliche Mindeststrafe entspreche zudem nicht dem Gleichheitsgebot, die Höhe der nicht entrichteten Maut könne nicht erheblich ins Gewicht fallen, ein Schaden sei nicht entstanden. Ein Angebot des Arbeitgebers die effektiv anfallende Maut nachzuzahlen, sei von der A nicht akzeptiert worden.  

Hingewiesen wurde auch auf drei weitere ähnlich gelagerte Fälle, einer davon mit Bezug auf den Bw, bei denen seitens der Bezirksverwaltungsbehörden eine Einstellung des Verfahrens bzw. eine Ermahnung erfolgt sei. Als Beilage ist die Kopie einer Mautabrechnung der S A GmbH an den Arbeitgeber des Bw über verrechnete Mautgebühren angeschlossen.   

 

Beantragt wird die Einvernahme von zwei namentlich genannten Zeugen und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses mit Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Zurückverweisung an die belangte Behörde, in eventu die Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG.     

 

3.      Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 16. September 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei das Zahlungsmittel für eine Post-Pay-GO-Box gesperrt gewesen. Der Zulassungsbesitzer sei am 3. August 2004 schriftlich gem. § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 27. Oktober 2004 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung und verwies auf ein anderes Strafverfahren eines anderen Beschuldigten, welches ähnlich wie das gegenständliche gelagert und eingestellt worden sei.

 

In ergänzenden Stellungnahmen vom 9. Februar und 15. März 2005 wies die A auf die Mitwirkungspflicht des Lenkers und die von der GO-Box abgegebenen Signaltöne hin. Weiters ist diesen Stellungnahmen zu entnehmen, dass das Zahlungsmittel bereits am 1. August 2004, 6.22 Uhr, gesperrt und erst am 3. August 2004, 3.28 Uhr, wieder entsperrt worden sei. Als Beilage sind zwei Beweisfotos und eine Einzelleistungsinformation vom Tattag mit einer Abbuchung um 7.01 Uhr in der Höhe von 0,48 Euro angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie im Einspruch gegen die Strafverfügung und ergänzte, dass sich aus der Einzelleistungsinformation ergebe, dass für den gegenständlichen Streckenabschnitt lediglich 0,48 Euro angefallen seien, somit sei ein nur sehr geringer Schaden gegeben. Der Hinweis der A auf eine Vergleichsmöglichkeit sei insofern verfehlt, da eine unverhältnismäßig hohe Ersatzmaut von 220 Euro gefordert worden sei, was 458mal mehr als tatsächlich begründet gewesen sei.    

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Auf Anfrage teilte die A dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 29. Dezember 2006 auf die Frage, weshalb es trotz Zahlungsmittelsperre gegenständlich dennoch zu einer einzigen Abbuchung kommen hatte können, mit, dass nach Einmeldung einer Sperre des Kreditkarteninstitutes für eine bestimmte Karte diese Sperrlisteninformation an alle Mautstationen verteilt werde. Offensichtlich sei gegenständlich die Mautstation nicht mit der Sperrlisteninformation versehen worden. Gegenständlich sei es zu fünf Kontrollfällen gekommen. Als Beilage ist eine Auflistung aller vom Bw am Tattag durchfahrenen Mautbalken, an denen keine Abbuchung vorgenommen werden konnte, angeschlossen.

 

4. Die öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen der Berufungswerber G S, E H und F B, welche alle vom selben Rechtsvertreter vertreten werden, wurden aus verfahrensökonomischen Gründen zusammengelegt (siehe auch VwSen-150515 und VwSen-150521).

 

Der Vertreter des Bw brachte vor, dass das Verfahren des Bw in einem völlig gleich gelagerten Fall beim Unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich eingestellt worden sei. Dieses Erkenntnis wurde in Kopie vorgelegt. Betreffend weiterer gleichartiger Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw und gegen andere Lenker seien Einstellungen bzw. Ermahnungen erfolgt, welche ebenfalls in Kopie vorgelegt wurden. Weiters vorgelegt wurde ein Schreiben der Fa. S über die Umstellung der Karten. Außerdem werde in diesem Schreiben ausgeführt, dass beide Karten benützt werden könnten und es sei kein Hinweis darin zu finden, dass die neuen Karten gesondert frei geschaltet werden müssten. Dieses Schreiben stamme vom 27. Mai 2004 und liege somit vor den Tatzeiträumen. Bis zu den genannten Vorfällen habe die Karte immer einwandfrei funktioniert. Es sei nur kurzfristig zu den gegenständlichen Problemen gekommen. Weder dem Dienstgeber noch den Lenkern sei bekannt gewesen, dass die alten Karten zu diesem Zeitpunkt ihre Gültigkeit verloren haben.

 

Auf die Frage, ob er Piepstöne der GO-Box wahrgenommen habe, führte der Bw aus, dass er als "Springer" um 6.00 Uhr morgens in die Firma gekommen sei und den LKW, den normalerweise Herr F B benützt werde, übernommen habe. Der Bw sei nach Überprüfung der GO-Box und der eingestellten Achsenzahl von Enns auf der Autobahn nach Wels-West gefahren, wobei er immer nur einen Piepston der GO-Box wahrgenommen habe. Nach Beladung des LKWs sei er von Linz nach Enns und in weiterer Folge nach Amstetten und zurück nach Enns gefahren. Am nächsten Tag hätte wiederum Herr Brandstetter den gegenständlichen LKW benutzt. Der Bw sei sich sicher, dass er während der gesamten Fahrten lediglich einen Piepston der GO-Box gehört habe. Aus Recherchen wisse der Bw, dass bei seinen Fahrten eine und im Übrigen keine Abbuchung mehr stattgefunden habe. Der Bw habe nicht gewusst, dass neue Karten im Umlauf gewesen seien und davon erst nach der Tat erfahren.

 

Der Berufungswerber F B sagte im Wesentlichen aus, dass er den (gegenständlichen) LKW mit dem amtlichen Kennzeichen   (am 3. August 2004) um 3.00 Uhr früh übernommen habe und in Enns auf die Autobahn aufgefahren sei. Nachdem die GO-Box bereits beim ersten Mautbalken drei- bis viermal gepiepst habe, sei er zur nächsten GO-Box-Vertriebsstelle gefahren und habe nach einem Telefonat mit dem Zeugen J Ö eine Entsperrung des Zahlungsmittels initiiert.

 

Der als Zeuge einvernommene J Ö sagte aus, dass das Unternehmen eines Tages neue S-Karten bekommen habe, wobei diese Karten vom Zeugen an die Fahrer verteilt worden seien. Es habe keinen Hinweis gegeben, diese neuen Karten gesondert frei zuschalten. Die alten Karten seien eingezogen worden. Wann dies geschehen sei, sei dem Zeugen jedoch unbekannt. Herr Ö sei betriebsintern nicht für die technische Funktionsfähigkeit der Karten oder die Weiterleitung diesbezüglicher Informationen verantwortlich. Am 2. August 2004 seien vereinzelt Meldungen von LKW-Fahrern bei ihm eingelangt, worauf der Zeuge die Fahrer an die nächste GO-Box-Vertriebsstelle verwiesen habe. Daran, dass es an den neuen Karten habe liegen können, sei nicht gedacht worden. Solche Anfragen seien nicht besonders auffällig, da die GO-Boxen öfters irgendwelche Probleme gemacht hätten. Es habe lediglich vereinzelte Fragen der Fahrer gegeben, weshalb der Zeuge nicht daran gedacht habe, dass es sich um ein generelles Problem handeln würde. Nachdem sich zuvor die Fälle gehäuft hätten, sei der Zeuge auf die Idee gekommen, dass es eventuell an der Karte liegen könnte. Daraufhin seien alle Fahrer auf die Möglichkeit von Problemen mit den alten Karten informiert worden. Das S-Schreiben sei einige Wochen vor den gegenständlichen Vorfällen eingelangt. 

 

Der zeugenschaftlich einvernommene J D sagte aus, dass er der Betriebsleiter der Fa. F sei und die Mautentrichtung über das Post-Pay-Verfahren erfolge. Es sei an das Unternehmen die Information ergangen, dass die alten Karten aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden würden. Die neuen Karten seien daraufhin ausgegeben und von Herrn Ö die alten eingezogen und zurückgeschickt worden. Es sei keine Information darüber ergangen, dass die alte Karte nur mehr befristet gültig sei bzw. freigeschaltet werden müsse. Das Schreiben der Fa. S stamme zwar vom 27. Mai 2004, die neuen Karten seien jedoch später ausgeliefert worden. Die Situation sei erst begriffen worden, als die Probleme bei den Kraftfahrern aufgetaucht seien. Das ganze Problem lasse sich auf zwei Tage beschränken. Sowohl vorher als auch nachher sei alles in Ordnung gewesen. Die Fa. F bezahle im Monat zwischen 15.000 und 18.000 Euro an Maut; gegenständlich gehe es um ganz vernachlässigbare kleine Beträge. Herrn D sei unbekannt, ob bei der Einführung des Mautsystems die Fa. S die Information gegeben habe, die Karte freizuschalten.     

 

Dem (Vertreter des) Bw wurde das Schreiben der A vom 29. Dezember 2006 zur Einsicht vorgelegt.

 

Auf die Fragen, was unter dem Begriff "Mautstation" im vorerwähnten A-Schreiben zu verstehen sei, weshalb es trotz Sperre des Zahlungsmittels zu einer einmaligen Abbuchung gekommen sei und mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit bei einem gesperrten Zahlungsmittel von der GO-Box lediglich ein Piepston pro Mautbalken abgegeben werde, antwortete der verkehrstechnische Amtssach­verständige, dass jeder Mautbalken eine Mautstation sei, wobei manche auch Kontrollstationen seien, da diese mit einer Kamera versehen seien. Eine Sperre eines Zahlungsmittels funktioniere bei dem in Österreich vorliegenden Mautsystem derart, dass eine Sperre an alle rund 820 Mautbalken hinaus gegeben werde. Aufgrund des Datenflusses komme es aber nicht zu einer gleichzeitigen Sperre der Mautbalken. Man müsse sich dies derart vorstellen, dass eine E-Mail fünf verschiedene Personen zu unterschiedlichen Zeiten erreichen könne. Dies hänge mit der Auslastung und mit der zur Verfügung stehenden Datenübertragungsrate zusammen. So würden beim österreichischen Mautsystem 90 % der Mautbalken sofort, der Rest innerhalb einer Stunde gesperrt. Dies stelle keinen Systemfehler dar, sondern sei aufgrund des Systemaufbaues und dem Austausch großer Datenmengen nachvollziehbar.

Beim in Österreich verwendeten Mautsystem handle es sich um ein Mehrleistungssystem, bei dem mehrere Abbuchungs- und Kommunikationsvorgänge parallel erfolgen würden. Aufgrund des Systemaufbaues erfolge die Kommunikation wie folgt: Die GO-Box identifiziere sich durch Kontaktaufnahme mit dem Mautbalken. Der Mautbalken sende daraufhin ein Signal zurück, was in weiterer Folge zur Mautabbuchung führe. Im Anschluss werde dieser Abbuchungsvorgang optisch und akustisch angezeigt. Wenn es zu keinem Abbuchungsvorgang gekommen sei, werde dies ebenfalls optisch und akustisch angezeigt, d.h. ein akustisches und optisches Signal stelle immer unabhängig von der Zahlungsmodalität (Pre-Pay- oder Post-Pay-Verfahren) den Abschluss einer Transaktion dar bzw. werde durch den Mautbalken gesteuert. Wenn eine Transaktion korrekt durchgeführt worden sei, so werde dies dem Lenker durch ein einmaliges grünes Aufleuchten der Statusanzeige und eines einmaligen akustischen Tones angezeigt. Wenn ein viermaliger Piepston mit parallelem rotem Aufleuchten der Statusanzeige bei der GO-Box auftreten würden, sei dies bei Verwendung des Post-Pay-Verfahrens ein Hinweis dafür, dass es zu keiner korrekten Abbuchung gekommen sei. Diese Signale würden immer am Ende einer Kommunikation mit dem Mautbalken gesetzt, welche aufgrund des vorliegenden 16-Bit-Verschlüsselungs-Codes durch andere im Fahrzeug üblichen zugelassenen On-Board-Systeme nicht beeinflusst werden könnten. Eine "Teilsperre" eines Mautbalkens gebe es dezidiert nicht. Falls es zu keinem korrekten  Kommunikationsaufbau zwischen GO-Box und Mautbalken kommen könne, werde eine korrekte Transaktion nicht bestätigt, was gegenständlich zu einem vierfachen Piepston der GO-Box führe.     

Zusammenfassend sei deshalb aus technischer Sicht festzustellen, dass ein Nichtabbuchen der Maut durch ein eindeutiges akustisches und optisches Signal erkennbar und eine systemimmanent nicht zeitgleiche Sperre der etwa 820 Maut­balken nachvollziehbar sei. Aufgrund der Abfragemodalität und des 16-Bit-Verschlüsselungscodes sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine fehlerfreie Transaktion garantiert. Es kann garantiert werden, dass wenn es zu keiner kompletten Transaktion (richtiger Transaktion mit Abbuchung) führt, das dann kein Signal gibt, das dem Lenker eine korrekte Abbuchung bestätigt.

Auf die Frage, ob es für einen Lenker möglich sei, ein gesperrtes Zahlungsmittel erkennen zu können, legte der Amtssachverständige dar, dass dies auf der GO-Box dezidiert nicht ablesbar sei; es sei lediglich beim Durchfahren einer Kontroll- oder Mautstation anhand der akustischen oder optischen Rückmeldungen feststellbar. Eine zweite Möglichkeit sei die Abfrage bei einer GO-Box-Vertriebsstelle.

 

Der Vertreter des Bw brachte vor, dass gegenständlich ein Organisationsverschulden vorliege. Der Bw benutze als "Springer" immer andere LKWs. In Traun habe eine ordnungsgemäße Abbuchung stattgefunden. Durch den einmaligen Piepston sei dem Bw signalisiert worden, dass alles in Ordnung sei. Es liege deshalb entweder kein oder nur geringfügiges Verschulden vor.

Beantragt wurde entweder eine Einstellung des Verfahrens oder zumindest die Aussprechung einer Ermahnung.    

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung besagt über das vom Nutzer zu beachtendes akustischen Signal: Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattge­funden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei der GO-Box eine Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung eingetreten ist. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungs­verpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollem Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die A den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesent­lich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit einem gesperrten Zahlungs­mittel) benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist, die Ersatzmaut jedoch nicht bezahlt wurde.

 

Dem Vorbringen des Bw, es müsse gegenständlich ein technischer Defekt des Mautsystems vorgelegen haben, da keine vier kurzen Signaltöne von der GO-Box ertönt seien, stehen einerseits die technischen Gegebenheiten, wie sie im zitierten Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung ihren Niederschlag gefunden haben, wonach bei Nichtentrichtung der Maut bei jedem Mautportal vier kurze Signal-Töne abgegeben werden, und andererseits die Tatsache, dass der gegenständliche LKW am Tag nach dem gegenständlichen Tattag vom Lenker F B übernommen worden ist und dieser aufgrund der viermaligen Piepstöne der GO-Box eine Entsperrung des Zahlungsmittels initiiert hat, entgegen. Ein Systemfehler ist notorisch äußerst unwahrscheinlich und nicht schon auf bloße – unsubstantielle – Faktenbehauptungen hin anzunehmen. Vor allem aber spricht gegen einen (behaupteten) technischen Defekt des Mautsystems die Aussage des verkehrs­technischen Amtssachverständigen, an deren Richtigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel hegt und der der Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, dass im gegenständlichen Fall die Nichtabbuchung der Maut durch ein eindeutiges akustisches und optisches Signal erkennbar war, der 16-Bit-Verschlüsselungscode des Mautsystems durch On-Board-Systeme nicht beeinflusst werden kann und ein einmaliger Piepston der GO-Box die ordnungsgemäße Mautabbuchung signalisiert. Eine fehlerfreie Transaktion war somit garantiert und ein technischer Defekt ausgeschlossen.    

Schlussendlich ist festzuhalten, dass sich aus den vorliegenden A-Unterlagen ergibt, dass der Bw am Tattag insgesamt 26 (!) Mautbalken durchfahren hat, alle diese Durchfahrten vom Mautsystem erfasst worden sind und der Bw selbst in seinen Stellungnahmen von einem gesperrten Zahlungsmittel als Ursache für die nicht ordnungsgemäße Mautentrichtung ausgeht, was die Möglichkeit eines technischen Defekts zusätzlich ausschließt. Das Vorbringen des Bw hinsichtlich der Nichtertönung von vier Piepstönen durch die GO-Box aufgrund der Nichtab­buchungen der Maut ist damit widerlegt.

 

Zur Frage, weshalb es trotz Sperre des Zahlungsmittels zu einer einmaligen Abbuchung gekommen ist, hat der Amtssachverständige festgestellt, dass die nicht zeitgleiche Sperre der etwa 820 Mautbalken systemimmanent und nachvollziehbar ist. Ein Fehler des Mautsystems ist dadurch nicht ableitbar.   

 

Der Bw bringt vor, dass der A eine Nachverrechnung der Maut (i.S. von Punkt 7.2 der Mautordnung) angeboten, diese jedoch abgelehnt worden sei. Dazu ist festzuhalten, dass eine Nachverrechnung nur unter Einhaltung aller in Punkt 8.2.4.3.3 der Mautordnung formulierten Bedingungen (Lenkerverpflichtungen), bei Nichtertönen des akustischen Signals bei der GO-Box (Systemfehler – technischer Defekt der GO-Box oder der Mautbake), vorgesehen ist. Gegenständlich lag – wie bereits dargelegt wurde – weder ein Systemfehler noch – unbestritten – ein Ausbleiben der Piepstöne bei der GO-Box vor. Eine Nachverrechnung der Maut war somit nicht möglich. Auf die Nachzahlungsmöglichkeit im Sinne von Punkt 7.1 der Mautordnung für Fälle wie diesen (vgl. dazu Punkt 5.4.2 der Mautordnung) sei zusätzlich hingewiesen.    

 

Der Bw bringt richtigerweise vor, dass Teile der Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides unzutreffend sind bzw. nicht dem gegenständlichen Sachverhalt entsprechen. Allerdings ist ein in der Begründung des bekämpften Bescheides gelegener Mangel bei Zutreffen des Spruches der Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich. Selbst eine unrichtige Begründung macht einen dem Gesetz entsprechenden Spruch eines Bescheides nicht rechtswidrig (vgl. VwGH 86/10/103 v. 6.10.1986, VwGH 92/05/0340 v. 16.3.1993 und VwGH 94/17/0148 v. 13.4.1994). Da der gegenständliche Spruch des erstbehörd­lichen Straferkenntnisses im Hinblick auf § 44a VStG alle Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Strafnorm, nämlich des § 20 Abs. 2 BStMG, anspricht und ausreichend konkretisiert, liegt Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund der Begründungsmängel nicht vor.    

 

Der Bw verweist auf andere, angeblich ähnlich gelagerte Verwaltungsstrafverfahren gegen andere Beschuldigte, welche von den jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden zur Einstellung gebracht wurden. Dazu ist festzuhalten, dass dem Bw vorzuwerfen ist, dass er die akustischen Signale der GO-Box (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals bei Nichtentrichtung der Maut) nicht beachtet hat, es dadurch zu einer nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut gekommen ist und dies den Straftatbestand der Mautprellerei i.S.d. § 20 BStMG darstellt, welcher entsprechend zu ahnden ist. Die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Bw durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich, in der im Zweifel – ohne Beiziehung eines technischen Sachverständigen – ein technischer Defekt des Mautsystems nicht ausgeschlossen werden konnte, ändert am gegenständlichen Ergebnis nichts; gegenständlich lag – wie oben bereits ausgeführt wurde – nach den Ausführungen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen nicht von einem technischer Defekt des Mautsystems auszugehen. Die diesbezüglichen Einwände gehen deshalb ins Leere.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine möglicherweise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, nämlich in dem Sinne, dass der Bw die akustischen Signale der GO-Box nicht beachtet, seine Fahrt fortgesetzt und sich über die rechtlichen Vorschriften nicht ausreichend informiert hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre.  Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen.

Jedoch war die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf die im § 16 Abs. 2 VStG normierte Höchstgrenze von zwei Wochen auf 34 Stunden herabzusetzen. Gemäß
§ 16 Abs. 2 VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe nach den Strafzumessungsregeln des
§ 19 VStG zu berechnen. In Anwendung dieser Regeln hat die belangte Behörde einen Strafbetrag von 400 Euro festgelegt, der somit 10 % der vorgesehenen Höchststrafe in Geld beträgt. Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, so ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenats die – im Übrigen nicht näher begründete – Festlegung der belangten Behörde der Ersatzfreiheitsstrafe mit 96 Stunden nicht schlüssig, wenn diese angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe mehr als 10 % der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt.  Diese Ersatzfreiheitsstrafe wäre im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe eine schwerere Strafe, für deren Festlegung der Verwaltungssenat keinen Grund sieht.

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bismaier

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum